Benutzer
Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
Bibliomarie

Bewertungen

Insgesamt 1032 Bewertungen
Bewertung vom 04.12.2017
Wir sehen uns beim Happy End
Lucas, Charlotte

Wir sehen uns beim Happy End


sehr gut

Emilia ist eine ganz besonders harmoniesüchtige Frau. Sie hat sich ganz dem Happy End verschrieben. So sehr, dass sie sogar einen eigenen Blog hat, auf dem sie für viele tausend Follower tragische Enden von Filmen und Büchern umdichtet. Warum sollte es keine glückliches Ende für Rose und Jack auf der Titanic geben? Sie selbst steht schließlich auch kurz vor dem großen „JA“ . Seit 5 Jahren ist sich glücklich liiert, hat ihren Beruf aufgegeben um ihrem Philipp ein gemütliches Nest zu bauen und ihren Blog zu führen, da kommt die große Überraschung: ihr Freund sieht das ganze ein wenig anders und möchte sich trennen.
Emilia rennt aus dem Haus und kurz darauf einen Mann über den Haufen……..


Mehr werde ich von dieser wendungsreichen Romanhandlung nicht verraten. Charlotte Lucas ist eine bekannte Autorin, die sowohl unter ihrem Pseudonym, wie auch unter ihren richtigen Namen erfolgreiche Bestseller schreibt. Sie kennt das Rezept und mischt die Zutaten jedes Mal neu zu einer gelungenen Geschichte.

Das ist Unterhaltung pur, leicht geschrieben, zuckersüß und ganz bedenkenlos zu konsumieren. Ich habe mich anfangs über die Realitätsferne und das Frauenbild gewundert, bin aber dann doch in die Geschichte eingetaucht. Es macht einfach Spaß sich für einige Stunden verzaubern zu lassen. Der Roman ist fantasievoll und voller Wendungen, das Titelbild ist bezaubernd, ebenso wie die Heldin, der man jeden Übergriff verzeiht – von einen Happy End für „Krieg und Frieden“ hat sie dann doch abgesehen – so dass man ihr selbst ein glückliches Ende von Herzen gönnt.

Ein gelungenes Buch in diesem Genre.

Bewertung vom 03.12.2017
Ehemänner
Attenberg, Jami

Ehemänner


sehr gut

Jarvis Miller lebt seit 6 Jahren in einer Art Schwebezustand. Sie ist, wie sie es selbst ausdrückt, eine Halbwitwe. Nach einem Unfall liegt ihr Mann, der renommierte Künstler Martin Miller, im Koma und lebt nur durch die Beatmungsmaschine. Wöchentlich besucht sie ihn im Pflegeheim und diese Besuche werden immer mehr zu Qual.
Jarvis hat sich als Ehefrau und nun auch als Hinterbliebene immer ganz der Kunst ihres Mannes unterordnet. So sehr, dass ihre eigene Persönlichkeit verloren gegangen scheint. Kontakte pflegt sie pflichtschuldig nur zur Galeristin und zu einem Freund ihres Mannes. Bis sie eine defekte Waschmaschine in einen Waschsalon zwingt und sie dort auf drei Ehemänner trifft.

Obwohl eine gewisse Melancholie die Geschichte der Jarvis Miller durchzieht, hat mich die Leichtigkeit der Sprache in Bann gezogen. Der Weg zurück ins Leben ist auch ein Weg zu einer eigenständigen Persönlichkeit der jungen Frau. Diese Entwicklung ist sehr glaubhaft geschildert und Jarvis‘ komplexer Charakter finde ich sehr interessant. Irgendwann muss sie sich einer Entscheidung stellen, ob sie Martin gehen lassen kann und je mehr sie sich öffnet, umso häufiger stellt sich diese Frage.

Der Autorin gelingen Sätze die lange nachhallen, die ich beim Lesen am liebsten gleich alle markiert hätte. Sehr poetisch, aber auch immer mal wieder von leiser Ironie durchzogen. Sicher liegt das auch an der Übersetzung, die mir sehr gelungen scheint.

Ein gelungener Roman, der mich neugierig auf die früheren Bücher der Autorin macht.

Bewertung vom 29.11.2017
Die Stunde des Wolfs
Hiltunen, Simo

Die Stunde des Wolfs


weniger gut

Lauri Kivi ist Kriminalreporter bei einer renommierten finnischen Zeitung. Ein Fall eines erweiterten Suizids – ein Polizeibeamter hat seine Kinder und seine Frau getötet, danach sich selbst – lässt ihn an der einfachen Erklärung zweifeln. Über zu viele solche Familiendramen hat er in den letzten Monaten berichten müssen, er beschließt einen Hintergrundbericht zu schreiben und sucht Kontakt zu den Hinterbliebenen. Dabei hat er sehr schnell den Verdacht, dass ein außenstehender Serienmörder am Werk ist. Aber nicht nur, dass er mit seiner Vermutung allein steht, er gerät auch in Verdacht, selbst beteiligt zu sein.

Ich muss gleich vorweg nehmen, dass ich mit diesem Kriminalroman überhaupt nicht warm wurde. Es ist die exzessive Schilderung von Gewalt, die mich abgestoßen hat. Prügelattacken gegen die Ehefrauen und die Kinder, Missbrauch der Kinder über Generationen, Alkoholexzesse und Schweigen im Umfeld. Auch Kivi selbst ist das Opfer eines brutalen Vaters, der ihm mit seinen Schlägen sogar das Gehör raubte. Er selbst kann auch seine Wut und seine Gewaltausbrüche nicht immer unter Kontrolle halten. Das ist auch der Grund, warum er seine Familie und seine kleine Tochter verlassen muss, um endlich diese Spirale zu unterbrechen.

Der Autor arbeitet mit vielen Rückblenden, immer wieder springt die Handlung in die Kindheit Lauris und seines Bruders und in die Kindheit des Vaters. Das was die Väter ihren Kindern antun, ist schwer auszuhalten und ich hatte den Eindruck, dass die Beschreibung von Gewalt eine Spannung und eine Dramatik erzeugen soll, die das Buch allein von der Geschichte nicht erhielte. Trotzdem fand das Buch zäh und spannungsarm. Die Figuren waren mir zu grob gezeichnet.

Kein Buch, dem ich etwas abgewinnen konnte.

Bewertung vom 28.11.2017
Grimms Morde
Kinkel, Tanja

Grimms Morde


ausgezeichnet

Kassel 1821: Die napoleonische Besetzung ist vorbei, der alte Kurfürst verstorben, sein Sohn hat die Regentschaft über das Fürstentum übernommen und die alte Ordnung wieder hergestellt. Da wird die langjährige Mätresse des alten Kurfürsten tot aufgefunden. Ermordet, wie in einem Märchen der Brüder Grimm.

Jacob Grimm, Bibliothekar und Zensor im Kurfürstentum gerät in das Blickfeld des Polizisten Blauberg. Grimm ist nicht sonderlich gut angesehen im Beamtenstaat, war er doch auch während der Napoleonszeit Beamter und daher schon per se verdächtig.Die Schwestern Anette und Jenny von Droste haben dieses Märchen zur Sammlung beigesteuert und namentlich Anette fühlt sich mitschuldig, denn es ist kein altes Märchen, die sie den Grimms übermittelt haben, sondern eine von ihr ausgedachte Geschichte.

Tanja Kinkel, die wie immer in ihren Romanen das Umfeld hervorragend recherchiert, lässt eine unruhige Zeit lebendig werden. Auch ihren Hauptprotagonisten, den Brüdern Grimm und den Schwestern Droste, gibt sie viel Raum. Sie werden lebendig, so sehr, dass man sehr gern mehr über sie erfahren möchte und das ist ein Mehrwert, den ich an diesem Buch gleich von Beginn an schätzte.

Die restrektive Ständepolitik und die fest gemauerte Vorherrschaft des Adels machen es der bürgerlichen Polizei schwer in diesen Kreisen zu ermitteln. Umso einfacher ist es, sich an den bürgerlichen Jacob Grimm zu halten. Trotz allerlei Bedenken gegen weibliche Einmischung – damals hatte die Frau den gottgewollten Platz einzunehmen – ist Jacob zunehmend von der klugen und scharfzüngigen Anette angetan und nimmt ihre Hilfe an.

Mir gefiel ausnehmend gut, wie die Autorin historisch Belegtes mit romanhaften Elementen mischt und sie damit die Figuren lebendig und interessant gestaltet. Eine Nebenfigur, Lotte Grimm, die dem Haushalt der Brüder vorsteht und sich weder von den finanziellen Einschränkungen, noch von den männlichen Vorstellungen vom rechten Platz der Frau, einschränken lässt, hat mir besonders gut gefallen.

Kinkel wählt einen Sprachstil, der der Zeit angepasst ist. Vielleicht einige Seiten lang ungewohnt für heutige Leser, aber man ist sehr schnell vertraut damit.

„Grimms Morde“ ist eine lebendige und unterhaltsame Mischung aus Kriminalroman, Literatur- und Zeitgeschichte. Es war spannend und weckte den Wunsch mehr über die Zeit und die Personen zu erfahren. Das machte das Buch zu einem richtigen Lese – Highlight für mich. Eine Biographie der Droste steht nun gleich als nächstes Buch auf meiner Wunschliste.

Bewertung vom 25.11.2017
Mitfahrer gesucht - Traummann gefunden
Groh, Kyra

Mitfahrer gesucht - Traummann gefunden


sehr gut

Romy, beruflich erfolgreich, ist seit 5 Jahren mit Flo liiert. Die Beziehung ist „okay“, wenn man von der Tatsache absieht, dass Flo als erfolgreicher Gamer und Blogger eher ein zu groß gewordener Junge, als ein gleichwertiger Partner ist. Dass er sich um nichts kümmert, oft stundenlang gar nicht merkt, dass sie Zuhause ist, nimmt sie so hin, schließlich haben sie grade eine gemeinsame Wohnung bezogen, das macht man doch nicht, wenn man sich nicht liebt, oder?

Auf der Rückfahrt vom fälligen Elternbesuch in Hamburg nimmt sie einen Mitfahrer samt Hund mit. Ein Traummann, wie es schon der Titel verrät. Die Fahrt wird lustig, sie fühlen sich wohl, finden Gesprächsthemen, alles was Romy schon lange vermisste, ohne es zu wissen.

In der Werbeagentur betreut Romy eine schwierige Kundin, die ständig Änderungspläne hat. Nun möchte sie den Messestand von einem befreundeten Möbeldesigner bauen lassen und Romy steht plötzlich ihrem Fahrgast gegenüber. Das Gefühlschaos nimmt seinen Lauf.

Die Geschichte ist witzig und leicht geschrieben. Perspektivwechsel machen den Roman interessanter, als das Gros des Genres. Bei diversen Stichworten erinnert sich Romy an entsprechende Situationen im Auto und auch Leon lässt diese Fahrt immer wieder Revue passieren. Es gibt eine Menge von wirklich komischen Szenen, die natürlich und charmant rüberkommen. Da beide Serienjunkies sind, kommen auch da die Anspielungen auf diverse Sendungen nicht zu kurz, man fühlt sich selbst fast in eine Folge versetzt. Romy und Leon sind sympathisch und liebenswert beschrieben.

Die Geschichte hat Esprit, aber gegen Ende hin auch ein paar Längen. Mir schien, die Autorin wollte noch ein-zwei Verwicklungen einbauen, um das Happy End nicht ganz so rasch zu präsentieren.

Eine wirklich nette und charmante Geschichte.

Bewertung vom 24.11.2017
Der Tod in den stillen Winkeln des Lebens
Bottini, Oliver

Der Tod in den stillen Winkeln des Lebens


ausgezeichnet

Bottinis Kriminalroman „Der Tod in den stillen Winkeln des Lebens“ hat sich so ganz anders entwickelt, als ich nach den ersten Seiten angenommen habe.

Kurz zum Inhalt: Lisa Marthen, die Tochter eines deutschen Großgrundbesitzers in Rumänien fällt einem Mord zum Opfer. Ioan Cozma, ein älterer Polizeibeamter wird als zuständiger Ermittler für den Fall ausgewählt. Sehr zu seinem Unmut, es trennen ihn nur noch wenige Jahre von der Pensionierung und er hatte vor, sie unter dem Radar von Vorgesetzten abzusitzen. Es gibt einige Punkte in seiner Vergangenheit, die er nur zu gern vergessen würde. Die Spuren des Verdächtigen führen vom Banat bis nach Mecklenburg, dem Heimatort der Marthens und auch Cozma folgt diesen Spuren.

Ausgehend von diesem Verbrechen entwickelt Bottini einen großartigen und komplexen Roman, der sich nicht allein auf einen Kriminalfall reduzieren lässt. Seine Figuren, die er sehr menschlich und vielschichtig in Szene setzt, haben alle gebrochene Biografien. Dies ist nicht nur der Wende 89 in Deutschland geschuldet, auch in Rumänien gibt es nach der Abkehr von Kommunismus neue Strukturen. Ob sie für die Menschen Gutes bringen, sei dahingestellt.

Die meisten Protagonisten in diesem Buch gehören eher zu den Verlierern. Aber nicht nur politische und gesellschaftliche Verwerfungen prägen den Landstrich, die Globalisierung hat längst Einzug gehalten. Die Kleinbauern geben unter Druck ihre Ländereien ab, Großgrundbesitzer aus Asien, Saudiarabien und auch Deutschland verteilen das Land unter sich. Monokulturen sind die Folgen und der Gewinn wird woanders gemacht, während in Rumänien – wie auch in anderen Ländern – die Bevölkerung nichts davon spürt. Bis auf eine Handvoll Gewinner, die vor nichts zurückschrecken um ihre Interessen durchzusetzen. In korrupten Politikern finden sie stets willige Helfer.

Ganz realistisch beschreibt Bottini die Vorgänge und sein Krimi bleibt bei aller Ernsthaftigkeit und Gesellschaftskritik immer auch spannend. Dass man ihn nicht einfach „runterlesen“ kann, sondern das Thema reflektiert, empfinde ich als großes Plus. Politthriller, Wirtschaftskrimi, Familiendrama – der Kriminalroman hat viele Facetten und mir gefiel es, wie Bottini das alles in einem Buch zusammenführt.

Nicht immer ist die Lektüre ganz einfach, besonders am Anfang, wenn Namen und Handlungsstränge eingeführt werden. Ohne das ausführliche Register am Ende des Buches hätte ich mir dabei wohl schwer getan alle Namen zuzuordnen.

Ein besonderer Kriminalroman, der Stellung bezieht.

0 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 21.11.2017
Dunkel Land / Carl von Wuthenow und Verena Hofer Bd.1
Hill, Roxann

Dunkel Land / Carl von Wuthenow und Verena Hofer Bd.1


ausgezeichnet

Verena, eine Nürnberger Literaturdozentin, nimmt ein verlockendes Jobangebot an. Sie soll den Neffen einer reichen Industriellen bei der Reha nach einem Unfall unterstützen. Nach dem Tod ihrer Schwester ist sie Adoptivmutter der kleinen Waise und das üppige Gehalt und die Möglichkeit der Kinderbetreuung vor Ort, lassen sie alle Bedingungen des Vertrags akzeptieren. Sehr erstaunt ist sie dann aber, als sich der Neffe als 37 jähriger gutaussehender, arroganter Mann entpuppt, der sich seine Reha etwas anders vorstellt. Als ausgebildeter Profiler hat er nach einer Schussverletzung sein Kurzzeitgedächtnis verloren und sieht in Verena eher eine Assistentin seiner kriminalistischen Arbeit. Da sie den Job dringend braucht, lässt sie sich darauf ein und wird schneller als ihr lieb ist, in eine gefährliche Ermittlung verwickelt..
Mir hat der Roman gut gefallen, ich habe ihn in einem Zug durchgelesen, konnte mich wirklich kaum losreißen. Es ist diese Mischung aus erzählendem Krimi und einem sehr ungleichen Ermittlerpaar, bei denen es recht bald funkt, die mich so gut unterhalten hat. Obwohl die Ermittlungen um einen Serienmörder im Strichermilieu angesiedelt sind, würde ich das Buch eher als spannende Unterhaltung verorten und nicht so sehr als harten Krimi, wie die Covergestaltung und der Titel vermuten ließen. Leser, die das erwarten, werden sicher etwas enttäuscht werden.
Sehr gut hat mir die Beschreibung des Havellands gefallen und als Leitmotiv wird die Ribbeck Ballade von Fontane gewählt, die Verena Carl von Wuthenow nahebringen kann, auch wenn er sie jeden Tag wieder von neuem auswendig lernen muss. Aus dieser Einschränkung durch die Schussverletzung ergeben sich auch im weiteren Verlauf der Handlung immer wieder spannende oder sogar komische Episoden. Aus der schöngeistigen Verena wird in kurzer Zeit eine zugreifende Ermittlerin, eine Entwicklung, die sie selbst erschreckt, denn diese Welt war ihr immer fremd. Hier vielleicht mein einziger kleiner Kritikpunkt: mir war das etwas zu schnell.
Trotz des überschaubaren Personenkreises bleibt die Spannung lang erhalten, auch wenn sich schon bald die Verdachtsmomente häufen und ich als geübte Krimileserin schon nach der Hälfte auf der richtigen Spur war. Besonders gern habe ich die Schlagabtäusche zwischen Verena und Carl gelesen, die Andeutung einer Liebesgeschichte schreit geradezu nach einer Fortsetzung und das offene Ende lässt mich auch darauf hoffen.
Ein zweiter Band wird jedenfalls ganz oben auf meiner Wunsch- und Leseliste landen.

Bewertung vom 19.11.2017
Toteneis / Hannah Jakob Bd.5
Peters, Katharina

Toteneis / Hannah Jakob Bd.5


ausgezeichnet

Valerie Frieth wird von ihrem Ehemann als vermisst gemeldet. Normalerweise kein Fall für die Kriminalpsychologin Hannah Jakob. Aber Valerie war früher mit einem einflussreichen und hohen Kriminalbeamten verheiratet, der wegen seiner Machenschaften im Gefängnis sitzt und offensichtlich immer noch genügend Macht besitzt, seine Fäden zu ziehen.
Dann taucht Valerie stranguliert unter dem Eis eines Sees auf und kurz danach noch eine getötete Frau in einer Tiefkühltruhe und die Ähnlichkeiten sind für Hannah mehr als beunruhigend. Denn die Verbindungen weisen auf den Exmann und zeigen, wie er trotz Haft noch gefährlich ist . Allerdings wird sie den Eindruck nicht los, dass noch jemand an diesem Fall interessiert und ihr oft sogar einen Schritt voraus ist.
Die Kriminalromane von Katharina Peters, egal aus welcher Serie, lese ich ausgesprochen gern. Ich mag den detailreichen, realistischen Stil. Wenn sich aus einem Wust von Informationen, die das Team erarbeitet hat, echte Spuren herauskristallisieren und ich durch die Nebenhandlung immer einen Schritt dem Wissen der Beamten voraus bin, macht mir das Lesen immer besonders viel Vergnügen. In diesem Band hat mir gerade der Nebenstrang, der wichtig für die Entwicklung des Plots ist, besonders gut gefallen und oft habe ich mich gefragt, ob meine Sympathien nicht auf der falschen Seite sind.
Wie immer ist die Handlung sehr komplex, aber der Plot ist trotzdem gut durchschaubar und verliert sich nicht in Nebensächlichkeiten. Schon früh zeigt sich, wie die einzelnen Erzählstränge zusammenhängen und wie wichtig sie für das Gesamtbild sind.
Ich mag auch den Figurenkosmos, den sich die Autorin ausgedacht hat. Ihre Charaktere sind sehr vielschichtig gestaltet, es gibt viele Facetten, die die handelnden Personen besonders lebensecht wirken lassen. Jede hat ihre eigene Geschichte, die oft weit zurückreicht und es gibt nicht nur ,Gut‘ und ,Böse’, sondern die Zwischentöne der Charakter machen die Faszination aus.
Für mich ist Katharina Peters mit ihren Romanen ein Garant für spannende und intelligente Krimis.
Vielen Dank an Netgalley und den Verlag für Möglichkeit dieses Buch zu lesen.

Bewertung vom 13.11.2017
Walter Nowak bleibt liegen
Wolf, Julia

Walter Nowak bleibt liegen


sehr gut

Walter Nowak, Ende 60, ein Selfmade Mann, wie er im Buche steht. So ein Mann duldet keine Schwäche, schon gar nicht bei sich. 1000 Meter jeden Morgen im Schwimmbad, man ist „Fit wie ein Turnschuh“, da verbieten sich Gedanken an Krankheiten oder Beeinträchtigungen. Doch das holt Walter schneller ein, als gedacht. Beim morgendlichen Schwimmtraining abgelenkt – eine Frau erinnert ihn an seine Mutter – stösst er mit dem Kopf an die Beckenwand. Nein, er will nicht in den Krankenwagen – er will nach Hause und zwar allein.
Dort findet er sich einige Zeit später wieder am Boden, seltsam eine geleerte Bierflasche in der Hand und was war davor? Während Walter liegen bleibt, wie der Titel schon verrät, setzen seine Erinnerungen und Gedanken ein.
Julia Wolf kriecht buchstäblich ins Hirn ihres Protagonisten, der so erbarmungslos seziert wird, dass beim Leser allenfalls noch Mitleid für ihn aufkommt. Seine Gedankenfetzen sind oft nur aus Phrasen und Worthülsen zusammengesetzt, wie so oft bei Menschen, die sich daran festhalten, wenn die eigenen Worte fehlen. Die eigenwillige Interpunktion betont noch die Pausen, wenn Walters Gehirn Zeit braucht um zu formulieren. Aber seine Erinnerungen führen in weit zurück in seine Kindheit, die nicht besonders glücklich war und immer auch ein Kampf gegen Spott und Ausgrenzung. So erschließt sich dem Leser allmählich das Leben Walters, ein exemplarisches Leben der Nachkriegszeit mit dem unbedingten Willen ‚es zu schaffen, nach oben zu kommen‘, auch wenn Ehe und Sohn dabei auf der Strecke bleiben.
Ich hatte anfänglich Schwierigkeiten mit Julia Wolfs Buch, ich konnte keine Beziehung zum Protagonisten herstellen und die radikale literarische Umsetzung des Gedankenflusses bereitete mir wenig Lesefreude. Aber ich konnte nicht verhindern, dass das Buch mich packte. Auch als ich mit einem gewissen Gefühl der Erleichterung die letzte Seite umblätterte, blieb mir die Sprache und der Ton im Kopf. Immer wieder habe ich Walters Geschichte reflektiert, in Bezug zu realen Personen gesetzt.
Ein wirklich außergewöhnlicher Roman, der zu Recht so viel Anerkennung findet. (Klagenfurt, Long List Buchpreis)