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Sikal
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Österreich

Bewertungen

Insgesamt 1155 Bewertungen
Bewertung vom 31.03.2019
Schwarzweißbuch Milch
Stollenwerk, Thomas

Schwarzweißbuch Milch


ausgezeichnet

Licht- und Schattenseiten der Milchindustrie

Der Autor Thomas Stollenwerk arbeitet als Journalist in Wien, u.a. ist er Chefredakteur des Magazins Biorama und hat somit einen guten Einblick in ökologische und ökonomische Aspekte der Landwirtschaft. In seinem Buch gibt er uns einen guten Überblick über die Möglichkeiten der Milchwirtschaft, die Probleme mit Produktionssteigerungen, der globalen Vermarktung, den Pros und Kontras in der Tierhaltung und vielem mehr.

Das Buch ist gut strukturiert und zeigt am Anfang die Milchgeschichte auf, wie erst im Laufe der Zeit Laktoseintoleranz überwunden und Milch für den Menschen verträglich wurde. Der Autor gibt eine gute Übersicht über den Milchmarkt, erwähnt verschiedene Studien, das Preisverhalten, die Quotenregelung, aber auch die Überschwemmung einiger Länder durch europäisches Billig-Milchpulver.

Im Kapitel Milchmaschinen wird viel über teure Technik, In- und Output in der Landwirtschaft, modernisierte Hightec-Ställe berichtet. Ein Wahnsinn, welche Summen hier im Spiel sind und wie lange oft die nächste Generation noch diese Investitionen abbezahlen muss. Doch es geht klar hervor, dass man zumeist als Landwirt keine Chance hat, dem Modernisierungswahn zu entkommen. Entweder will man auch in Zukunft als Produzent erfolgreich sein oder man wird früher oder später gezwungen, den Betrieb einzustellen.

Interessant finde ich, welche unterschiedlichsten Bauernhöfe es gibt, wie die Ställe konzipiert werden, um dem Tierwohl gerecht zu werden und trotzdem genügend zu produzieren, um Erfolg zu haben. Aber es wird auch das Kapitel der männlichen Milchkuh-Kälber thematisiert – niemand spricht gerne darüber und doch ist es kein Geheimnis, dass diese Kälber als Milchkuh eben nicht geeignet sind und zum Teil grausamen Lösungen zugeführt werden. Auch das Thema „Hörner“ ist sehr umstritten. Ich möchte hier die Objektivität des Autors hervorheben, der nicht mit dem erhobenen Zeigefinger in eine Richtung zeigt, sondern sachlich die Vor- und Nachteile beleuchtet.

Wie gesund ist Milch wirklich? Welche Expertise zählt? Hier sollte wohl jeder auf seinen eigenen Körper hören und den Milchanteil an der Ernährung diesem Empfinden anpassen. Nicht zu vergessen ist, dass es Ersatzprodukte gibt, die mittlerweile ebenso einen hohen Stellenwert in unserer Ernährung erreicht haben.

Ein interessanter Einblick in eine hochmoderne, industrialisierte Landwirtschaft, die schon lange keine Bild mehr von der Bäuerin mit einer gefüllten Milchkanne zeigt. Ich durfte hier viel Neues erfahren und gebe dem Buch sehr gerne 5 Sterne.

Bewertung vom 31.03.2019
Powerfrauen
Hodges, Kate

Powerfrauen


ausgezeichnet

Inspirierende Frauenporträts

Die Autorin Kate Hodges stellt in ihrem Buch „Powerfrauen“ 85 Frauen vor, die faszinierende Geschichten vorzuweisen haben. Obwohl es natürlich viel mehr interessante Frauen-Persönlichkeiten gibt, die in dieses Buch gepasst hätten, setzte sich die Autorin als zeitlichen Rahmen „ab dem 19. Jahrhundert“ und – was viel wichtiger ist – musste die jeweilige Frau irgendeine Interaktion mit anderen Frauen haben. Spannend, was sich daraus entwickelte.

Viele mir unbekannte Frauen habe ich neu entdeckt, über viele bekannte durfte ich Interessantes erfahren. Vor allem die Darstellung der Interaktionen zwischen den Frauen finde ich sehr gelungen.

Ebenfalls gelungen finde ich die wunderbaren Illustrationen, die dem Buch beinahe einen Bilderbuchcharakter verleihen. Die aussagekräftigen (meist kurzen) Texte geben trotzdem einen guten Überblick über die Leistungen der Frauen. Die Porträts greifen ineinander – so liest man über eine Frau, erfährt über die Verbindung zum nächsten Porträt und liest so weiter, beinahe wie ein Porträt-Domino.

Die Palette der vorgestellten Frauen ist sehr vielfältig und reicht von Mary Sommerville, Queen Victoria, Clara Schumann, Marie Curie, Getrude Stein bis hin zu Greta Garbo, Meryl Streep, Anne Frank, Michelle Obama, Emma Watson und viele viele mehr.

Ich kann mir vorstellen, dass dieses Buch immer wieder zur Hand genommen wird, um kurz nachzuschlagen oder darin zu schmökern. Auch für den jugendlichen Leser ist dieses Buch bestimmt eine Bereicherung.

Eine tolle Porträtsammlung in einer wunderschönen Aufmachung, der ich gerne 5 Sterne gebe.

Bewertung vom 30.03.2019
Plastikfrei für Einsteiger
Schulz, Christoph

Plastikfrei für Einsteiger


ausgezeichnet

Es gibt Alternativen zu Plastik
Plastik im Alltag ist – so scheint es – nicht mehr wegzudenken. Folienverpackungen für dieses und jenes, Küchengeräte aus Plastik, Verpackung für Getränke, für Duschgel, und und und. Es scheint, man kommt nicht drum rum, Plastikmüll an allen Ecken und Enden. Erst langsam kommt es jedem ins Bewusstsein, dass wir nicht nur unsere Umwelt damit schädigen, sondern damit direkt uns selbst.

Der Autor Christoph Schulz ist Umweltunternehmer und kämpft gegen den Plastikmüll. Mittlerweile schließen sich immer mehr Menschen seinem Ziel an. In diesem Ratgeber versucht er aufzuklären und Alternativen anzubieten. Teilweise sind wirklich nur einfache Änderungen der Gewohnheiten notwendig und sind somit ein kleiner Schritt in die richtige Richtung.

Anfangs erfährt man einiges über den ungewünschten Gast Plastikmüll, über die Verbreitung von Mikroplastik, über Probleme und Chancen. Danach stellt uns der Autor drei grundsätzliche Schritte vor:
Der neue Lebensstil
Gewohnheiten ändern
Plastikfrei-Experten

Viele einfache Tipps kann man leicht in den Alltag übernehmen. Trinkflasche, Jutebeutel, Lunchbox, Einmachglas – hier findet man Alternativen, um keine Ausrede aufkommen zu lassen. Auch kann man viele verschiedenen Dinge ausleihen oder wiederverwenden – es muss nicht immer alles neu angeschafft werden. Längerfristiges Denken würde uns allen nicht schaden, doch dieses in unserer Wegwerfgesellschaft anzusiedeln, ist wohl noch ein ausdauernder Prozess.

Sehr gut gefallen mir auch die Tipps, was man alles selber machen kann. Wir versuchen uns derzeit in der Seifenherstellung, und ich bin richtig überrascht, wie einfach das geht und wie viel Spaß die ganze Familie dabei hatte. Weitere Naturkosmetik-Experimente werden demnächst folgen.

Natürlich sind nicht alle aufgezeigten Möglichkeiten für jeden einzelnen interessant und umsetzbar, doch auf das Plastiksackerl in den Geschäften zu verzichten, schafft jeder. Und schon ist der erste Schritt getan. Wenn man dies verinnerlicht hat, nimmt man sich das nächste Thema vor – beispielsweise Obst und Gemüse nicht in Plastikverpackung zu kaufen (was meiner Meinung sowieso am Sinn vorbeigeht).

Ein brauchbarer Ratgeber mit vielen brauchbaren Tipps, dem ich gerne 5 Sterne gebe.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 30.03.2019
Die allerseltsamsten Orte der Welt
Bonnett, Alastair

Die allerseltsamsten Orte der Welt


ausgezeichnet

Was es doch alles zu entdecken gibt

Wer das Buch über die „Seltsamsten Orte der Welt“ bereits gelesen hat, weiß bereits, was den Leser hier ungefähr erwartet. Wer der Meinung ist, dass unser Planet immer gleich ist und man nichts Neues mehr entdecken kann, darf sich von diesem Buch überraschen lassen – Inseln entstehen, Territorien verändern sich. In 39 Erlebnissen nimmt uns Alastair Bonnett mit, um Ungewöhnliches zu entdecken.

Dabei entführt er uns auf Inseln, in Enklaven, in utopische, gespenstische und auch versteckte Orte und lässt den Leser staunen über die faszinierenden Geschichten, die hier vorgestellt werden. Orte, die in weiter Ferne liegen oder auch direkt vor der Haustür. So bereist man beispielsweise kleinere Inselbesitzungen der Vereinigten Staaten oder welche im Ärmelkanal, erfährt von 534 Neuentdeckungen auf den Philippinen oder pflanzt Wilde Erdbeeren auf einer Verkehrsinsel (wobei diese Aktion nicht von allen goutiert wird). Man erfährt aber auch von den umstrittenen Spratly Inseln oder über das Ferghanatal, welches über mehr Enklaven verfügt als jeder andere Teil der Welt.

Der Autor erzählt auch die Geschichte über die Insel der Freiheit in Kopenhagen – Christiania – mittlerweile eine Touristenattraktion. Oder über die Helikopterstadt São Paulo, in der sich mittlerweile ein reger Verkehr in luftigen Höhen abspielt, sowie über das seltsamste Filmset dieser Welt: den Drehort des Films „Dau“ – ein voll funktionierender Ort, an dem die Schauspieler auch nach dem Stopp der Kamera das Leben am Set weiterführen mussten. Skurril, dass der Film bis heute nirgendwo zu sehen ist.

Interessantes erfährt man auch über Tsunami-Steine und Atom-Markierungen, über die Müllstadt in Kairo oder den Likouala-Sumpf im Kongo, der immer noch unkartiert ist. Vieles gäbe es hier noch zu erzählen, doch ich möchte nicht alle Geheimnisse des Buches verraten, sondern nur ein wenig die Neugier darauf wecken.

Der Autor Alastair Bonnett lebt in Newcastle upon Tyne und ist dort Professor für Sozialgeographie. An seiner Leidenschaft, dem Reisen im Kopf, auf der Landkarte und in der Realität dürfen wir hier ein wenig teilhaben. Doch er gibt auch einen guten Rat auf die Frage, welcher dieser Orte, denn ein großartiges Urlaubsziel abgäbe:

„Urlaubstage sollten voller Spaß und frei von Sorgen sein, und ich bezweifle, dass sich viele der 39 Orte in diesem Buch dafür eignen. Mein innerer Rebell schreit zudem auf, es gehe doch darum, seine eigenen Destinationen zu finden.“
Doch was uns Bonnett ebenfalls mit auf den Weg gibt, ist der Tipp, erst mal vor der eigenen Haustür zu suchen – und auch zu finden. Denn nach Überzeugung des Autors, findet man das Allersonderbarste meist direkt in der eigenen Umgebung. Dafür muss man nur die Augen offen halten und sich Zeit nehmen.

Mich hat das Buch oftmals verwundert, in Staunen versetzt und noch viel öfter überrascht. Ein wunderbares Buch, dem ich viele Leser wünsche und das sich natürlich 5 Sterne verdient.

Bewertung vom 24.03.2019
Es ist uns alles nur geliehen
Cerha, Ursula

Es ist uns alles nur geliehen


ausgezeichnet

Wie das Leben eben so spielen kann

Die Autorin Ursula Cerha beschäftigt sich seit Jahren mit der 200-jährigen Geschichte der russischen Familie Kign, der Familie ihrer Mutter. Sie hat für dieses Buch in den Archiven von St. Petersburg und Minsk recherchiert und kann mit „Es ist uns alles nur geliehen“ ein spannendes Ergebnis präsentieren.

Das Buch ist in drei Teile gegliedert. Der erste Teil (1812 – 1893) erzählt die Anfänge auf dem Familiensitz Dedlovo und dem wirtschaftlichen Fortschritt. Es fällt auf, dass auch die Bediensteten und die Dorfgemeinschaft die Gutsherren Elisabeta und Ludwig wertschätzen, die sich nicht zu schade sind, um für den Dienst der guten Sache auch ungewöhnliche Aufgaben zu übernehmen. Während Ludwig den ökonomischen Status des Gutes im Blick hat, ist Elisabeta für die sozialen Belange zuständig, achtet auf Bildung und Gesundheitsversorgung. Zwischendurch erfährt man immer wieder über die politischen Begebenheiten im fernen Moskau, wobei diese die Gutsfamilie zwar mit Interesse aufnehmen, sich aber nicht so sehr davon berühren lassen.

Der zweite Teil (1894 – 1913) beschäftigt sich mit den nächsten Generationen der Kigns, mit der Veränderung der Gesellschaft und der Erkenntnis wie nahe Freud und Leid beieinanderliegen. Ebenfalls werden Einblicke in das Leben der letzten Zarenfamilie gewährt. Die Bewohner von Gut Dedlovo sorgen sich auch um den kranken Zarewitsch, während man aber in der eigenen Familie ebenfalls von einigen tragischen Ereignissen nicht verschont bleibt.

Im dritten Teil (1913 – 1943) erfährt man von der Zeit während des Ersten Weltkrieges, von dem Aufstreben der Bolschewiken, von der Angst der Adeligen, die nun plötzlich zu aller Feind wurden. Aber auch von den Nachkriegsjahren, über die Trennung der Kinder von ihren Eltern, vom unglücklichen Wiedersehen in Österreich. Immer wieder verwoben mit den politischen Veränderungen.

Die Autorin beschreibt hier ein Leben, in dem alles eben nur geliehen ist – erst der Aufschwung, der Wohlstand, aber auch der Verlust von materiellen und immateriellen Dingen, die das Leben so plötzlich verändern können.

Gut gefallen hat mir, dass die Familie und ihre Bediensteten irgendwie an einem Strang gezogen haben. Allen war die Bewirtschaftung und das Wohl des Gutes wichtig, genau davon konnten alle gut leben. Und hier sticht die Familie Kign ein wenig hervor – es scheint für alle zu passen und die adelige Familie die Untertanen und Bediensteten nicht ausgebeutet zu haben.

Ergänzend findet sich im Buch auch ein Stammbaum, den man immer wieder zu Hilfe ziehen kann, wenn die Namen durcheinander kommen. Und auch einige Fotos sind enthalten, sowie eine Karte vom zaristischen Russland.

Der etwas andere Blick auf Russland hat mir gut gefallen und ich habe die Geschichte rund um die Familie Kign sehr gerne gelesen. Daher gibt es von mir auch 5 Sterne.

Bewertung vom 24.03.2019
So kocht Afrika
Sitole, Dorah

So kocht Afrika


ausgezeichnet

Interessante Rezepte und spannende Einblicke in ein fernes Land

Die Autorin Dorah Sitole hatte sich schon lange zum Ziel gesetzt, die Kochtradition ihres Heimatkontinents in einem Buch zu verewigen. Sie hat es geschafft, ein breites Spektrum an Speisen aus unterschiedlichen Regionen zusammenzufassen. Dabei war ihr wichtig, auch mal die südafrikanische Küche in den Vordergrund zu stellen (aber nicht nur). Traditionelle Lebensmittel und besondere Aromen laden ein, exotische Gaumenfreuden zu erkunden.

Populäre Nationalgerichte werden uns vorgestellt, die zum Teil einfach und bekömmlich sind, andere wieder raffiniert und ungewöhnlich. Im Anschluss findet sich auch ein Glossar, in dem die wichtigsten Zutaten aufgeführt werden.

Die Reise beginnt in Südafrika Kapmalaien, man besucht Südafrika Zulu, Botswana, Simbabwe, Mosambik, aber auch Kenia, Ghana, Senegal und einige andere, bis man zuletzt in Ägypten landet. Jeder Region werden einige Seiten gewidmet, wobei anfangs immer die Region kurz vorgestellt wird und die kulinarischen Besonderheiten hervorgehoben werden. Ebenfalls ist eine Landkarte abgebildet, auf die die Region gekennzeichnet ist.

Die Rezepte sind sehr vielfältig und laden ein, auch zu Hause mal einen afrikanischen Abend mit Freunden zu veranstalten, bei dem man mit so einigen Leckereien glänzen kann: Beispielsweise findet man Bobotie (Hackfleischauflauf mit Rosinen), Vhutetwe (Maisbrei-Scheiben), Nkwani (pochierte Kürbisblätter), Vipopo (Teigbällchen in Kokosmilch), Tamia (Falafel), aber auch Nkuku (Huhn) oder Angwala (gebratenen Fisch).

Die Zutaten und die Zubereitung sind genau aufgelistet, viele Bilder ergänzen die Rezepte. Man findet auch Bezugsquellen für die zum Teil schwierig zu bekommenden Zutaten. Bestimmt sind nicht alle Rezepte für jeden geeignet, das ist aber nicht anders wie bei anderen Kochbüchern auch.

Gut gefallen mir die Einblicke in die regionalen Unterschiede, die ergänzenden Fotos der Menschen und die wunderbare Aufbereitung des Buches. Bereits der Einband bringt positive Stimmung und diese Atmosphäre zieht sich durch das Buch.

Ich finde, es ist mehr als ein einfaches Kochbuch, sondern eine Vorstellung von Land und Leuten. Gerne vergebe ich dafür 5 wohlverdiente Sterne.

Bewertung vom 23.03.2019
Spanischer Totentanz / Barcelona-Krimi Bd.2
Ferrera, Catalina

Spanischer Totentanz / Barcelona-Krimi Bd.2


sehr gut

Gruselige Friedhofspartys
Der beurlaubte Berliner Kommissar Karl Lindberg, der seinen Schwager Alex Diaz bereits bei der Aufklärung eines Falles unterstützte, wird nun offiziell bei den „Mossos d’Esquadras“ aufgenommen. Noch während der Feierlichkeiten muss das frischgebackene Ermittlerduo ausrücken, weil auf einem Friedhof eine Leiche gefunden wurde – skurriles Szenario. Da es sich um den Politiker Fernando Bunyol handelt, haben Karl und Alex alle Hände voll zu tun, um einerseits die Presse nicht aufzurütteln und andererseits ihre Chefin zu beruhigen, die so nebenbei ständig erwähnt, was sie von den beiden hält (nämlich nicht allzu viel). Wer hatte den Politiker so sehr gehasst, um ihn zu erdrosseln und in einer Familiengruft abzulegen? Als es noch eine zweite Tote und ein überlebendes Opfer im Krankenhaus gibt, scheint es keine Verbindungen zum Mord an dem Politiker zu geben. Und doch tragen die Taten die Handschrift des gleichen Täters.

Die beiden Ermittler haben alle Hände voll zu tun, um kleinste Details zusammenzutragen. Als auch noch die Kollegin Marla verschwindet, ist das ganze Team besorgt. Doch auch privat kommt Karl Lindberg nicht zur Ruhe, immerhin ist seine Frau Alba schwanger und eröffnet ihm, dass es ein kleines Mädchen wird, während der 16-jährige Sohn Oliver plötzlich in eine eigene Wohnung ziehen will.

Die Autorin Catalina Ferrera versprüht in ihrem Krimi eine besondere Atmosphäre. Neben der Kriminalgeschichte durchstreifen die Ermittler die engen Gassen, sitzen in gemütlichen Lokalen, genießen katalanische Köstlichkeiten und trinken auch mal einen erfrischenden Schluck Weißwein. Irgendwie scheint hier ein gemütliches „Urlaubsfeeling“ zu sein, im Gegensatz zu den gruseligen Friedhofsszenarien.

Den Schreibstil finde ich erfrischend, humorvoll, mit unterhaltsamen Dialogen. Obwohl man den Täter relativ schnell ausmachen kann, finde ich die Geschichte zum Großteil gelungen. Die Spannung hängt zwischendurch ein wenig durch, nimmt zum Ende hin jedoch noch einmal ordentlich an Tempo zu.

Ein unterhaltsamer Krimi, den ich sehr gerne gelesen habe. Darum vergebe ich auch 4 Sterne und freue mich auf eine Fortsetzung.

Bewertung vom 23.03.2019
Geht's noch!
Hirn, Lisz

Geht's noch!


ausgezeichnet

Zurück an den Herd?

Die Autorin Lisz Hirn studierte Philosophie und Gesang, arbeitet als Publizistin und Philosophin, u.a. an der Uni Wien. Mit ihrem Buch „Geht’s noch?“ versucht sie die konservative Wende zusammenzufassen und dem propagierten „neuen-alten“ Weltbild der Frauen auf den Zahn zu fühlen.

Vorrangiger Angriffspunkt ist die aktuelle österreichische Regierung, deren Frauenbild keinen Platz im 21. Jahrhundert haben dürfte. Und doch ist es leider so, dass die Wunschvorstellung „Frauen zurück an den Herd“ anscheinend wieder gesellschaftsfähig wird. Prägnant, teilweise mit einer Prise Humor, werden die Biedermänner und –frauen ebenso in den Fokus gestellt, wie auch die Brandstifter (und –innen).

Die Autorin spannt den Bogen über ein weites Themenspektrum. Das Desinteresse der Konservativen an emanzipierten Frauen steht ebenso im Fokus, wie die drohende Altersarmut der Frauen, die selbstverständlich anmutende Gratisarbeit der Frauen im Bereich Kinder- oder Seniorenpflege, die immer noch vorhandenen Gehaltsunterschiede. Auch das Thema (kontrollierte) Schwangerschaft, Verhütung und Abtreibung wird in einem Kapitel behandelt.

„Wie wäre es, in einer Gesellschaft zu leben, in der Männer und Frauen wirklich, nicht nur formal, gleichgestellt sind?“

Viele wichtige Punkte werden zusammengefasst und regen zum Nachdenken an. Jede Frau sollte die Möglichkeit haben, in dem für sie richtigen Familienmodell zu leben. Wenn sich eine Frau für oder gegen Kinder entscheidet, sollte es wohl selbstverständlich sein, dass es weder einer Rechtfertigung bedarf und schon gar nicht Kritik auslösen sollte. Dass dies von den Politikern leider auch noch als Aufhänger für so manche Rede missbraucht wird, zeigt nicht gerade von emanzipiertem, fortschrittlichem Denken.

Alle (nicht nur Frauen) sind aufgefordert, unsere Gesellschaft weiterzuentwickeln, Frauen (und auch Männern) die Anerkennung und Wertschätzung entgegenzubringen, die ihnen zusteht. Wenn sich eine Frau für Familie und Kinder entscheidet, sollte dies in unserer Gesellschaft die gleiche Berechtigung haben, wie kinderlose Frauen, die sich für eine Karriere entscheiden. Es müssen nur die Möglichkeiten geschaffen werden, damit alle dieses Leben leben können, das jeder für sich als richtig erachtet. Hier gibt es noch viel zu tun – oder mit den Worten von Simone de Beauvoir, die von der Autorin zitiert wird: „Frauen, die nichts fordern, werden beim Wort genommen.“
5 Sterne für dieses aufschlussreiche Buch.

Bewertung vom 17.03.2019
Vermächtnis einer Jugend
Brittain, Vera

Vermächtnis einer Jugend


ausgezeichnet

Einblick in ein Leben, das der Erste Weltkrieg so sehr prägte

Die Schriftstellerin Vera Brittain (1893 – 1970) wurde in Newcastle-under-Lyme geboren. Die Eltern wohlhabend, war es Sohn Edward bestimmt, ein Studium aufzunehmen, während die Tochter den damals üblichen Weg der Heirat einschlagen sollte. Doch Veras Ziele waren anderer Natur: Mit unglaublicher Kraftanstrengung erreicht sie eine Aufnahme im Oxford College und beginnt ein Literaturstudium.

In ihrer Autobiografie „Vermächtnis einer Jugend“, die bereits 1933 erschien, erzählt sie von der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg, erzählt von Kriegspropaganda, die die jungen Männer infiziert und zu willigen Soldaten macht, beschreibt den Wandel der Einstellungen im Laufe der schrecklichen Jahre und zeigt, welche Auswirkungen diese furchtbaren Erlebnisse für diese Generation mit sich brachten.

Als begeisterte Studentin scheint sie ihren Platz in Sommerville gefunden zu haben, doch nach dem Ausbruch des Krieges wird für Brittain schnell klar, dass sie unmöglich studieren kann, während ihr Bruder und alle seine Freunde an der Front ihr Leben riskieren. Auch Edwards Freund Roland, in den sich Vera verliebt hatte, zieht mit großem Enthusiasmus in einen Krieg, von dem man sich ein schnelles Ende erhoffte. Wie sollte man bereits 1914 erkennen, dass so viele Jahre bis dahin vergehen und solch große Opferzahlen als Ergebnis präsentiert werden müssen.

Vera unterbricht ihr Studium und meldet sich als Hilfkrankenschwester ebenfalls an die Front, wo sie schnell mit der harten Realität des Krieges konfrontiert wird. Als nacheinander Roland, viele enge Freunde und schließlich auch noch Edward Opfer dieses großen Krieges werden, ist Veras Leben nicht mehr das, was es vorher war.

Die emotionale Belastung und der Druck trotz allem das Beste zu geben, werden in dieser Biografie sehr gut vermittelt. Man bekommt als Leser einen Einblick in unsagbares Leid, furchtbare Qualen der Verwundeten, aber auch in Dinge, wie Überforderung der Helfer und die Belastung für die Zivilbevölkerung, die mit dem Frontgeschehen nur indirekt in Verbindung kommt.

„… Nichts war von Dauer; alle und alles waren ständig auf dem Weg; Freundschaften galten für den Moment, Verabredungen für den Moment, nichts war momenthafter als das Leben selbst.“

Als sie nach dem Kriegsgeschehen wieder Fuß im zivilen Leben fassen soll, hat Vera enorme Schwierigkeiten. Zu sehr ist sie mit den Vorkommnissen der leidgeplagten Jahre verwoben, versinkt immer wieder in ihrer Trauer um geliebte Menschen – vor allem Edward fehlt ihr sehr. Besonders hervorgehoben wird, wie diese Generation versucht, an ein Leben „danach“ anzuknüpfen, welche Probleme zwischen den Gruppen präsent waren, die in den Krieg zogen und solchen, die als Zivilisten durchzukommen versuchten. Ein Verständnis für die jeweils andere Seite war nicht vorhanden.

„Ich bin Kriegsschrott, lebe unbeachtet in einer Welt, die mich nicht will.“

Vera kann erst spät ihr Kriegstrauma aufarbeiten, sie beginnt für den Völkerbund Vorträge zu halten und im Zuge dessen auch nach Deutschland zu reisen. Hier erkennt sie, dass großes Leid auch bei den sogenannten Feinden vorherrschend war und viele Verluste zu beiden Seiten an der Tagesordnung standen.

„Wäre nur das Lied der Vögel laut genug, um den Schrei zu übertönen, der aus der unbeschreiblichen Dummheit der Menschen auf diesem dämlichen Planeten aufsteigt.“

Vera Brittain schreibt nicht nur ihre Geschichte, sondern die einer ganzen Generation. Sie beschreibt den Kampf um die Rechte der Frauen und ihr Engagement für den Frieden. Der Schreibstil ist sehr angenehm und ruhig, trotz der Dramatik der Ereignisse.

Eine interessante Autobiografie über eine beeindruckende Frau, die so vielen unbekannt ist und durchaus etwas mehr Würdigung verträgt. Viele ihrer Aussagen sind auch für die heutige Zeit zu übernehmen und zeigen großen Weitblick.
Ich vergebe dafür gerne 5 Sterne und eine Leseempfehlung.