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Bellis-Perennis
Wohnort: 
Wien

Bewertungen

Insgesamt 924 Bewertungen
Bewertung vom 17.07.2022
Drei Tage im August (eBook, ePUB)
Stern, Anne

Drei Tage im August (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Autorin Anne Stern, bekannt durch ihre Reihe rund um die Hebamme Hulda Gold, entführt uns abermals nach Berlin. Es ist August 1936 und der Blick der ganzen Welt ist wegen der Olympischen Spiele auf Deutschlands Hauptstadt gerichtet. Für wenige Wochen wird ein weltoffenes und lebendiges Berlin präsentiert. Kaum jemand erkennt, dass dies alles nur Fassade ist und die NS-Diktatur längst mit ihren Repressalien gegen Juden und Andersdenkende begonnen hat.

Das bemerkt auch Elfie, die Verkäuferin in der Chocolaterie Sawade, die seit Jahren auf der prominenten Adresse Unter den Linden angesiedelt ist. Neben Elfie, die zur Schwermut neigt, leben in näherer Umgebung des Geschäftes zahlreiche Personen, die von den Machthabern nicht gerne gesehen werden. Das sind neben Elfie der jüdische Buchhändler Franz Marcus, das Blumenmädchen Rosa, der Barbesitzer El-Hamady, der Leierkastenmann Willi und die hochbetagte Madame Conte mit ihrem Dienstmädchen.

Als das kleine Blumenmädchen am helllichten Tag von der Polizei abgeführt wird, traut sich niemand einzuschreiten und der Buchhändler trägt sich notgedrungen mit Auswanderungsgedanken. Ein Lichtblick für Elfie sind die Gespräche, die sie mit Madame Conte führt. Dabei erfährt sie so manch lange gehütetes Geheimnis.

Meine Meinung:

Anne Stern gelingt wieder sehr gut, die Stimmung dieser Zeit einzufangen. Nachdem alle Welt über die Erfolge der Olympischen Spiele spricht, sieht keiner so genau hin, wie das Leben abseits dieses Spektakels wirklich verläuft. Während andernorts Politik gemacht wird, spielt sich das Leben der kleinen Leute eben in der ehemaligen Prachtstraße ab.

Unter den Linden war in der Kaiserzeit eine mondäne Anschrift. Eine breite Allee mit exklusiven Geschäften und von mächtigen Linden gesäumt. Zahlreiche dieser Bäume, die in diesem Roman auch zu Wort kommen, mussten den aufmarschierenden Soldaten weichen, was von einigen Bewohnern bedauernd besprochen wird.

Die Charaktere sind liebevoll bis ins kleinste Detail ausgearbeitet. Sie alle stellen eine kleine Welt dar, die sich in diesen wenigen Tagen in der der Roman spielt, dramatisch verändern wird. Man kann sich den Mikrokosmos rund um den Pralinenladen sehr gut vorstellen.

Fazit:

Dieser tiefgründigen und eher ruhigen Geschichte, die mir aber gut gefallen hat, gebe ich gerne 5 Sterne.

Bewertung vom 17.07.2022
Bretonische Nächte / Kommissar Dupin Bd.11 (eBook, ePUB)
Bannalec, Jean-Luc

Bretonische Nächte / Kommissar Dupin Bd.11 (eBook, ePUB)


gut

Autor Jean-Luc Bannalec kennt die Bretagne wie seine Westentasche. Das ermöglicht ihm, seinen Lesern die Schönheiten und Eigenarten von Land und Leuten näherzubringen. So erfahren wir diesmal etwas über die liebevoll restaurierte Abbye des Anges aus dem 16. Jahrhundert, nahe der Bucht von Aber Wrac’h im Finistère, deren Umgebung er auch in „Bretonische Nächte“ stimmungsvoll und kenntnisreich in Szene setzt. Zum wiederholten Mal wird der Aberglaube der Bretonen strapaziert:

Kadegs Tante, reich, unabhängig und knapp neunzig stirbt, nachdem sich allerlei Vorboten eines nahen Todes gezeigt haben sollen. Üblicherweise ist der Tod einer alten Dame keine Ermittlung wert, doch dann wird Kadeg auf ihrem Anwesen niedergeschlagen und schwer verletzt. Ein Angriff auf einen Polizisten? Das nehmen sowohl Kommissar Dupin als auch Kadegs Kollegen höchst persönlich. Unermüdlich wird ermittelt, um den oder die Täter zu überführen.

Als dann wenig später noch der Gärtner getötet wird, erscheint der Tod von Kadegs Tante in einem anderen Licht ...

Das Motiv bleibt lange im Unklaren. Die Wiederentdeckung einer als ausgestorben geltenden Vogel oder doch das beträchtliche Vermögen der alten Dame? Wird Kadeg jetzt, als reicher Mann, den Dienst quittieren?


Meine Meinung:

In diesem nunmehr 11. Band der Reihe machen sich leider Abnützungserscheinungen bemerkbar. Der Krimi ist nach dem bewährten Rezept geschrieben: Der vernunftbegabte Dupin bekommt es mit starrsinnigen Bretoninnen und Bretonen zu tun, die heimatverbunden sind und ihre eigene Sprache sprechen. Hier kommt regelmäßig Nolwenn ins Spiel, die durch Scharfsinn und Beziehungen immer wieder wertvolle Hinweise geben kann. Ein wenig nervig, weil ja hinreichend bekannt, ist Dupins fast schon trotzige Abneigung mit dem Präfekten zu sprechen. Dupin trinkt mehr Kaffee, als ihm guttut und erfreut sich an den örtlichen Delikatessen - alles schon da gewesen.

Auch der Cliffhanger wirkt müde und ein wenig „ausgelutscht“. Schauen wir einmal, ob mit dem 12. Krimi das Dutzend voll und die Reihe zu Ende sein wird.

Fazit:

Viel Spannung enthält dieser Krimi nicht. Wer allerdings ein treuer Fan von Georges Dupin und dem Autor ist, wird darüber hinwegsehen. Für mich leider ein wenig enttäuschend, daher nur 3 Sterne.

Bewertung vom 17.07.2022
Im Dienst der Hoffnung (eBook, ePUB)
Liebelt, Brigitte

Im Dienst der Hoffnung (eBook, ePUB)


sehr gut

Friederike Fliedner, geborene Münster, lebte von 1800 - 1842. Sie ist mir durch einige historische Romane bekannt.

Nun hat Brigitte Liebelt sich dieser bemerkenswerten Frau angenommen und eine Romanbiografie verfasst, in der Fliedners Verdienste gewürdigt werden.

Als Friederike Münster den Pastor Theodor Fliedner heiratet ist sie bereits 28 Jahre alt und hat eine Menge Berufserfahrung als Krankenschwester, Lehrerin und Erzieherin.

Sie wird elf Kinder zur Welt bringen, von denen nur drei das Erwachsenenalter erreichen werden. Bei der Geburt ihres letzten Kindes stirbt sie mit 42 Jahren.

Obwohl sie gemeinsam mit ihrem Mann das Diakonissen-Mutterhaus gründen, sind sie nicht immer einer Meinung. Während Friederike, trotz ihres tiefen Glaubens und Gottvertrauens, die Trennung zwischen Krankenpflege und seelsorgerischem Dienst befürwortete, muss sie sich hier ihrem Mann beugen.

Dieses Buch gibt einen genauen Einblick in das 19. Jahrhundert. Die Napoleonischen Kriege sind noch nicht allzu lange vorbei. Das Elend, das sie verursacht haben, deutlich spürbar. Vor allem auf das Leid der unverheiratet gebliebenen Frauen wird hier hingewiesen. In der Krankenpflegeschule von Kaiserswerth erhalten die Frauen eine fundierte Ausbildung, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Die Diakonissinnen werden in wenigen Jahren wieder Verwundete von Kriegen pflegen. Ihr Ruf als hervorragende Krankenschwestern wird auf der ganzen Welt bekannt sein.

Meine Meinung:

Brigitte Liebelt erzählt die Lebensgeschichte von Friederike chronologisch geordnet. Der Roman ist penibel recherchiert und, dort wo historische Fakten fehlen, werden die sorgfältig und einfühlsam durch schriftstellerische Ergänzungen gefüllt.

Wohltuend finde ich, dass Friederike Fliedner nicht mit Lobhudelei überschüttet wird. Brigitte Liebelt kann ihrer Leserschaft den Spagat zwischen Mutterschaft und Arbeit in einer Pfarrgemeinde gut vermitteln, ist sie doch selbst sechsfache Mutter, ausgebildete Krankenschwester, Bibliothekarin und Frau eines Pastors.

Eine kleine Kritik muss ich dennoch anbringen: Dass nach einer Einführung noch ein Vorwort gibt sowie ein Nachwort, in dem einiges nochmals zusammengefasst wird, halte ich ein wenig für überflüssig. Das wirkt auf mich, als ob die Autorin (oder der Verlag?) den Lesern nicht viel zutraut. Durch den gelungenen Schreibstil ist alles, was hier mehrfach zusammengefasst wird, ohnehin sehr gut dargestellt. Diese „Bevormundung“ der Leser kostet den 5. Stern.

Fazit:

Eine gelungene Romanbiografie, die geschickt Fakten und Fiktion verbindet. Gerne gebe ich hier 4 Sterne.

Bewertung vom 17.07.2022
Flüssiges Gold / Commissario Luca Bd.1
Riva, Paolo

Flüssiges Gold / Commissario Luca Bd.1


gut

Dieser erste Krimi von Paolo Rivaa ist in der Toskana angesiedelt. Commissario
Luca hat seinen Job in Venedig an den Nagel gehängt und lebt nun alleinerziehend mit seiner Tochter Emma und drei Eseln, die nach italienischen Politikern benannt sind, in Montegiardino. Es geht beschaulich zu, hin und wieder ein Autounfall oder ein verloren gegangener Tourist. Doch plötzlich zerreißt ein Schuss die Idylle: Während des Markttages wird Fabrizia, eine Olivenbäuerin, angeschossen.

Commissario Luca wird zur Aufklärung die Vice-Questora Aurora Mair zur Seite gestellt, denn eigentlich ist er ja nur ein Dorfpolizist mit der Lizenz zum Strafzettel schreiben.

Als wenig später weitere Schüsse fallen, muss sich Luca von der vermeintlichen Idylle seines Ortes verabschieden.

Meine Meinung:

Dies ist der erste Krimi von Autor Paolo Riva. Die Idee hat mit gut gefallen, doch an der Umsetzung kann noch ein bisschen gefeilt werden. Zum einen haben alle Darsteller einen Vor- und Zunamen, ausgenommen Commissario Luca. Ist Luca nun der Vor- oder der Familienname?
Warum Luca nun wieder in seine Heimat Montegiardino statt in Venedig ermittelt, bleibt noch ein Geheimnis. Vielleicht wird es ja im nächsten Band „Toskanische Sünden“ genauso gelüftet, wie welche der beiden Damen, die toughe Vice-Questora oder die Dorfärztin bei Luca landen werden. Immerhin hat ja Emma auch ein Wörtchen mitzureden. Apropos Emma - sie ist ein Grundschulkind, also höchstens zehn Jahre alt. Da scheint es mir doch ein wenig unangebracht, sie solange allein zu lassen, ihr den Haushalt sowie die Fütterung der Tiere zu überlassen. Natürlich ist es im Dorf, wo jeder jeden kennt, wo man sich kennt leichter, aber trotzdem ...

Die Charaktere sind (bis auf die Täter) sympathisch, besonders Emma und die drei Esel Sergio, Matteo und Silvio. Mir gefällt die zunächst hantig wirkende Vice-Questora Aurora Mair sehr gut. Ich habe schmunzeln müssen, wie sie zu ihrem Job in Florenz gekommen ist. Ja, solche Männer gibt es nach wie vor, aber die sprichwörtlich schlagkräftigen Frauen werden mehr.

Fazit:

Ein netter Auftakt einer neuen Krimi-Reihe, die unter dem Namen „Bella-Italia“ Lust auf die Toskana macht, aber noch ein wenig Luft nach oben hat. Gerne gebe ich hier drei Sterne und warte auf den nächsten Fall.

Bewertung vom 17.07.2022
Freche Früchtchen
Kern, Doris

Freche Früchtchen


ausgezeichnet

Autorin Doris Kern zeigt uns in diesem Buch aus dem Anton Pustet Verlag, was aus folgenden Früchten alles gemacht werden kann.

Apfel
Birne
Brombeere
Erdbeere
Hagebutte
Heidelbeere
Himbeere
Kirsche
Marille
Ribisel
Weintraube
Zwetschke
Zitrusfrüchte
Exoten

Zu allererst können Apfel, Birne & Co natürlich pur verspeist werden. Doch Früchte sind nicht nur zum Nachen da! In einigen steckt noch mehr. Ein paar Beispiele gefällig?

So lässt sich aus den Nüsschen (vielfach als Kerne) der Erdbeeren, Himbeeren und Brombeeren eine Peelingmaske herstellen (Grundrezept S. 92). Andere werden zu Dekoration genützt (Hagebuttenteelichter S. 112, oder Teelichter aus Marillenkernen S. 172). Das Kissen mit Kirschkernfüllung (S. 154) ist längst bekannt.

Zusätzlich können einige Früchte für die Schönheit benutzt werden. Die meisten Rezepte dienen jedoch zum Herstellen von Limonade und Süßspeisen.

Entdecke selbst, was in den frechen Früchtchen so alles steckt.

Fazit:

Gerne gebe ich diesem Buch, das durch schöne Fotos besticht, 5 Sterne.

Bewertung vom 10.07.2022
Tödlicher Taunus
Spielberg, Petra

Tödlicher Taunus


gut

„Der Zirkus ist da!“ Dieser Ruf, der vor einigen Jahrzehnten noch für glitzernde Kinderaugen gesorgt hat, regt nun hauptsächlich Tierschützer auf: Ein Zirkus, in dem Wildtiere ihre Kunststücke zeigen müssen.

In Bad Schwallbach ist der Wanderzirkus Carina zu Gast, dessen tierische Attraktion die Elefantenkuh Leila ist. Leila ist aus ihrem Gehege entkommen und hat einen Jogger getötet. Sofort treten militante Tierschützer auf den Plan und prangern die Missstände in diesem Zirkus an. Auch Landestierschutzbeauftragte Hella Ohlsen ist vor Ort und kann die schlechten Haltungsbedingungen, die gegen einige Gesetze verstoßen, nur bestätigen. Doch anders als die Tierschützer setzt sie auf Überzeugungsarbeit, was weder bei den Zirkusleuten naturgemäß noch bei den Demonstranten gut ankommt. Im Gegenteil, Hella wird von beiden Seiten bedroht.

Als dann bei einem Brandanschlag der Bruder des Elefantentrainers ums Leben kommt, eskaliert die Sache endgültig.

Gemeinsam mit der Kripo und der Journalistin Friederike Roth beginnt Hella Bruchstück für Bruchstück zusammenzutragen.

Meine Meinung:

Autorin Petra Spielberg packt in diesem Krimi ein heißes Eisen an: die nicht artgerechte Tierhaltung in Zirkussen sowie das Wegschauen von Amtstierärzten, wenn es um die eigene Bequemlichkeit oder Reputation geht. Auch so mancher Politiker kommt hier nicht sehr liebenswert herüber. Immer wieder auf eigene Vorteil bedacht, stehen doch bald wieder Wahlen vor der Tür. Da geht so mancher schon mal sprichwörtlich über Leichen.

Doch auch Hella Ohlsen ist nicht ganz fehlerlos, lässt sie doch ihren eigenen Hund Jagger, wenn auch bei geöffnetem Fenster allein, im Auto zurück, um ihren Schnüffeleien nachzugehen. Nun gut, wer ohne Fehler ist, der werfe den ersten Stein.

Der Kriminalbeamte Bernd Lohmann wirkt sympathisch und souverän. Er lässt Hinweise sowohl von Friederike als auch von Hella zu.

Geschickt wird Landschaft des Taunus in die Handlung einbezogen und so dürfen auch die „grüne Soße“, das hessische Nationalgericht genießen.

Die eigentlich Krimihandlung tritt in den Hintergrund. Den Ermittlungen, also der klassischen Polizeiarbeit, wird nur wenig Platz eingeräumt.

Fazit:

Die Idee, sich mit dem Tierschutz, dem laschen Vorgehen der Behörden und den Tierschützern zu beschäftigen, hat mir recht gut gefallen. Die Umsetzung ist meiner Ansicht nach nicht ganz optimal gelungen. Daher gibt es nur 3 Sterne.

Bewertung vom 10.07.2022
Die Hennakünstlerin / Jaipur Bd.1
Joshi, Alka

Die Hennakünstlerin / Jaipur Bd.1


sehr gut

Alka Joshi, die in Indien geborene und seit ihrer Kindheit in den USA lebende Autorin entführt ihre Leserinnen in das Jaipur von 1955. Der Staat ist erst seit wenige Jahren unabhängig und schwankt zwischen Tradition und Moderne.

Lakshimi, die Titelfigur, wird - wie in Indien auch heute noch üblich - als Fünfzehnjährige mit einem wesentlich älteren Mann verheiratet. Während ihr Mann sie schlägt, scheint sie mit der Schwiegermutter ein eher gutes Einvernehmen zu haben, denn sie bringt ihr jede Menge medizinisches Wissen bei. Sie flieht aus ihrer gewalttätigen Ehe nach Jaipur und bestreitet dort nicht nur als Hennamalerin ihren Lebensunterhalt. Ihre außergewöhnlichen Ornamente und duftenden Öle verhelfen der einen oder anderen Frau aus einer höher gestellten Kaste zu neuer Aufmerksamt des jeweiligen Ehemanns und auch zu dem erhofften Nachwuchs. Allerdings weiß sie auch ihr Wissen zu nützen, um unerwünschte Schwangerschaften zu beenden.

Ihr mühsam aufgebautes Leben droht zusammenzustürzen, als Hari, ihr Ehemann, mit der dreizehnjährigen Radha daherkommt, die behauptet ihre Schwester zu sein. Da die Eltern bereits verstorben sind, muss sich Lakshimi in guter alter indischer Tradition um ihre kleine Schwester kümmern. Doch die gibt sich widerborstig und verliebt ausgerechnet in jenen jungen Mann, für den Lakshimi anstelle eines üblichen Heiratsvermittlers, eine Hochzeit mit einem Mitglied der königlichen Familie, arrangiert hat.

Dann muss Lakshimi leidvoll zur Kenntnis nehmen, wie schnell Gerüchte über Unregelmäßigkeiten, die von Neid und Missgunst geschürt werden, ihre Runde machen. Doch es wäre nicht Lakshimi, wenn die sich den Herausforderungen nicht stellen und ihre Zelte in Jaipur abbrechen würde, um einen Neuanfang in Angriff zu nehmen.


Meine Meinung:

Für mich Europäerin sind die Traditionen auf dem indischen Subkontinent schwer zu erfassen. Das Kastensystem, das Leben, Beruf und Familie vorzeichnet sowie die anderen gesellschaftlichen Gepflogenheiten sind farbenprächtig geschildert. Selbst die Frauen der herrschenden Kaste sind von den strengen Regeln nicht ausgenommen. Sie sind einfach nur dazu da, ihren Männern gut gewachsene Söhne zu schenken.

Die vielen Bezeichnungen in der Originalsprache unterbrechen zwar den Lesefluss, werden aber im Anhang erklärt. Vielleicht wären Fußnoten besser gewesen?

Erschreckend zu sehen ist, wie sehr Lakshimi in einen Schuldkomplex hineingerät. Die Anklagen der pubertierenden Radha, bei der ich mehrmals den Verdacht hatte, sie wäre nicht die leibliche Schwester. Egoistisch tanzt sie Lakshimi auf der Nase herum anstatt darüber froh zu sein, endlich Ruhe gefunden zu haben. Aber, mit Logik und Vernunft ist einer gekränkten Dreizehnjährigen vermutlich nicht beizukommen.

Die Charaktere sind sehr gut herausgearbeitet, wobei ich persönlich mit Radha wohl mehr als einmal die Geduld verloren hätte. Schlau, ja beinahe schlitzohrig ist Malik, der „Angestellte“, der Lakshimi ehrfurchtsvoll „Tante Boss“ nennt.

Nicht ganz nachvollziehen konnte ich die Wandlung von Lakshimis Ehemann Hari vom Saulus zum Paulus. Er fordert ständig Geld, erpresst seine Noch-Ehefrau, um dann plötzlich in ihre bzw. in die Fußstapfen seiner Mutter als Heiler zu treten. Das nehme ich ihm nicht ganz ab.

Fazit:

Ein Einblick in eine völlig unbekannte Welt. Gerne gebe ich diesem Debütroman 4 Sterne.

Bewertung vom 09.07.2022
Venezianische Feindschaft
Gesing, Daniela

Venezianische Feindschaft


ausgezeichnet

In seinem 7. Fall bekommt es Commissario Luca Brassoni mit einem verzwickten Kriminalfall zu tun: Der Juwelier Fabio Caliano wird bei einem Raubüberfall schwer verletzt, einer der beiden Wachmänner sogar getötet und der zweite Wachmann ist verschwunden. Alles sieht so aus, als ob der Flüchtige der Täter ist. Doch dann wird der von einem Baugerüst gestoßen und kann, bevor er stirbt einer Passantin noch die Worte „Mord“ und „Feinde“ zuflüstern.

Nun heißt es für Brassoni & Co die Ermittlungen in eine weitere Richtung aus zu dehnen, denn vor einigen Jahren ist auch Caliano sen. ermordet worden. Nimmt hier jemand Rache an der eingesessenen Juweliersfamilie? Und wenn ja, wer?

Meine Meinung:

Dieser Krimi ist trotz dreier Todesopfer und mehrerer Verletzten kein brutaler Krimi. Die Gewalt wird durch die Einblicke in die Familien der Ermittler abgemildert. So erfahren wir, dass Brassoni und seine Frau Carla Sorrenti an ein zweites Kind denken, Kollege Maurizio Goldini erstmals Vater wird und entsprechend nervös ist sowie, dass an Carlas Arbeitsstätte Veränderungen anstehen. Auch Lucas Cousin, Stefan Mayer, genannt Caruso, darf wieder mitmischen. Diesmal ist seine Rolle ein wenig kleiner ausgefallen, denn neben Brassoni spielt der werdende Vater Goldini eine größere Rolle.

Ach ja, Picco, der kleine Hund der Familie Brassoni-Sorrenti darf durch die Seiten wuseln und erhält auch in der Questura einige Aufmerksamkeit.

Fazit:

Eine gelungene Fortsetzung, die diesmal ein Venedig im Winter zeigt, und der ich gerne 5 Sterne gebe.

Bewertung vom 09.07.2022
Die Kunst der Freude
Sapienza, Goliarda

Die Kunst der Freude


sehr gut

Dieser Roman erzählt die Geschichte von Modesta, einer Frau, die 1900 in ärmlichsten Verhältnissen in Catania, Sizilien, geboren wurde. Als kleines Mädchen missbraucht, wird sie nach dem Tod von Mutter und Schwester, in einem Kloster untergebracht. Was niemand weiß: Sie hat Mutter und Schwester ermordet. Modesta ist ehrgeizig und zielstrebig. Sie scheut sich auch nicht, ihren Körper für ihre Ziele einzusetzen. Nach dem Tod der Oberin des Klosters wird sie, als deren Vermächtnis, an eine adelige Familie vermittelt. Hier gelingt es ihr, durch die Heirat mit dem Sohn der Fürstin, der im allgemeinen Sprachgebrauch nur das „Ding“ genannt wird, weil er schwerst behindert ist, ihrem geringen gesellschaftlichen Status zu entfliehen und als Fürstin ihrem Drang nach Unabhängigkeit auszuleben.

Als die Faschisten die Macht übernehmen, kommt Modesta durch ihre unkonventionelle Lebensart in Konflikt mit dem Regime und muss ins Gefängnis.

Meine Meinung:

Dieser mehr als 730 Seiten starke Roman von Goliarda Sapienza hat eine ungewöhnliche Entstehungsgeschichte hinter sich: Um an diesem Roman (im Original „L’arte della gioia“) weiter schreiben zu können, gibt die Schauspielerin Goliarda Sapienza (1924-1996) ihren Job auf. Sie wird letztlich 9 Jahre dafür brauchen und keinen Verlag für ihr Werk finden. Völlig mittellos bestiehlt sie 1980 eine Freundin. Es kommt zur Anzeige, Gerichtsverhandlung, Urteil und Goliarda wird für drei Monate in Rebibbia, im berüchtigten Gefängnis von Rom, inhaftiert (Siehe „Tage in Rebibbia“).

Doch zurück zu „Die Kunst der Freude“. Dieser Roman ist nicht ganz einfach zu lesen. Das liegt vor allem an der Hauptfigur Modesta, die ein ambivalenter Charakter ist. Immer wieder kommt eine deutliche sexuelle Komponente zum Tragen. Da ist zunächst das zarte Entdecken ihres eigenen Körpers der kleinen Modesta, die dann missbraucht und nach dem Mord an Mutter und Schwester in einem Kloster untergebracht wird. Auch hier, wenn auch verstohlen und unter der sprichwörtlichen Bettdecke, kommt es zu sexuellen Übergriffen - diesmal von Nonnen. Diese Jahre prägen die junge Modesta, die in der Zukunft mit Männern und Frauen kürzere oder längere Beziehungen eingeht.

Dabei ist sie nicht selten rücksichtslos und wenig zimperlich, um ihre Ziele zu erreichen. Andererseits zieht sie auf ihrem Schloss nicht nur das eigene, sondern auch fremde Kinder auf und gewährt zahlreichen Gegner der Faschisten Unterschlupf, was sie selbst ins Gefängnis bringt.

Fazit:

Die Autorin hat mit Modesta eine Frau geschaffen, die so ziemlich jede Regel bricht, um ihren Willen durch zu setzen und dabei auch über Leichen geht. Gerne gebe ich diesem Roman 4 Sterne.

Bewertung vom 09.07.2022
Eifelwolf
Jagusch, Rudolf

Eifelwolf


sehr gut

Dieser Krimi ist der 5. Fall für die Ermittler Horst „Hotte“Fischbach und Jan Welscher.

Sie werden auf den Bauernhof eines ehemaligen Bundeswehrsoldaten, der lange Zeit in Afghanistan stationiert war, gerufen und finden ihn brutal mit einer Axt ermordet vor. Da nicht klar ist, ob der brutale Mord mit seinem Auslandseinsatz zusammenhängt, recherchieren die Ermittler nicht nur im privaten Umfeld, sondern auch im militärischen.

Langsam enthüllen sich Details aus der Vergangenheit des Toten, die Fischbahc und Welscher auf die richtige Spur lotsen. Maila Aalto, die finnischstämmige Kollegin von Fischbach und Welscher trägt mit ihrer Kombinationsgabe und akribischen Suche nach Details maßgeblich zur Aufklärung dieses komplexen Falles bei.

Meine Meinung:

Autor Rudolf Jagusch war mir bis zu diesem Krimi völlig unbekannt. Warum eigentlich? Ehrlich? Keine Ahnung! Ich lese ja sehr viele Krimis aus dem Emons-Verlag, aber diese Reihe ist mir bislang durch die Lappen gegangen Das wird sich ändern - versprochen.

Das Team um Fischbach, Welscher und Aalto arbeitet sehr gut zusammen. Die Charaktere sind bodenständig und der Leser erfährt zur Abrundung einiges aus deren Privatleben.

Der Schreibstil ist flüssig und die Eifel darf als Hintergrund mit Land und Leuten nicht fehlen.

Um den Leser ein wenig in die Irre zu führen, gibt es Rückblenden in das Leben des Mordopfers.

Fazit:

Ein gelungener Krimi, von dem ich die Vorgänger auch noch lesen werde. Gerne gebe ich hier 4 Sterne.