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Benutzername: 
sabisteb
Wohnort: 
Freiburg

Bewertungen

Insgesamt 1375 Bewertungen
Bewertung vom 07.11.2010
Meine kaukasische Schwiegermutter
Kaminer, Wladimir

Meine kaukasische Schwiegermutter


sehr gut

Wladimir Kaminer zu Besuch bei seiner Schwiegermutter im Kaukasus. Auch hier gibt es wieder viel Ungewöhnliches mit einem Augenzwinkern zu berichten, denn die Russen sind einfach anders. Die Russen handeln gerne unlogisch, leben in großen Gemeinden und ziehen nicht immer eine Grenze zwischen Mein und Dein. So elektrifiziert sich ein Dorf schon mal selber, indem es den Strom von der nahegelegenen Eisenbahnlinie abzweigt.
Neben dem Leben im Kaukasus geht es natürlich wieder um die Familie des Autors. Laut seinem Interview schreibt er ja ohnehin immer nur ein und dasselbe Buch, nur der Verlag gibt es immer unter einem neuen Namen heraus. Diesmal geht es um die große Sippschaft seiner Frau, wie um Onkel Joe und seine Kantine, die Nachbarn und natürlich das Leben im Kaukasus. So erfährt man als Leser, warum eine Braut nach ihrer Trauung möglichst unauffällig versucht dem Popen auf den Fuß zu treten, und welch schwere Arbeit man in den Melonenfresserbrigarden zu verrichten hatte.

Das Buch ist groß gedruckt, einfach und umgangssprachlich geschrieben und liest sich schnell und flüssig an einem Nachmittag. Wladimier Kaminer versteht es alltägliche Geschehnisse aus dem Blickwinkel eines in Deutschland lebenden Russen humorvoll zu beschreiben, und zu hinterfragen und mit der Zeit wächst einem seine Familie immer mehr ans Herz. Die im Buch erwähnte Reportage über seine Familie lief übrigens am 11. September 2010 um 14.00 Uhr auf Arte und war ganz unterhaltsam. Der Bericht umfasst in etwa die erste Hälfte des Buches und man hat so Gesichter zu den Geschichten.

Fazit: Nettes, kleines unterhaltsames Büchlein über die etwas andere Mentalität der Russen. Ironisch und mit einem Augenzwinkern erzählt, so wie alle Bücher Kaminers.

4 von 4 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 06.11.2010
Der Professor
Katzenbach, John

Der Professor


sehr gut

Ein Mädchen wird am helllichten Tag in einer ruhigen Wohngegend von der Straße weg entführt. Einziger Zeuge ist ein demenzkranker, emeritierter Psychologieprofessor, der beschlossen hat, sich an diesem Abend das Leben zu nehmen. Diese Entführung jedoch beschäftigt ihn so sehr, dass er beschließt seinen Selbstmord noch eine kleine Weile aufzuschieben und vorher das junge Mädchen zu retten.

Dieses Buch ist kein Psychothriller, sondern ein gut aufgebauter, solide recherchierter Krimi, der aus verschiedenen Blickwinkeln erzählt wird.

Zum einen aus dem Blickwinkel der Ermittler, die teilweise sehr ungewöhnlich sind.
Zum einen ist da Detektive Terri Collins, alleinerziehende Mutter zweier kleiner Kinder, die vor ihrem sie misshandelnden Mann geflohen ist und sich ein neues Leben als Polizistin aufgebaut hat.
Professor Dr. Adrian Thomas, ein verwitweter, emeritierter Psychologieprofessor, der an einer aggressiven Form der Demenz leidet du von Halluzinationen geplagt, getröstet und unterstützt wird.
Und nicht zuletzt Mark Wolfe, verurteilter Sexualstraftäter und fast Hacker. Ein Internetgenie, wenn es um illegale Internetseiten geht, der sich neben seinem Job im Baumarkt aufopferungsvoll um seine demenzkranke Mutter kümmert.

Die Täter sind ein Liebespärchen. Einerseits pervers, andererseits sehen sie sich als Performancekünstler, die Film und Video mit dem Internet sowie Sprache und Performance zu einem multimedialen Konzept verknüpfen. Sie sehen sich teils als Dokumentarfilmer, teils als Künstler, teils als Produzenten und als avantgarde (S. 215f). Genie und Wahnsinn in der modernen Medienwelt lassen die Grenzen zwischen Fiktion und Realität für ihre Kunden verschwimmen.

Das Opfer: Jennifer Riggins, 16 Jahre alt, eine bekannte Ausreißerin. In der Schule eine Außenseiterin, intelligent, tough und doch verletzlich.

Die Voyeure: Wir, die Leser und die Abonnenten von whatcomesnext.com. Sie stammen aus allen gesellschaftlichen Schichten, vom Schüler, über den Studenten, den erfolgreichen Geschäftsmann, Künstler und Kriminelle. In Zeiten von Big Brother und Konsorten verschwimmen die Grenzen zwischen Reality TV, Voyeurismus, Kunst, Konsum und Verbrechen.

So ungewöhnlich und vielfältig die Protagonisten der Geschichte sind, so vorhersehbar und klischeehaft ist leider der Plot. Schon nach 150 Seite als Jennifer den Gegenstand findet, den sie behalten darf, war mir klar wie es weiter- und ausgehen wird und es ist (bis auf Kleinigkeiten) auch genau so gekommen. Aus diesem Grund sehe ich das Buch auch nicht als Psychothriller sondern eher als soliden Krimi an. Gut und logisch ermittelt, aber dadurch leider auch berechen – und vorhersehbar und dadurch leider auch ein wenig zäh.

Katzenbachs Erzählweise ist mir einerseits zu detailverliebt. Er ergeht sich in Vergleichen mit Personen, die man zumindest in Deutschland nicht kennt, so dass diese Vergleiche verpuffen und ihren Sinn verlieren.

Fazit: Ungewöhnliche und innovative Charaktere gepaart mit ein extrem vorhersehbaren Standardkrimiplot. Das Buch gewinnt jedoch wieder durch seine subtile Sozialkritik. So detailverliebt Katzenbach teils auch schreiben mag führt er dem Leser durch die subtile Weglassung gewisser Details, die erst im Nachhinein erwähnt werden, vor Augen, dass er auch nur ein weiterer Voyeur der Leiden Jennifers war.

4 von 5 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 02.11.2010
Birth of a Killer
Shan, Darren

Birth of a Killer


gut

Anfang des 19. Jahrhunderts. Larten Creepsley wächst in einer kinderreichen Familie auf. Schon früh muss er Geld für die Familie mitverdienen und so arbeitet er bereits sehr früh in einer Seidenspinnerei. Ein langweiliges Leben, dessen Routine nur von den wiederholten Haarfärbetagen unterbrochen wird, an denen der Vorarbeiter die verschiedenen Kinderarbeiter farblich kennzeichnet. Doch dieser Tag soll ereignisreicher werden als alle Tage, die Larten bisher erlebt hat. Was als langweiliger, normaler Dienstag beginnt soll bis Mittag sein Leben vollkommen verändern, denn bis Mittags wird Larten seinen ersten Mord begangen haben und um Mitternacht wird sein Leben eine vollkommen neue Wendung genommen haben, die sein Leben fortan bestimmen wird. Denn wer anderes als eine Gemeinschaft der Verfluchten wird einen Verdammten in ihre Mitte akzeptieren?

Nach dem großen Erfolg und der Verfilmung der ersten Darran Shan Reihe mit dem gleichnamigen Helden Darran Shan, hier nun die Geschichte seines Lehrmeisters Larten Crepsely. Larten wächst in einer vollkommen anderen, härteren Zeit auf als Darren. Er begeht einen Mord, um einen geliebten Menschen zu schützen, und wird so zu einem Ausgestoßenen der menschlichen Gesellschaft. Ein wirklich viel versprechender Ansatz, nur leider geht er zumindest im ersten Band nicht auf.

Die Geschichte hat zwei Probleme. Zum einen weiß man schon sehr vieles aus der ursprünglichen Darran Shan Reihe was einen Großteil der Spannung nimmt. Man kennt schon viele der Personen wie Lartens Meister Seba Nile, Mr. Tiny und die Hexe Evanna und auch Mr. Talls Identität und dessen Geheimnisse.
Zum anderen ist dieser erste Band ein schneller Aufguss der ersten, ursprünglichen Darran Shan Reihe. Ein Grund dafür ist die Aufteilung in vier Teile
Im ersten Teil begeht Larten den Mord und lernt Seba kennen.
Im zweiten Teil wird Lartens Lehrzeit beschrieben
Im dritten Teil Lartens erster Besuch im Berg der Vampire
Und im vierten Teil Lartens Abschied von seiner Vergangenheit.
Jeder dieser vier Teile ist nur ein kurzer Blick, eine kurze Episode aus dieser Lebensphase Lartens und wirkt dadurch gehetzt, denn zwischen den Episoden liegen teilweise sehr viele Jahre (teils mehr als 10 Jahre). Alle diese Episoden kommen einem zusätzlich noch bekannt vor. Besonders Teil 3, der Besuch im Berg der Vampire ist ein Schnelldurchlauf von Darrans Erlebnissen und auch der Abschied von seiner Vergangenheit erinnert stark an Darrans Abschied von seiner Vergangenheit.

Fazit: Dies ist der erste Band einer längeren Reihe um Darran Shans Meister Larten Creepsely. Die Geschichte muss verständlicherweise erst in Gang kommen aber der Autor hetzt in diesem ersten Band schnell mal nebenbei durch ca. 18 Jahre in 253 Seiten. Dabei werden verschiedene Phasen in Lartens Leben episodenhaft skizziert, was irgendwie unbefriedigend ist, zumal viele dieser Episoden so ähnlich schon in der ursprünglichen Darran Shan Reihe ausführlicher beschrieben wurden. Ein gehetzter Neuaufguss von dem man nur hoffen kann, dass die nächsten Bände ausführlicher werden.

0 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.