Benutzer
Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
Sikal
Wohnort: 
Österreich

Bewertungen

Insgesamt 1155 Bewertungen
Bewertung vom 27.02.2019
Elementar
James, Tim

Elementar


ausgezeichnet

Chemie kann auch unterhaltsam sein

Woher kommen die Atome? Gibt es Elemente, die für die Erde unverzichtbar sind oder Elemente, ohne die wir ganz gut zurechtkommen? Gibt es Elemente, die für uns schädlich sind oder sogar tödlich?

Diese und andere Fragen versucht Tim James in seinem Buch über das Periodensystem zu erklären. Eines vorweg: Der Versuch ist nicht nur gelungen, sondern mit viel Humor auch noch leicht lesbar.

Das Periodensystem – schon in der Schulzeit für die einen ein Mysterium, für die anderen verhasst - verfolgt es uns heute mehr als noch vor 30 Jahren. Kaum eine Lebensmittelverpackung, von der uns nicht irgendwelche chemische Formeln entgegenspringen, keine Seife, kein Waschmittel und selbst unser liebstes Fortbewegungsmittel (das Auto) sind voll von chemischen Formeln. Sie glauben es nicht? Nehmen Sie eine Flasche Motoröl zur Hand oder nur die Verpackung Ihrer Lieblingsseife und lesen Sie, was darauf steht. Sie werden um die Chemie nicht hinwegkommen…

Und wie ist es nun eigentlich entstanden oder gab es das Periodensystem schon immer?
Feuer, Erde, Wasser, Luft – vier Elemente, die wohl jeder kennt. Aber was hat es mit diesen Vieren auf sich – handelt es sich dabei wirklich um Elemente des Periodensystems oder sind es nur Konstrukte der Esoterik?
H²O – Wasser – eines dieser Elemente lüftet das Geheimnis ganz schnell – H für Wasserstoff, O für Sauerstoff. Natürlich weiß heute jedes Kind, dass Wasser kein eigenes Element ist. Interessant ist es allerdings, von Tim James erklärt zu bekommen, welchen Weg diese Erkenntnis genommen hat, um zu dem zu werden wie wir Wasser heute chemisch erklären können – zum Periodensystem.

Ich habe dieses Buch in dem Bewusstsein weggelegt, dass mich Chemie mehr begeistert hätte, wenn ich einen Chemielehrer wie Tim James gehabt hätte. Der Autor hat es auf den wenigen Seiten (gemessen an vielen anderen Chemielehrbüchern) geschafft, mir eine Materie näherzubringen die mir bisher immer als ein Rätsel erschien – und nicht nur das, Chemie war für mich unverständlich und mehr eine Geheimwissenschaft als eine Lehre.
Dass sich meine Ansichten hinsichtlich Chemie grundsätzlich gewandelt haben, verdanke ich nun dem Autor und der merklichen Begeisterung, mit der er sein Fach betreibt und dieses Buch geschrieben hat.

In der Hoffnung, dass es bald einen vertiefenden zweiten Band dazu gibt, kann ich nur jedem ans Herz legen, dieses Buch zu lesen – auch wenn das Fach Chemie nicht zu den Stärken in der Schule zählte oder gar verhasst war. Wenn auch nicht jeder den gleichen Nutzen daraus zieht wie ich, so ist es immerhin ein heiterer Einblick in die Geschichte – von der Alchemie (der Kunst Gold herzustellen) bis zur modernen Chemie, der wir unseren heutigen bequemen Alltag verdanken.
Gerne vergebe ich 5 Sterne.

Bewertung vom 27.02.2019
Das Mammut aus der Tiefkühltruhe
Wray, Britt

Das Mammut aus der Tiefkühltruhe


sehr gut

Für mich viel Neues dabei

Spätestens seit Jurassic Park ist das Thema der Wiedergeburt ausgestorbener Lebewesen jedem von uns ein Begriff. Nur wenige Menschen aber befassen sich wirklich tiefgehend und wissenschaftlich damit, ausgestorbene Spezies zurückzuholen. Wissenschaftler, die sich damit beschäftigen, sprechen dann aber nicht von der Wiedergeburt, sondern von Rückausrottung. Dieser Begriff mag anfangs ein wenig sperrig klingen, festigt und bestätigt sich aber im Laufe der Lektüre.

Die Autorin Britt Wray hat sich eingehend mit dem Thema der Rückausrottung beschäftigt und in diesem Buch das Für und Wider sowie die möglichen Methoden beschrieben, Tiere die wir nie zu Gesicht bekommen haben, wiederzubeleben.

Am Anfang des Buches wird der Leser in die Methoden der Rückausrottung eingeführt. Hier heißt es sicherlich für den einen oder anderen durchzuhalten – wenn die Autorin von Genmanipulation oder Rückzüchtung spricht, ist es für den biologisch unbedarften Leser nicht immer leicht ihr zu folgen. Uninteressant ist aber auch dieses Kapitel auf keinen Fall, trübt jedoch das Lesevergnügen bereits zu Anfang ein wenig (keine Angst es wird mit den weiteren Kapiteln besser…).

Ist es aber wirklich vertretbar spezielle Spezies rückauszurotten? Welche Arten verdienen es wieder unter uns zu weilen und von welchen sollten wir die Finger lassen?

Ist es mehr vertretbar ein Wollhaarmammut zurückzuholen als einen Hypolimnus pedderensis (einen Regenwurm aus Tasmanien), nur, weil wir ein Mammut auch schon als Kuscheltier kennen und uns vor dem Wurm ohnehin nur ekelt?

Sollten nur Tiere in Frage kommen, die mit Sicherheit bereits durch den Menschen ausgerottet worden sind? Oder gibt uns alleine die Tatsache, dass wir im Stande sind so etwas zu machen auch das Recht (oder sind wir sogar in der Pflicht) aus reiner Profitgier einen prähistorischen Zoo zu schaffen?

Britt Wray enthält sich in diesem Buch sehr gut ihrer eigenen Meinung – sie trägt Fakten zusammen, erklärt diese auf verständliche Weise und stellt positive als auch negative Auswirkungen gut gegenüber. Die Wissenschaftler, die hier zu Wort kommen, handeln ebenfalls aus unterschiedlichen Gründen und so ist für eine ausgewogene Faktenlage gesorgt.

Ob es nun sinnvoll ist, ethisch vertretbar oder aus reiner Profitgier geschieht, darüber muss sich der Leser seine eigenen Gedanken machen – dank der Autorin hat er aber mit diesem Buch eine gute Grundlage, sich darüber klar zu werden, was damit ausgelöst werden könnte.

Aber keine Angst, noch ist es nicht so weit – die Rückausrottung von Dinosauriern ist bis heute ohnehin nicht möglich, auch wenn uns Jurassic Park hier anderes glauben machen will und selbst den Tasmanischen Wurm Hypolimnus pedderensis zurückzubringen, stellt die Wissenschaft noch vor große Probleme.
4 Sterne für diese interessanten Einblicke.

Bewertung vom 27.02.2019
Bis es nicht mehr weitergeht und dann links
Nikolaus, Heike

Bis es nicht mehr weitergeht und dann links


ausgezeichnet

Nette Geschichten, die vom Ende der Welt erzählen

Wo ist die Welt zu Ende? Diese Frage stellten sich nicht nur die Menschen, die dachten die Erde sei eine Scheibe. Auch heute noch sprechen wir vom Ende der Welt – manche bezeichnen sogar ihr (oftmals ländliches) Zuhause als das Ende der Welt.

Aber wo liegen sie wirklich - die Enden der Welt auf einer Kugel? Oder gibt es sie nicht mehr? Sind das Mythen?

Mit den Mythen, wo denn die Welt nun zu Ende sei, beschäftigt sich im einleitenden Essay die Philologin Maria-Christine Leitgeb. Und sie macht das einfach zauberhaft. Geschichten, wie die Römer, die Griechen oder auch die Wikinger zu ihren eigenen Weltenden gelangten sind fesselnd und machen bereits auf den ersten Seiten neugierig auf den Rest des Buches.

Können aber die Autorin Heike Nikolaus und der Fotograf Florian Wagner diese Neugierde aufrechterhalten?

Gleich vorweg, es gelingt beiden nicht minder, den Zauber der Einleitung aufrecht zu erhalten. Die Geschichten rund um die Enden der Welt fesseln den Leser und entführen ihn in die entlegensten Gegenden unseres Planeten. Wenngleich diese Gebiete nicht immer menschenleer sind – wer bereits zur Mitternachtssonne am Nordkap war, wird wissen wovon ich spreche…

Das Buch allerdings erzählt nicht von den unzähligen Touristen, die sich aufmachen, um am Ende der Welt zu stehen (an welchem dann auch immer). Das Buch erzählt von den Menschen, die an den Enden der Welt leben und tagein tagaus mit den oft widrigen Verhältnissen in diesen Gegenden klarkommen müssen.

Und diese Geschichten machen dieses Buch lesenswert– es ist ein Buch über Menschen, die sind wie sie sind – nicht künstlich, nicht wie aus dem Ei gepellt und nicht eingebildet. Die Menschen an den Enden der Welt erzählen den beiden Autoren vom Leben wie es sich zuträgt, in Gegenden in denen Autobahnen oder Hochhäuser undenkbar sind.
Vielleicht sind es die Orte, vielleicht die Menschen, die hier beschrieben werden – ob in Frankreich oder Spanien, in Norwegen oder Amerika oder auch Sri Lanka. Jeder dieser Orte scheint etwas Besonderes in sich zu tragen, jede Geschichte die bezauberndste zu sein. Vielleicht ist es aber einfach die Sehnsucht nach genau diesem Leben, das den Zauber des Buches ausmacht.

Den Autoren ist es jedenfalls gelungen, ein Buch zu schaffen, das den Enden der Welt jeden Schrecken, den sie für unsere Vorfahren in sich trugen, nehmen und ins Gegenteil verkehren.
Aber vielleicht ist es ja gerade das – ist nicht jedes Ende auch ein Anfang?
Gerne gebe ich für dieses Buch 5 Sterne.

Bewertung vom 24.02.2019
Kochbuch ohne Rezepte, Band 1
Andreas, Ingrid

Kochbuch ohne Rezepte, Band 1


ausgezeichnet

Erleichtert die Organisation in der Küche

Die Einleitung dieses Buches startet mit der Überschrift „Für Pflichtkocher, Kochmuffel, Vielkocher und Gernekocher“, wobei ich mich wohl zu keiner Gruppe zu 100% zähle – sondern ich schwanke: manches Mal koche ich richtig gerne, meistens ist es Pflicht, oft viel im Voraus und so manches Mal werde ich zum Kochmuffel und wir essen auswärts. Doch obwohl ich nun schon einige Jahre an Kocherfahrung an den Herd bringe, finde ich in diesem Buch noch so einiges, was mir die Organisation und Planung erheblich erleichtert. Und für solche Tipps bin ich unendlich dankbar, denn Zeit ist leider Mangelware…

Jeder versucht sich wohl gerne mal an einem neuen Rezept, googelt auch im Internet oder fragt die beste Freundin. Doch so manche Details gehen bei dieser Recherche oft verloren, viele Geheimnisse rund um raffinierte Gerichte finden sich meist nicht in einer Rezeptübersicht – oft nicht mal in richtig ausführlichen Kochbüchern.

Der Autorin Ingrid Andreas wurde ein Blick über die Schulter von Profiköchen erlaubt und diese Tipps und Tricks hat sie in ihrer 4-teiligen Kochbuchreihe zusammengefasst. Dieser 1. Band „Küchenpraxis“ enthält viele hilfreiche Hinweise zum Küchenalltag.

Diese breit gefächerten Tipps sind gut strukturiert in einzelne Kapitel zusammengefasst und eignen sich somit auch als übersichtliches Nachschlagewerk, das in keiner Küche fehlen sollte:

Selbst gemachte Kochhilfen
Suppen und Fonds
Saucen
Fette und Öle und ihre Verwendung in der Küche
Alkohol in der Küche
Binden von Flüssigkeiten
Formen und Folien
Moderne Garmethoden
Konservieren von Lebensmitteln
Kochen von A bis Z
Maße und Gewichte, Abkürzungen

Zwischendurch findet man immer wieder einige Grundrezepte (also, ganz ohne geht es wohl doch nicht), wo man mit wenig Aufwand auf Selbstgemachtes anstatt auf Fertiges zurückgreifen kann. Weil ich immer viel auf Vorrat koche, interessiert mich vor allem das Kapitel rund um das Konservieren von Lebensmitteln, doch auch sehr informativ finde ich den Abschnitt über Maße und Gewichte – welche Tasse, welcher Löffel, welche Menge an Reis oder Teigwaren berechnet man pro Person, usw.

Das Buch ist ein guter Einstieg in die Welt des Kochens oder auch für Fortgeschrittene eine tolle Hilfe, um Fehler zu vermeiden oder Fragen zu beantworten. Gespannt darf man auf die Fortsetzung dieser Reihe sein. Dieser 1. Band ist auf jeden Fall gelungen und verdient 5 Sterne.

Bewertung vom 24.02.2019
Die Weltköche zu Gast im Ikarus

Die Weltköche zu Gast im Ikarus


ausgezeichnet

Eine kulinarische Verführung

Monat für Monat wechseln sich die weltbesten Köche ab, um im Restaurant Ikarus am Salzburger Flughafen (Hangar 7) ihre Menüs zu kreieren – mittlerweile seit 15 Jahren. Diesem Jubiläum ist dieses Buch gewidmet und wieder außergewöhnlich gestaltet mit weißem Leineneinband, bronzeglänzendem Aufdruck und ebensolchem Buchrücken – ziemlich exklusiv. Aber genau damit wird das Äußere des Buches auch dem Inhalt gerecht.

In dieser Ausgabe wird der Schwerpunkt auf die spanische, finnische und koreanische Küche gelegt. Die präsentierten Starköche gestalten sehr subtil ihre Menüs, verfeinern Aromen mit besonderer Raffinesse, haben einfach ihr Handwerk perfektioniert.

Man darf sich hier aber nicht ein Kochbuch der herkömmlichen Art vorstellen. Vielmehr ist es ein Bildband, der nicht nur Menüs und Einblicke in Küche und Restaurantalltag bringt, sondern auch Porträts über die Gastköche vorstellt, in denen man über ihre Heimat und ihre Restaurants einiges erfährt. Um die vorgestellten Menüs nachkochen zu können, muss man ein gut fortgeschrittener Hobbykoch sein. Für Anfänger sind diese aufwendigen Kreationen eher zum Verzweifeln.

Das Buch ist eine Hommage an die professionelle Küche und exklusives Essen. Als solches ist es ein prachtvolles Geschenk an alle Genießer, die dies auch zu schätzen wissen.
Gerne vergebe ich 5 genussvolle Sterne.

Bewertung vom 23.02.2019
Miss Daisy und der Mord unter dem Mistelzweig / Miss Daisy Bd.11
Dunn, Carola

Miss Daisy und der Mord unter dem Mistelzweig / Miss Daisy Bd.11


sehr gut

Miss Daisy unterstützt wieder die Polizei

Dieses Mal ist Daisy Fletcher mit ihrem Mann Alec, einem Polizisten bei Scotland Yard, zum Weihnachtsfest bei Lord Westmoor in Cornwall eingeladen. Daisy reist bereits einige Tage vorher an, um noch für eine Reportage über das Anwesen Brockdene zu recherchieren und trifft auf die verarmte Verwandtschaft, die dort geduldet wird. Ihr Mann Alec, seine Tochter Belinda und Daisys Mutter Lady Dalrymple kommen zum gemeinsamen Weihnachtsfest, wobei Belinda sich gleich für die vielen geheimen Verstecke im Haus interessiert und Lady Dalrymple naserümpfend auf alle herabsieht (ihren Schwiegersohn eingeschlossen, der ja keinen großartigen Stammbaum vorweisen kann).

Doch wie könnte es anders sein – von einem friedlichen Weihnachtsfest ist die Familie weit entfernt. Nicht nur der muffige Missionar, der von einem Familienmitglied eingeladen wurde, bringt die Stimmung zum Kippen, auch Jemima, die jüngere Tochter des Hauses, hat keinen Sinn für gute Manieren und bringt nicht nur ihre Mutter zur Verzweiflung. Als dann noch der Geistliche mit einem Messer im Rücken tot aufgefunden wird, ist das Chaos perfekt. Zum Glück hat Alec die Sache halbwegs im Griff und muss letztendlich auch noch seinen Urlaub unterbrechen, um die Ermittlung aufzunehmen… Doch wie immer, kann er auf seine Frau zählen – sie unterstützt ihn wo sie nur kann (ob ihm das immer so in den Kram passt, sei dahingestellt).

Nachdem ich kürzlich diese Krimireihe entdeckt habe, muss ich hin und wieder einen solchen sanften Krimi lesen, der einen gewissen Charme hat. Carola Dunns schreibt in einem etwas altmodischen Stil, beschreibt zwischendurch auch die Mode der damaligen Zeit, lässt historische Ereignisse – wie den vergangenen Ersten Weltkrieg einfließen – und wirft einen Blick auf die Standesunterschiede, die immer wieder zum Thema werden.

Ein netter Krimi, der die Atmosphäre Anfang des 20. Jahrhunderts einfängt und schnell zu lesen ist. Eine leichte Lektüre, die ich mit Genuss gelesen habe und mehrmals schmunzeln musste. Dafür gibt es 4 Sterne.

Bewertung vom 23.02.2019
Biedermeiern
Klingl, Livia

Biedermeiern


ausgezeichnet

Satirische und bissige Aussagen

Livia Klingl präsentiert hier eine Zusammenfassung ihrer pointierten Kommentare, die sie ab der Nationalratswahl 2017 bis November 2018 geschrieben hat. Sie begleitet auf „fezbuk“ die österreichische Politik mit dem Projekt „Biedermeiern“, wo sie politisch, unkorrekte Meldungen verzeichnet: bissig, kritisch, unangenehm analysiert sie Begebenheiten und zeigt so manche Machenschaften auf.

Was gleich auffällt, ist, dass es keine Groß- und Kleinschreibung gibt, sondern die Texte Blogcharakter haben. Teilweise ergänzt durch Skizzen, werden einzelne Tage unserer aktuellen Regierung herausgepickt und dargeboten. Denn: „an diesem wahlergebnis sind die INländer schuld!“

Und so gehen die politisch, unkorrekten Betrachtungen weiter, die österreichische Politik und deren Politiker werden aufs Korn genommen, Bundeskanzler Kurz wird als „bubenkanzler“ bezeichnet und Strache als „witzekanzler“. Doch wir begegnen auch den Politikern der Oppositionsparteien, die ebenso ihr Fett abbekommen.

Wenn man durch das Buch blättert, schmunzelt man über die ein oder andere amüsante Aussage, wobei der eigentliche Witz an der Sache die traurige Realität ist. So komprimiert in einem Buch wird wieder klar, wie lächerlich so manche Handlungen oder Aussagen in den letzten Monaten waren.

Vielleicht sollte man es wie die Autorin halten und „biedermeiern lernen, diesen rückzug ins private, weil das politische nicht dem entspricht, was es sein sollte: zukunftsmutig statt zukunftsverdrossen.“ In diesem Sinne gibt es 5 Sterne und eine Leseempfehlung (nicht nur für die Kritiker dieser Regierung).

Bewertung vom 21.02.2019
Geisterhäuser
Hefele, Stefan;Hüsler, Eugen E.

Geisterhäuser


ausgezeichnet

Stimmungsvoll, interessant – Vergängliches im Fokus

Stefan Hefele, Abenteuer- und Landschaftsfotograf, publiziert in GEO und National Geographics. Eugen E. Hüsler veröffentlichte bereits viele Reise- und Bergführer. Gemeinsam haben die beiden den Fokus auf die „Lost Places“ der Alpen in den Fokus gestellt. Diese Faszination des Verfalls innerhalb einer atemberaubenden Landschaft wird in diesem prächtigen Bildband präsentiert und verzaubert von Seite zu Seite.

Das Buch ist in einzelne Kapitel gegliedert und jedes für sich hat einen ganz besonderen Charme:
Lebensadern (Straßen und Wege im Gebirge)
Bauernwelt (Karge Scholle, hartes Leben)
Eingebunkert (Festungen in den Alpen)
Arbeitswelten (Industrie in den Alpen)
Spielwelten (Welkender Lorbeer)
Verblichener Glanz (Villen und Ansitze – verlassen, vergessen)

Man begegnet Mauerresten, Trümmern in abgelegenen Regionen, oftmals durch Erdbeben oder andere Katastrophen zerstört. Kriegsüberbleibsel, aufgelassene Fabriken, verlassene Wohnsitze, die bereits glorreichere Zeiten erlebt haben. Doch die Vergangenheit ist allgegenwärtig.

„Nichts ist ewig, nicht einmal die Ewigkeit.“

Die großartigen Fotografien, das besondere Licht und die farbenprächtigen Details verbreiten eine ganz besondere Stimmung. Die zu den Bildern passenden Texte sind sehr einprägsam und verleiten genauer noch zu recherchieren. Vermutlich hat man bereits des Öfteren ähnliche Konstrukte aus vergangener Zeit oberflächlich gesehen, doch ein zweiter Blick lohnt sich, um den Charme zu erkennen. Am Ende bekommt man noch Tipps für eine Spurensuche in einer Zwischenwelt.

Ein besonderes Buch, das viele Zitate parat hält, wo man in den wunderbaren Texten versinken kann. Gerne empfehle ich dieses Prachtexemplar weiter und vergebe dafür 5 Sterne.

Bewertung vom 21.02.2019
Picknick auf dem Eis
Kurkow, Andrej

Picknick auf dem Eis


sehr gut

Wie das Leben so spielen kann

Viktor, ein Möchtegern-Schriftsteller, der von Romanen und Kurzgeschichten träumt, führt ein einsames Leben. Ohne Freunde und Geld lebt er gemeinsam mit seinem Pinguin Mischa, den er aus einem Zoo holte. Als er vom Chefredakteur einer großen Zeitung die Chance bekommt, Nekrologe für Menschen, die noch nicht gestorben sind zu verfassen, nutzt er diese. Doch auch diese Nachrufe scheinen erst nur für die Schublade zu sein, was sich plötzlich ändert – sein Wunsch nach einer Veröffentlichung geht auf einmal in Erfüllung und Viktor liest eine seiner Anzeigen in der Zeitung. Nach und nach merkt Viktor, welches Spiel hier gespielt wird. Durch einige Zufälle in seinem Leben wird seine Zweierbeziehung mit Mischa durch das kleine Mädchen Sonja sowie das Kindermädchen Nina erweitert.

Andrej Kurkow gelingt mit seinem Roman „Picknick auf dem Eis“ eine berührende Geschichte rund um den Pinguin Mischa, der sich immer mehr zur Hauptperson entwickelt. Kurkow beschreibt mit dem ihm eigenen leichten Stil über einen möglichen Lebensentwurf – satirisch, skurril. Wie durch Zufall ergeben sich so manche Dinge. Durch die zum Teil naiven Handlungen (oder auch Nicht-Handlungen) des Protagonisten Viktor wird dieser in einen Weg gedrängt, dem er sich nicht gewachsen fühlt. Doch Viktor kehrt die unangenehmen Dinge beiseite und schaut stoisch auf das Positive in seinem Leben.

Dem Leser wird bald klar in welche Situation sich Viktor manövriert, doch er scheint es nicht zu merken. Man wartet auf seine Erkenntnis, die dann letztendlich zu einer überraschenden Lösung führt.

Kurkows Stil zu schreiben begeistert mich, seine ruhige und gelassene Art überträgt sich auf seine Charaktere. Es scheint, dass hier niemals zu viel Adrenalin zum Einsatz kommt und doch folgt man mit Spannung der Geschichte.

Zum Glück habe ich noch einige ungelesene Bücher Kurkows, von den Pinguinen gibt es sogar einen 2. Teil. Für dieses Picknick auf dem Eis gibt es von mir 4 Sterne.