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Bibliomarie

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Insgesamt 1032 Bewertungen
Bewertung vom 10.10.2017
Mordsmäuschenstill
Tielcke, Natalie

Mordsmäuschenstill


sehr gut

Hanna, eine erfolgreiche Therapeutin für Schlafstörungen, wird erschlagen. Vor ihrer Praxis stehen verstört drei Patienten, die nun umsonst auf ihren Termin warten. Nele, die gern schlafwandelt und dabei ihren sexuellen Gelüsten freien Lauf lässt, Jenny, die am liebsten unsichtbar wäre und kaum eine Nacht schläft und Sascha, der noch was ganz anderes therapiert bekommen möchte.
Sie tun sich zusammen um Hannas Mörder zu finden. Dazu stehlen sie die Patientenakten, allerdings sind alle drei nun auch dringend tatverdächtig, denn beim Einbruch werden sie von Phil, dem ermittelnden Polizisten erwischt. Umso wichtiger wird es den wahren Täter zu finden und mit Finn, dem letzten Patienten, der mit Hanna sprach, ist die Runde perfekt.
Erzählt wird die Geschichte jeweils abwechselnd aus den Perspektiven der Patienten und aus Hannas Sicht, die hirntot im Koma liegt, deren Geist aber über ihren Schützlingen schwebt. Herausgekommen ist ein urkomischer Kriminalroman. Der Plot ist wirklich witzig und originell, die Dialoge komisch und die Pointen sind gut gesetzt. Die Macken der Möchtegern-Ermittler bieten auch reichlich Stoff dafür.
Die Krimikomödie ist ein perfektes E-Book für zwischendurch, schräg, frech und auch noch ein bisschen sexy.

Bewertung vom 10.10.2017
Frostkalt
Skalecki, Liliane;Rist, Biggi

Frostkalt


sehr gut

Adventszeit in Bremen. Hölzle würde gern mit seinen Kollegen die kulinarischen Freuden des Weihnachtsmarkts kosten. Doch dann wird in der Krippe des Doms ein Neugeborenes gefunden und zwei Tage später wird das Kommissariat mit der Ermordung des bekannten Bäckers Brodbeck konfrontiert.
Viel Arbeit für Hölzle, zumal der Bäckermeister einige Feinde hatte. Durch seine Nachlässigkeit ist ein Junge an einem allergischen Schock gestorben, die Eltern sind wütend und haben Brodbeck bedroht. Einem Azubi wollte er die alleinige Schuld anlasten und hat ihn rausgeworfen. Der Bruder des Bäckers würde zu gern auch mit dem Traditionsrezept werben, wird aber von ihm ausgebremst und kämpft ums wirtschaftliche Überleben.
Hölzle, der Bremer Kommissar mit der schwäbischen Seele hat also mehr als genug zu tun. Und das tut er mit seiner unnachahmlich unaufgeregten Art zu ermitteln. Der Krimi vermittelt sehr viel Flair aus der Hansestadt und seinem Weihnachtsmarkt. Es scheint ein Muss zu sein, ihn zu besuchen. Bei mir hat jedenfalls die Beschreibung diesen Reflex ausgelöst.
Das Autorenduo Skalecki/Rist hat einen spannenden Krimi vorgelegt. Schon vom ausführlichen Personenregister war ich angetan, so taucht man sofort in die Dramaturgie des Krimis ein und die Personen erstehen bildlich vor Augen. Dann noch ein witziges Gedicht der Autorin als Appetithappen vorneweg, von der ersten Seite an war ich gefesselt. Die eingestreuten Rückblenden geben dem Leser immer einen kleinen Wissensvorsprung, das hat mein Lesevergnügen erheblich gesteigert. Die Spuren sind geschickt angelegt und lassen den Leser lange miträtseln. Es gelingt, die Spannung bis zum überraschenden, aber ganz logischen Finale zu steigern.
Immer wieder blitzt auch der trockene Humor der Autorinnen auf. Man spürt, dass ihnen die Figuren des Buches am Herzen liegen und das teilt sich auch dem Leser mit. Hölzle darf, zumindest in Gedanken, einige Male schwäbeln, was mir gut gefallen hat und mich schmunzeln ließ. Ein amüsanter und spannender Krimi mit gelungenem Regional- und Adventsflair.

Bewertung vom 09.10.2017
Teufelskatz / Frau Merkel Bd.2
Panizza, Kaspar

Teufelskatz / Frau Merkel Bd.2


sehr gut

Als Franz Gruber tot in seiner Wohnung aufgefunden wird, ist nur einem sehr aufmerksamen Spusi-Mitarbeiter zu verdanken, dass ein Mord erkannt wird. Gruber hatte von einem sehr vermögenden Onkel eine üppige Erbschaft zu erwarten und da auch Grubers Mutter erst kürzlich einen sehr seltsamen tödlichen Unfall hatte, ist Kommissar Steinböcks Aufmerksamkeit geweckt. Doch dann findet sich ein Brief in der Wohnung, ein sterbender Priester wollte nicht mit der Last einer Beichte vor seinen Schöpfer treten und bat Gruber, selbst ein ehemaliger Priester, um Rat. Es handelt sich um Kindesmissbrauch in einem Klosterinternat, einem toten Pater und einen toten Schüler.
Diese zweite Spur führt Steinböck bis ins erzbischöfliche Ordinariat, wo er auf eine Mauer des Schweigens stößt.
Steinböck ist ein kauziger, aber aufrechter Beamter. Mit seinem Team, zwei originell gezeichneten Mitarbeitern und seinem Spiritus Rector, der Katze Frau Merkel, macht er sich auf die Suche.
Frau Merkel ist eine ganz besondere Katze, wie alle Vertreter ihrer Rasse. Sie hält Zwiesprache mit Steinböck, der aber immer ganz unbesonnen laut auf ihre Eingebungen antwortet. Kein Wunder, dass ihm dieser Umstand einen Termin beim Psychologen beschert.
Kaspar Panizza hat seinen zweiten Krimi um Steinböck und sein außergewöhnliches Team vorgelegt und was mir dabei ganz besonders gefällt, ist die leichte Hand mit der er schwere Themen angeht. Dabei gleitet die Geschichte nie in Klamauk und unpassende Komik ab, trotz des witzigen und hintergründigen Humors, der den Roman beherrscht. Er nimmt sich dem Thema Kindesmissbrauch mit Respekt und klarer Haltung an. Steinböck und seine Kollegen dürfen kauzig sein, Frau Merkel darf die Ermittlungen mal anschubsen und für Chaos sorgen. So wird ihre Bekanntschaft mit den Anhängern der „Pastafaris“ auch zu einer Erweiterung von Steinböcks Weltbild sorgen.
Ein paar urige Münchner Typen, die mit ihrem Dialekt noch für eine regionale Färbung sorgen, runden den gelungenen Krimi ab.
Es ist mein zweites Buch des Autors und ich finde es noch besser als den Vorgängerband. Man muss den ersten Band „Saukatz“ nicht kennen, um sich sofort in der Geschichte auszukennen, aber ich könnte mir vorstellen, dass man gleich den Ursprung der sonderbaren Freundschaft zwischen Steinböck und seiner Katze kennenlernen möchte.

Bewertung vom 09.10.2017
Die Frau im hellblauen Kleid
Maxian, Beate

Die Frau im hellblauen Kleid


sehr gut

Die Frau im hellblauen Kleid ist die junge Käthe Schlögel, die in Wien gern beim Theater vorsprechen möchte. Das Kleid hat ihre Freundin geschneidert, denn die Eltern, gottesfürchtige, einfache Gemüsehändler, dürfen von ihren Plänen noch nichts erfahren. Käthe bekommt eine kleine Rolle und ihr Talent und ihre Natürlichkeit machen sie bald zum Liebling des Wiener Publikums. Ihr Erfolg setzt sich fort, eine Hauptrolle in Prag, dann der Ruf nach Berlin. Käthe wird die Erste der berühmten Schauspielerdynastie, ihre Tochter Marianne begründet den Ruf der starken Altmann-Frauen.
Nun möchte Vera Altmann – als Schauspielerin nicht annähernd so erfolgreich wie Mutter und Großmutter – die Geschichte der Familie als Dokumentation verfilmen. Die vierte Altmann, ihre junge Tochter Sophie wartet schon auf die Titelrolle. Aber sie hat nicht mit den Geheimnissen gerechnet, die Käthe und Marianne gehütet haben.
Bislang war mir Beate Maxian als Krimiautorin bekannt und ich war sehr gespannt auf diesen Generationenroman. Sie lässt in sehr authentischen Beschreibungen die Vorkriegszeit in Wien und Prag aufleben, aber auch schon die leise heraufdämmernde Bedrohung durch die neue Partei. Die NS Zeit in Berlin, als Käthe für UFA einen Film nach dem anderen drehte, um sich und ihre Familie aus der Schusslinie zu bringen ist ein spannender Abschnitt des Buches. Hans Bleck, ein eifriger Nazi wird zu ihrem Widersacher, denn er weiß, dass Käthes Mann und Schwager im Widerstand sind. Während des Lesens kamen mir immer wieder die Filme aus dieser Zeit in den Sinn. Wenn ein Buch Kopfkino auslösen kann, dann diese Geschichte. Wobei die jüngste Altmann wohl nur als Figur geschaffen wurde, um auch jüngere Leser anzusprechen, fiel dieser Handlungsstrang eher etwas ab.
Der Roman ist unterhaltsam und die geschichtlichen Rückblenden haben mir gut gefallen. Ich hatte immer das Gefühl, hier wurde sehr gut recherchiert und dadurch ein lebendiges Zeitbild geschaffen. Auch wenn es sicher keine echten Vorbilder für die Altmann-Frauen gibt, hatte ich immer wieder die gleichen Schauspielerinnen vor meinem Auge. Für mich: ein gelungenes Frauenbuch mit Spannung und Anspruch.

Bewertung vom 03.10.2017
Mausetot im Mausoleum
Minck, Lotte

Mausetot im Mausoleum


ausgezeichnet

Loretta Luchs zieht Leichen an! Dann kann sie der Versuchung nicht widerstehen, der Sache selbst auf den Grund zu gehen. Oft unterstützt von ihren loyalen Ruhrpott-Freunden. Nur Pascal, ihr Partner, kann damit nicht umgehen und ist ausgezogen. Die Leere, die er hinterlässt, versuchen ihre Freunde zu füllen und schenken ihr eine tolle Kamera für ein neues Hobby. Doch just diese Kamera bringt sie schon wieder in Bredouille und sogar in große Gefahr. Aber Loretta ist wie immer schlagfertig – in jedem Sinn des Wortes – und meistert jede Situation.
Für die Loretta-Luchs-Krimis gibt es eine eigene Sparte: Krimödien. Eigenwillige Figuren, Situationskomik und immer auch ein wenig echter Ruhrpott-Slang machen den Charme der Bücher aus.
In diesem, nun schon 9. Band geht es etwas ernster zu. Das macht den Krimi spannender als seine Vorgänger und für mich ist immer noch genügend Humor dabei. Auch wenn die alte Truppe, den Stammlesern lieb und vertraut, nur noch kleinere Auftritte haben, Frank vom Büdchen ist immer für einen treffenden Spruch gut.
Loretta hat sich in den Jahren etwas entwickelt, nicht mehr ganz so schusselig, aber immer noch für spontane Aktionen zu haben und weiterhin loyale Mitarbeiterin von Dennis Sex-Hotline. Aber auch die neuen Protagonisten sind gut portraitiert und bringen Spannung in die Handlung. Die Autorin denkt aber auch an die Erstleser. Man braucht keine Vorkenntnis der früheren Fälle um einzusteigen und sich gut zu unterhalten. Die eine oder andere Anspielung auf frühere Ereignisse freuen mich als treue Leserin, sind aber kein Hindernis für Neulinge. Ich meine sogar, dass für Neueinsteiger dieser Band besonders geeignet ist.
Mir hat das Buch ausgezeichnet gefallen, gerade weil es dieses Mal mehr Krimi als Slapstick geworden ist. Dabei habe ich mich köstlich amüsiert und bin nun auch in der Blumensprache bewandert. Ich bin schon sehr gespannt, wie sich Loretta weiter entwickelt.

Bewertung vom 03.10.2017
Und jetzt auch noch Liebe
Bennetto, Catherine

Und jetzt auch noch Liebe


sehr gut

Emmas Freund Ned ist witzig, charmant, ein ewiger Junge. Er hat jeden Tag neue Ideen um Karriere zu machen, aber keine einzige wird umgesetzt. Umgesetzt wird nur das Gehalt, das Emma mühsam als 2. Regieassistentin bei einer B-Fernsehproduktion verdient. Und dann passiert es, Emma wird schwanger, Ned bekommt Panik und macht sich mit Emmas Notgroschen davon.
Das ist die Ausgangslage dieser witzigen und überdrehten Liebesgeschichte. Die Autorin sprüht vor Ideen, die Gags folgen Schlag auf Schlag und das Timing stimmt dabei. Dazu gibt es einem Kosmos voller liebenswerter, exzentrischer Charaktere, deren Beschreibung allein schon für Lacher sorgt und die ich gar nicht alle erwähnen will. Die Leser werden ihren Spaß mit ihnen haben. Die wenigen bösen Jungs und Mädchen runden die Geschichte bestens ab.
In Emmas Job als Kinderbetreuerin bei einer Zombiefilm-Produktion - ihr Neffe soll als Kinderdarsteller auftreten - geht es auf diesem Filmset genauso rund, wie in Emmas Elternhaus unter der Fuchtel ihrer äußerst modebewussten Mutter. Dass Emma bei all diesem Trubel ihr Herz verliert und es lange nicht merkt, bereitet mir als Leserin großes Vergnügen.
Eine wirklich witzige, ideenreiche Liebesgeschichte, die locker und unterhaltsam zu lesen ist. Die Sprache ist frech, manchmal ein wenig deftig, kleinere Längen – z.B. bei den Dreharbeiten – fallen gar nicht ins Gewicht.
Ich habe diese Liebesgeschichte in einem Rutsch gelesen und wahrscheinlich auch für den einen oder anderen erstaunten Blick gesorgt, wenn ich in der Bahn laut lachen musste.

Bewertung vom 30.09.2017
Kirchberg
Boos, Verena

Kirchberg


sehr gut

Kirchberg, ein Dorf in Schwaben. Dort ist Hanna bei den Großeltern aufgewachsen, sie war ein ungewolltes Kind und die Mutter war ihr nur von wenigen Besuchen und kostspieligen, meist unnützen Geschenken in Erinnerung. Ihre Kindheit war liebevoll, trotzdem – Hanna verlässt mit knapp Zwanzig ihre Heimat. Nun, wiederum knapp zwanzig Jahre später kehrt sie zurück.

Sie, die mit Worten arbeitete, kurz vor ihrer Habilitation stand, verliert durch einen Schlaganfall nach einer Kopf-OP ihre Sprache. Sie findet die Worte nicht mehr, sie sieht die Dinge und vermag sie nicht zu benennen. Sie flüchtet in das Haus ihrer Großeltern, igelt sich ein. Aber sie bleibt nicht unbemerkt, die Nachbarin kommt, sie wird umsorgt, auch ein Jugendfreund kommt zu ihr. Jetzt, wo Hanna ihrer Sprache beraubt ist, scheint sie zum ersten Mal Worte zu finden, für ihr Leben, ihre Leidenschaft und lebenslange, unerfüllte Liebe und die ewige Frage nach dem unbekannten Vater. Doch sie bleiben in ihrem Kopf.

Der Roman ist nicht nur die Lebensgeschichte einer Frau mit geplatzten Hoffnungen und Lebensträumen, er ist auch eine Beschreibung eines Dorfes. Von der Nachkriegszeit bis hin zur Gegenwart. Vom lebendigen Dorf mit Gasthaus, Kirche und Schule bis zur Ansiedlung von Häusern ohne gemeinschaftliches Leben. Es ist auch die Geschichte von Großvater Erich, der als Vertriebener kam und in Kirchberg eine neue Heimat und eine Liebe fand und doch immer ein Außenseiter blieb. Vielleicht erklärt sich deshalb, das er es sich eine Generation später zur Aufgabe macht, der italienischen Einwandererfamilie Bracaglia zu helfen, heimisch zu werden. Der „Italienerbub“ Patrizio wird Hannas Freund, aber wird er auch mehr?

Der Roman spielt in einer eng umgrenzten Welt und in einem eng umgrenzten Zeitraum. Die Sprache ist manchmal fast kühl und unbeteiligt, berichtend und nie wertend, aber dabei, vielleicht auch durch die Einflechtung mancher schwäbischen Ausdrücke, fast liebevoll. Die Figur Hanna ist mir nahegekommen, auch die anderen Figuren fand ich präzise und lebensecht charakterisiert. Der melancholische Grundton hat lange bei mir nachgehallt.
Verena Boos hat ein Buch geschrieben, das sicher nicht den Mainstream bedient, dem ich aber viele Leser wünsche.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 29.09.2017
Morgen ist es Liebe
Maifeld, Monika

Morgen ist es Liebe


sehr gut

Martin Hallberg, erfolgsverwöhnter Anwalt, gibt sich die Schuld am Tod seiner Frau. Darüber hat er seinen Lebenswillen verloren, er verlässt sein Heim und lebt als Bettler und Landstreicher, bis er beschließt, seinem Leben ein Ende zu machen. Der Abschiedsbrief an die Familie ist geschrieben und steckt in der Manteltasche, als er von seiner Bank im verschneiten Weinberg einen Autounfall beobachtet.
Dr. Alexandra Novak kommt spät von einer Weihnachtsfeier, sie will trotz widriger Straßenverhältnisse schnell zum Haus der Mutter um dort ihren Weihnachtsurlaub zu verbringen. Sie wählt eine Abkürzung durch Weinberge, verliert die Gewalt über den Wagen. Martin kann sie im letzten Augenblick aus dem brennenden Auto ziehen, deckt sie mit seinem Mantel zu und verschwindet.
Ein schicksalhafter Augenblick, der das Leben zweier Menschen verändern wird. Das ist die Ausgangslage für diesen zauberhaften Roman, der wie geschaffen ist für die Weihnachtszeit. Eine berührende Stimmung und Herzenswärme durchzieht das Buch, ohne jemals in Kitsch abzugleiten. Das hat mir ganz besonders gefallen, denn die Gratwanderung zwischen Gefühl und Kitsch ist oft schwierig. Erstaunlich wie es der Debütautorin gelingt, diese Gefahr zu umgehen. Dafür sorgt auch immer wieder eine witzige Begebenheit oder die Kabbelei mit der überfürsorglichen Mutter. Die Sprache ist sicher und niveauvoll, die Figuren sind lebensecht dargestellt und mir schnell ans Herz gewachsen.
Mir hat der Roman gut gefallen, auch wenn die Geschichte recht vorhersehbar war und sich gegen Ende hin leicht zog. Es ist ein Debütroman und ich denke, die Autorin hat Potential. Sie hat hier schon Unterhaltung mit Anspruch und genau den richtigen Lesestoff für die Winterzeit abgeliefert, wenn man gern an Weihnachtswunder glaubt.
Deshalb gibt es auch aufgerundet 4 Sterne.

Bewertung vom 25.09.2017
Nachts am Brenner / Commissario Grauner Bd.3
Koppelstätter, Lenz

Nachts am Brenner / Commissario Grauner Bd.3


sehr gut

Kommissar Grauner aus Südtirol wird zu einem Mordfall am Brenner gerufen. Wer hatte einen solchen Hass, dass er den greisen Mann so schrecklich zugerichtet hat. Bei den Ermittlungen stößt Grauner auf die Visitenkarte eines Peter Geislers und von dem Augenblick an bekommt der Fall eine neue Dimension. Als vor Jahrzehnten Grauners Eltern ermordet wurden, wollte ein Zeuge Peter Geisler gesehen haben, der war aber zu diesem Zeitpunkt bereits tot. Wo kommen nun diese Karte und diese Spur her?
Der dritte Südtirol-Krimi von Lenz Koppelstätter ist ernster als seine Vorgänger. Grauner will allein dieser Spur nachgehen, daher fehlen die amüsanten Kabbeleien mit seinem Mitarbeiter Saltapepe, die aus dem Kulturclash Neapel-Südtirol entstehen. Wie immer spielt auch die Historie eine Rolle beim Plot. In einer von der Geschichte so gebeutelten Region wie Südtirol, bietet sich das auch geradezu an. Und so taucht Grauner immer tiefer in Nachkriegszeit ein, als der Brenner Drehkreuz von Schmuggel, Schiebereien und heimlichen Grenzübertritten war.
Aber auch die aktuellen Ermittlungen treten nicht auf der Stelle und auch hier bleiben die Themen gleich. Lediglich das Schmuggelgut ändert sich. Zwar spielt Südtirol und die Berglandschaft eine Rolle in diesem Krimi, sie tritt aber zurück hinter den anderen Themen, den Leser erwartet also nicht unbedingt ein Urlaubskrimi.
Ich habe mit Spannung auf den neuen Krimi des Autors gewartet und wurde nicht enttäuscht. Wie immer ist dieser Fall abgeschlossen und man braucht keine Vorkenntnisse um das Buch zu genießen. Sehr geschickt hat Koppelstätter einen kleinen Cliffhanger auf den letzten Seiten eingebaut, so dass die Erwartung auf Band 4 hoch bleibt.

Bewertung vom 24.09.2017
In einem anderen Licht
Burseg, Katrin

In einem anderen Licht


sehr gut

Miriam ist Journalistin beim angesehenen Frauenmagazin Anabel. Sie verantwortet die Organisation der Preisverleihung für Zivilcourage, eines Preises den die angesehene Hamburger Reedereierbin Dorothea Sartorius gestiftet hat. Frau Sartorius ist eine medienscheue Mäzenin, die sich bisher jedem Interview verweigert hat. Nun bekommt Miriam tatsächlich die Chance zu einem persönlichen Gespräch und gleichzeitig erhält sie seltsame Mails, die sie auffordern Dorothea nach einer „Marguerite“ zu fragen.
Das große Geheimnis von Dorothea Sartorius wird im Klappentext schon angedeutet, als Leserin ahnte ich also schon, in welche Richtung Miriams Recherchen führen werden. Trotzdem bleibt die große Neugierde erhalten. Wie wurde aus einer engagierten, vielleicht fehlgeleiteten junger Frau aus der Terrorszene, eine zurückhaltende Hamburger Bürgerin? Stimmen die Andeutungen vielleicht gar nicht? Die Briefeschreiberin bleibt in ihren Anschuldigungen vage und was bedeutet in diesem Zusammenhang der Vorwurf, Dorothea wäre eine Verräterin?
Miriam wird immer mehr in ihre Recherchen hineingezogen, vor allem, da Dorothea nicht leugnet, sondern ihr sogar rät, die Wahrheit zu suchen. Diese Suche lenkt Miriam auch von ihrer persönlichen, sehr traurigen Situation ab. Sie hat ihren Mann, einen Kriegsberichterstatter verloren und danach eine Fehlgeburt erlitten. Auch Max, ihr fünfjähriger Sohn kommt mit der Trauer um den toten Vater nicht gut zurecht und stellt emotionale Ansprüche an sie, die sie fast überfordern.
Ein Roman, der zwei weibliche Protagonisten zwingt, sich mit der jüngeren deutschen Geschichte auseinanderzusetzen – das ist ein interessanter Ansatz, von dem ich mir allerdings mehr versprochen hatte. In manchen Passagen wurde mir der Schreibstil zu rührselig und in den Recherchen gab es zu viele Zufälle, die immer dann bemüht wurden, wenn die Geschichte ins Stocken geriet. Die Liebesgeschichte um die Journalistin Miriam bringt zusätzlich einen neuen Erzählstrang und Ton in das Buch.
Nichts desto trotz ist es ein spannender Roman um die Frage, wie sich ein Mensch verändern kann, was die Zeit und die gelebte Vergangenheit bedeutet und wie man damit umgeht. Das Thema RAF in einem Roman aufzugreifen und in eine Lebensgeschichte einzubauen, fand ich mutig.