Benutzer
Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
Bellis-Perennis
Wohnort: 
Wien

Bewertungen

Insgesamt 924 Bewertungen
Bewertung vom 18.06.2022
Auftritt der Frauen

Auftritt der Frauen


ausgezeichnet

Dieses Buch ist gleichzeitig der Ausstellungskatalog jener Ausstellung im Linzer Museum Nordico, das sich ausschließlich mit Künstlerinnen zwischen 1851 und 1951 beschäftigt. Die Ausstellung ist noch bis 26.10.2022 zu sehen.

Die Ausstellung ist jenen unerschrockenen Künstlerinnen gewidmet, die sich trotz aller Widerstände nicht entmutigen haben lassen, ihr künstlerisches Talent auszuüben. Zu dieser Zeit, Mitte des 19. Jahrhunderts, war es Frauen nicht erlaubt höhere Bildung zu erwerben oder an den Kunstakademien zu studieren. So blieb es vor allem den Töchtern des Adels und des wohlhabenden Bürgertums vorbehalten, (häuslichen) Unterricht von Privatgelehrten zu erhalten.

Selbst das moderne Bauhaus der 1920-Jahren hat die Frauen lieber als Keramikerinnen oder im Textildesign gesehen, als als bildende Künstlerinnen.

Mit diesem Buch wird die lokale Kunstgeschichtsschreibung korrigiert und macht deutlich, dass Künstlerinnen nicht nur seit 1851 in der lokalen Kunstszene präsent waren, sondern auch, dass ein reger Austausch zwischen der weiblichen Kunstszene in Linz mit der in Wien, Salzburg, Düsseldorf, München und Berlin bestanden hat.

Eine der bedeutendsten Vertreterinnen ist Agathe Schwabenau, der hier mit dieser Ausstellung (und diesem Buch) stellvertretend für die engagierten Frauen ein Denkmal gesetzt wird. Agathe Schwabenau hat zahlreiche Lebenserinnerungen hinterlassen, anhand derer das Leben der malenden Frau im 19. Jahrhundert nachvollzogen werden kann. Der Spagat zwischen Ehefrau, Mutter, Gastgeberin und Künstlerin ist fast nicht zu schaffen. So beschreibt sie, wie sie in Korsett eingezwängt mit selbst gebastelten Bergschuhen der Freiluftmalerei in den Bergen frönt. Wir erfahren einiges über das Leben in den verschiedenen Künstlerkolonien. Immer wieder wurden diese Frauen despektierlich "Malweiber" genannt.

Zahlreiche Fotografien der Werke jener Künstlerinnen, die sich nicht entmutigen haben lassen, zeigen eine breite Palette der Begabungen.
Das im Verlag Anton Pustet erschienene Buch ist, wie es sich für ein Buch über Kunst gehört, gediegen verarbeitet. Großformatig, in Leinen gebunden und mit einem Lesebändchen versehen. Lediglich das Cover kommt in den Grautönen etwas unscheinbar daher. Aber, vielleicht fällt es deswegen in der farbenfrohen Fülle von Kunstbüchern auf.

Fazit:

Eine Hommage an alle jene Künstlerinnen, die sich nicht entmutigen haben lassen. Gerne gebe ich diesem Buch 5 Sterne.

Bewertung vom 18.06.2022
Hafenmörder (eBook, ePUB)
Elbern, Christoph

Hafenmörder (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Carl Jacob Melcher, ein junger Bakteriologe, wird von seinem Freund Martin Bucher, der Polizist in Hamburg ist, zur Leiche eines Mordopfers gerufen, da Verdacht auf Cholera besteht. Da die letzte, verheerende Epidemie, der auch Carl Jacobs Mutter zum Opfer gefallen ist, noch gut in Erinnerung ist, will man auf Nummer sichergehen, zumal die Wahlen zum Hamburger Senat anstehen.
Es stellt sich heraus, dass der Tote zwar mit Cholera infiziert ist, aber die Gefahr einer Ausbreitung gebannt ist. Allerdings ist der Tote Teil einer Mordserie, bei der reiche Bürger Hamburgs erstochen werden.

Wer macht Jagd auf die „Pfeffersäcke“, wie die durch den Handel mit Spezereien reich gewordenen Hamburger abschätzig genannt werden? Ist Carl Jacobs Onkel auch gefährdet? Und wie passt der ermordete Admiral in die Mordserie?

Um dem Täter auf die Spur zu kommen, ermitteln Martin und Carl Jacob manchmal am Rande der Legalität, die zu dieser Zeit ohnehin viel weiter gefasst ist als heute.

Meine Meinung:

Dieser historische Kriminalroman von Christoph Elbern hat meiner Ansicht nach Potenzial für eine Serie. Sehr gut gefällt mir, dass neben dem feudalen Leben der Reichen auch die Leben der Dienstmädchen und der Arbeiter in der Speicherschaft beleuchtet werden. Carl Jacobs Tante Isolde Knudsen hat ein Herz für gestrauchelte junge Frauen und so findet sich in ihrem Haushalt Clara, ein junges Dienstmädchen mit Vergangenheit. Dass sich Carl Jacob ausgerechnet in Clara verliebt, ist ein gefinkelter Schachzug, denn die gute Clara ist nicht das, wofür er sie hält.
Bei ihren Recherchen zu der Mordserie lernen Carl Jacob und Martin Bucher die Sozialistin Emma Neumann kennen und erhalten Einblick in die Welt der Arbeiter und ihren Kampf um gerechte Arbeitsbedingungen.
Sehr geschickt und unterschwellig ist die Geschichte Hamburgs um 1900 in den Krimi eingeflochten. Als großer Hamburg-Fan habe ich mich schon länger mit dem Werden der Hansestadt beschäftigt. Jetzt sind noch ein paar bislang unbekannte Details dazugekommen.

Manchmal treten die Morde zugunsten der Entwicklung von Carl Jacob zurück und spielen eine eher untergeordnete Rolle. Im letzten Drittel nimmt der Krimi an Fahrt auf und Carl Jacob gerät auf der Jagd nach dem Mörder in große Gefahr.
Die Auflösung hält eine kleine Überraschung für die Leser bereit und ist dennoch schlüssig. Für Carl Jacob wird nichts mehr so sein wie zuvor. Aber der zu Beginn manchmal naiv wirkende junge Mann hat an Lebenserfahrung gewonnen.

Fazit:

Ein gelungener historischer Krimi, der einen realistischen Blick in das Hamburg um 1900 bietet. Gerne gebe ich hier 5 Sterne und eine Leseempfehlung.

Bewertung vom 16.06.2022
Was macht die Eintagsfliege morgen? Noch mehr verrückte Fragen und verblüffende Antworten
Verg, Martin

Was macht die Eintagsfliege morgen? Noch mehr verrückte Fragen und verblüffende Antworten


ausgezeichnet

Das vorliegende Buch ist das zweite einer Reihe, das ungewöhnliche Fragen aus Kindermund anschaulich beantwortet. Doch nicht nur Kinder erfahren Antworten, sondern auch Erwachsen, die sich vielleicht bislang keine Gedanken darüber gemacht haben, was in Wald, Wiese oder Wasser so vor sich geht.

Nachdem der erste Band dem spannenden Titel "Wozu braucht das Klo ´ne Brille"
sich eher mit Fragen rund um Alltagsgegenstände beschäftigt, lockt uns dieses Buch in die Natur.

Zahlreiche Alltagsfragen aus den drei Bereichen Wald, Wiese und Wasser werden hier kindgerecht beantwortet. Dazu gibt es jede Menge Illustrationen von Miriam Kaiser, sodass das Gelesene (Gehörte) besser in Erinnerung bleibt.

Das Buch regt an, nach Jahren des pandemiebedingten Stubenhockens in die Natur hinauszugehen und das Gelesene hautnah zu erleben. Naja, auf die Begegnung mit dem giftigen Bärenklau (S.91) kann getrost verzichtet werden, aber ein Ausflug in den Wald kann den Horizont beträchtlich erweitern.

"Denn das ist das Geheimnis: der neugierige Blick auf die Dinge, von denen du vielleicht dachtest, dass du sie längst kennst und alles über sie weißt." (S. 11)

Fazit:

Antworten auf Fragen, die vielleicht auch Erwachsene stellen wollten, sich aber niemals getraut haben. Gerne gebe ich diesem gelungenen Buch 5 Sterne.

Bewertung vom 16.06.2022
Mord auf Westfälisch
Schlennstedt, Jobst

Mord auf Westfälisch


gut

Ausgerechnet an den unsympathischen Wurstbaron und Multimillionär Hagen Piepenbrock, in dessen Betrieb es mit Hygiene und Rechten Arbeitnehmer nicht zum Besten steht, verkauft Cord Oldinghaus, zum Entsetzen seiner Mutter und seiner Geschwister seine Hälfte an der Landwirtschaft.

Noch bevor Kriminalkommissar Jan Oldinghaus seinen Bruder Cord zur Rede stellen kann, muss er sich mit zwei Morden beschäftigen, denen beinahe zeitgleich ein Mann und eine Frau zum Opfer fallen. Zunächst scheint es keinen Zusammenhang zu geben. Doch dann gräbt Lara, Jans Kollegin, ein paar interessante Hintergrunddetails der beiden Toten aus, die ausgerechnet zu Hagen Piepenbrock führen.

Meine Meinung:

Nach „Velmerstot“ ist „Mord auf westfälisch“ mein zweiter Krimi mit Jan Oldinghaus. Leider hat mich die Jagd nach den Tätern diesmal nicht so gefangen genommen wie die anderen Krimis von Jobst Schlennstedt, der mit „Birger Andresen“ und „Simon Winter“ zwei weitere Ermittler Verbrecher jagen lässt.

„Mord auf westfälisch“ beginnt zwar recht fesselnd, flacht aber dann doch recht schnell ab. Es wird hauptsächlich die mühsame Ermittlungsarbeit geschildert, was mich aber nicht stört, denn echte Polizeiarbeit ist eben kleinteiliges Sammeln von Beweisen und Indizien.

Mir persönlich hat das Lokalkolorit, das in den beiden anderen Krimi-Reihen eine größere Rolle spielt, gefehlt. Der Titel suggeriert, dass die Leser Spezifika aus (Ost)westfalen erwarten dürfen, die dann doch nicht vorkommen. Weder bestimmte (bekannte) Orte oder ein wenig Dialekt finden sich hier. Einzig die Porta Westfalia wird erwähnt. Dabei hätte die Nähe zum Teutoburgerwald doch einiges an geschichtsträchtigem Potenzial.

Der zweite Handlungsstrang rund um den Verkauf der Hälfte der Landwirtschaft der Familie Oldinghaus an den Wurstbaron hätte ordentliche Möglichkeiten für Konflikte gegeboten, ist aber nach einer anfänglichen Empörung Jans beinahe zur Gänze verschwunden.
Die Probleme mit Kollegin Lara hätte ich überhaupt nicht gebraucht. Sie bringen die eigentliche Krimihandlung nicht wirklich weiter.

Die Story lässt sich leicht und locker lesen. Die Charaktere wirken auf mich ein wenig flach. Wie schon in „Velmerstot“ sind die Kapitel mit jeweils rund zehn recht kurz gehalten. Das passt gut, wenn man den Krimi in den Öffis liest oder noch schnell ein Kapitel vor dem Einschlafen lesen will.

Fazit:

Leider hat mich dieser Krimi nicht so recht überzeugen können, daher gibt es nur 3 Sterne.

Bewertung vom 16.06.2022
Der Geschmack von Freiheit / Töchter der Speicherstadt Bd.2
Marschall, Anja

Der Geschmack von Freiheit / Töchter der Speicherstadt Bd.2


ausgezeichnet

In diesem zweiten Teil der Reihe rund um die Töchter der Speicherstadt steht vor allem Cläre Behmer, Marias Tochter im Mittelpunkt, die anfangs wenig Interesse am Kaffeegeschäft hat. Cläre will lieber studieren, was nur den wenigsten Frauen am Ende der 1920er-Jahre erlaubt ist. Medizin wäre möglich, doch Wirtschaft, wie es Cläres Traum ist, geht gar nicht. Erst als sie den Reporter Fritz Waltershausen kennenlernt, der mit den Sozialisten sympathisiert, scheint es eine Möglichkeit zu geben. Doch die erstarkende NSDAP lassen Cläres Träume wie eine Seifenblase zerplatzen ...

Meine Meinung:

Die Story rund um den Kaffeeimport wird zugunsten der historischen Ereignisse zurückgedrängt. Kaffee wird in den angeblich Goldenen Dreißiger Jahren zum unerschwinglichen Luxusgut für einige wenige Betuchte. Den Löwenanteil der Importe beschlagnahmt das NS-Regime.

Wie wir es von Anja Marschall gewöhnt sind, flicht sie in ihre Romane penibel recherchierte historisch Details ein. So kann sich Leserschaft hautnah ein Bild der Situation machen. Wir erleben mit, wie die jüdischen Kaufleute systematisch zuerst aus dem Wirtschaftsleben gedrängt werden, um wenig später deportiert und ermordet zu werden. Anja Marschall zeigt auch auf, wie viel Chuzpe häufig notwendig war, um überleben zu können.

Einzig die passive Rolle, die Maria spielt, hat mich ein wenig irritiert. Okay, sie hat sich mit der intriganten Schwägerin Gertrud arrangiert. Aber, dass sie duldet, dass Nichte Emma sich mit ihrem Ehemann in der Villa Behmer so breitmacht, hat mich irgendwie gestört. Mag sein, dass Maria des Kämpfens müde ist, aber irgendwie hat das nicht zu ihrem bisherigen Lebenslauf gepasst.

Während der sechzehn Jahre (1929-1945), die dieser zweite Teil umfasst, erleben wir die Höhen und Tiefen in Cläres Leben hautnah mit. Das Buch endet mit einem fiesen Cliffhanger.

Fazit:

Eine gelungene Fortsetzung, der ich gerne 5 Sterne gebe.

3 von 4 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 12.06.2022
Wanderbares Waldviertel
Wille, Franz

Wanderbares Waldviertel


ausgezeichnet

Franz Wille, gebürtiger Tiroler, studierte Deutsch und Geografie und unterrichtete am Gymnasium Landeck. Seit seiner Pensionierung lebt der passionierte Wanderer im Waldviertel und schreibt Wanderbücher über seine liebsten Regionen in Österreich, der Schweiz und Italien.
Diesmal zeigt er uns das wanderbare Waldviertel. Das nördliche Niederösterreich ist bestens geeignet für genussvolles Wandern. Aus der großen Fülle der Möglichkeiten hat der Autor 40 schöne, leichte bis mittelschwere Touren ausgewählt und mit Hintergrundinformationen zu Sehenswertem am Weg und Einkehrmöglichkeiten vorgestellt.

Der Autor teilt das Waldviertel, auch liebevoll „Woodquarter“ genannt in drei Teile:

Nördliches Waldviertel = Thayatalregion
Mittleres Waldviertel = Kamptalregion
Südliches Waldviertel = Kremstalregion

Jede der vorgestellten Wanderungen beinhaltet einen Ausschnitt aus einer Wanderkarte sowie die Beschreibung der Route.

Einen Großteil der Wanderungen der Thayatalregion sind mir gut bekannt. Obwohl die Ausflüge nicht in extreme Höhen führen, sind Wetterprognosen und Sicherheitsangaben zu beachten.

Fazit:

Gerne gebe ich diesem Wanderführer, der zur Reihe „Gehmütliche Touren“ des Verlag Pustet gehört, 5 Sterne.

Bewertung vom 12.06.2022
Bitterwasser
Ewald, karina

Bitterwasser


sehr gut

Nachdem Carolin Halbach, Literaturwissenschaftlerin und Krimi-Fan, für ihren Job in Düsseldorf ein anderen Kandidat vorgezogen wird, nimmt sie den Posten als Bibliotheksleiterin des neuen Kulturzentrums in Bad Gastein an. Ihre neue Wirkungsstätte ist noch nicht ganz fertig, dennoch gibt es eine große Eröffnungsfeier, bei der zahlreiche honorige Gäste anwesend sind. So auch der allseits beliebte Leiter der Kurklinik Prof. Hutter. Man übt sich im Smalltalk, isst belegte Brötchen und nippt an allerlei alkoholischen Getränken, als Prof. Hutter plötzlich tot zusammenbricht. Vergiftet mit Blauem Eisenhut, wie sich rasch herausstellt.

Valentin Herzinger, der Dorfpolizist beginnt gleich zu ermitteln und findet in der Bibliotheksmitarbeiterin Frau Krauskopf auch gleich eine Verdächtige. Immerhin hat sie mehrere Eisenhutpflanzen in ihrem Garten. Doch die Krauskopf schweigt beharrlich.

Während die Kriminalpolizei sich um den Mord kümmert, müssen die Fertigstellungsarbeiten weitergehen. Doch nicht allen gefällt das Projekt des Kulturzentrums, das die ehrgeizige Bürgermeisterin auf die Beine gestellt hat. So passieren kleinere und nicht gar so kleine Unfälle, die die Arbeiten weiter verzögern. Dabei ist Eile geboten, denn die Abnahme der Baustelle steht kurz bevor.
Carolin stellt eigene Nachforschungen zu den Sabotageakten an, was wieder der Herzinger nicht so gerne sieht. Schnell erhält sie von ihm den Spitznamen „Miss Marple“. Doch die eigenmächtigen Schnüffeleien bringen Carolin gleich mehrmals in Gefahr.

Meine Meinung:

Autorin Karina Ewald hat mit diesem Krimi die ambivalente Stimmung in einem Dorf sehr gut eingefangen. Die einen wollen, dass alles so bleibt wie bisher, die anderen ein bisserl Schwung in den doch etwas in die Jahre gekommenen Kurort bringen. Vor allem, soll Bad Gastein auch im Sommer ein attraktives Urlaubsziel werden, denn vom Wintertourismus allein, kann man heute nicht mehr (über)leben.

Gut gelungen ist auch die Balance zwischen Krimi und Lokalkolorit gehalten. Wir dürfen einige ortsübliche Speisen und Getränke wie das Allheilmittel Zirbengeist kennenlernen, doch nehmen diese kulinarischen Schmankerl nicht überhand. Einige Dialektpassagen runden das Buch genauso ab, wie die ungenügende Kondition unserer wackeren Miss Marple.

Die Charaktere sind gut ausgestaltet. Die neugierige Carolin, die ehrgeizige Bürgermeisterin oder die etwas verschroben wirkende Frau Krauskopf. Ein liebenswürdiges Paar sind Peter und Rosl Brunneder, ihre Vermieter. Auch die Bösewichte kann man sich gut vorstellen.

Die Aufklärung ist schlüssig. Nun bleibt noch zu hoffen, dass die Miss Marple von Bad Gastein weitere Fälle zu bearbeiten hat. Ein Haus und Kater Ferdinand lassen sie ja immerhin im Ort bleiben.

Fazit:

Ein gut gelungener Krimi aus der schönen Salzburger Bergwelt, der mich gut unterhalten hat. Gerne gebe ich hier 4 Sterne.

Bewertung vom 12.06.2022
Tage in Rebibbia
Sapienza, Goliarda

Tage in Rebibbia


ausgezeichnet

Um an ihrem Roman „Die Kunst der Freude“ L’arte della gioia) weiter schreiben zu können, gibt die Schauspielerin Goliarda Sapienza (1924-1996) ihren Job auf. Sie wird letztlich 9 Jahre dafür brauchen und keinen Verlag für ihr Werk finden. Völlig mittellos bestiehlt sie 1980 eine Freundin. Es kommt zur Anzeige, Gerichtsverhandlung, Urteil und Goliarda wird für drei Monate in Rebibbia, im berüchtigten Gefängnis von Rom, inhaftiert.

Hinter den dicken Gefängnismauern lernt Goliarda eine ganz eigene Welt kennen: sadistische oder gleichgültige AufseherInnen und Mitgefangene aus verschiednen Gesellschaftsschichten und/oder Nationalitäten.

In einer nüchternen Prosa berichtet sie über den Gefängnisalltag - von Hofgängen, kargem Essen, überbelegten Zellen, Gefühlen wie Wut, Neid und Erotik. Allgegenwärtig sind aber auch Langeweile, Hoffnungslosigkeit und Übermut.

„Wenn Du rauskommst, heißen sie dich vielleicht mit einem Blumenstrauß willkommen und schließen dich in die Arme, aber sie werden dich nie mehr so ansehen wie zuvor.“ Diese Weisheit erfährt Goliarda Sapienza von ihrer Zellengenossin Ornella.

Es scheint, als wären die Klassenunterschiede hier im Gefängnis aufgehoben. Denn der streng getaktete Tagesablauf und die aufgezwungene Untätigkeit gelten für alle. Doch diese Erfahrung, wie alle andere behandelt zu werden, gaukelt ihr ein falsches Bild des Mikrokosmos Gefängnis vor. Denn ihre Mithäftlinge haben feine Sensoren für Bildung, Sprache und Selbstwertgefühl entwickelt. Für diese Andersartigkeit wird sie gehasst und geliebt.

Meine Meinung:

Goliarda Sapienza ist bislang außerhalb Italiens nur wenigen Menschen ein Begriff. Mit der Neuauflage dieses Buches über ihren Gefängnisaufenthalt und ihrem großen Werk „Die Kunst der Freude“ (L’arte della gioia) wird sich das vermutlich ändern, gelten doch beide Werke als meisterhafte Erzählkunst. Das eine besticht durch den nüchternen Prosastil, das andere durch wortgewaltige Opulenz.

Im italienischen Original heißt das Gefängnistagebuch übrigens „L’Università di Rebibbia", weil die Autorin ihren Gefängnisaufenthalt als Schule des Lebens betrachtet hat.

Fazit:

Ein beeindruckendes Dokument einer beeindruckenden Frau, die zeitlebens kaum Kompromisse eingegangen und ihren Träumen gefolgt ist. Gerne gebe ich hier 5 Sterne.

Bewertung vom 12.06.2022
Stürmisches Lavandou / Leon Ritter Bd.8 (eBook, ePUB)
Eyssen, Remy

Stürmisches Lavandou / Leon Ritter Bd.8 (eBook, ePUB)


gut

In seinem 8. Fall bekommt es Gerichtsmediziner Dr. Leon Ritter mit einer Reihe von ermordeten Liebespaaren zu tun. Die Männer werden gefesselt und müssen zusehen, wie sich der Täter an ihren Freundinnen vergeht. Anschließend werden beide getötet. Den Männern wird die Kehle durchgeschnitten, die Frauen mit einer Armbrust quasi „erlegt“. Das Ganze findet während eines Surfevents statt, was weder den Bürgermeister noch den Polizeichef freut. Die Presse und das Innenministerium sitzen den beiden im Nacken. Diesen Druck geben sie nahtlos an Ritters Lebensgefährtin und Ermittlerin Isabelle weiter.

Meine Meinung:

Dieser Krimi ist der schwächste dieser Reihe. Obwohl 528 Seiten stark ergibt sich wenig Neues, denn der Autor weicht von seinem bekannten Schema kaum ab. Lediglich das so beliebte Boule-Spiel erfährt eine winzige Änderung: Leon und Veronique werden von zwei Touristen geschlagen. Alles andere hat der Leser so oder ähnlich schon gelesen.

Die üblichen, längst bekannten Querelen zwischen dem Polizeichef und dem Gerichtsmediziner nehmen großen Platz ein. Auch dass Isabelles Tochter wieder einmal aufmüpfig ist und ohne Führerschein Auto fährt, einen etwas älteren Freund hat und abermals entführt wird - alles schon einmal da gewesen.

Dass man einen geistig zurückgebliebenen jungen Mann unbedingt als Täter präsentieren will, ist nichts Neues. Leider jagt ein Klischee das andere.

Der wahre Täter wird dann doch noch gefasst. Er hat schon als Jugendlicher gemordet. Warum und wieso er mehrere Jahrzehnte pausiert hat, bleibt ungeklärt.

Einige Fehler hat das Lektorat auch übersehen. So heißt z.B. der Bürgermeister einmal Daniel und wenig später David Robien.

Die Beschreibung von Le Lavandou ist wieder gelungen, aber auch schon bekannt.

Fazit:

Dieser 8. Fall der Krimi-Reihe hat mich leider enttäuscht, daher gibt es nur 3 Sterne.

Bewertung vom 11.06.2022
Verlassen / Ermittlungen im Spreewald Bd.3
Dieckerhoff, Christiane

Verlassen / Ermittlungen im Spreewald Bd.3


ausgezeichnet

Klaudia Wagners 7. Fall hat es in sich. Zunächst wird einmal Heike Thielmann als vermisst gemeldet. Für gewöhnlich geht die Kripo solchen Vermisstenanzeigen nicht gleich nach, doch in diesem Fall beginnt Klaudia recht bald mit ihren Nachforschungen. Die Abgängige wurde das letzte Mal schwer alkoholisiert gesehen und ein Unfall wird befürchtet. Die Ahnung trügt nicht, und nur wenig später wird die Leiche Heike Thielmanns gefunden. Allerdings stellt sich heraus, dass sie ermordet worden ist. Von wem und warum?
Je weiter sich Klaudia Wagner mit der Familie von Heike Thielmann beschäftigt, desto mehr Ungereimtheiten und Geheimnisse der Vergangenheit der Toten, die vor Jahrzehnten hier im Spreewald gelebt hat und kurz nach dem Mauerfall in verschwunden ist, kommen ans Tageslicht.

Doch nicht nur die Vergangenheit der Toten spielt eine Rolle, sondern auch die von Klaudia Wagner. Und dann gibt es Geständnisse von zwei Personen. Wer lügt hier? Wer will jemanden anders schützen?

Meine Meinung:

Dieser Krimi ist der 7. der Reihe „Spreewald-Krimi“ mit Klaudia Wagner als Kriminaloberkommissarin und ist im Aufbau-Verlag erschienen. Ich war ein wenig irritiert, denn es gibt bereits eine vierteilige Serie („Ein-Fall-für-Klaudia-Wagner“) von Christiane Dieckerhoff aus dem Ullstein-Verlag. Zunächst habe ich angenommen, dass die Ullstein-Krimis neu aufgelegt worden sind. Doch ich wurde eines Besseren belehrt: „Spreewald-Krimi“ ist eine gelungene Fortsetzung, denn die meisten Protagonisten sind wieder mit dabei.

Die Serie in der richtigen Reihenfolge:

Spreewaldgrab-1 (2016)
Spreewaldtod-2 (2017)
Spreewaldrache-3 (2018)
Spreewaldwölfe-4 (2019)
Vermisst-5 (2020)
Verfehlt-6 (2021)
Verlassen-7 (2022)

Ein interessanter Krimi, der tief in die Geschichte der ehemaligen DDR hineinreicht.
In zahlreichen Rückblenden, in denen wir unter anderem ein Geschwisterpaar begleiten dürfen, das Mädchen knapp vor dem Schuleintritt, der Bruder noch mit Windeln, die von ihrer Mutter alleingelassen und anschließend auf verschiedene Kinderheime bzw. Pflegefamilien aufgeteilt worden sind, erhellt sich das Drama rund um die Familie der Toten. Diese Schilderung des Alltags der Kinder, die verschreckt, misshandelt und indoktriniert, auf sich alleine gestellt sind, ist schwer zu ertragen.

Fazit:

Ein kniffliger Krimi für das Team um Klaudia Wagner, dem ich gerne 5 Sterne gebe.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.