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xyz
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Willich

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Insgesamt 91 Bewertungen
Bewertung vom 15.04.2022
New York und der Rest der Welt
Lebowitz, Fran

New York und der Rest der Welt


ausgezeichnet

Kunst-Stücke

Sarkastisch sein ohne zu verletzen, ohne arrogant zu wirken, geht das ? Ja, bei Fran Lebowitz in ihrem Buch „New York und der Rest der Welt“.

In ihrem Werk sind 2 Essay-Sammlungen, die in den USA bereits 1978 ( Metropolitan Life ) und 1981 ( Social Studies ) in Buchform erschienen sind, erstmals auf deutsch zu lesen.
Dies ist insofern bemerkenswert, weil die Themen und Geschichten seitdem nichts an Frische, Esprit und Aktualität verloren haben. Mehr noch, ihre kleinen, feinen Texte gehen an Originalität, Witz und Intelligenz weit über das hinaus, was sich viele der heutigen Comedians, Blogger oder Möchtegern-Schriftsteller aus den Fingern zu saugen pflegen.

Ob des Titels könnte man meinen, dass es um das Lebensgefühl in New York im Speziellen geht. Geht es auch, aber es geht auch um das Leben in Großstädten im Allgemeinen, aber vor allem um das Leben an sich in all seinen Facetten. Ganz nebenbei ist das Buch eine Huldigung an den Müßiggang und an‘s Rauchen.

Fran Lebowitz ist eine hervorragende Beobachterin, stilistisch ganz eigen, ihre Texte zeugen von übersprudelnder Phantasie und quellen über vor originellen Ideen und schlüssigen Erkenntnissen.

So läßt sie sich beispielsweise auf wunderbare Weise über Leute aus, darüber, was Leute sagen, wie Leute heißen, wie Leute frisiert sind :

….. „Leute, die genau dieselbe Frisur tragen bzw. trugen :
a) Victor Hugo und Sarah Caldwell
b) William Wordsworth und Frank Lloyd Wright
c) W.B. Yeats und David Hockney
d) Jean Cocteau und Eli Wallach
e) Johann August Strindberg und Katherine Hepburn
f) Pablo Picasso und Phillip Splaver, mein Großvater mütterlicherseits
Alles oben genannte ist wahr, und wenn Sie mir nicht glauben, schauen Sie doch einfach selber nach.“ …..

Es stimmt tatsächlich, ich habe selber nachgeschaut. Bei dieser Gelegenheit ist mir aufgefallen, daß Fran Lebowitz genau dieselbe Frisur trägt wie Oscar Wilde.

Übrigens, Fran Lebowitz sagte mir nichts vor dieser Lektüre, ich bin weder New York-Kennerin, noch Stadtbewohnerin, noch Netflix-Konsumentin, noch Raucherin, noch Fleischliebhaberin, dennoch empfehle ich dieses Buch uneingeschränkt. Denn es tut einfach gut, endlich mal wieder eine Stimme zu hören, die Unpopuläres und politisch Unkorrektes gekonnt zum Besten geben darf. Bravo.

Bewertung vom 30.01.2022
Manifesto. Warum ich niemals aufgebe. Ein inspirierendes Buch über den Lebensweg der ersten Schwarzen Booker-Prize-Gewinnerin und Bestseller-Autorin von »Mädchen, Frau etc.«
Evaristo, Bernardine

Manifesto. Warum ich niemals aufgebe. Ein inspirierendes Buch über den Lebensweg der ersten Schwarzen Booker-Prize-Gewinnerin und Bestseller-Autorin von »Mädchen, Frau etc.«


ausgezeichnet

Ein Leben in London jenseits von Glamour und Lifestyle

Die schwarze Autorin Bernardine Everesto erzählt in ihrem spannenden Buch „Manifesto“ von ihrem Leben ab den 60er Jahren bis heute im London jenseits von Glamour und Lifestyle.
Bereits der Untertitel „Warum ich niemals aufgebe“ beschreibt ihren Charakter auf dem langen Weg bis zur Anerkennung durch den Booker-Preis nach 40 Jahren kreativen Schaffens.

Sie berichtet über ihre familiäre und soziokulturelle Herkunft, ihre Liebes-Beziehungen, ihre Entwicklung von der Theater-Schauspielerin und -Gründerin bis zur Autorin sowie ihres politisch-gesellschaftlichen Wirkens.
Das brillant geschriebene Werk besticht durch seine Offenheit, Glaubwürdigkeit und Schonungslosigkeit ihren nächsten Mitmenschen und vor allem sich selbst gegenüber. Ein kluges Buch, analytisch, klar, mutmachend, motivierend, kraftspendend, einfach bereichernd.

Das Buch ist weit mehr als eine Biografie, die unabhängig davon, ob man die lyrischen Werke der Autorin kennt oder nicht, eine ansteckende Kraft ausstrahlt.

Bewertung vom 27.01.2022
Brummps
Zipfel, Dita;Davies, Bea

Brummps


ausgezeichnet

Eine Parabel mit tiefer Wahrheit und feinem Humor

Für Kinder eine phantasievolle Geschichte über Anderssein, soziale Ausgrenzung, Selbstvertrauen und vor allem über Freundschaft. Für Erwachsene eine gesellschaftskritische Parabel. Ein ganz besonderes Kinderbuch, welches ein Leben lang begleitend sein kann.
Die Kern-Erzählung wird durch anschauliche Naturbeschreibungen und außerordentlich schöne Illustrationen, die viel Raum einnehmen, bereichert.

Die Autorin selbst begleitet die Lesenden als Ich-Erzählerin durch die fesselnde Geschichte. So ist die Botschaft auch für kleinere Kinder zu verstehen.
Die Sprache ist locker, aber originell und voller Humor, die Sätze sind gespickt mit einfallsreichen Wortschöpfungen, die die Phantasie anregen.

Ganz nebenbei lernen wir eine Menge über das Leben im Wald, z. B. darüber, was die Lieblingsspeisen von Blaumeisen, Ameisen und Mistkäfern sind, welcher Vogel nachts singt und noch viel mehr.

Der künstlerische Wert dieses Buches ist sehr hoch :
Die Zeichnungen changieren in unterschiedlichen Helligkeitsstufen zwischen zwei Farbtönen, einem Rotton und einem ganz tiefen Blau. Wunderbar !
Das gebundene Buch ist auch haptisch ein Erlebnis, denn die matte Oberfläche der Buchdeckel fühlt sich gleichzeitig angenehm rauh und weich an.

Bewertung vom 26.01.2022
Kleine Philosophie der Begegnung
Pépin, Charles

Kleine Philosophie der Begegnung


ausgezeichnet

Ein Buch wie eine Begegnung

Der Philosoph Charles Pépin vertieft in seinem neuen Sachbuch die Kernbotschaft, wie sehr wir abhängig sind von Begegnungen mit anderen Menschen, um die eigene Persönlichkeit zu entwickeln und mehr noch, um zu erfahren, wer wir sind.

Das Werk ist klar strukturiert in drei Teile. Zunächst beschreibt er, woran wir e c h t e Begegnungen erkennen. Im zweiten Teil werden die Voraussetzungen definiert, welche Begegnung erst möglich machen. Zu guter Letzt beleuchtet Pépin das Thema aus den unterschiedlichen Blickwinkeln der Anthroposophie, des Existentialismus, der Religion sowie der Psychoanalyse. Die Ausführungen des Autors sind auch für diejenigen anschaulich nachzuvollziehen, deren berufliche Herkunft nicht in der Philosophie beheimatet ist.
Der Autor verdeutlicht seine Thesen mittels Begegnungen aus bildender Kunst, Literatur, Musik sowie Film. So hören wir nicht nur Geschichten durch Romanfiguren, sondern erfahren ganz viel über inspirierende Freundschaften bekannter Persönlichkeiten, beispielsweise David Bowie und Lou Reed, Picasso und Paul Éluard oder Papst Benedikt und sein Nachfolger Franziskus.
Pépin bereichert sein Werk durch ganz persönliche Erfahrungen und Erlebnisse aus seinem eigenen Leben.

Als Lesende begeben wir uns auf eine gedankliche Reise durch die Philosophiegeschichte von Aristoteles über Sartre, bis hin zu Kierkegaard, Martín Buber und Hegel. Auch der Freudsche Blickwinkel der Psychoanalyse findet Berücksichtigung.
Ob seiner Fülle und Tiefe ist es ein Buch, welches ich immer wieder gerne zur Hand nehmen werde.

Das Buch ist mehr als ein Sachbuch, es ermutigt offenen Herzens und Geistes in die Welt hinauszugehen, um ohne konkrete Vorstellungen zu sehen, was das Leben zu bieten hat : „Ich gehe los - und sehe“

Bewertung vom 15.01.2022
Der fürsorgliche Mr Cave
Haig, Matt

Der fürsorgliche Mr Cave


sehr gut

Seelenqualen

Matt Haigs Protagonist Terence Cave, ein kultivierter und feinsinniger Mensch, hat bereits seine Mutter durch Suizid und seine Ehefrau während eines Raubüberfalls im eigenen Antiquitätengeschäft verloren.
Die Geschichte beginnt mit dem tragischen Tod seines heranwachsenden Sohnes Reuben.
Alles Denken und Handeln dreht sich von nun an nur noch um den scheinbaren Schutz seiner einzig verbliebenen Tochter Bryony im Teenager-Alter …

Beim Lesen ist es schwer auszuhalten, wie sich der besorgte Vater immer tiefer und tiefer in eine Spirale von Verlustängsten hineinschraubt.
Haig beschreibt die Gefühle und Gedankengänge des angstdurchtränkten Vaters so treffend, dass ich während des Lesens selber Gefühle von Angst und Beklemmung am Rande des Unerträglichen verspürte. Dennoch hatte ich das Bedürfnis, mit ihm seine seelischen Qualen zu durchleiden, also weiterzulesen, was dann gegen Ende des Buches mit einigen unerwarteten Wendungen, fast wie bei einem Krimi, belohnt wurde.

Es ist ein Buch …
… über Angst, Angst und Angst.
… darüber, wie sich Denk- und Handlungsmuster sowie vermeintliche Schicksalsschläge von Generation zu Generation zu wiederholen scheinen.
… darüber, dass jeder, unabhängig von sozialer Herkunft und Bildung zu allem fähig ist.
… über das Menschsein an sich und unsere seelischen Abgründe.
… über den Sinn des Lebens.

Bewertung vom 31.10.2021
Stell dir vor ...
Hopkins, Rob

Stell dir vor ...


ausgezeichnet

Gestaltungskraft

Was für ein Buch : Das ist ein Brett ! Nicht nur haptisch, sondern auch inhaltlich.
Rob Hopkins Sachbuch „STELL DIR VOR…MIT MUT UND FANTASIE DIE WELT VERÄNDERN“ könnte man sogar kompostieren, sollte man aber nicht.
Das schwarze Cover mutet an wie ein Blick durch ein Schlüsselloch in eine lebendige neue Welt. Ausschnitthaft wird in den Kreisflächen ein Linolschnitt des Autors, der auch Künstler ist, freigelegt. Hier finden wir bereits einen ersten Hinweis auf den künstlerischen Denkansatz des Werkes.

In diesem Buch passiert echtes Querdenken im ursprünglichen Sinne : Beobachten, analysieren, die Ursachen erkennen, unkonventionelle und wirklich neue Lösungswege ( viele Wege, nicht einen einzigen für richtig erklärten Weg ) aufzeigen, ausprobieren, tätig werden.

Die Kernbotschaft des Buches zur gesellschaftlichen Veränderung und Lösung auch der großen Probleme unserer Welt, wie beispielsweise der Klimakatastrophe, ist das Zulassen sowie die Schärfung unserer Vorstellungskraft und unserer Fantasie. Hier ist vielleicht sogar die englische Bezeichnung „Imagination“ treffender : Die Kraft der vorgestellten Bilder und Geschichten einer lebenswerten Zukunft.
An einigen Orten hat die Zukunft bereits begonnen, dies belegt Hopkins überzeugend anhand von zahlreichen Beispielen aus aller Welt.

Konsequent, kraftvoll, inspirierend, mutmachend, visionär.

Kein Buch für Jammerer und Schwarzseher, sondern eines für Macher und Macherinnen oder solche, die es werden wollen.

Bewertung vom 22.10.2021
Wut und Böse
Hoeder, Ciani-Sophia

Wut und Böse


gut

Wütend und dann ?

Während der Leseprobe hatte ich den Eindruck, die Autorin des Buches "WUT UND BÖSE" agiere in ihrer Herangehensweise an das Thema eher wissenschaftlich, obwohl sie Journalistin ist. Ciani-Sophia Hoeder beschreibt persönliche Erfahrungen, beleuchtet das Thema Wut hinsichtlich Ethymologie, Kulturgeschichte, Soziologie, Psychologie und Medizin. Die Bandbreite der Aspekte von Wut ist zwar sehr spannend, aber ihre Schlußfolgerungen scheinen mir zu eindimensional betrachtet.

Es ist sicher richtig, daß Frauen viel häufiger als Männer ihr Gefühl von Wut und Ärger nicht wahrnehmen oder gar unterdrücken. Sicher ist es auch richtig, daß wütende Frauen als hysterisch oder zickig erlebt und bezeichnet werden.
Nicht erwähnt wird im Buch, wie wütende Männer wirken. Diese genießen auch keinen besonders guten Ruf, gelten sie doch im Allgemeinen als Choleriker oder Machos.

Sicher ist es richtig, daß Wut ein Motor für Veränderung sein kann.
Wenn die Wut von Frauen sichtbarer und spürbarer wäre, wäre dies tatsächlich der Schlüssel, um Ungerechtigkeiten in unserer Gesellschaft in Balance zu bringen?

Das Glossar am Ende ist hilfreich, da sehr viele „Szene-Begriffe“, z. B. Abkürzungen aus dem englischsprachigen Raum, Verwendung finden.

Das rosa-pinke Cover weist stereotype, auf Harmonie ausgerichtete Farben auf. Hier hätte ich mir eine Farbe gewünscht, die tatsächlich Wut ausdrückt : Rot !

Bewertung vom 18.10.2021
Was bleibt, wenn wir sterben
Brown, Louise

Was bleibt, wenn wir sterben


sehr gut

Trauern und Lachen

Trauern und Lachen, die Sehnsucht nach dem Tod und der Wille zu ( über-) leben sind ganz eng miteinander verwoben. Von dieser Erkenntnis und mehr handelt das autobiographische Sachbuch von Louise Brown, ihres Zeichens Trauerrednerin. Ein Thema, an dem niemand vorbeikommt.

Es ist ein sehr persönliches Buch, in dem Louise Brown den eng nacheinander folgenden frühen Tod ihrer beiden Elternteile verarbeitet. Ihre berufliche Veränderung von der Journalistin zur Trauerrednerin ist unmittelbar mit dem für sie einschneidenden Erlebnis des Verlustes verknüpft.

Die Autorin schreibt sehr einfühlsam und dennoch lege ich das Buch immer wieder zur Seite, die erhoffte Tröstung durch das Buch bleibt aus. Vielleicht liegt es daran, weil man nicht vorgetröstet werden kann, so wie man nicht vorschlafen kann.

Ich werde das Buch zu einem späteren Zeitpunkt nochmal lesen.