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fraedherike

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Insgesamt 71 Bewertungen
Bewertung vom 11.01.2022
Zum Paradies
Yanagihara, Hanya

Zum Paradies


gut

In gewisser Weise strebt jeder Mensch nach einem Leben voller Glückseligkeit und Liebe, ohne Sorgen und Ängste, letztlich: dem Paradies. In ihrem neuen Roman „Zum Paradies“ (OT: To Paradise, aus dem Englischen von Stephan Kleiner) erzählt Hanya Yanagihara in von menschlichen Schicksalen, ihrer Suche nach dem Paradies zu unterschiedlichen Zeitpunkten der amerikanischen Geschichte – oder einem Land, das an es erinnern soll.


Wie man merkt, eine Verbindung inhaltlicher Art besteht zwischen den drei Teilen nicht wirklich, sie ist viel eher thematischer oder übertragener Natur: In jeder Geschichte ist das Haus am Washington Square von mehr oder weniger zentraler Bedeutung, ebenso wie die Namen der Protagonist:innen – David, Charles und Edward -, der Einfluss einer Krankheit oder Pandemie auf die Gesellschaft und das Leben, die Unterschiede ihres Stands in der Gesellschaft und die Umkehr einer heteronormativen in eine queer-freundliche Ordnung. Letztlich bleibt es jedoch beim Schmunzeln ob der oberflächlichen Überschneidung – eine tiefere Verbindung wird man vergeblich suchen.

Hanya Yanagiharas Art zu schreiben, ist beeindruckend. Sie schafft mit ihren Worten eine magische Anziehungskraft, gibt jeder Geschichte eine der Epoche in Tonalität und Stil entsprechende Atmosphäre. Besonders im ersten Abschnitt war ich wie gefangen von den Kämpfen, die David mit seinem Herz und Verstand ausfechtet, entweder-oder-... Doch ab Mitte des zweiten Teils verlor sie mich. Die Sätze zogen sich ins Unendliche, sie schweifte aus, schlug Bögen, die ich für den Fortgang der Handlung nicht nachvollziehen konnte, wenn überhaupt so etwas wie eine Handlung dahintersteckte. Die Protagonisten verloren an Tiefe, die Emotionen schwanden – und meine Aufmerksamkeit mit ihnen. Der stilistische Wandel hin zur Dystopie und die sprunghaften Wechsel des Perspektiven und Zeitebenen im dritten Teil konnten mich leider auch nur mäßig begeistern. Mir gefiel die distanzierte, etwas emotionsarme Sprache der Protagonistin zunächst sehr, doch gerade das ist wohl auch der Grund dafür, dass ich selbst den Spaß am Lesen verlor, alles nur noch hin- und wahrnahm. Das Ende jedoch, das den Weg ins Ungewisse, gebeutelt von Katastrophen, freigibt, gefiel mir auf eine perfide Weise, erinnert es doch an das derzeitige Leben mit der Corona-Pandemie: wohin wird das alles führen, zu welchem Ausgang?

Denn das ist es, was aus jeder der Geschichten spricht, wenn man so mag das sie letztlich verbindende Element: Hoffnung und Zuversicht. Darauf, dass sich trotz all der Hindernisse, die einem das Leben, die Gesellschaft in den Weg legen, alles zum Guten wendet. Dass man ein Leben in Sicherheit und voller Liebe führen wird, seiner Herkunft, seiner Sexualität zum Trotz, zu welcher Zeit, in welcher Realität auch immer, den Weg zum Paradies findet. Doch ich habe ihn mit diesem Buch leider nicht gefunden.