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carola1475

Bewertungen

Insgesamt 143 Bewertungen
Bewertung vom 29.10.2022
Kalt und still / Hanna Ahlander Bd.1
Sten, Viveca

Kalt und still / Hanna Ahlander Bd.1


ausgezeichnet

Spannung im klirrend kalten schwedischen Winter

Die Stockholmer Polizistin Hanna Ahlander verliert kurz vor Weihnachten am gleichen Tag ihren Job, den Lebensgefährten und die Wohnung und verkriecht sich voller Selbstmitleid in der Ferienwohnung ihrer Schwester im Wintersportort Åre und hadert mit sich und der Welt.
In Åre wird die 18-jährige Amanda nach einer Party vermisst und bei Temperaturen um -20 Grad zählt jede Stunde. Hanna schließt sich einem Suchtrupp an und erweist sich im weiteren Verlauf als wertvolle Hilfe für Daniel Lindskog, den leitenden Kommissar vor Ort. Hanna wird Teil des Ermittlerteams.

Schon im Prolog werden Wetter und Natur atmosphärisch dicht beschrieben und die lebensbedrohliche Kälte bleibt während des Lesens immer spürbar. Alle Charaktere sind glaubhaft und authentisch beschrieben, bei Hanna und auch bei Daniel wird die Zerrissenheit zwischen Liebe zum Beruf und dadurch vernachlässigtem Privatleben deutlich, beide haben einen konfliktreichen familiären Hintergrund. Psychologisch geschickt baut Viveca Sten ihre Protagonisten auf und ich kann nicht nur deren Gefühle nachvollziehen, sondern auch, warum sie so geworden sind, wie sie heute sind.
Die kurzen Kapitel verführen dazu, immer weiter zu lesen und beginnen meistens mit einem Perspektivwechsel. Sehr bewegend wird auch aus Sicht von Amandas Angehörigen erzählt. Eine derart gelungen ausgearbeitete Figurenzeichnung finde ich bei einem Krimi außergewöhnlich.
Die Ermittlungen verlaufen schwierig und werden realistisch geschildert. Hanna beweist hier Gespür und Können, als sie die Zusammenhänge erkennt und aufdeckt.
Der Schreibstil der Autorin ist sehr ansprechend, lebendig und bildhaft, angenehm und flüssig zu lesen. Titel und Cover passen perfekt zum Buch.

Ich kann diesen spannenden unblutigen Krimi mit unerwartetem und aktuellem Hintergrund und Konzentration auf die Figuren uneingeschränkt jedem Leser des Genres empfehlen und freue mich auf weitere Fälle für Hanna Ahlander.

Bewertung vom 23.10.2022
Die Kommissarin und der Metzger - Schrot und Korn
Ohle, Bent

Die Kommissarin und der Metzger - Schrot und Korn


sehr gut

Spannende Unterhaltung mit Humor und Münsterländer Lokalkolorit

Das schöne, liebevoll gemachte Cover stimmt sehr gut ein auf diesen atmosphärischen Landkrimi. Man nimmt das Buch gern in die Hand.

Kommissarin Tanja Terholte ermittelt in einem neuen Fall in ihrer Heimatstadt Horstmar. Auf einem Acker sind menschliche Überreste entdeckt worden. Tanja ist Nebenerwerbslandwirtin und betreibt auf dem elterlichen Hof eine Rinderzucht zusammen mit ihrem Bruder Rudi, der gelernter Metzger ist und Tanja als fähiger Hobby-Forensiker unter die Arme greift. Neben Tanjas Familie gibt es noch so einige schräge Typen in Horstmar und auch unter Tanjas Kollegen, die mich oft zum Schmunzeln gebracht haben, genauso wie die nachbarschaftlichen Begegnungen im Ort. Tanja ist eine sympathische Protagonistin, die geschickt ist im Umgang mit Menschen und sich auch von ihrem weniger kompetenten Vorgesetzten nicht die Laune verderben lässt. Ihre Ermittlungen treibt sie überlegt und zielorientiert voran und auch mit Interpol klappt die Zusammenarbeit reibungslos.

Der Krimi überrascht mit unerwarteten Wendungen und Entwicklungen, ist humorvoll und kurzweilig. Bent Ohles Schreibstil ist lebendig und bildhaft und sorgt mit Wortwitz und Situationskomik für viel Lesevergnügen. Auch das Lokalkolorit des Münsterlandes ist gelungen, zugewandt und anschaulich werden die Menschen dort beschrieben, das hat mir gut gefallen.
Dieser zweite Fall für Tanja Terholte ist auch ohne Kenntnis des ersten Bandes gut lesbar und hat mir unterhaltsame Lesestunden beschert.

Bewertung vom 21.10.2022
Fake - Wer soll dir jetzt noch glauben?
Strobel, Arno

Fake - Wer soll dir jetzt noch glauben?


sehr gut

Wahrheit oder Lüge?

Patrick Dostert sitzt in Untersuchungshaft und schildert in Romanform die Ereignisse, die zu seiner Verhaftung geführt haben. Er soll eine Frau misshandelt, entführt und ermordet haben. Er beteuert seine Unschuld, doch es gibt starke Beweise und Indizien, die gegen ihn sprechen.

Die Geschichte ist von Beginn an spannend, ich war bis zum Ende unsicher, wer hier ein falsches Spiel spielt und habe mich von den falschen Fährten des Autors verwirren lassen. Die kurzen Kapitel, die meist cliffhangerartig enden und Arno Strobels flüssiger, lebendiger Schreibstil machen es schwierig, eine Lesepause einzulegen, die Neugier darauf, was wirklich wahr ist, wird immer größer und fesselt ans Buch.
Gelungen und überzeugend finde ich den Perspektivwechsel von Patrick hin zu seinem Anwalt, der mit Patricks Inhaftierung stattfindet.
Die Figurenzeichnung ist eher blass und sympathisch geworden ist mir keiner der Charaktere. Patricks zunehmende Verzweiflung hingegen wird glaubhaft, auch durch seine kursiv gedruckten Gedanken und Überlegungen zwischen den Kapiteln der Romanhandlung. Und beeindruckend, eigentlich beängstigend, werden die Gefahren der technischen Möglichkeiten der optischen und akustischen Manipulation thematisiert, die jeden jederzeit kompromittieren können. Wie das Cover zeigt, liegen „Fake“ und „Fakt“ ganz nah beieinander und drum herum liegt alles im Dunkeln.

Das Ende des Thrillers kommt abrupt, ist überraschend und erscheint mir nicht zum vorherigen Verlauf der Geschichte passend, es fühlt sich für mich nicht rund an und hat mein Lesevergnügen an dem Buch dann doch beeinträchtigt und zum Sternabzug geführt.
Für Fans des Autors ist „Fake“ zweifellos ein Muss, für andere Leser ein kurzweiliger rasanter Thriller mit Aktualitätsbezug.

Bewertung vom 16.10.2022
Frau Morgenstern und die Flucht
Huwyler, Marcel

Frau Morgenstern und die Flucht


ausgezeichnet

Ein geniales Lesevergnügen

Violetta Morgenstern, Pensionärin und kreative Auftragskillerin im Namen des Staates, kommt in arge Bedrängnis, als ausgerechnet ihr Freund eliminiert werden soll. Die Situation gerät völlig außer Kontrolle, und plötzlich wird Violetta von den eigenen Leuten gejagt. Sie taucht gemeinsam mit ihrem Kollegen, Ex-Söldner Miguel Schlunegger, unter. Die Beiden arbeiten nun aus dem Untergrund heraus auf eigene Rechnung.

Der Autor Marcel Huwyler hat mich nicht nur mit seinem originellen Krimi, sondern auch mit seiner unnachahmlichen Sprache begeistert.
Die Geschichte ist vielschichtig, einfallsreich und skurril, dabei logisch und folgerichtig aufgebaut, die Handlung ist kurzweilig und spannend. Frau Morgenstern und mehr noch Herrn Schlunegger haben mich schnell verzaubert, beide haben ihr Herz am rechten Fleck und sind glaubhafte und trotz oder vielleicht sogar wegen ihrer Eigenarten authentische und anrührende Charaktere. Zusammen sind sie ein unschlagbares Team. Auch die Nebenfiguren haben ein Profil und werden greifbar, ich konnte sie mir alle gut vorstellen.

Marcel Huwylers Schreibstil ist klar und bildhaft, sehr sprachgewandt, schwarzhumorig mit viel Wortwitz, Wortspielen und mit genialen Wortschöpfungen, die unvermittelt mein Kopfkino anspringen lassen, etwa, wenn eine Frau verhühnert ins andere Zimmer eilt. Selbst wenn manche Wörter nicht erfunden, sondern schwyzerdütsch sind, das Lesevergnügen ist auf alle Fälle groß!
Obwohl ich beim Quereinstieg in die Reihe keine Verständnisprobleme hatte, werde ich auch die Vorgängerbände noch lesen. Derart witzige und gleichzeitig spannende Unterhaltung will ich mir nicht entgehen lassen.

Bewertung vom 10.10.2022
Freiheitsgeld
Eschbach, Andreas

Freiheitsgeld


gut

Enttäuschende Umsetzung eines spannenden Themas

In „Freiheitsgeld“ beschreibt Andreas Eschbach das Leben im Jahr 2064. Seit 30 Jahren gibt es das Freiheitsgeld und niemand ist gezwungen, für seinen Lebensunterhalt zu arbeiten. Im Gegenteil, Roboter erledigen einen Großteil der Arbeit. Eschbach überrascht mit einfallsreichen Ideen und Gedankenspielen zur gar nicht mal so fernen Zukunft, aber die Umsetzung in der Handlung gefällt mir nicht, ich finde sie eher enttäuschend. Es dauert fast 200 Seiten, bis die im Klappentext angesprochenen Toten eine Rolle spielen und Ermittlungen aufgenommen werden. Auch die Entstehungsgeschichte und Begleitumstände des Freiheitsgeldes werden erst dann ausführlich geschildert. Vorher wird der Alltag in „Ruhrstadt“ hauptsächlich aus Sicht dreier Paare/Familien geschildert, deren Figurenzeichnung flach bleibt, die aber als Typen die verschiedenen Anpassungsmöglichkeiten an die Lebensumstände aufzeigen. Es gibt Menschen, die trotz einer immens hohen Steuerlast arbeiten, angestellt oder sogar selbständig, und es gibt andere, die in den Tag hinein leben oder legal Drogen konsumieren. Letztendlich ist die Gesellschaft zu einem Stillstand gekommen, es fehlen Ziele und Herausforderungen.

Manche Ideen zum Leben in der Zukunft werden nur ganz kurz erwähnt, auch schon mal mit nur einem einzigen Satz, da hätte ich mir mehr Ausarbeitung und Informationen gewünscht, während andere Details die Handlung überhaupt nicht weiterbringen und eher überflüssig sind, hier hat mich die Gewichtung sehr irritiert.
Der Weg zur Auflösung war etwas holperig und einigen Zufällen zu verdanken, die Auflösung selbst kam dann überraschend schnell. Zuerst fand ich sie enttäuschend, aber ich muss zugeben, sie ist im Rahmen der Geschichte logisch und realistisch.
Eschbachs Schreibstil ist klar und einfach, gut verständlich und wie immer angenehm zu lesen. Das Cover des Buchs kann sicherlich unterschiedlich interpretiert werden, für mich steht es für die Digitalisierung, die bei „Freiheitsgeld“ eine grundlegende Rolle spielt.

Ich vergebe 3 von 5 Sternen, da meiner Meinung nach viel Potential des Buchs verschenkt wurde. Zum ersten Mal hat ein Buch von Andreas Eschbach mich nicht überzeugt.

Bewertung vom 01.10.2022
SCHNEE
Sigurdardóttir, Yrsa

SCHNEE


ausgezeichnet

Toll komponierter Thriller mit Spannung und Gruselfaktor

Eine kleine Gruppe Hauptstädter wird seit einer Woche vermisst, die zu viert oder zu fünft, und größtenteils unerfahren, zu einer Wanderung in einem unwirtlichen isländischen Naturschutzgebiet aufgebrochen ist. Die Auffindesituation einer ersten Toten gibt dem Rettungsteam – und dem Leser - Rätsel auf. Die entstehende Spannung bleibt bis zum Ende des Romans erhalten.

Es gibt zwei Zeitebenen und drei Handlungsstränge und damit auch drei Protagonisten, aus deren Perspektive die Geschichte abwechselnd erzählt wird. Erst gegen Ende des Thrillers wird klar, wie der dritte, im wahrsten Sinne geheimnisvolle Handlungsstrang mit den anderen beiden zusammenhängt.

Yrsa Sigurdardóttirs Schreibstil ist fesselnd, wortgewandt und eindrücklich. Bildhaft und Gänsehaut erzeugend beschreibt sie die weiße, eintönige, eiskalte Winterlandschaft genauso wie die wechselnde Gefühlslage der Figuren, von Vorfreude und Erleichterung bis Angst, Erschöpfung und Verzweiflung. Wie verändern sich Menschen und ihre Wahrnehmungen, wenn sie auf sich selbst zurückgeworfen sind und den Kräften der Natur gegenüber stehen? Alle Charaktere sind glaubhaft und authentisch beschrieben, besonders die Protagonisten haben mich berührt.

Von Beginn an ist die Geschichte rätselhaft und entwickelt eine Faszination, die mich bis zum Ende nicht losgelassen hat. Einmal mit dem Buch angefangen, habe ich bis zum frühen Morgen gelesen, weil ich mich nicht losreißen konnte und wollte. Ich habe schon andere Bücher der Autorin sehr gern gelesen, „Schnee“ ist für mich ein neues Highlight, das mich bestens unterhalten hat.

Die eindrucksvolle Beschreibung des schneebedeckten Naturschutzgebiets scheint im Gegensatz zum schwarzen Cover zu stehen, das nur Autorenname und Titel in abgestuftem Weiß zeigt, dennoch passt das dunkle Cover zur atmosphärisch gelungen dargestellten Stimmung der Geschichte und sein Minimalismus zur optischen Eintönigkeit des alles verhüllenden Schnees.

Bewertung vom 24.09.2022
Die Welt kippt
Tschischwitz, Heiko von

Die Welt kippt


sehr gut

Aktuell, spannend und sehr informativ

Das rote Cover steht gleichermaßen für Hitze und Warnung, es ist ein Hingucker und passt zum Buch.
Heiko von Tschischwitz hat einen spannenden, in der nahen Zukunft spielenden Roman um die Klimakatastrophe und einen möglichen Lösungsweg geschrieben, der den Leser (fast) um die ganze Welt mitnimmt. Es gibt verschiedene Perspektiven, wobei besonders die chinesische Sicht überrascht, ist sie doch unter mehreren Aspekten ganz anders als wir das im Westen kennen.
Neben vielen gut recherchierten und verständlich beschriebenen technischen Details und Zusammenhängen thematisiert der Autor in den Diskussionen seiner Protagonisten die Unterschiede zwischen Chinas Kultur und langfristig angelegter Politik einerseits und den eher kurzfristigen Planungen westlicher Demokratien und ihrem bremsenden Redebedarf andererseits. Das hat mich beeindruckt und überzeugt, umso mehr, da von Tschischwitz nicht wertet oder verurteilt. Und auch sonst zeigt er auf, wie vielschichtig die Probleme im Kampf gegen die Klimakatastrophe sind.
Die Charaktere des Romans erscheinen im jeweiligen Zusammenhang glaubhaft, wenn auch ohne Tiefe. Berührt hat mich nur die Klimaaktivistin Tessa, die zu einer tragischen Figur wird. Die Liebesbeziehung fand ich überflüssig.
Der Spannungsbogen bleibt bis zum Schluss erhalten, wobei ich mir gewünscht hätte, dass Chinas Vorhaben etwas eher genauer benannt worden wäre, statt bis kurz vor dem Ende unklar zu bleiben.
Heiko von Tschischwitz ist seit Jahrzehnten erfolgreich im Bereich Klimaschutz und erneuerbare Energien tätig und hat sein Wissen gelungen in seinem Roman umgesetzt und sein klarer und lebendiger Schreibstil macht Spaß. Ich habe Neues gelernt, Bedenkenswertes mitgenommen und wurde gut unterhalten.

Bewertung vom 29.08.2022
Der Hausmann
Kolosowa, Wlada

Der Hausmann


ausgezeichnet

Ein außergewöhnlich aufgebauter Roman über das Leben in der Großstadt, der aktuelle Probleme aufgreift und dennoch Spaß macht

Genau so bunt wie das Cover ist auch der neue Roman von Wlada Kolosowa. Tims Ich-Erzählung wechselt sich ab mit Messenger-Chats, einem Blog, einem Deutsch-Lern-Tagebuch und einer Graphic Novel über den Klimawandel, eindrucksvoll illustriert von Raúl Soria. Diese verschiedenen Erzählarten sind klar und gelungen voneinander abgegrenzt, machen Spaß und ergeben zusammen ein rundes Bild der Protagonisten und ihrer nicht einfachen Lebenssituation.
Tim und Thea sind durch Gentrifizierung aus ihrer vorigen Wohnung verdrängt worden und leben nun in einem vernachlässigten Haus in Berlin-Neukölln mit Nachbarn unterschiedlicher Herkunft und Generationen. Thea geht arbeiten und Tim kümmert sich um den Haushalt und seine Graphic Novel. Er freundet sich mit Maxim an, der aus der Ostukraine geflüchtet ist und hilft ihm beim Deutschlernen, und er richtet der alten Nachbarin Dagmar das Internet ein.

Das Leben in der Großstadt wird von Wlada Kolosowa sehr aufmerksam beobachtet und dargestellt, sie schreibt bildhaft und eindrücklich, mit feinem Humor, überrascht mit unerwarteten Details, die sensibilisieren und nachdenklich machen. Die Charaktere sind authentisch und berühren, Thea reibt sich in einem Start-up auf, Dagmar ist einsam, kann von ihrer Rente allein nicht leben und hat Vorurteile Ausländern gegenüber und Maxim ist orientierungslos und nicht nur von den Behörden allein gelassen. Wie im Klappentext treffend beschrieben, werden viele Probleme nicht nur des Großstadtlebens, sondern unserer Gegenwart angesprochen und das auf unterhaltsame, lebendige, auch augenzwinkernde Art und Weise, die das Buch zu einem ganz besonderen Lesevergnügen macht.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 23.08.2022
Wer mit den Toten spricht / Raven & Flyte ermitteln Bd.2
Turner, A. K.

Wer mit den Toten spricht / Raven & Flyte ermitteln Bd.2


ausgezeichnet

Blick in die Vergangenheit

Das ungewöhnliche, auch haptisch ansprechende Cover ist ähnlich dem ersten Band gestaltet und gefällt mir wieder gut mit seinen organischen Formen und dem roten Tropfen.
Zu Beginn ist Sektionsassistentin Cassie, eine junge Frau mit Gothic Look, Piercings und Tattoos, bei der Arbeit und sofort beeindruckt mich wieder ihre besondere Beziehung zu Toten, die Behutsamkeit und Sorgfalt mit den Leichen und Empathie mit den Angehörigen, genau so habe ich sie schon im ersten Band „Tote schweigen nie“ kennengelernt. Doch diesmal muss sich Cassie auch mit ihrer eigenen, unbewältigten Trauer auseinandersetzen, seit sie von ihrer Großmutter erfahren hat, dass ihre Eltern nicht bei einem Verkehrsunfall gestorben sind, sondern ihr Vater ihre Mutter getötet und 17 Jahre im Gefängnis gesessen hat. Cassie versucht, Antworten auf ihre Fragen zu finden, wobei ihr wieder die spröde Polizistin DS Phyllida Flyte zur Seite steht.
Auch Leser:innen, die erst mit diesen Buch in die Reihe einsteigen, werden sich zurecht finden, da immer wieder mal Informationen aus dem ersten Band eingestreut werden.

A. K. Turners Schreibstil ist flüssig, angenehm zu lesen, sie schreibt bildhaft und lebendig und ist ihren Protagonisten sehr zugewandt, sie haben Tiefe und berühren. Die Charaktere sind auch psychologisch glaubwürdig gezeichnet und bis hin zu den Nebenfiguren authentisch dargestellt. Die Arbeit in der Leichenhalle und die medizinischen Hintergründe sind gut recherchiert, genau und sachlich beschrieben.

Der Krimi entwickelt sich zu einer spannenden und fesselnden Geschichte mit komplexem Hintergrund, mit Wendungen und Überraschungen. Gefallen hat mir auch das Lokalkolorit der atmosphärische Beschreibung Camdens im nördlichen London.
Erzählt wird wechselnd aus Cassies Perspektive - locker, intelligent, analytisch, intuitiv und achtsam und auch aus DS Flytes Sicht – hier machen nicht nur die polizeilichen Ermittlungen Fortschritte, auch die Figur der Phyllida Flyte wird greifbarer und das Verhältnis der beiden Frauen zueinander wird vertrauensvoller, so dass Phyllida Cassie auch ihr eigenes unverarbeitetes Trauma offenbart.

Mich hat „Wer mit den Toten spricht“ bestens unterhalten und ich kann das Buch uneingeschränkt jedem Krimi-Leser mit einem Interesse für unkonventionelle Figuren und für Rechtsmedizin empfehlen.

Bewertung vom 13.08.2022
Todesspiel. Die Nordseite des Herzens
Redondo, Dolores

Todesspiel. Die Nordseite des Herzens


ausgezeichnet

Eine außergewöhnliche Ermittlerin mit Talent und Intuition

Ein Serienmörder tötet ganze Familien, indem er sich das nach Naturkatastrophen herrschende Chaos zunutze macht. Nur durch einen Zufall wird sein Morden entdeckt. Die spanische Polizistin Amaia Salazar, in den USA aufgewachsen und ausgebildet, besucht gerade ein FBI-Seminar und wird in die Ermittlungen eingebunden.
Das FBI will den Mörder in New Orleans erwarten, dort droht der nächste große Hurrikan.

Es gibt zwei gleichermaßen spannende, eindringlich und bildhaft erzählte Handlungs- und Zeitebenen. Neben den Ermittlungen zum Serienmörder wird auch Amaias furchtbare Kindheit beschrieben, die sie geprägt hat.

Amaia erkennt Verborgenes in Menschen und auch bei Vorgängen, sie ist eine äußerst talentierte Ermittlerin mit Intuition und großer Kombinationsfähigkeit. Sie ist selbstbewusst und kann arrogant erscheinen, dadurch eckt sie leicht an. Als Figur in der Geschichte hat sie mich am meisten fasziniert.
Auch die anderen Protagonisten sind glaubwürdig und selbst Nebenfiguren erscheinen mir als interessante, individuelle Charaktere, die mich berühren.

Die Geschichte ist sehr komplex aufgebaut und auch Voodoo und der Aberglaube der Cajun und des Baskenlandes spielen eine Rolle. Durch die Bedeutung, die allem damit zusammenhängende hier von den Cajun beigemessen wird und durch die Parallelen zur Mythologie ihrer Heimat beginnt Amaia in Louisiana, sich mit ihrem kindheitsbedingten Trauma auseinanderzusetzen.

Todesspiel ist ein Prequel der bereits veröffentlichten Bücher um Amaia Salazar und spielt 2005, zum großen Teil in New Orleans, als die Stadt vom Hurrikan Katrina getroffen wird. Atmosphärisch dicht und zweifellos realitätsnah wird die Naturkatastrophe mitsamt ihren Auswirkungen von Dolores Redondo beschrieben, auch die Stadt und das benachbarte Sumpfgebiet werden durch den anschaulichen und fesselnden Schreibstil für den Leser lebendig.

Das Cover zeigt wohl einen der Bäume im Bajou und ist düster und geheimnisvoll und der Gitter-Effekt, den die langgezogenen Buchstaben des Titels erzeugen, passt dazu, es gefällt mir.

Abgesehen von der spannenden Geschichte bin ich davon beeindruckt, wie Dolores Redondo ihre Recherchen zum Hurrikan Katrina und zum Stand der Verhaltensforschung des FBI in ihrem Buch verarbeitet hat.

Ich empfehle „Todesspiel – Die Nordseite des Herzens“ jedem Leser von Thrillern, der für ungewöhnliche, auch okkulte Aspekte offen ist. Mich hat das Buch sehr gut unterhalten und ich vergebe 4,5 Sterne.