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Benutzername: 
carowbr
Wohnort: 
Rheinland-Pfalz

Bewertungen

Insgesamt 151 Bewertungen
Bewertung vom 03.06.2022
Leo und Dora
Krup, Agnes

Leo und Dora


sehr gut

Der ehemalige Autor Leo reist nach dem zweiten Weltkrieg nach Amerika, um dort nach Einladung seiner Agentin den Sommer zu verbringen und sein vor Jahren begonnenes Buch zu beenden. Dort angekommen, ist nichts wie erwartet und er muss im Hotel Roxy unterkommen, welches von Dora geführt wird. Mit der Zeit lernt er sie und die anderen Einwohner kennen und beginnt, sich mit den offenen Fragen seines Lebens auseinander zu setzen.

Unaufgeregt erzählt die Autorin von den Gedankengängen des Protagonisten, eingebettet in eine atmosphärische Beschreibung des Sommers und der Landschaft. Trotz der historisch bedingten politisch aufregenden Zeiten, deren Vakuum treffend beschrieben wird, ist die tatsächliche Handlung ein Gegenpol der Ruhe. Auch die Liebesgeschichte entwickelt sich eher gemächlich, sodass nicht sonderlich viel passiert. Die Stimmung des Sommers und Leo's Überdenken seines Status quo's wurde jedoch auf eine stimmige Weise vermittelt, sodass man beim Lesen ganz eintauchen konnte in einen Sonntag am See, mit Limonade und Mohnkuchen.
Einzig verwirrend empfand ich die Geschichte der spukenden Exfrau, welche für die Geschichte oder Entwicklung der Charaktere nichts tat.

Bewertung vom 25.05.2022
Die Enkelin
Schlink, Bernhard

Die Enkelin


sehr gut

Als Kaspars Frau Birgit stirbt, entdeckt er Teile ihrer Vergangenheit, von denen sie ihm nie erzählt hat. So begibt er sich auf die Suche nach ihrer Tochter und taucht ein in Birgits Jugend in der DDR, ihr Kennenlernen, die Schwierigkeiten, die sie hatte und vor ihm geheimhielt und lernt schließlich auch seine Enkelin kennen, die in einer völkischen Gemeinschaft lebt und so ganz anders ist als er.

Einfühlsam und voller Zerrissenheit schildert Bernhard Schlink diese Geschichte, die sich mit der deutsch-deutschen Geschichte und rechtem Gedankengut auseinandersetzt. Dabei wird nicht in schwarz und weiß unterteilt, sondern in Grautönen zum Nachdenken angeregt. Denn wie soll man jemanden erreichen, der eigentlich außer Reichweite ist?
Auch Kaspars Trauer findet ihren Platz, wie wenig er im Nachhinein über seine Frau wusste, hat beim lesen etwas verwundert, jedoch für den Erzählfluss nicht weiter gestört.

Insgesamt hat mich das Buch vor allem zum nachdenken angeregt, der Stil ist angenehm zu lesen, manchmal durch philosophische Gedankengänge ergänzt. Ein angenehmes Mittelmaß zwischen leichter Unterhaltung und schwerer Kost.

Bewertung vom 18.05.2022
Eine Frage der Chemie
Garmus, Bonnie

Eine Frage der Chemie


ausgezeichnet

Die Chemikerin Elizabeth Zott muss sich Anfang der 60er Jahre gegen konservative Wert- und Moralvorstellungen behaupten, um ihren Weg in der Wissenschaft gehen zu können. In Calvin Evans findet sie ihren Seelenverwandten. 10 Jahre später ist sie eine bekannte Fernsehköchin und versucht durch ihre abendliche Sendung, ihren Zuschauerinnen Selbstvertrauen und Mut mitzugeben, aus ihren gesellschaftlichen Rollen auszubrechen und ihren eigenen Weg zu gehen.

Unterhaltsam, berührend und scharfsinnig schildert die Autorin das Leben ihrer inspirierenden Protagonistin, mal spürt man die tiefe Liebe von Calvin und Elizabeth, mal erklärt sie ganz rational das alltägliche Leben, mal leidet man unter den Ungerechtigkeiten, die ihr widerfahren. Zwar wird Elizabeth‘s Geschichte erzählt, aber in der Interaktion mit ihren Mitmenschen wird auch deren Perspektive eingebunden, was ihrem Charakter weitere Dimensionen hinzufügt. Außerdem lernt man, wie die Chemie unser tägliches Leben zusammenhält und beschreibt und dass ohne sie nichts funktioniert. Inhaltlich spricht die Autorin mit der Rolle der Frau in der Gesellschaft und in der Wissenschaft auch heute noch ein wichtiges Thema an, wo sich noch viel tun muss.

Immer wieder musste ich über die Situationskomik lachen, war gerührt wegen der Schicksale und durchgängig fasziniert von diesem wundervollen Leseerlebnis. Ich kann das Buch nur jedem ans Herz legen, der Stil ist eingängig zu lesen und Elizabeth eine bewundernswerte und inspirierende Protagonistin.

0 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 12.05.2022
30 Women
Mallon, Lina

30 Women


sehr gut

Die Autorin Lina Mallon schreibt in diesem Buch über 30 Frauen, die sie in ihrem Leben begleitet, unterstützt, inspiriert, angespornt und auch verletzt haben. Dabei geht es vor allem auch darum, wie sie sich selbst entwickelt hat und erwachsen geworden ist.
Besonders gut haben mir die Kapitel gefallen, die etwas länger waren und eine Geschichte enthielten, andere Kapitel hingegen waren etwas kurz und von den Frauen wurden nur einzelne Gesprächsausschnitte wiedergegeben. Zwischendrin werden auch vereinzelt Personen des öffentlichen Lebens vorgestellt, dies habe ich eher überflogen, da mich die persönlichen Einblicke mehr interessiert haben.
Eine schöne Idee ist der Platz, der für eigene Gedanken da ist und wo die Leserin selbst ihre Inspiration und Vorbilder eintragen kann.

Bewertung vom 12.05.2022
Mord in Montagnola / Moira Rusconi ermittelt Bd.1
Vassena, Mascha

Mord in Montagnola / Moira Rusconi ermittelt Bd.1


sehr gut

Moira, die als freie Übersetzerin arbeitet, verschlägt es in ihre Heimat im Tessin, wo sie sich um ihren Vater kümmern möchte, der gerade einen Schlaganfall hinter sich hat. Bald bittet die örtliche Polizei um ihre Mithilfe in einem Mordfall und Moira muss hinter die beschauliche Fassade des schönen Dorfes blicken, um den Fall zu lösen.

Eingebettet in eine malerische Landschaft, begleitet man eine sympathische Ermittlerin, die durch Kombinationsgabe, Glück und einer großen Prise „zur richtigen Zeit am richtigen Ort“ auf den Spuren eines kaltblütigen Mörders wandelt. Ein klassischer Krimi ist dieses Buch eher nicht, da allein Moiras Erleben geschildert wird und dieses besteht neben der Teilzeit-Polizeiarbeit hauptsächlich aus ihrem Alltag in ihrer ehemaligen Heimatstadt. Dies hat zur Folge, dass man selbst mitraten kann, was den Fall anbelangt und sich außerdem noch den Landschaftsbeschreibungen und dem gefüllten Privatleben der Protagonistin widmen kann. Eben jenes ist zum Ende hin noch nicht auserzählt und so kann man sich bestimmt auf ein weiteres Buch der Autorin freuen.

Alles in allem hat mir das Buch gut gefallen - empfehlen würde ich es als Sommerlektüre im Urlaub für Fans des Cosy Crime Genres und Tessin-Liebhaber.

Bewertung vom 06.05.2022
Gala und Dalí - Die Unzertrennlichen / Berühmte Paare - große Geschichten Bd.1
Frank, Sylvia

Gala und Dalí - Die Unzertrennlichen / Berühmte Paare - große Geschichten Bd.1


weniger gut

‚Gala & Dali - Die Unzertrennlich‘ erzählt die Liebesgeschichte des Paares in den Jahren 1929 bis 1931.

Der Stil des Autorenduos liest sich flüssig und angenehm, besonders die ersten Kapitel in Cadaqués sind detailliert und nachvollziehbar aufgebaut, sodass man schnell in die Geschichte reinfindet. Im Verlauf des Buches hat das Lesevergnügen aber nachgelassen. Das lag zum einen daran, dass interessante Handlungsstränge teilweise gar nicht geschildert wurden und eine Lücke in der Geschichte klaffte und zum anderen auch an der beschriebenen Liebesbeziehung selbst. Dialoge oder Handlungen von Gala oder Dalí wirken unrealistisch konstruiert und dabei rücksichtslos den Empfindungen des Anderen gegenüber. An anderer Stelle sind die Dialoge so klischeehaft wie aus einem Groschenroman.
Besonders in Dalís beruflichem Kontext werden manchmal Namen und Begebenheiten in den Raum geworfen, die vorher nie vorgestellt wurden und die für die Geschichte irrelevant sind. Vielleicht kenne ich mich hierzu in der Kunstszene der frühen 30er Jahre zu wenig aus, was man jedoch bei einem Roman dieser Art nicht voraussetzen kann. Überhaupt das Thema Kunst: dieses kam meiner Meinung nach viel zu kurz, wenn auch ab und zu einzelne Überlegungen Dalís geschildert wurden.
Es wirkte insgesamt nicht stimmig und eher wie zusammengewürfelte Informationen, die irgendwie verbunden wurden.

Alles in allem hat sich mir das Konzept des Buch nicht ganz erschlossen - wenn sich die Recherche als derart schwierig gestaltet hat, warum nimmt man sich nicht die Freiheit, die Geschichte um die bekannten Eckdaten herumzuspinnen um ein flüssiges Leseerlebnis zu gestalten? Wenn aber eine möglichst wahrheitsgetreue Darstellung angestrebt wurde, warum das Buch dann überhaupt als Liebesroman verfassen?

Positiv hervorzuheben ist das Buchcover, das sieht wirklich stimmig und passend gestaltet aus.

Bewertung vom 04.05.2022
Verheizte Herzen
Crossan, Sarah

Verheizte Herzen


sehr gut

Ana‘s Affäre ist unerwartet verstorben. Als Testamentsvollstreckerin muss sie sich um sein Erbe kümmern und taucht so in sein Leben ein, dass er immer von ihr fernhalten wollte. Durch ihre Trauer überwältigt, muss sie einerseits ihr bisheriges Leben weiterführen und gleichzeitig in einer Welt ohne ihren Geliebten zurechtkommen.

Die Versform ist für einen Roman ein ungewöhnliches Stilmittel und doch werden Gefühle und Situationen auf eine Weise transportiert, in der man wie gefangen ist in der Rhythmik. Aus Ana‘s Sicht geschrieben, vermischen sich Erinnerungen mit gegenwärtigem Geschehen und man taucht ganz in ihre Gefühlswelt ein.

Inhaltlich hat mir der Roman gut gefallen, da die Trauer von Ana in ihren verschiedenen Facetten gezeigt wird und ihre Zerrissenheit realistisch dargestellt wird. Zu Beginn war ich etwas skeptisch, ob die Versform die ganze Bandbreite einer Geschichte abdecken kann, aber das Buch hat es geschafft, mich in seinen Bann zu ziehen. Das Buch ist insgesamt nur in 5 Kapitel unterteilt, was aber aufgrund der nicht komplett bedruckten Seiten nicht weiter gestört hat. Besonders hervorzuheben ist noch das hochwertig gestaltete Cover.
Empfehlenswert ist das Buch meiner Meinung nach für Leser:innen, die alltägliche Themen gerne auch in lyrischer Form verpackt genießen möchten.

Bewertung vom 30.04.2022
Ein französischer Sommer
Reece, Francesca

Ein französischer Sommer


sehr gut

Die 24 jährige Leah sucht nach ihrem Studium ihren Weg in Paris und in ihrem Leben und stößt schließlich auf die Stellenanzeige des Schriftstellers Michael, der eine Assistenz benötigt. Dies erkennt sie als Möglichkeit voran zu kommen und etwas zu erleben und so begleitet sie ihn nach Südfrankreich in ein Ferienhaus mit Freunden und Familie, wo sie seine alten Tagebücher transkribieren soll.

Das Buch vermittelt zum einen das Savoir-vivre des französischen Lebensgefühls und zum anderen die Sinnsuche einer jungen Erwachsenen, die sich selbst und ihren Platz noch nicht gefunden hat. Eingebettet in eine traumhafte südfranzösische Landschaft, folgt man abwechselnd den Gedanken von Leah und Michael und es vermischen sich Vergangenheit und Gegenwart.

Besonders mit der Gedankenwelt von Leah konnte ich mich gut identifizieren und reinfühlen, die Autorin beschreibt die Zerrissenheit zwischen jugendlicher Unsicherheit und selbstsicherem Erwachsensein sehr treffend. Michael wurde mir immer unsympathischer, da sein Verhalten und seine Gedanken als selbstgefällig und egoistisch dargestellt werden. Bis zum Ende ahnte man, dass mehr hinter der Geschichte steckt - die Auflösung fand ich spannend und anders als erwartet, wenn ich auch das Gefühl hatte, nicht alles verstanden zu haben. Dennoch ein tolles Sommerbuch, am besten für den nächsten Frankreichurlaub!

Die französischen Sätze im Buch sind ohne Übersetzung, für die Geschichte sind diese nicht besonders wichtig, aber für Leser:innen, die der Sprache nicht mächtig sind, wäre dies bestimmt angenehm gewesen.

Bewertung vom 26.04.2022
Unerhörte Stimmen
Shafak, Elif

Unerhörte Stimmen


ausgezeichnet

Leila ist gestorben. In den Minuten nach ihrem Tod zieht ihr Leben an ihr vorbei, wecken Gerüche Erinnerungen an die Schlüsselmomente ihres Lebens und sie denkt an ihre fünf besten Freunde und wie sie ihr Leben bereichert haben.

Eingebettet in eine vielseitige Darstellung von Istanbul, mal schmutzig, mal düster, mal voller Leben und Möglichkeiten, erzählt Elif Shafak eine bewegende und mitreißende Geschichte. Obwohl sie von Leilas Tod handelt, geht es vor allem um ihr Leben, ihre Freundschaften, die Gefühle und Erinnerungen, die sie miteinander verbinden. Die Erzählweise ist bildhaft, fast malerisch entwickelt sich beim lesen die Szenerie vor dem inneren Auge.

Ein wirklich beeindruckendes Buch, was ich sehr gerne gelesen habe.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 24.04.2022
Das rote Adressbuch
Lundberg, Sofia

Das rote Adressbuch


gut

Die 96-jährige Doris hat ihr rotes Adressbuch ihr Leben lang gepflegt, inzwischen sind alle darin enthaltenen Personen verstorben. Doch die Geschichten leben in ihr weiter und sie möchte diese ihrer einzigen Verwandten Jenny erzählen und weitergeben.

Die Kapitel sind unterteilt nach den Namen des Adressbuchs und der damit verbundenen Geschichte und der Gegenwart, in der Doris alleine in Stockholm lebt und schließlich nach einem Sturz ins Krankenhaus muss.

Der Klappentext hat mich zunächst sehr angesprochen aber ich konnte zu keiner der Personen des Adressbuchs eine tiefere Verbindung herstellen. Diese wurden meist nur kurz geschildert und richtig eng waren die Beziehungen von Doris zu den meisten Personen auch nicht, es waren meist nur Menschen die ihr auf den Reisen geholfen haben aber deren Geschichte nicht eigens dargestellt wurde. Die Handlung konzentrierte sich auf ungefähr 30 Jahre ihres Lebens, von ihrem ca. 40. bis 96. Lebensjahr bekommt man nur Einzelheiten mit.
Obwohl die Darstellung der Frauencharaktere wohl Stärke und Unabhängigkeit wiedergeben soll, sind sie eher festgefahren in traditionellen Rollenbildern, sowohl Doris als auch Jenny.
Der Handlungsstrang im Krankenhaus war etwas langatmig und auch die dauernden Quengeleien des Kindes für meinen Geschmack zu belanglos für die Geschichte.

Alles in allem hat mir die Ausgangssituation gefallen, die Ausarbeitung hätte aber gerne ausführlicher sein können, um das gesamte Leben realistischer und im Ganzen darzustellen. Der Schreibstil war angenehm zu lesen und man fand gut in die Geschichte rein.