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buchverrückt

Bewertungen

Insgesamt 85 Bewertungen
Bewertung vom 25.04.2018
Riskante Manöver / Mats Holm Bd.1
Bingül, Birand

Riskante Manöver / Mats Holm Bd.1


ausgezeichnet

Der Krimi „Riskante Manöver“ von Birand Bingül handelt von PR-Profi Mats Holm, der einen spektakulären Skandal eines Pharmakonzerns lösen muss. Das Buchcover spricht mich an, eine gelungene Gestaltung, besonders die Hervorhebung des Titels sieht sehr edel aus.
Vor der Lektüre war ich sehr gespannt, da mir der Autor unbekannt ist und es sich um seinen ersten Kriminalroman handelt. Die Kapitel des Buches sind nach Tagen aufgeteilt und innerhalb des Kapitels nach Uhrzeit, eine super Idee und dazu sehr übersichtlich, auch bei einem Perspektivenwechsel. Das Buch beginnt ohne Umschweife direkt mit dem erkrankten Kind, man bekommt sofort eine Vorstellung davon, welche Katastrophe auf den Pharmakonzern zukommen wird. Mats Holm und Werner sind dem Leser direkt sympathisch, mit beiden möchte man gerne mal ein Bier trinken gehen.
Das Buch benutzt viele Fachbegriffe des Wirtschaftssektors, erklärt diese allerdings, ohne belehrend zu wirken. Man bekommt schon nach wenigen Seiten ein Gefühl dafür, wie strukturiert und durchdacht das gesamte Buch ist, ich bin absolut begeistert. Der Protagonist Mats Holm ist ein bodenständiger Profi, der Wichtigtuerei nicht nötig hat und die Arroganz seiner Kunden eher belächelt. Absolute Ehrlichkeit ist Grundvoraussetzung für eine Zusammenarbeit mit ihm und das ausgerechnet in den oberen Etagen des Topmanagements. Birand Bingül schafft es in seinem herausragenden Krimi auch aktuelle Themen, wie beispielsweise Vorurteile gegen Frauen in Führungspositionen, aufzunehmen und darzustellen und bindet diese Problematiken mühelos in den Lesefluss des Buches ein. Das Thema Medikamente und der Bereich der Pharmaindustrie ist ein sehr sensibler Bereich. Das Buch ist sehr gut recherchiert und der Leser erhält zahlreiche neue Einblicke in den Pharmabereich, was zusätzliche Spannung schafft.
Birand Bingül hat mich bereits nach wenigen Seiten mit seinem Buch gepackt, es enthält eine Spannung, wie ich sie bisher nicht kannte. Das Buch hat einfach alles, von Holms schwerer Vergangenheit bis zu leichter Gefühlsentwicklung zwischen Holm und May und einer packenden Entführung. All diese Aspekte sind wunderbar im Buch verpackt, nichts davon wirkt deplatziert oder fernab der eigentlichen Handlung. Normalerweise schrecken mich viele verschiedene Aspekte und Situation in einem einzigen Buch ab, hier ist die Verknüpfung grandios gelungen.
Der Krimi wechselt zwischen dem Todeskampf der kleinen Sophie, einer Entführung und den Ermittlungen Holms. Informationen werden beiläufig in den Lesefluss eingestreut, sodass das Buch sehr angenehm zu lesen ist und konstant ein hoher Level an Spannung und Abwechslung vorhanden ist. Der Perspektivenwechsel im Buch ist klasse, auf einmal ist der Leser mittendrin, wenn ein Mitglied des Wenner-Konzerns mordet, man weiß nur nicht wer es ist. Die Überleitungen und Ortswechsel sind gut aufeinander abgestimmt, man verliert nie den Überblick.
Mit dem Buch taucht man tief in die Pharmawelt ein, voller Betrug und Intrigen. Mit so viel Spannung habe ich nicht gerechnet. Das spektakuläre Ende trumpft mit einer großen Überraschung auf und ist durch und durch gelungen. Es lässt noch Spielraum für hoffentlich noch ganz viele Fälle von Mats Holm und Laura May. Jeder Krimifan wird dieses spannungsgeladene Buch verschlingen.

Bewertung vom 03.04.2018
Kleine Feuer überall
Ng, Celeste

Kleine Feuer überall


sehr gut

Der Roman Kleine Feuer überall von Celeste Ng handelt von dem Vorort Shaker Heights und seinen Bewohnern. Die noble Gegend scheint perfekt, aber im Laufe des Buches kann der Leser das Bröckeln der Fassade miterleben.
Das Buch beginnt direkt mit der Brandstiftung und dem Abbrennen des Hauses der Richardsons. Endlich ist etwas los in Shaker Height. Mich begeisterte gleich zu Beginn der nüchterne Schreibstil, besonders die ironische, tolle Beschreibung des noblen Vorortes mit all seinen zahlreichen Regeln. Ein gut gewählter Ausgangspunkt für eine Geschichte. Es entsteht eine tolle Balance zwischen heile Idealwelt und Wirklichkeit, die sich durchs gesamte Buch zieht. Die Charaktere im Buch sind zahlreich und vielschichtig. Pearl freundet sich mit allen Kindern der Familie Richardson an, die Kinder sind begeistert von Pearls einfacher Lebensweise und Pearl wäre gerne Teil der wohlhabenden Familienidylle. Durch die detaillierten Beschreibungen hat man das Gefühl, man sitzt mit den Richardsons gemeinsam im Wohnzimmer. Izzy, das schwarze Schaf der Familie, sticht aus der Familie heraus. Nichts an ihr passt zu den anderen und das macht sie für den Leser sehr sympathisch.
Der Spannungsbogen der Geschichte ist etwas lang, zwischendurch hat man den Brand schon wieder vergessen. Die Geschichte May-Lings schafft eine überraschende Wende. Sie wurde am Anfang nur kurz angesprochen, aber dahinter steckt eine tiefgründige, bewegende Geschichte. Der Leser fragt sich immer wieder, welche Geheimnisse die Menschen verbergen, jeder Einzelne von ihnen. Die Geschichte May-Lings spaltet die idyllische Wohngegend in zwei Lager, die Fassade bröckelt nach und nach. Die unterschiedlichen Einstellungen der Personen zum Thema Moral und „das Richtige tun“ machen das Buchs o interessant und eröffnen neue, vielschichtige Perspektiven. Teile der Handlung sind vorhersehbar, aber dennoch spannend erzählt. Jeder Charakter hat seine eigene Geschichte, ohne dass sie mit der Gesamthandlung kollidiert oder es unübersichtlich wird. Das Buch ist sehr gut durchdacht.
Anfang dachte man, es geht um Izzy, aber der Brand war nur der Ausgangspunkt für viele weitere Geschichten. Mias Vergangenheit ist spannend, die Geschichte entfernt sich meiner Meinung nach zu sehr von Shaker Heights, zwischenzeitlich hat man das Gefühl ein ganz anderes, neues Buch zu lesen. Die verschiedenen Geschichten sind sehr gut aufgebaut und erzählt, für mich stören sie aber etwas den gesamten Lesefluss des Buches. Die Erzählungen sind so gut, dass man ganz in sie versunken ist und die Urprungshandlung vergisst. Das Buch endet mit einem großen Showdown zwischen Mia und Mrs. Richardson.
Leseempfehlung, klar strukturiert, sehr gut aufgebaut, nimmt den Leser mit in eine vermeintlich idyllische Vorstadt.

Bewertung vom 12.03.2018
Die Königin von Lankwitz
Urlacher, Max

Die Königin von Lankwitz


gut

Im Roman Die Königin von Lankwitz von Max Urlacher geht es um zwei ältere Damen, die sich nach ihrem Gefängnisaufenthalt selbständig machen, um verzweifelten Frauen Genugtuung zu verschaffen.
Das Cover ist witzig und spricht mich an. Beim Aufschlagen des Buches fällt als Erstes die große Schrift auf. Das Buch startet unvermittelt, mit kurzen Sätzen, die es in sich haben. Dieser Schreibstil zieht sich durch das gesamte Buch und sorgt für einen angenehmen Lesefluss und schafft Orientierung. Anfangs ist man schockiert von der Direktheit, nach einigen Seiten beginnt man dann herzlich zu lachen. Das Buch ist eine liebevolle, selbstironische Hommage an den Berliner Stadtteil Lankwitz, den ich vorher auch nicht konnte. Bea und Irene sind aber zweifelslos seine Königinnen.
Beim Lesen hört man förmlich die Berliner Schnauze der beiden Frauen und hat sofort ein Bild der beiden älteren Damen vor Auge. Irene und Bea können unterschiedlicher nicht sein, ergänzen sich allerdings gut. Schon nach wenigen Kapiteln ist man ein Fan der beiden Berliner Kodderschnauzen.
Ihr 10-Punkte-Plan für ihr großes Rache-Business ist herrlich absurd. Das Buch ist gespickt von Witz und Esprit, auch zwischen den Zeilen. Die Beschreibung des Tagesgeschäftes der beiden ist zum Schreien komisch, besonders die Kundenakquise, die beide betreiben. „Warum jemanden gleich ganz plattmachen, wenn man sich noch ein Zeitlang an den röchelnden Resten berauschen kann“, solche Sätze machen das Buch einzigartig.
Nach einiger Zeit bekommen die Damen dann noch Konkurrenz und das Buch nimmt eine unerwartete Wendung.
Ich habe ein paar Mal herzlich gelacht, wirklich gefesselt hat mich die Handlung allerdings nicht. Das Buch ist eine nette leichte Kost für zwischendurch. Mit seinen 200 Seiten eine tolle Lektüre für einen Sonntagvormittag auf der Couch.

Bewertung vom 15.01.2018
Wolfswut / Kira Hallstein Bd.1
Gößling, Andreas

Wolfswut / Kira Hallstein Bd.1


ausgezeichnet

Der Thriller Wolfswut von Andreas Gößling handelt von einem gruseligen Leichenfund in einer Lagerhalle und dem völlig aus dem Ruder geratenen Mörder und dessen Verfolgung.

Absolut positiv ist der Beginn des Buches mit einem Johnny Cash Zitat. Das Buch ist gespickt von Songtexten, was mir sehr gut gefällt und an gegebener Stelle auch sehr passend ist. Das Cover sieht super an und fühlt sich vor allem super an.

Die Gedanken der unterschiedlichen Figuren sind kursiv abgedruckt, dadurch findet man sofort einen Zugang zu den Personen und stellt direkt eine Verbindung her, wenn auch auf den ersten Seiten das Zusammenspiel noch nicht ganz klar wird. Der Beginn des Buches ist mitfühlend, Lotte ist mit der Trauer um ihren Vater beschäftigt und findet zu allem Überfluss in seiner alten Lagerhalle die Leichen verschiedener Frauen eingelegt in Fässern.
Die Orte über den einzelnen Abschnitten sorgen zusätzlich für eine gute Orientierung. Die Nebengeschichte des Verschwindens von Hallsteins Bruder ist genauso spannend, wie die Haupthandlung selbst. Der Schreibstil ist kurz und prägnant, dies steigert zusätzlich noch die Spannung. Bei manchen Schilderungen gefriert dem Leser das Blut in den Adern. Bei den Obduktionsberichten bekommt man eine Gänsehaut.

Während des ganzen Buches fiebert man mit, stellt eigene Vermutungen an. Genau das, was ein guter Thriller leisten muss.

Die beiden Ermittler Hallstein und Max ergänzen sich sehr gut, es macht Spaß ihren Gesprächen und Vermutungen zu folgen.
Zwischendurch helfen Grafiken der Fässer für eine bessere Vorstellung, der Leser wird voll integriert. Die Aufmerksamkeit des Lesers wird immer auf verschiedene Personen gelenkt, sodass man viele verschiedene Täter in Verdacht hat.

Ich war fasziniert von der Handlung, das Buch ist so spannend, wie ich es selten erlebt habe. Eine sehr gute Idee ist die Beschreibung der Besprechungen. Die einzelnen Ausschnitte aus dem Trophäenbuch des Täters sind nicht für schwache Nerven. Man ist mittendrin in den detaillierten Schilderungen, ohne dass man den Faden verliert oder stellenweise gelangweilt ist. Nach Teil eins will man sofort den zweiten Teil weiterlesen, weil man es vor Spannung kaum aushält.

Immer wieder ergeben sich neue Gedankenstränge und die alten Vermutungen, die man sich selbst beim Lesen gemacht hat, scheinen wieder unplausibel. Es bleibt durchgehend spannend. Die Charaktere sind alle sehr gut durchdacht, keine Person ist überflüssig, alle tragen ihren wichtigen Teil zur Handlung bei. Die Charaktere sind unterschiedlich und vielseitig. Es erscheinen systematisch neue Personen, die die Handlung allerdings nicht verkomplizieren, sondern die Spannung noch mal erhöhen.

Ich war absolut gefesselt von diesem Thriller und hätte mir mehr als 500 Seiten gewünscht. Wahnsinnsbuch!

Bewertung vom 08.12.2017
TICK TACK - Wie lange kannst Du lügen?
Miranda, Megan

TICK TACK - Wie lange kannst Du lügen?


gut

Der Thriller „Tick Tack wie lange kannst du lügen“ der Autorin Megan Miranda handelt von Nic, die in ihren Heimatort zurückkehrt, in dem vor langer Zeit eine Freundin verschwunden ist. Nic und ihre Clique waren in diesen Vorfall involviert und nun ist ein weiteres Mädchen verschwunden und Nic begibt sich auf die Suche nach ihr.
Schon durch das erste Kapitel kommt man gut in die Geschichte. Es werden die schwierigen Beziehungen zwischen Nic und ihrem Bruder Daniel und Nic und ihrem Exfreund Tyler erläutert. Die Kapitel sind etwas umfangreicher, allerdings nicht zu lang. Die Kapitel sind in einzelne Tage unterteilt, beginnend mit Tag 1. Anschließend folgt ein Wechsel zu Tag 15, da die Geschichte rückwärts erzählt wird. Eine tolle neue Idee, kenne ich bis jetzt aus keinem anderen Buch, eine ganz neue Leseerfahrung.
Dank des ersten Kapitels hat man zu Beginn die wichtigsten Charaktere kennen gelernt, die Spannung wird durch einen mysteriösen Brief erzeugt und man stellt schnell fest, dass sich die Geschichte um Corinnes Verschwinden zu wiederholen scheint. Welches Geheimnis verbergen Daniel und Nic? Warum ist die Beziehung der beiden Geschwister so gestört? Die Anspannung zwischen den beiden ist spürbar.
Ab der Mitte des Buches fiel mir das Lesen immer schwerer. Man muss sich konzentrieren, um nicht den Faden zu verlieren, am Besten legt man das Buch nicht weg und liest an einem Stück. Trotz des guten Einstiegs fand ich keine Verbindung zu den Figuren, meine Aufmerksamkeit wurde immer schwächer und das Buch hat mich nicht so gefesselt, wie anfangs erhofft. Die Handlung wird immer zäher, man wartet darauf, dass noch etwas Großes passiert.
Eventuell liegt es an der Art zu Erzählen oder daran, dass ich das Buch nicht an einem Stück gelesen haben, aber mich hat es leider nicht überzeugt. Trotzdem ist die Idee sehr gut und das Buch bekommt zurecht positive Kritik, mein Fall war es einfach nur nicht.

Bewertung vom 16.11.2017
Leere Herzen
Zeh, Juli

Leere Herzen


ausgezeichnet

Der Roman „Leere Herzen“ von Juli Zeh handelt von Britta und Babak und ihrer gemeinsamen Firma „Die Brücke“. Niemand weiß so genau, was die Brücke macht und Juli Zeh führt uns in die geheimnisvolle Welt dieses lukrativen Geschäftsmodells, das man so noch nie gehört hat.
Das Buch beschreibt eine nahe Zukunft, wie sie sein könnte mit bedingungslosem Grundeinkommen und Initiativen wie „Katalonien First“. Die Autorin spielt geschickt mit den Gedanken, die wir uns alle über die Zukunft machen. Das Konzept der Brücke ist genial, der Leser kann sich gut vorstellen, das solche Geschäftsmodelle in Zukunft zum Standard gehören und man bekommt einen Einblick, was mit unseren Daten in Zukunft alles möglich sein wird. Daten, über die diverse Plattformen schon heutzutage verfügen und die nur noch ausgewertet werden müssen.
Juli Zeh wagt einen wahnsinnig intelligenten und scharfen Blick in die Zukunft mit teils zynischen Zügen.
Man merkt schnell, dass bei der Protagonistin Britta etwas nicht stimmt. Man wird von Brittas Bauchgefühl gefangen genommen und rechnet auf jeder Buchseite damit, dass irgendetwas Unglaubliches passiert. Das baut unfassbare Spannung auf. Immer wenn man denkt, man hat das Konzept durchschaut, passiert etwas Neues z.B. das Auftauchen von Guido Hatz, einen Menschen den man erst unsympathisch findet, dann aber doch fasziniert von ihm ist, ohne genau beschreiben zu können warum.
Bevor die Handlung vor sich hinplätschern könnte, kommt Juiletta ins Spiel und bringt Aufregung in die Beziehung zwischen Britta und Babak. Zwischendurch besticht das Buch immer wieder durch Kapitel des vermeintlich harmonischen Familienlebens der beiden Freundinnen. Aber auch diese Passagen sind überraschend gesellschaftskritisch und man merkt wie stur und eingefahren Britta in ihrer Meinung ist.
Die Brücke tat man am Anfang des Buches noch als Esoterikquatsch ab und dann wird man Seite für Seite von ihr gefangen genommen und das Geschehen entwickelt sich zu einem gefährlichen Spiel. Der Spannungsaufbau im Buch ist absolut gelungen. Mit der Flucht ändert sich Brittas Welt schlagartig. Sie reflektiert ihr Leben, nimmt Dinge wahr, die längst in Vergessenheit gerieten und denkt darüber nach, was wirklich Wert im Leben hat.
Mit der Wendung der Handlung hat so niemand gerechnet, die Situation entwickelt sich sehr extrem und nimmt dadurch noch mal an Spannung zu, inklusive einem überraschenden Verbündeten.
Wie immer ein absolut gelungener Roman einer meiner Lieblingsautoren.

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Bewertung vom 26.10.2017
Das Glück an Regentagen
Stapley, Marissa

Das Glück an Regentagen


gut

Der Roman „Das Glück an Regentagen“ von Marissa Stapley besticht zu allererst durch sein schönes und romantisches Cover. Dadurch wirkt das Buch sehr hochwertig. Sehr gefallen haben mir die Tipps für Regentage, mit denen jedes Kapitel beginnt. Dadurch sieht man den Regen mit ganz anderen Augen, als optimistische Gelegenheit mal etwas anderes zu machen. Die Handlung setzt durch Peters mysteriösen Abschiedsbrief sofort ein. Das Buch handelt von der Liebesgeschichte von Gabe und Mae, beide stehen zu Beginn des Buches an einem Wendepunkt in ihrem Leben. Aber das Buch behandelt nicht nur die Geschichte der beiden, sondern auch die Beziehung zu Maes Großeltern, das schwierige Verhältnis zwischen Gabe und seinem Vater und das Gefühl, das einen mit dem Heimatort verbindet. Am Anfang braucht man etwas Zeit, um in die Geschichte zu kommen, dann liest sich der Roman aber sehr flüssig. Maes Welt bricht zusammen, sie wurde von Peter nur belogen und benutzt und flüchtet zu ihren Großeltern. Aber auch die beiden haben mit tiefen, alten Wunden zu kämpfen. Man spürt durchgehend die Sehnsucht von Mae und Gabe, immer wieder treffen sie die Gedanken an den jeweils anderen mit voller Wucht und unerwartet. Man fiebert mit Mae mit, wünscht ihr alles Gute, weil sie schon so viel ertragen musste.
Schön ist auch die Karte hinten im Buch, dadurch kann man sich den Ort noch besser vorstellen.
Auch die Beziehung zwischen Maes Großeltern kriselt, trotz des hohen Alters der beiden trennt sich George vorübergehend von Lily. Die vielen verschiedenen schwierigen Beziehungen führen allerdings nicht zur Verwirrung beim Lesen. Die einzelnen Beziehungsgeflechte sind klar strukturiert.
Beim Lesen sehnt man sich danach alte Freunde anzurufen, mit denen man aufgewachsen ist und die man aus den Augen verloren hat. Die Rückblicke in die Vergangenheit sind zu Beginn etwas verwirrend, zeigen aber wie stark die Liebe zwischen Gabe und Mae war, obwohl alle dagegen waren und ein Gelingen aussichtslos erschien.
Dem Leser kommen bei diesem Roman automatisch viele Gedanken: Wird Mae den Verrat ihrer Großeltern verzeihen? Wie geht es mit George und Lily weiter? Werden alle Familiengeheimnisse aufgedeckt und gelöst werden können?
Für meinen Geschmack waren die Probleme manchmal etwas ein wenig zu viel, weniger Dramatik hätte das Buch nicht langweiliger gemacht.
Der zweite Teil des Buches beginnt traurig und trifft den Leser unvermittelt. Man liest die ersten Sätze zweimal, weil man die Wendung nicht glauben möchte.
Man bleibt skeptisch beim Lesen, fragt sich wie Menschen zusammen finden können, die immer wieder vor ihren Problemen davon rennen. Jede der Figuren hat so viel Ballast und so viel offene Fragen, das ein Happy End schier unmöglich erscheint. Etwas schade ist die mangelnde Entwicklung der Charaktere, es setzt kein Lerneffekt ein und die Probleme wiederholen sich. Dennoch fragt man sich, wer wirklich Mut beweist und zurückkommt und sich seinen Problemen stellt.
Der Epilog und das erwartet Happy End haben mir sehr gut gefallen. Zusammenfassend ist das Buch ein schöner Liebesroman für regnerische Tage.

Bewertung vom 11.10.2017
QualityLand Bd.1 (graue Ausgabe)
Kling, Marc-Uwe

QualityLand Bd.1 (graue Ausgabe)


ausgezeichnet

Das Buch besticht zuallererst durch sein extrem schickes und schlichtes Cover. Ein schöner Kontrast zum Inhalt. Die Einführung steigert die Spannung des Lesers noch einmal. Das Buch ist, wie bereits von einem Kling erwartet, ein absoluter Lesegenuss. Wortschöpfungen wie „Big Business Consulting“ und „Country Identity“ führen dazu, dass man dieses skurrile Buch nicht mehr aus der Hand nehmen will und teilweise laut auflacht. Der Kontrast zwischen dem „sinnlosen“ Leben von Peter Arbeitsloser und dem ganzen identitätsfüllenden Schnick Schnack. Peter ist ein Außenseiter in seiner Gesellschaft und wirkt dadurch umso sympathischer. Der Bezug zu „alten“ Problemen in Quality Land wie zum Beispiel das Nichtlesen der AGBs sorgt dafür, dass man eine Verbindung zwischen Gegenwart und möglicher Zukunft in Quality Land herstellt.
Kling spielt hervorragend mit Elementen von heute und seiner was-wäre-wenn Visionen. Teilweise erschrickt man selbst und immer wieder stellt man sich selbst die zentrale Frage: Will ich diese Welt überhaupt? Will ich mich so abhängig von Maschinen machen und mein Leben in die Hände anderer geben?
Die schwarzen Seiten mit den unterschiedlichsten Anzeigen lockern das Buch sehr gut auf, stören den Lesefluss allerdings nicht.
Auf den ersten Seiten des Romans stecken schon so viele tolle Ideen wie beispielsweise der Zukunftsunterricht, der den trockenen Geschichtsunterricht ersetzt. Es fällt immer wieder auf, wie durchdacht das Buch ist. Absolut absurd, aber doch sehr nah an einer möglichen Realität, gespickt mit intelligenten Anekdoten, die vor Wortwitz nur sprühen. Kling hat seinem Namen wieder alle Ehre gemacht. Trotz der permanent optimierten Welt haben die Bewohner von Quality Land die gleichen Probleme wie heutzutage, das Streben nach Macht, Levelaufstieg und Prestige. Die perfekten Ausflüge in die Vergangenheit holen den Leser immer wieder aus Quality Land zurück. Dies ist wichtig, da man völlig in die Welt von Peter Arbeitsloser eintaucht. Peter besticht durch seine menschliche Seite und sein großes Herz für defekte Maschinen. Anfangs noch etwas zurückhaltend, entwickelt er sich im Laufe des Buches zu einem spannenden Charakter, der die Nase voll hat von der digitalen Welt („Ich möchte einen Menschen sprechen“- „Aber warum denn?“). Der Leser verfolgt gebannt Peters einsamen Kampf für die Löschung seines falschen Profils. Und der ehemalige Außenseiter wird tatkräftig von seinen Maschinen unterstützt.
Das Buch ist gespickt mit Spitzen und heimlichen Andeutungen, ich werde es auf jeden Fall noch einmal lesen, um alle Feinheiten zu entdecken.
Auch nach der Lektüre bleibt die Frage: Wie weit sind wir wirklich von dieser Zukunft entfernt und wollen wir das überhaupt? Willst du ein Mitglied von Quality Land sein, wo die Antwort auf alles nur „Ok“ ist?

Bewertung vom 03.09.2017
Der Vater, der vom Himmel fiel
Henderson, J. Paul

Der Vater, der vom Himmel fiel


ausgezeichnet

Im Roman „Der Vater, der vom Himmel fiel“ von J. Paul Henderson geht es um die Familie Bowman. Lyle Bowman wird von einem Bus überfahren, erscheint seinem jüngsten Sohn nach seinem Tod aber noch einmal für 14 Tage, um die Familienangelegenheiten zu regeln.
Schon auf der Beerdigung von Lyle bekommt der Leser einen Eindruck, wie merkwürdig diese Familie ist. Die zwei Söhne Greg und Billy haben seit sieben Jahren nicht mehr miteinander gesprochen und treffen erstmals auf der Beerdigung wieder aufeinander. Greg gilt als das schwarze Schaf der Familie, während Billy die Rolle des vorbildlichen Pfadfinders innehat. Der Roman beginnt mit dem kurz und schmerzlosen Tod Lyles, gefolgt von einer Beerdigung, die schräger nicht sein könnte inklusive unfassbar lustiger Diskussionen mit dem Pfarrer über die Geschichten der Bibel.
Die Bowman Brüder haben ein schwieriges Verhältnis zueinander, begründet durch die Unterschiedlichkeit der beiden Geschwister und dem schwierigen Verhältnis zwischen Billys Frau Jean und Greg. Den Höhepunkt fand diese Feindschaft auf der Hochzeit von Jean und Billy, bei der Greg durch übermäßigen Drogenkonsum die Braut und beleidigt und damit nicht unbedingt die Familienbande stärkt. Dann gibt es noch Onkel Frank, eine herrliche Figur, er wirkt wie der Verbündete, der einem beim Lesen über den Buchrand schelmisch zuzwinkert. Jean und Billys Tochter Katy wirken so hohl, dass es schon weh tut, ihr Beitrag ist zum Glück so gering, wie es der Geschichte dienlich ist. Katy allerdings macht während des Buches zumindest den Ansatz einer Wandlung durch.
Das Buch sprüht vor Sarkasmus und Wortwitz. Begriffe wie „emotionales Nichtschwimmerbecken“ und Dialoge wie: „Was ist eigentlich ein Psycho?“fragte Kathy. „Mum meinte nämlich du bist einer“ machen dieses Buch zu einem herrlich erfrischenden Lesegenuss.
Als wäre die Familie Bowman nicht an sich schon schräg genug, taucht nun auch noch der Geist des Vaters auf, um Greg den Kopf zu waschen und seine unerledigten Familienangelegenheiten zu klären. In den Gesprächen zwischen Greg und Lyle geht es auch um ernste Themen wie Rassismus, Zuwanderung, Krankheit, Tod, Vergänglichkeit und Reue. Das Buch ist nicht nur witzig, sondern besitzt einen Tiefgang, den man erst nicht erwartet hätte. Herrlich auch die Anekdote aus dem Himmel, aufgebaut wie eine Behörde, wo Akten vertauscht werden und die Dienstleistungsorientierung der Beamten zu wünschen übrig lässt.
Henderson schafft es mich zu überraschen. Immer wenn man glaubt, das Maß an Absurdität ist voll, setzt er noch eine Schippe drauf mit der nächsten Anekdote. Darüber hinaus zieht sich die geheimnisvolle Frau wie ein roter Faden durchs Buch und sorgt immer wieder dann für Spannung, wenn man sie schon längst vergessen hatte.
Das Buch ist wie die Bowman-Liebe „stillschweigend, peinlich berührt, aber immer da“. Die Charaktere sind vielfältig, jede Figur im Roman hat seine eigene amüsante persönliche Störung. Jede Figur entwickelt sich im Laufe der Geschichte. Der kaltschnäuzige Griesgram Onkel Frank wächst einem widerwillig ans Herz. Das Ende ist so wie man es sich wünscht, man kann das Buch zufrieden ins Regal stellen. Man möchte nach dieser Lektüre aufstehen, das Leben genießen und mit lieben Menschen so Gespräche führen wie Greg und Lyle, bevor es zu spät ist. Man fragt sich selbst, wie man eine zweite Chance nutzen würde.
Klare Leseempfehlung. Diese Familie ist mir ans Herz gewachsen, weil man mindestens einen Verrückten dieser Art in der eigenen Verwandtschaft wiederfindet.

Bewertung vom 18.08.2017
Töte mich
Nothomb, Amélie

Töte mich


gut

Das Buch „Töte mich“ von Amélie Nothomb handelt vom Grafen Neville, dem eine Wahrsagerin verkündet, dass er auf seinem Gartenfest eine Person töten wird.
Der Roman beginnt bei der Wahrsagerin, da diese die Tochter des Grafen im Wald gefunden hat. „Auf Ihrem Fest werden Sie einen Gast töten“. Diese Aussage der Wahrsagerin erzeugt bereits nach wenigen Seiten Spannung, während des gesamten Buches fragt sich der Leser immer wieder, wer wohl das zukünftige Opfer sein wird. Die Wahrsagerin wirkt unsympathisch und arrogant. Der Graf verkörpert einen typisch adligen Snob.
Der Sprachstil des Buches ist bissig. „Doch die Vorstellung, dass er einen seiner Gäste töten könnte, entsetzte Neville. Das machte man nicht…“ Solch brillant-zynische Sätze findet man durchgehend im Buch.
Schon früh erfährt man, dass die Fassade des Grafen bröckelt, das Fest wird das letzte sein, da die Familie vor dem Bankrott steht. Die Gartenpartys verkörpern den Inbegriff von Luxus, aber auch bittere Armut. Der Graf musste als Kind hungern, macht die Feste sogar mitverantwortlich für den frühen Tod seiner Schwester. Trotzdem hält er an dieser Tradition fest.
Der Graf wirkt sympathisch und herrlich altmodisch, wenn er beispielsweise aufgebracht zum Briefbogen greift und das im Jahr 2014. Mit einer gehörigen Portion Selbstironie werden die Gäste der Party als geschminkte Greise und lärmende alte Fregatten bezeichnet. Der alte Adel wird hier nicht verschont mit bissigen Kommentaren. Graf Henri habe ich zu Beginn des Buches unterschätzt, er ist herrlich sarkastisch und unterhaltsam, besonders als er einen Plan ausarbeitet, um der Prophezeiung vorzugreifen. Seine Tochter Serieuse wächst dem Leser schnell ans Herz, sie ist überaus intelligent, aber auch sehr traurig und tragisch in ihrer Person. Sprichwörtliches Genie und Wahnsinn liegen hier nah beieinander. Bei ihr ist der Name Programm, sie schlägt sich selbst als Opfer vor, da sie mit ihrer wachsenden Depression sowieso kein Verlust für die Gesellschaft ist.
Das Buch ist tiefgründig und anspruchsvoll, gespickt mit herrlich bissigem Witz. Die Vater-Tochter-Dialoge sind ein wahrer Lesegenuss und das Ende ist zwar nicht gänzlich unerwartet, aber trotzdem sehr gut. Leider ist das Buch mit seinen 110 Seiten viel zu kurz geraten.