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LaNasBuchclub

Bewertungen

Insgesamt 127 Bewertungen
Bewertung vom 24.03.2023
Das Schweigen in mir
AlAmmar, Layla

Das Schweigen in mir


ausgezeichnet

Der Roman taucht auf brillante Weise in die Seele einer jungen, namenlosen Frau ein, die alles verloren hat, zuerst durch den Krieg, der ihre Welt zerstört hat und dann durch die Flucht, nur um festzustellen, dass auch in der Freiheit Englands keine Sicherheit auf sie wartet. Alles hat es sie gekostet. Ihre Sicherheit, ihre Erinnerungen, ihre Liebsten, ihre Hoffnungen und schlussendlich auch ihre Stimme. Was bleibt, ist das Schreiben. In der selbstauferlegten Isolation beginnt sie Beiträge für ein Magazin zu schreiben, in denen sie als „die Stimmlose“ über ihre Erfahrungen und Überzeugungen berichtet. Wenn sie nicht schreibt, blickt sie aus dem Fenster, aus ihrer Einsamkeit hinaus in die vielen Leben hinein, die sich im Gebäude gegenüber abspielen. Doch im Laufe der Geschichte muss unsere Erzählerin entscheiden, ob sie der Ohnmacht des Traumas verfällt, oder bereit ist, sich ihre Stimme zurückzuholen.
Der Schreibstil ist unglaublich. Poetisch, intensiv und packend. Das Buch wird aus der Sicht der namenlosen Erzählerin geschrieben und konzentriert sich zu Anfang hauptsächlich auf die Beobachtungen der anderen Gebäudebewohner. Es ist intim, unmittelbar, als würde man Seite an Seite mit ihr in der Stille der Wohnung sitzen und zum Zuschauer all dieser Leben werden. Und während man verfolgt, wie sie allmählich in die Belange der Gemeinde hineingerät, wird die aktuelle Zeitlinie immer wieder durch Rückblenden und verworrene Erinnerungsfetzen aus ihrer Vergangenheit unterbrochen. Man kann nur erahnen, was diese junge, intelligente und wortgewandte Frau durchgemacht haben muss. Die Autorin zieht einen mitten hinein in diesen Strudel aus Angst, Trauma und Perspektivlosigkeit.
„Das Schweigen in mir“ ist so vielschichtig und tiefgründig, emotional und herausfordernd. Es ist ein wunderschöner, einzigartiger und zum Nachdenken anregender Roman, den ich nicht nachdrücklich genug empfehlen kann!

Bewertung vom 23.03.2023
Im Namen des Wolfes / Die Chroniken von Sova Bd.1
Swan, Richard

Im Namen des Wolfes / Die Chroniken von Sova Bd.1


sehr gut

„Im Namen des Wolfes“ ist das beeindruckende Debut von Autor Richard Swan und stellt den Auftakt zu einer vielversprechenden neuen Fantasy-Trilogie. Der Roman folgt Sir Konrad Vonvalt, einem berüchtigten und gefürchteten Richter im Reich des Wolfes, bei der Untersuchung im Fall einer ermordeten Edeldame. Dabei zeigt sich schon bald, dass es um sehr viel mehr geht, als um die Tote. Nach und nach enthüllen Konrad und seine Begleiter Hinweise auf eine weitreichende Intrige, die das ganze Reich in den Abgrund stürzen könnte.
Der Schreibstil hat mir gut gefallen. Er ist packend und bildhaft, ohne ausufernd zu sein. Dabei baut sich schon sehr früh diese dunkle und gefährliche Atmosphäre auf. Erzählt wird aus der Perspektive der jungen Helena Sedanka. Sie ist Gerichtsschreiberin und eine von Konrads Begleitern, wobei sich erst mit der Zeit enthüllt, um wen es sich bei der Erzählerin handelt. Ihr Auftreten ist zu Anfang das einer passiven Beobachterin, doch das ändert sich allmählich. Sie rückt weiter in den Vordergrund der Erzählung und wird selbst zur treibenden Kraft. Ihre stetige Entwicklung hat mir sehr gefallen. Helena zur Erzählerin zu machen hatte außerdem den Vorteil, dass Konrads Geschichte nur Stück für Stück enthüllt wird, während er seine geheimnisvolle und mächtige Aura aufrechterhalten kann.
Es ist in der Tat eine sehr dunkle, eine düstere Geschichte, aber für mich hat sich alles gut zusammengefügt. Die unterschiedlichen Ereignisse und Handlungsstränge, die auf den ersten Blick erstmal nicht zusammen passen, haben sich mit der Zeit zu einer schlüssigen Handlung zusammengefügt. Ich konnte mitfühlen wie sich die Konflikte allmählich zusammenbrauen und bin angesichts der vielen Andeutungen auf alles, was in den Fortsetzungen noch kommen soll, sehr gespannt darauf.
„Im Namen des Wolfes“ ist eine faszinierende Kombination aus komplexem Kriminalroman und düsterer Fantasy und konnte zumindest meinen Erwartungen mehr als gerecht werden. Es ist ein starkes und packendes Debut, das schon jetzt Lust auf die Fortsetzung macht!

Bewertung vom 22.03.2023
Schwarz und Frau
Dangarembga, Tsitsi

Schwarz und Frau


ausgezeichnet

„Schwarz und Frau“ beinhaltet eine Sammlung von drei pointierten Essays der simbabwischen Schriftstellerin und Filmemacherin Tsitsi Dangarembga, die zuletzt durch den Erhalt des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels 2021 ins Licht der medialen Aufmerksamkeit rückte.
Mutig und ohne zu beschönigen, erzählt Tsitsi Dangarembga über die unglücklichen und unterdrückenden wirtschaftlichen, sozialen und politischen Verhältnisse, denen die schwarzafrikanischen Frauen in der Kolonialzeit ausgesetzt wurden und verbindet sie gekonnt mit der andauernden repressiven Gesellschaftsstrukturen einer postkolonialen Welt, die sie auch heute noch daran hindern, das ganze Potential ihrer menschlichen Integrität und persönlichen Macht für sich zu beanspruchen. Dabei untermalt sie ihre Ausführungen mit vielen Fakten über den Imperialismus, die tiefen Wunden, die jahrhundertelange Fremdherrschaft in den afrikanischen Kontinent geschlagen hat und den gesellschaftlich fest verwurzelten Sexismus. Indem sie auch über ihre eigenen Erfahrungen spricht, die Herausforderungen als schwarzes Kind – als schwarzes Mädchen – in einer von Weißen definierten und auf Weiße ausgerichteten Welt groß zu werden und sich eine Stimme zu erkämpfen, werden die Essays zu zutiefst persönlichen Berichten.
„Schwarz und Frau“ ist nicht weniger als ein Weckruf, ein Appell an alle Leser sich selbst und die Gesellschaft kompromisslos zu hinterfragen. Absolut lesenswert!

Bewertung vom 21.03.2023
Mary & Claire
Orths, Markus

Mary & Claire


gut

Vielen ist Frankenstein ein Begriff, die Schöpferin jener berühmten Kreatur hingegen nicht. Natürlich ist Mary Shelly bei weitem kein Name, den nur Bücherwürmer kennen, doch über das Leben der begabten Schriftstellerin ist weitaus weniger bekannt.
Markus Orths hat sich dieses Mysteriums angenommen und bietet Mary Shelly in seinem Roman „Mary & Claire“ nun eine Bühne. Auf raffinierte und sehr glaubhafte Weise verknüpft der Autor in seinem rund 300 Seiten langen Buch Fakt mit Fiktion, folgt der Spur sehr realer Menschen und füllt Bekanntes mit neuer Substanz, sodass man leicht dem Gefühl erliegt, jene Leben hautnah zu erleben.
Die Geschichte beginnt in Marys Kindheit, erzählt vom frühen Tod der Mutter, der neuen Ehe des Vaters und vor allem von Marys Stiefschwester, die später als Claire Clairmont bekannt werden sollte. Die neuen Schwestern teilen ein Band, dass sie ihr Leben lang miteinander verbinden würde.
Aber sie teilen noch mehr. Ihre Liebe zum Schreiben und ihre Liebe zu Percy, einem idealistischen Romantiker und passioniertem Schriftsteller. Zu Dritt entfliehen sie der beschwerenden Enge Londons, um zu reisen, zu leben, zu lieben und zu sein.
„Mary & Claire“ ist keine Erzählung über Mary Shelly, die Schriftstellerin, sondern über zwei junge Frauen, die das Leben für sich erobern wollen. Es ist eine Geschichte des Erwachsenwerdens, des Reifens, persönlich und literarisch, auf eigene Weise und in eigenem Tempo. Vor allem jedoch ist es eine Geschichte über eine Liebe, die ihrer Zeit voraus ist.
Obwohl ich mich sehr an den Schreibstil, insbesondere an die stete Aneinanderreihung sehr kurzer Sätze, gewöhnen musste, so war dieser Roman auf sprachlicher Ebene ein beeindruckendes Erlebnis der Wortkunst. Dieser Drang weiterlesen zu wollen, weiterlesen zu müssen, war immer da. Ehrlicherweise muss ich sagen, dass es mit Blick auf die Figuren für mich nicht immer einfach war. Einiges was sie sagten, oder taten fand ich sehr befremdlich und ich fand es schwer Sympathien aufzubauen, wobei ich auch glaube, das letzteres nicht das primäre Ziel des Buches ist. Meiner Meinung nach geht es um die Echtheit und Glaubhaftigkeit der Charaktere, und das ist gelungen.
Es ist ein eigenwilliges Buch und damit vielleicht nicht jedermanns Fall, aber ich fands ungemein interessant. „Mary & Claire“ bleibt definitiv in Erinnerung.

Bewertung vom 15.03.2023
In blaukalter Tiefe
Hauff, Kristina

In blaukalter Tiefe


sehr gut

Eigentlich sollte der gemeinsame Urlaub die abgekühlte Ehe von Caroline und Andreas wieder in die richtigen Bahnen lenken. Doch statt den Segeltörn in die schwedischen Schären in trauter Zweisamkeit anzutreten, werden sie von Andreas jungem Anwaltskollegen Daniel und seiner Freundin Tanja begleitet. Mit von der Partie ist der schwer durchschaubare und zurückhaltende Skipper Eric. Oberflächlich scheint die Gruppe gut zu harmonieren, doch schon bald wird klar, dass jeder einzelne von Ihnen Sorgen und Unsicherheiten an Bord der „Querelle“ mitgebracht hat, die die lockere Stimmung an Bord in eine gefährliche Schräglage bringen.
„In blaukalter Tiefe“ war mein erstes Buch von Kristina Hauff und wird hoffentlich nicht das Einzige bleiben. In etwa so schnell und mühelos, wie es dem Klappentext gelungen ist mein Interesse zu wecken, hatte mich der Schreibstil um den Finger gewickelt. Gleich im ersten Kapitel gelingt es der Autorin den Ton für die Geschichte vorzugeben und man bekommt eine vage Vorstellung von den dramatischen Entwicklungen, die einen noch erwarten. Die Landschaft erwacht zwischen den Seiten zum Leben und auch das Segeln mit all den Manövern und Besonderheiten kommt sehr authentisch rüber. Insgesamt ist die Sprache lebendig, lässt sich flüssig lesen und kreiert diese bedrückende, angespannte Stimmung, die sich von der ersten bis zur letzten Seite hält. Es ist ein Roman, den man sehr leicht in einem Rutsch durchliest, wenn man nicht aufpasst.
Mit den wenigen Charakteren und der intimen Atmosphäre auf der „Querelle“ erinnert „In blaukalter Tiefe“ an ein Kammerspiel, das mit wenig Schnörkel und Action eine enorme Wirkung erzielt. Die Anziehung liegt ganz und gar in den zwischenmenschlichen Konflikten, die sich an Bord entfalten und durch jede Figur individuell angeheizt werden. Durch die Perspektivwechsel zwischen Caroline, Andreas, Daniel und Tanja konnte ich sie mitsamt ihrer Sorgen und Beweggründe sehr intensiv kennenlernen und ich finde das hat enorm zur Spannung beigetragen. Man konnte im Grunde mitverfolgen, wie sich die Haltung der Figuren Zentimeter um Zentimeter verändert hat, wie ihre Gereiztheit wuchs und die Hemmschwelle zur Provokation niedriger wurde. Nur Eric blieb bis zum Schluss vollkommen unnahbar, was ich etwas schade fand.
Interessanterweise war mir tatsächlich keiner der Charaktere wirklich sympathisch und nicht selten habe ich über ihr Verhalten den Kopf schütteln müssen, trotzdem hat es meine Leseerfahrung nicht negativ beeinträchtigt. Die Figuren sind einfach so echt und authentisch.
Ansonsten hat die Autorin auf sehr raffinierte Weise dafür gesorgt, dass die Konflikte langsam vor sich hin schwelen. Sie spielt mit der Enge auf dem Boot und den Problemen der Figuren, solange bis die Spannung Überhand gewinnt und die Ereignisse sich in einem dramatischen Höhepunkt überschlagen. Für mich persönlich waren ein paar Aspekte beim Ende nicht ganz schlüssig, aber das ist wahrscheinlich eine Präferenzfrage.
Trotz kleinerer Kritikpunkte hat das Gesamtpaket – die Echtheit der Charaktere, das kontrollierte Aufkochen der Konflikte, die greifbare Spannung, der Sog – das Lesen dieses Romans zu einem außergewöhnlichen und erinnerungswürdigen Erlebnis gemacht. Es ist spannungsvoll, atmosphärisch und definitiv empfehlenswert.

Bewertung vom 13.03.2023
Der Paria / Der stählerne Bund Bd.1
Ryan, Anthony

Der Paria / Der stählerne Bund Bd.1


sehr gut

Im Königreich Albermaine wächst der junge Alwyn Scribe als Gesetzloser auf und mit seinem scharfen Verstand und dem geschickten Umgang mit der Klinge hat er sich schon oft als wertvolles Mitglied von Deckin Scarls Diebesbande erwiesen. Er genießt seine Freiheit, Deckins Gunst und das Leben im Wald. Bis ein schrecklicher Verrat Alwyns Schicksal in unvorhergesehene Bahnen lenkt und sein Leben fortan nur noch vom Wunsch nach grausamer Vergeltung bestimmt wird.
Der Paria ist der Auftakt zur neuen Trilogie von Fantasy-Meister Anthony Ryan und hat mich in mancherlei Hinsicht überraschen können. Ich schätze ich war eingestellt auf eine Geschichte, die sich auf „die übliche Weise“ entfaltet, in der man als Leser in Echtzeit miterlebt, was den Charakteren widerfährt. Doch hier ist man nah dran und doch gleichzeitig fern. Was ich fand, war eine Art Chronik von Alwyn Scribes Leben, intensiv und intim durch den starken Ich-Erzähler. Alwyn blickt auf sein Leben und seine Entscheidungen zurück, lässt die Ereignisse, die ihn geformt haben, Revue passieren und nimmt den Leser mit auf eine Reise in seine Vergangenheit. Oft fühlte es sich an, als würde ich neben ihm sitzen, gemeinsam zurückblicken, während er seine Geschichte erzählt, aber es gab auch diese starken Momente, in denen ich mich mitten ins Geschehen versetzt fühlte, als wäre ich hautnah dabei. In meinen Augen ist das Buch wirklich großartig geschrieben, aber ich glaube auch, dass es stark von der persönlichen Präferenz abhängt, ob man mir da zustimmen würde, oder nicht. Alwyn ist eine sehr makelbehaftete Figur, hat einen starken Hang zum Zynismus und bringt eine gewisse Kaltschnäuzigkeit mit, was alles in seiner Erzählweise durchklingt. Auch entwickelt sich die Handlung durch den Tagebuch anmutenden Charakter um einiges langsamer, als man allein aufgrund des Klappentextes vielleicht erwarten könnte. Das ist zweifellos vom Autor gewollt, aber ob das gelungen ist, hängt sehr vom Leser ab.
Neben Alwyn, der mir persönlich sehr gefallen hat, gab es noch einige weitere denkwürdige Nebenfiguren, die allesamt entscheidenden Einfluss auf dessen Entwicklung und Werdegang hatten. Durch den Filter der Ich-Perspektive bleiben einem einige Aspekte dieser Charaktere (noch) verborgen, aber sie alle wirken sehr komplex und bringen ihre eigenen moralischen oder religiösen Überzeugungen und Ziele mit. Auf die ein oder andere Weise haben sie alle die Geschichte bereichert und ich bin sehr gespannt in den Fortsetzungen hoffentlich mehr über einige dieser Figuren zu erfahren.
Auch wenn Der Paria ins High-Fantasy Genre gehört, fällt das Buch nicht gleich mit der Tür ins Haus, was die Fantasy Elemente angeht. Albermaine hat einen starken mittelalterlichen Charakter und der erzählerische Fokus liegt auf Elementen wie Religion, Freiheit, Gerechtigkeit und politischen Machtspielen. Magische Komponenten bleiben zumindest in diesem Teil bestenfalls eine wage Andeutung. Auch die Actionszenen sind in diesem Buch ein seltenes Gut, dafür sind jedoch die Kampfszenen, die es gibt, unglaublich beeindruckend. Mitreißende Kampfesreden, atemlose Spannung und lebendige, chaotische und blutige Kampfsequenzen.
Meiner Meinung nach ist Der Paria eine fesselnde, langsame aber gut ausbalancierte Erzählung mit einem Erzähler, der reich an Persönlichkeit und Wiedererkennungswert ist und fühlt sich in vielerlei Hinsicht wie der Grundstein für eine vielversprechende Reihe an.

Bewertung vom 02.03.2023
Mister Bloomsbury / Mister Bd.5
Bay, Louise

Mister Bloomsbury / Mister Bd.5


sehr gut

Mister Bloomsbury ist der inzwischen fünfte selbstständige Teil von Louise Bay’s romantischer Mister-Reihe. Es geht um Andrew und Sofia. Andrew, ganz und gar Geschäftsmann, steht auf Effizienz und hält absolut nichts von nettem Arbeitsplatz Geplänkel. Diese Haltung hat ihm bei seinen Mitarbeitern einen sehr soliden Ruf als Unsympath eingebracht, dem schon Reihenweise Assistentinnen zum Opfer gefallen sind. Keine hält es für einen längeren Zeitraum bei dem unausstehlichen Chef aus. Doch das ändert sich, als die engagierte und starrsinnige Sofia eines Morgens vor dem Bürogebäude auftaucht und sich als neue Assistentin vorstellt. Sofia hat keineswegs vor, sich von einem miesgelaunten Boss abschrecken zu lassen, denn die Amerikanerin ist aus einem bestimmten Grund in London. Und ein Andrew Blake wird ihr dabei nicht in die Quere kommen.
Die Story von Mister Bloomsbury hat richtig Spaß gemacht. Sofia ist eine herrlich schlagfertige Figur und lässt sich von Andrews abweisender Haltung nicht abschrecken oder einschüchtern, was für ein paar tolle Dialoge sorgt. Zudem ist sie clever, engagiert und gleichzeitig sehr emotional und nahbar als Charakter. Ein Counterpart, der es mit Andrew allemal aufnehmen kann. Sehr gefallen hat mir auch die Storyline rund um Sofias Vater. Das hat ihrem Charakter nicht nur Tiefe verliehen, sondern war einfach etwas, bei dem man als Leser mitfiebern und hoffen konnte, dass sich die Dinge gut entwickeln.
Andrew auf der anderen Seite war ein sehr guter männlicher Protagonist. Schon nach den ersten Teilen der Reihe war ich auf Andrew und Tristan sehr gespannt, weil es über beide kaum Informationen gab. Das hat sich zu Anfang dieses Buches noch nicht allzu sehr geändert, aber schon bald lernt man viel über Andrews Grundsätze, Erfahrungen und Überzeugungen. Das hat ihn als Charakter sehr interessant gemacht und man konnte wirklich mitfiebern, wie es sich zwischen ihm und Sofia entwickelt. Die Chemie war hier definitiv da.
Stellenweise hätte die Handlung für meinen Geschmack etwas mehr Tempo vertragen und das Ende wiederum etwas mehr Zeit, aber insgesamt war Mister Bloomsbury, nicht zuletzt wegen Louise Bays gewohnt tollem und mitreißendem Schreibstil, ein sexy Page Turner, an dem Fans von Office Romance und dem Grumpy Boss Trope nicht vorbeikommen.

Bewertung vom 02.03.2023
Kannibal. Jagdrausch: Kriminalroman (MP3-Download)
Benecke, Mark

Kannibal. Jagdrausch: Kriminalroman (MP3-Download)


gut

Ein sonderbarer Knochenfund mitten in Berlin ruft die erfahrenen Privatermittler Becker und Funke auf den Plan. Für Polizei Hauptkommissarin Kami Bogatsu ist die Unterstützung bitter nötig, denn so wie die Dinge stehen, ist unklar, ob es sich um ein ermittelbares Verbrechen mit Täter handelt, oder einen Haufen Knochen, deren Ursprung nicht mehr nachvollziehbar ist. Die Gerichtsmedizin liefert ihnen jedoch schockierende Gewissheit: Nicht nur handelt es sich bei dem Fund um die Überreste eines menschlichen Skeletts, die Spuren deuten darauf hin, dass es sich um einen Fall von Kannibalismus handelt. Während der Ermittlungsansatz für Bogatsu zu dünn ist, um Nachforschungen anzustellen, ist sich Becker jedoch sicher. Auf eigene Faust beginnen er und Funke zu ermitteln und schon bald begibt sich Becker in die dunkelsten Abgründe, die Berlin zu bieten hat.
Mark Beneckes Erzählweise hat mir wirklich gut gefallen. Bisher kannte ich nur seine Sachbücher und da ein klassischer Krimi doch etwas anderes ist, war ich sehr gespannt auf dieses Buch.
Man fällt sozusagen mitten ins Geschehen hinein, in diesem Fall an einen sehr sonderbaren Tatort und so baut sich gleich zu Anfang eine gute Grundstimmung für die Geschichte auf. Der Crime-Noir-Charakter kommt definitiv gut rüber. Auch sehr gut fand ich die regelmäßigen Perspektivwechsel. So bekam man einen interessanten Einblick in die Persönlichkeiten von Becker und Funke, aber auch in die des Täters. Gerade die Kapitel über letzteren waren ganz schön unheimlich und haben ordentlich zur Stimmung beigetragen.
Natürlich wird alles begleitet von Mark Beneckes umfassendem Fachwissen, das nicht nur sehr interessant ist, sondern der ganzen Geschichte auch eine Authentizität verleiht, die die Kannibalismus-Thematik um ein vielfaches schockierender ausgeschaltet.
Das Audiobuch wird von Jan Katzenberger gelesen, der in meinen Augen einen sehr guten Job gemacht hat. Seine Stimme und Betonung passen hervorragend zu dem Crime-Noir Charakter der Geschichte und tragen ihren Teil zur Stimmung bei.
Trotz der sehr vielen guten Aspekte habe ich dennoch insgesamt das gewisse Etwas vermisst. Für mich persönlich hätte es ein wenig mehr Spannung sein dürfen, ein paar weniger Längen und auch das Ende war für mich einfach zu rasch abgehandelt. Trotzdem kann ich nicht sagen, dass ich mich schlecht unterhalten gefühlt habe. Für mich mag das Buch keines sein, das sich unbedingt ins Gedächtnis einbrennt, doch Handlung, Charaktere und Tempo vermischen sich hier zu einem soliden Krimi mit Unterhaltungsfaktor, der sich sehr gut lesen bzw. hören lässt. Von mir gibt es daher 3.5 Sterne und eine Leseempfehlung.

Bewertung vom 24.02.2023
No Longer Lost / Mulberry Mansion Bd.2
Niemeitz, Merit

No Longer Lost / Mulberry Mansion Bd.2


sehr gut

Die Mulberry Mansion öffnet ihre blaue Tür für eine weitere Geschichte. Es ist ein bisschen wie Heim kommen, ein bisschen wie „war lang nicht mehr hier, aber es ist, als wär man nie weg gewesen“ und ein bisschen wie „was haben mir Knarzen und Knarren, bunte Fliesen und Hühnergackern gefehlt“. Es fällt mir fast schwer zu begreifen wie man mit Worten - nicht mehr als Tinte auf Papier - einen Ort erschaffen kann, der so lebendig, so wahrhaftig wirkt. Einen Ort den ich sehen, riechen, hören kann, als wäre es eine liebgewonnene Erinnerung. Merit Niemeitz ist dieses Kunststück geglückt. Ihre Art Geschichten zu erzählen ist einfach etwas ganz Besonderes. Wörter wie „locker“, „flüssig“ oder „packend“ werden dem einfach nicht gerecht (auch wenn sie zweifellos zutreffen). Sie malt mit ihren Worten, lässt Leute, Orte und Gefühle lebendig werden. Wie schon bei „No longer yours“ war auch das Lesen von „No longer lost“ ein poetisches Erlebnis, dabei war Mays und Wes‘ Geschichte so ganz anders als die von Avery und Eden. Eben ganz May und Wes.
Die Idee zwei so augenscheinlich ungleiche Menschen für dieses ungewöhnliche Psychologieprojekt zusammenzuführen fand ich einfach grandios, zumal die Ausgangsbedingungen für May und Wes wirklich nicht die Besten waren. Zu lesen, wie sie lernen miteinander Umzugehen, die Abwehrhaltung fallen zu lassen und sich auf das Projekt einzulassen – ich habs geliebt! Und auch May und Wes habe ich geliebt. May ist mir schon im ersten Teil sehr ans Herz gewachsen, aber sie auf diese Weise kennenlernen zu dürfen, in all ihren Facetten, mit all ihren Fehlern, war besonders. Sie ist so unaufdringlich authentisch, so unerschütterlich sie selbst und auch wenn ich ein ums andere Mal nicht einverstanden damit war, was sie gesagt oder getan hat, habe ich sie sehr liebgewonnen. Wes, auf der anderen Seite, begegnet einem wie ein Rätsel und es ist eine unglaubliche Reise sein „Fassadenschön“ zu überwinden und sein „Innenschön“ zu ergründen.
Ein wenig vermisst habe ich in diesem Teil die Arbeit an der Mulberry Mansion, das Basteln und Renovieren und auch die WG-Momente. Die Szenen, in denen May und Wes mit den Anderen in der Mulberry Mansion zusammen waren, waren so schön und so herzerwärmend, dass ich nicht genug davon bekommen konnte.

In ihrer Danksagung schreibt Merit Niemeitz: „Das Schreiben an diesem Buch war meine persönliche blaue Stunde (...).“ Das Lesen dieses Buches war meine.

Bewertung vom 20.02.2023
Drowning Souls / Whitestone Hospital Bd.2
Reed, Ava

Drowning Souls / Whitestone Hospital Bd.2


sehr gut

„Drowning Souls“ ist der lang ersehnte zweite Teil von Ava Reeds wundervoller Whitestone-Hospital Reihe und knüpft nahtlos an die Geschehnisse des ersten Teils an. Dieses Mal liegt der erzählerische Fokus allerdings auf Assistenzärztin Dr. Sierra Harris und ihrem Kollegen Dr. Mitch Rivera.
Ava Reeds Art zu erzählen hat mir wieder unglaublich gut gefallen. Trotz der langen Zeit zwischen Teil 1 und 2 war ich nach wenigen Seiten sofort in der Geschichte drin und der Wechsel von Laura und Nash zu Sierra und Mitch ist wirklich beeindruckend smooth ausgefallen. Der Schreibstil transportiert so viele Emotionen, der Zusammenhalt zwischen den Figuren ist einfach toll und das Krankenhaus Setting absolut genial ausgestaltet. Die aufwendige Recherche, die hinter den Krankenhaus Abläufen und medizinischen Details stecken muss, hat sich absolut bezahlt gemacht.
Nach „High Hopes“ war ich auf Sierra als Protagonistin sehr gespannt. Ihr mürrisches und unnahbares Auftreten fand ich irgendwie sympathisch, vor allem weil schnell deutlich wurde, dass sich hinter dieser Fassade so viel mehr verbirgt. Es war also eine Freude dieses so-viel-mehr in diesem Buch zu entdecken, die Gründe für ihre Mauern zu erfahren und die Ursachen für ihre Unsicherheiten kennenzulernen. Und auch wenn ich nicht immer mit ihren Handlungen einverstanden war, fand ich sie als Protagonistin sehr echt und nachvollziehbar.
Ihre Leidenschaft für die Herzchirurgie und der Ehrgeiz zu den Besten zu gehören blieb in meinen Augen ein wenig zu blass und auch über den schwelenden Konflikt mit ihrer Mutter hätte ich sehr gerne mehr gelesen. Da der erzählerische Fokus hauptsächlich auf der (Trauma-) Bewältigung wegen der Ereignisse ganz zu Anfang des Buches liegt, kann ich allerdings verstehen, dass die Handlung diesen Themen nicht mehr Raum zugestanden hat.
Auch Mitch ist mir schon im ersten Teil sehr ans Herz gewachsen. Seine charmante, ungestellte und spitzbübische Art machen es quasi unmöglich in nicht gern zu haben. Ich mochte sehr, dass er sich von Sierras abweisender Haltung nicht hat abschrecken lassen und ihr die Zeit gegeben hat, sich zu öffnen. Gleichzeitig war es sehr emotional und packend seine ganz persönliche Reise nach dem Unfall zu begleiten. Die Unsicherheit, Angst und Veränderung, die die Ereignisse am Anfang in ihm ausgelöst haben, waren sehr glaubhaft und berührend geschildert.
Und auch die Nebencharaktere verdienen ein bisschen Aufmerksamkeit. Zum Beispiel fand ich super, dass Laura und Nash nach wie vor so präsent in die Handlung miteinbezogen wurden und ihre Geschichte mit „High Hopes“ nicht endet. Diese angeteaserte Entwicklung in Lauras Leben macht mich neugierig auf die Fortsetzung. Tatsächlich finde ich es sehr cool, dass diese Reihe – entgegen der eher gängigen Vorgehensweise in dem Genre – chronologisch gelesen werden muss (bzw. sollte). Diese Buchübergreifenden Handlungsstränge, die alles miteinander verknüpfen, machen richtig gespannt auf alles, was noch kommen mag und erlauben es gleichzeitig, die bereits etablierten Charaktere besser und auch länger kennenzulernen. Es ist wie eine Serie, die man binge watchen möchte! Und nach dem fiesen Cliffhanger am Ende von „Drowning Souls“, kann der Juli gar nicht schnell genug kommen. Da erscheint dann nämlich „Tough Choices“, um uns zurück ins Whitestone zu holen und zu erfahren, was aus Maisie und Grant wird.