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Aus Liebe zum Lesen
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Rannungen

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Insgesamt 199 Bewertungen
Bewertung vom 15.02.2023
Die Geschichte der Architektur
Zukowsky, John

Die Geschichte der Architektur


sehr gut

Für die Liebhaber*innen schöner Bauwerke habe ich ein neues Buch im Großformat aus dem Prestel-Verlag: „Die Geschichte der Architektur: Von der Pyramide zum Wolkenkratzer“ von John Zukowsky.

Wie der Titel schon sagt, hat sich der Kunst- und Architekturhistoriker Zukowsky der Mammutaufgabe gestellt, einen Überblick über die Epochen der Architektur zu erstellen. Um dies zu stemmen, hat er für jedes vorgestellte Bauwerk jeweils nur ein Foto vorgesehen. Leider sind auch die Erläuterungen sehr knapp ausgefallen, sodass man kaum einen Eindruck vom Bauwerk, geschweige denn von den Architekt*innen und deren Intention erhält. Dafür werden reichlich Fakten zu geschichtlichen Ereignissen eingestreut, die für die Architektur wenig bis gar nicht relevant sind, sodass sich aus meiner Sicht der Fokus ein wenig verschiebt.

Nichtsdestotrotz gibt das Buch einen guten Überblick über die Architekturgeschichte und zeigt viele Bauwerke aus den verschiedenen Epochen und geht am Rande auch auf ein paar typische Details des jeweiligen Baustils aus. Dabei verteilen sich die vorgestellten Gebäude rund um den Globus und beschränken sich nicht wie so oft auf westliche Architektur.

Auch wenn ich mir ein bisschen mehr Tiefe gewünscht hätte, wird das Buch seinem Titel dennoch gerecht und bietet einen schönen Streifzug durch 5000 Jahre Architekturgeschichte.

Bewertung vom 08.02.2023
Alle_Zeit
Bücker, Teresa

Alle_Zeit


ausgezeichnet

Haben alle Menschen gleich viel Zeit? In „Alle Zeit - Eine Frage von Macht und Freiheit“ geht Teresa Bücker der Zeitverteilung in unserer Gesellschaft auf den Grund.

Zeit ist nicht gerecht verteilt und das zieht weitere Probleme nach sich. In unserer Gesellschaft wird Zeit unterschiedlich gewertet. Lohnarbeit hat z. B. einen viel höheren Stellenwert, als Care-Arbeit, die überwiegend von Frauen geleistet wird, was u. a. zu Altersarmut und weniger politischer Teilhabe von Frauen führt. Diese und viele weitere Schwierigkeiten unserer Zeitverteilung erklärt die Autorin ausführlich und verständlich. Ihre Aussagen untermauert sie mittels zahlreicher Zitate und Quellenangaben.

Mir waren einige der Probleme und Zusammenhänge tatsächlich nicht bewusst. Sehr interessant fand ich zudem verschiedene vorgestellte Ansätze und Lösungsmöglichkeiten, wie wir Zeit gerechter verteilen können.

Zeit ist aus meiner Sicht ein unterschätztes Privileg, vor allem von weißen Männern, deren ungerechte Verteilung Frauen und/oder marginalisierte Gruppen auf vielfältige Weise benachteiligt. „Alle Zeit“ ist ein wichtiges Buch, das uns diese Missstände und mögliche Lösungen aufzeigt und hoffentlich eine Veränderung bewirken kann.

Bewertung vom 30.01.2023
Die Wildmohnfrau
Knausenberger, Sarah

Die Wildmohnfrau


ausgezeichnet

Was ist für Euch Zuhause? Eher ein Ort oder mehr ein Gefühl? Und wie fühlt es sich an, wenn man ein richtiges Zuhause nicht kennt? Genau damit beschäftigt sich die Protagonistin Mia in Sarah Knausenbergers besonderem Buch „Die Wildmohnfrau“ aus dem Kunstanstifter Verlag.

Als sie die Kontaktanzeige der Wildmohnfrau liest, verlässt Mias Mutter ihren Mann Hals über Kopf und zieht mit Mia kurzerhand bei ihr und deren Tochter Toni ein. Während Mia zu Toni eine innige Beziehung entwickelt, leidet die zu ihrer Mutter zusehends. Mia kämpft mit der Pubertät, unsicheren Verhältnissen und Armut und findet in der Wildmohnfrau, deren richtiger Name übrigens nie genannt wird, immer wieder einen Zufluchtsort, eine Konstante in ihrem unsteten Leben.

Sarah Knausbergers Figuren sind nicht schwarz/weiß angelegt, es gibt nicht die Guten und die Bösen. Vielmehr zeigt sie die vielen Facetten eines Lebens und sie hat mit Mia eine Identifikationsfigur geschaffen, die sich trotz aller Widrigkeiten im Leben behauptet und ihre Leidenschaft findet.

Zu etwas ganz Besonderem wird das Buch außerdem durch die Gestaltung von Elke Ehninger, die das Buch illustriert hat, und zwar so stimmig, dass sogar die Farbe des Einbands nicht zufällig gewählt wurde. Diese Liebe zum Detail, die hochwertige Ausstattung und die interessante, feinfühlige Geschichte schaffen trotz der schweren Themen ein Leseerlebnis, das noch lange im Gedächtnis bleiben wird.

Bewertung vom 27.01.2023
Orgasmic Woman
Stadick, Mara;Schlitter, Vivien;Dziwisch, Natalia Alicja

Orgasmic Woman


ausgezeichnet

Liebst du dich selbst? Kennst du dich, deinen Körper und deine Wünsche wirklich richtig? In „Orgasmic Women - Deine Lust ist deine Kraft!“ rufen die Sexualtherapeutinnen Mara Stadick und Vivien Schlitter gemeinsam mit der Grafikdesignerin Natalia Dziwisch zu mehr Selbstliebe auf, und das nicht nur im sexuellen Kontext.

Die Autorinnen führen mit viel Empathie an physische und psychische Grundlagen heran, erzählen von ihren eigenen Erfahrungen und denen ihrer Klient*innen und begeben sich dann mit ihren Leser*innen auf eine 30-tägige Reise zu mehr Selbstliebe.

Das Buch zeichnet sich durch eine einfühlsame und wertschätzende Sprache aus. An keiner Stelle wird man zu etwas gedrängt oder verunsichert, sondern vielmehr ermutigt, in den Dialog mit sich selbst zu gehen, zu hinterfragen und zu experimentieren. Ebenso liebevoll sind die Illustrationen, die die ganze Vielfalt an weiblichen Körpern darstellen und einen im Selbstwert stärken.

„Orgasmic Women“ ist ein absolut empowerndes Buch, das die Kraft hat, die Sicht auf sich selbst positiv zu verändern.

Bewertung vom 15.01.2023
Architektur
Roeder, Annette;Leigh Baron, Pamela;Baron, Pamela

Architektur


sehr gut

Ihr wisst ja wahrscheinlich, dass ich ein Faible für Architektur habe. Um meine Leidenschaft auch meinen Kindern zu vermitteln, habe ich zu Annette Roeders Kinderbuch „25 moderne Bauwerke aus aller Welt“ gegriffen.

Darin stellt sie Gebäude, wie die berühmten modernen Klassiker Fallingwater und das von Walter Gropius erschaffene Fagus Werk ebenso wie neuere Bauten, wie die Elbphilharmonie oder Zaha Hadids Hafenhuis Antwerpen vor. Außerdem finden auch unbekanntere, aber nicht weniger bedeutende Bauwerke ihren Platz im Buch, wie eine Notunterkunft aus Pappe und die Micro Yuan’er Kinderbibliothek in Peking.

Jedem Gebäude wird eine Doppelseite gewidmet, auf der es eine großformatige Illustration von Pamela Baron gibt, sowie einen Infotext mit den wichtigsten Informationen, in der die Autorin beschreibt, was das Besondere an dem jeweiligen Bauwerk aus ihrer Sicht ist. Einige dieser Texte finde ich für Kinder etwas schwierig formuliert. Bei meinen Kindern bedurfte es oft weiterer Erklärungen, um die Texte wirklich zu verstehen.

Auf den letzten Seiten findet sich dann eine Zeitleiste, auf der alle Bauwerke chronologisch abgebildet sind und durch wichtige Eckdaten und Informationen zum Architekten ergänzt werden. Diese Inforationen hätte ich mir eher direkt bei der Vorstellung der Gebäude gewünscht. Außerdem hätten weitere Ansichten und ggf. Grundrisse das Verständnis für die Bauwerke sicher verbessert. Besonderheiten eines Bauwerks kann man meiner Meinung nach nicht anhand eines einzigen Bildes zeigen, noch dazu, wenn es nur eine Illustration ist und kein Foto, das z. B. das Materialzusammenspiel viel besser veranschaulicht.

Während mir die Grundidee des Buchs gut gefällt und die Zusammenstellung der Bauwerke gelungen ist, finde ich die Präsentation leider insgesamt weniger geglückt.

Bewertung vom 11.01.2023
Ein Hund mit Flügeln
Maar, Paul

Ein Hund mit Flügeln


sehr gut

Wer kennt ihn nicht, den Erfinder des Sams, Paul Maar? Im Fischer-Verlag ist jetzt ein neues Buch von ihm für Erwachsene erschienen: „Ein Hund mit Flügeln – Erfundenes und Erlebtes“ enthält Texte aus mehreren Jahrzehnten seines Schaffens, darunter Gedichte, Kurzgeschichten, Essays.

Die Texte zeigen eine andere Seite des Autors, der vor allem für seine fröhlichen Kindergeschichten bekannt ist. Es gibt nachdenkliche, ernste bis hin zu leicht morbiden Gedanken und Geschichten, aber auch die humoristischen Momente fehlen nicht. Bei einigen Geschichten fragt man sich, ob das jetzt das „Erfundene“ oder tatsächlich „Erlebte“ seines Lebens ist.

Besonders gefällt mir auch hier wieder bei einigen Texten Paul Maars Spiel mit den Worten, mit Klängen, mit Bedeutungen, insbesondere bei den „Geschichten von Herrn Lampert“ wie dem folgenden: „Herr Lampert behauptete, er sei Optimist. „Wie kann das sein? Du siehst doch immer nur das Schlimmstmögliche voraus“ sagte Lobesam. „Ja. Aber ich bin ganz optimistisch, dass es auch eintritt“, antwortete Herr Lampert.

„Ein Hund mit Flügeln“ bietet kurzweilige Unterhaltung und macht mit seinem Leineneinband auch optisch eine gute Figur.

Bewertung vom 08.01.2023
Irgendwann werden wir uns alles erzählen
Krien, Daniela

Irgendwann werden wir uns alles erzählen


ausgezeichnet

Endlich habe ich auch mal ein Buch von Daniela Krien gelesen. Ihr Erstlingswerk „Irgendwann werden wir uns alles erzählen“ erschien jetzt in einer schönen gebundenen Ausgabe mit einem Vorwort der Autorin bei Diogenes.

Die 16-jährige Maria zieht zu ihrem Freund auf den Bauernhof in einem ostdeutschen Provinznest und wird dort gut aufgenommen. Während sich alle mit Arbeiten auf dem Hof und dem Zusammenfall der DDR und der ungewissen Zukunft im vereinigten Deutschland beschäftigen, verliebt sich Maria in den wesentlich älteren Bauern vom Nachbarhof.

Die Autorin schafft es auf beeindruckende Art und Weise die historischen Geschehnisse aus einem wenig beachteten Blickwinkel zu zeigen und ganz subtil in die außergewöhnliche Liebesgeschichte einzuweben. Ebendiese wird von Seite zu Seite intensiver und der Leser wird voll in ihren Sog gezogen und fiebert mit Maria dem nächsten geheimen Treffen entgegen, immer im Hinterkopf, dass sie entdeckt werden könnten.

Daniela Kriens Schreibstil ist toll. Während die ersten Seiten noch locker daherkommen, wird die Geschichte dichter und dichter. Auch das Ende – oftmals ja die Schwachstelle eines Romans – konnte mich voll überzeugen. Auch die Figuren sind authentisch angelegt und deren Konstellation geschickt konstruiert.

Ein intensiver Roman, der sowohl sprachlich als auch inhaltlich überzeugen konnte und sicher nicht mein letzter von Daniela Krien.

Bewertung vom 06.01.2023
Miss Kim weiß Bescheid
Cho, Nam-joo

Miss Kim weiß Bescheid


gut

In ihrem Erzählband „Miss Kim weiß Bescheid“ zeigt uns Cho Nam-Joo kurze Ausschnitte aus dem Leben von 12 südkoreanischen Frauen.

In den meisten Geschichten stehen die Figuren an einem Scheitelpunkt in ihrem Leben, als z. B. der Vater von einem Tag auf den anderen verschwindet oder die Frau, die endlich die Polarlichter sieht und sich entscheidet, wie sie ihr weiteres Leben als Großmutter führen möchte. Die Titelstory hat mir dabei am besten gefallen, denn der Clou um Miss Kim wird tatsächlich erst am Ende aufgelöst.

Bei allen Geschichten fehlt mir die Nähe zu den Figuren. Mir sind ausnahmslos alle Protagonistinnen fremd geblieben, die Figuren unnahbar, kühl, trotz der emotionalen Momente in ihrem Leben. Vielleicht liegt das an der Mentalität, dennoch hat mir beim Lesen etwas gefehlt, ich hätte mich gerne mehr berührt gefühlt.

Wie das bei den meisten Erzählbänden so ist, haben mir manche Geschichten besser gefallen, andere eher weniger, ganz überzeugen konnte mich das Buch letztlich nicht.

Bewertung vom 04.01.2023
Emil:ia
Jongeling, Peer

Emil:ia


ausgezeichnet

Was macht eine Frau zur Frau? Genau diese Frage stellt dich auch Trans-Mann Emil, der als Emilia geboren und erzogen wurde, in Peer Jongelings Graphic Novel „Emil:ia“ aus dem kleinen Indie-Verlag „Jaja“.

Emilia fühlt sich in ihrem weiblichen Körper nicht wohl und beschließt, künftig als Emil zu leben und beginnt eine Transition. Von den Eltern und der neuen Mitbewohnerin unverstanden und durch die Endgültigkeit der OP zur Brustentfernung verunsichert, stellt sich Emil die Frage, was Weiblichkeit für ihn bedeutet.

Dass diese Frage nicht einfach zu beantworten ist und es für jeden etwas anderes bedeutet, macht das Buch gut deutlich und diese Botschaft ist wichtig für einen toleranten Umgang miteinander.

Die meist zweifarbigen Illustrationen sind bildgewaltig und obgleich oder gerade wegen ihres minimalistischen Zeichenstils eindringlich und ausdrucksstark und lassen zugleich die Liebe zum Detail erkennen. Einzig die animalische Darstellung der Gesichter sagt mir nicht ganz so zu.

Es wird Zeit, dass wir die künstliche Einteilung in zwei Geschlechtskategorien hinter uns lassen und endlich allen Menschen zugestehen, über das eigene Geschlecht selbst zu bestimmen und diese Graphic Novel kann dazu beitragen.

Bewertung vom 03.01.2023
Der Duft von Schokolade (Erfolgsausgabe)
Arenz, Ewald

Der Duft von Schokolade (Erfolgsausgabe)


sehr gut

In einer wunderschönen Sonderausgabe ist jetzt Ewald Arenz‘ Roman „Der Duft von Schokolade“ von 2011 neu bei ars vivendi erschienen. Da musste ich natürlich zugreifen.

Leutnant August quittiert 1881 seinen Dienst, um künftig als Einkäufer in der Wiener Schokoladenfabrik seines Onkels zu arbeiten. Aufgrund seines außergewöhnlichen, ja vielleicht eher magischen Riechvermögens ist er in Sachen Schokolade genau der Richtige. Doch sein neues Leben wird schnell von einer geheimnisvollen Frau durcheinandergewirbelt.

Anders als seine neueren Erfolgsromane hat sich Ewald Arenz diesmal ins historische Wien begeben und schildert es gewohnt bildreich, wobei er sich, soweit ich das recherchiert habe, an die historischen Fakten hält. Dieser Teil konnte mich überzeugen. Die übersinnlichen olfaktorischen Fähigkeiten seines Protagonisten hingegen nicht wirklich. Das war mir ein bisschen zu viel des Guten. Außerdem konnte blieben mir August und seine Liebe Elena bis zum Schluss fremd und ihre Handlungen nicht immer nachvollziehbar.

Dennoch ist die Geschichte lesenswert und die Beschreibungen von Düften, Schokolade und den historischen Schauplätzen gelungen.