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R. S.

Bewertungen

Insgesamt 165 Bewertungen
Bewertung vom 02.02.2023
Ruhm und Verbrechen des Hoodie Rosen
Blum, Isaac

Ruhm und Verbrechen des Hoodie Rosen


sehr gut

Hoodies Leben zwischen Glauben und der ersten Liebe

In "Ruhm und Verbrechen des Hoodie Rosen" geht es um den 16-jährigen Hoodie, kurz für Yehuda, der ein Mitglied der orthodoxen jüdischen Gemeinde in der fiktiven Stadt Tregaron ist. Eine Gemeinde, die erst vor Kurzem nach Tregaron umgezogen ist und in der neuen Stadt nicht viel Akzeptanz von der nichtjüdischen Bevölkerung findet. Zunächst reagieren die nichtjüdischen Bewohner nur verständnislos gegenüber der orthodoxen jüdischen Gemeinde, doch mit der Zeit nehmen die Ausgrenzungen und Gehässigkeiten zu. Hoodies Leben bleibt davon jedoch zu Beginn weitgehend verschont, doch das ändert sich, als er Anna-Marie Diaz-O’Leary kennenlernt und sich in sie verliebt. Anna-Marie Diaz-O’Leary ist die Tochter der Bürgermeisterin von Tregaron, die gerne die Hoodies Gemeinde aus ihrer Stadt loswerden will. Schnell findet sich Hoodie zwischen zwei Fronten wieder und muss sich zwischen seiner Familie und seiner Gemeinde und seiner Liebe und Freundschaft zu Anna-Marie Diaz-O’Leary entscheiden. Währenddessen nehmen die antisemitischen Vorfälle zu, bis einer davon tödlich endet.

Die Geschichte wird aus Sicht von Hoodie erzählt und dank des humorvollen und des locker leichten Schreibstils folgt man gebannt, wie Hoodie versucht, seine erste Liebe zu meistern, was zu dem ein oder anderen peinlichen Moment führt und wie er nebenbei auch noch versucht, das seiner Meinung nach Richtige zu tun, auch wenn seine Familie und seine Gemeinde anderer Meinung sind.
Obwohl es ein Jugendbuch ist, ist es für Jugendliche und Erwachsene gleichermaßen unterhaltsam und lesenswert. Auf vergleichsweise wenigen Seiten schafft es der Autor, eine wichtige Geschichte über Freundschaft und Verrat, über das Ringen um Identität und Glauben, über Familie und Gemeinschaft, über Umgang mit Kultur und Religion und über Gewalt und Bigotterie zu erzählen. Auch gelingt es Isaac Blum gut, das Gleichgewicht zwischen lustigen sowie leichten und nachdenklich stimmenden Tönen zu halten.
Bedingt dadurch, dass das Buch aus Sicht von Hoodie geschrieben ist, bekommt man von Hoodie ein gutes Bild seines Charakters gezeichnet und lernt ihn mit all seinen Fehlern lieben und erlangt nebenbei auch einen Einblick in die orthodoxe jüdische Gemeinde, aber wenn es zu den anderen Charakteren kommt, bleiben diese eher oberflächlich.

Alles in allem ist "Ruhm und Verbrechen des Hoodie Rosen" von Isaac Blum ein lesenswerter, humorvoll geschriebener und nachdenklich machender Jugendroman, der es schafft, auf unterhaltsamer und fesselnder Art wichtige Themen wie Antisemitismus, Glaube und Familie zu vereinen. Durch die Augen des 16-jährigen Hoodie werden seine orthodoxe jüdische Gemeinschaft und ihre Art zu leben, das Erfahren von Ausgrenzung und Antisemitismus sowie die ganz normalen Gefühle eines Jugendlichen regelrecht greifbar.

Bewertung vom 02.02.2023
Die Herzchirurgin
Jordan, Jack

Die Herzchirurgin


gut

Leben oder Tod? - Vielversprechender Thriller mit schwacher Umsetzung

2.5/5

Die renommierte Chirurgin Anna Jones kommt eines Nachts nach Hause und stellt fest, dass ihr Sohn verschwunden ist, ihr Haus verwanzt ist und die Entführer ihr sagen, dass sie den Politiker und möglichen Premierministerkandidaten Ahmed Shabir, während der Operation töten muss, sonst wird ihr Sohn Zack sterben. Die Krankenschwester Margot ist die Einzige, die sieht, was passiert, und wird deshalb in die Entführungsverschwörung verwickelt. Und dann ist da noch die Detektivin Rachel, die als Einzige glaubt, dass Anna etwas im Schilde führt, deren Team aber glaubt, dass sie sich aufgrund ihrer eigenen Tragödie auf das vermisste Kind konzentriert. Wie kann Anna sich und Zack aus dieser Situation befreien?

Nach starken Beginn wurde "Die Herzchirurgin" von Jack Jordan zum Ende hin leider immer schwächer und unglaubwürdiger.
Zunächst hat mir die Idee, eine Ärztin vor die Wahl zu stellen, ob sie einen Menschen auf dem OP-Tisch tötet, um so ihren Sohn zu retten, aber so auch gleichzeitig den von ihr geleisteten Hypokratischen Eid zu brechen, gut gefallen, ist es doch ein außergewöhnliches und Spannung versprechendes Konzept. Jedoch konnte die Umsetzung mich nicht so sehr begeistern, wie ich es mir erhofft habe. Der Großteil der Handlung spielt sich am Anfang und am Ende ab, in der Mitte passiert vergleichsweise wenig und das Buch beginnt sich zu ziehen. Abgesehen von den Szenen im Operationssaal kam für mich nicht richtig viel Spannung auf für einen Thriller mit einer so vielversprechenden Prämisse habe ich mir hierbei deutlich mehr erwartet.
Ebenso abträglich für den Spannungsbogen war auch, dass die Handlung aus drei verschiedenen Perspektiven der Ärztin und Herzchirurgin Anna Jones, der Krankenschwester Margot und der Polizistin Rachel jeweils aus der Ich-Perspektive erzählt wird. Zwar erhält man dadurch einen guten Einblick in die Gedanken- und Gefühlswelt der jeweiligen Charaktere und kann mehr oder weniger nachvollziehen, was ihre Beweggründe sind und was sie planen. Besonders Annas Gedankengänge, wie sie versucht, das Dilemma, in dem sie steckt, zu lösen, waren anfangs interessant zu verfolgen, jedoch werden gleichzeitig auch manche Handlungspunkte vorweggenommen bzw. doppelt erzählt, sodass es an Überraschungsmomenten fehlt.
Zum Ende hinnimmt der Thriller dann zwar wieder an Fahrt auf, doch dafür nehmen dann aber auch Unstimmigkeiten und Unglaubwürdigkeiten in der Handlung zu.
Des Weiteren war mir keiner der drei Hauptpersonen wirklich sympathisch, sodass ich nicht wirklich mitfieberte und Interesse daran hatte, wie die Sache für alle drei ausgeht.

Alles in allem ist "Die Herzchirurgin" ein Thriller, der sich dank kurzer Kapitel und eines leicht zu lesenden Schreibstils schnell lesen lässt, aber besonders im Mittelteil an Spannung verliert und zum Ende zu unglaubwürdig meiner Meinung nach wird. Auch die Charakterzeichnung ist nicht wirklich überzeugend.
Kurz: Das Konzept war gut und vielversprechend, die Umsetzung eher wenig.

Bewertung vom 21.01.2023
Totes Moor / Janosch Janssen ermittelt Bd.1
Engels, Lars

Totes Moor / Janosch Janssen ermittelt Bd.1


sehr gut

Wenn das Moor seine Geheimnisse preisgibt, ergibt sich ein spannender Krimi

In dem spannend erzählten Krimi "Totes Moor" von Lars Engels wird die Leiche einer jungen Frau im Roten Moor in der Rhön gefunden. Bei der Frauenleiche handelt es sich um Matilda Nolte, die vor fast 10 Jahren nach der Abifeier spurlos verschwand. Verdächtigt wurde damals der Vater von Janosch Janssen, nun Kriminalkommissar, etwas mit ihren Verschwinden zutun zu haben. Da er den Druck der Anschuldigungen nicht ausgehalten hat, hat Janoschs Vater Suizud begangen. Janosch, der die ganze Zeit von der Unschuld seines Vaters überzeugt war, sieht jetzt endlich die Möglichkeit den wahren Täter ausfindig zu machen und den Namen seines Vaters rein zu waschen. Wäre da nicht Hauptkommissarin Diana Quester, die er verantwortlich für den Tod seines Vaters macht, da sie damals die Ermittlungen leitete.

Gebannt folgt man anhand der Perspektiven von Janosch und Diana, wie sie die Geheimnisse der Dorfbewohner des fiktiven Rhöndorfes Grimmebach aufdecken und so das Rätsel um den Tod von Matilda lösen. Unterbrochen wird die gut konstruierte Handlung von Rückblenden, die Einblicke in die Zeit kurz vor Matildas Verschwinden geben und die Spannung zusätzlich erhöhen.
Auch wenn Janosch aufgrund des Todes seines Vaters und dass es sich um Matilda um seine Jugendliebe handelte persönlich in den Fall verstrickt ist, leidet darunter nicht die Glaubwürdigkeit der Krimihandlung. Insgesamt zeichnet sich der Krimi durch gut gezeichnete und überzeugende Charaktere aus.
Besonders gut gelungen ist die atmosphärische düstere Beschreibung des Moores und das Schweigen der Dorfbewohner, das sich wie ein dickes Tuch über das Dorf legt.
Einzig der Handlungsstrang um Janosch und die Tochter um Dianas Tochter war mir etwas zu oberflächlich.

Alles in allem ist "Totes Moor" ein solider Krimi der durch seine Atmosphäre und seinen unaufgeregten und bildlichen Schreibstil besticht und Lust auf weitere Fälle mit Janosch Janssen macht, einem sympathischen Ermittler, der endlich mal ohne Alkohol- oder Drogenprobleme auskommt und kein schlecht gelaunter Misanthrop ist.

Bewertung vom 21.01.2023
Grenzfall - In der Stille des Waldes / Jahn und Krammer ermitteln Bd.3 (eBook, ePUB)
Schneider, Anna

Grenzfall - In der Stille des Waldes / Jahn und Krammer ermitteln Bd.3 (eBook, ePUB)


sehr gut

Spannung im Grenzgebiet

In "Grenzfall - In der Stille des Waldes" von Anna Schneider werden zwei interessante Fälle auf spannende und atmosphärische Art und Weise erzählt.

Leicht gruselig beginnt der Krimi mit einem Fund auf einer Baustelle von präparierten Dachsen, in denen sich Babykleidung und eine Rassel befindet. Die präparierten Tiere scheinen mit dem Verschwinden von einem Vater und seinem Sohn zutun haben und Bernhard Kramer fängt an zu ermitteln. Seine Tochter Alexa erholt sich gerade von einer Schussverletzung an der Schulter, als ein alter Kollege und heimliche Liebe vor der Türe steht und er ihre Hilfe in einem anscheinend geklärten Mordfall an einer jungen Frau, in dem beide gemeinsam ermittelt haben, braucht. Es gibt nämliche Hinweise, dass damals jemand fälschlicherweise des Mordes verdächtigt und angeklagt wurde.

Unterbrochen von anfangs mysteriösen Kapiteln, die mit ER- und Sie bezeichnet werden und die für zusätzliche Spannung sorgen, folgt man gebannt wie beide Vater und Tochter unabhängig voneinander ermitteln, wobei der Fall um Kramer dabei mir etwas besser gefallen hat als der um Alexa. Auch fande ich etwas schade, dass beide Fälle nichts miteinander zutun hatten und Vater und Tochter nur im großen Finale gegen Ende des Buch aufeinandertreffen. Die Weiterentwicklung ihrer Vater-und-Tochter-Beziehung bleibt so etwas stecken. Aufgrunddessen, dass beide Fälle an sich alleine für einen lesenswerten und Krimi gereicht hätten, geht manches auch etwas schnell oder wird nur oberflächlich behandelt.

Nichtsdestotrotz konnte der Kriminalroman mich gut unterhalten. Besonders die gute Charakterzeichnung und der detaillierte und atmosphärische Schreibstil sorgen für fesselnde Lesestunden. Man sieht die Alpenregion förmlich vor den Augen.

Der Cliffhanger am Ende sorgt zudem dafür, dass man unbedingt wissen will, wie es weitergeht.

Insgesamt ein solider Krimi mit zwei spannend erzählten Fällen.

Bewertung vom 21.01.2023
Kuckuckskinder / Erica Falck & Patrik Hedström Bd.11
Läckberg, Camilla

Kuckuckskinder / Erica Falck & Patrik Hedström Bd.11


sehr gut

Fesselnde Familientragödie in Fjällbacka

Erica Falck und ihr Mann Patrik Hedström sind zurück und Patrik wird gleich mit zwei brutalen Fällen konfrontiert. Als erstes wird ein bekannter Fotograf kurz vor Eröffnung seiner neuen Ausstellung in seinem Showroom ermordet aufgefunden und kurze Zeit später werden mehrere Familienmitglieder von Henning Bauer, einem bekannten Schriftsteller und Kandidaten für den Nobelpreis, in deren Schlafzimmer erschossen. Zunächst tappen die Ermittler rund um Patrik im Dunklen.
Zeitgleich recherchiert Erica was hinter dem Mord an Lola, einer Transfrau, in den 80er-Jahren in Stockholm stecken könnte. Bei ihrer Recherche stößt sie dabei auf Parallelen zum jetzigen Fall rund um Henning Bauer.

Trotz eines eher gemächlichen Anfangs, entwickelt "Kuckuckskinder" schnell eine Sogwirkung und baut nach und nach an Spannung auf. Durch wechselnde Perspektiven und kurze Absätze wird hierbei das Lesetempo und der Spannungsbogen hochgehalten, auch wenn zu Beginn der häufige Perspektivenwechsel leicht verwirrend sein kann.
Eingestreut sind auch Kapitel aus der Vergangenheit rund um Lola, die nebenbei auch ein Bild der Transszene von Stockholm in den 80er-Jahren vermitteln.
Für etwas Auflockerung von der düsteren Krimihandlung sorgen Einblicke in das private Leben von Erica und Patrik, wodurch die beiden als Charakter nahezu greifbar werden. Der Autorin gelingt es dabei, dass die privaten Teile und die Ermittlungsteile sich gut die Waage halten.
Umfassend und glaubwürdig gezeichnete Charaktere sowie ein bildreicher und angenehm zu lesender Schreibstil sorgen für einen atmosphärischen Krimi, der mit einem spannenden Finale und einer wendungsreichen Handlung aufwarten kann.

Auch in ihrem elften Fall können Erica und Patrik überzeugen. Der Kriminalroman "Kuckuckskinder" wartet mit einen fesselnden und teils auch aktuellen Krimihandlung auf, die nicht nur Fans der Reihe begeistern kann.

Bewertung vom 15.01.2023
Der Strand - Vermisst / Engelhardt & Krieger ermitteln Bd.1
Sander, Karen

Der Strand - Vermisst / Engelhardt & Krieger ermitteln Bd.1


weniger gut

Vermisst: Spannung und Antworten

"Der Strand - Vermisst" von Karen Sander ist der Auftakt einer Trilogie, bei dem der Name Programm ist, denn ich habe beim Lesen so einiges vermisst.

Der Klappentext klang noch vielversprechend: Die 19-jährige gehörlose Lilli Sternberg verschwindet spurlos, der einzige mögliche Hinweis auf ihren Verbleib ist eine in den Sand geschriebene kryptische Zeichenfolge, die ihre Freundin als Fotonachricht auf ihrem Smartphone erhält. Um die Botschaft zu entschlüsseln, erhält der für die bisher erfolglose Suche nach Lilli zuständige Kriminalkommissar Tom Engelhardt Unterstützung von der Kryptologin Mascha Krieger vom LKA.

Was nach einem spannenden und geheimnisvollen Krimi klingt, entpuppt sich leider als ein wenig fesselnder Kriminalroman mit inhaltlichen Schwächen. Kurze Kapitel, wechselnde Perspektiven und ein angenehm zu lesender Schreibstil sorgen zwar dafür, dass man beim Lesen schnell vorankommt, mehr aber auch nicht. Mit der Zeit nervt es, dass die kurzen Kapitel fast alle auf einen Cliffhanger enden, um dann erstmal die Perspektive zu wechseln umso künstlich für Spannung zu sorgen, die sich sonst nicht so richtig einstellen will. Schuld am fehlenden Spannungsaufbau ist auch, dass zwar viele Charaktere und Handlungsstränge eingeführt werden, diese aber nicht wirklich genutzt werden. Zudem spielt der Aspekt der Kryptologin im Handlungsverlauf eine eher untergeordnete Rolle, was der Geschichte das gewisse Etwas hätte geben können.
Der größte Kritikpunkt ist jedoch für mich, dass dem Fall am Ende jegliche Aufklärung fehlt und mann am Ende mit mehr (neuen) Fragen als Antworten dasteht. Man ist förmlich gezwungen weiterzulesen, weil der Krimi regelrecht mittendrin endet. Auch wenn es sich um den ersten Band einer Trilogie handelt, sollte am Ende wenigstens ein Teil des Geheimnis gelüftet sein oder ein Handlungsstrang abgeschlossen sein und nicht einfach abrupt enden.

Was ein solider und kurzweiliger Krimi mit interessanten Charakteren hätte werden können, ist so stattdessen eine unbefriedigende und enttäuschende Krimilektüre.

Bewertung vom 11.01.2023
The Man I Never Met - Kann man lieben, ohne sich zu kennen?
Cook, Elle

The Man I Never Met - Kann man lieben, ohne sich zu kennen?


sehr gut

Verwählt ins Liebesglück - unterhaltsam und bewegend erzählte Liebesgeschichte

3.5/5

Als Hannah einen Anruf von einer unbekannten Nummer entgegennimmt, ahnt sie noch nicht, dass dieser Anruf ihr Leben verändern wird. Am anderen Ende der Leitung ist Davey aus Texas, der anstatt die richtige Nummer für sein Vorstellungsgespräch zu wählen, bei Hannah gelandet ist. Doch es bleibt nicht bei dem einen Anruf. Sie schreiben sich weiterhin Nachrichten, aus denen Telefonanrufe werden, die wiederum zu Videoanrufen werden. Aus ihrer Freundschaft wird eine Beziehung, die sie kaum erwarten können, sobald Davey bald nach London zieht. Als endlich der Tag gekommen ist, an dem Davey nach London zieht, wartet Hannah sehnsüchtig am Flughafen auf ihn. Doch er taucht nicht auf und schon kurz darauf erfährt Hannah den traurigen Grund für sein Ausbleiben, der zur Folge hat, dass Davey seine Pläne für sein neues Leben in London mit ihr aufgeben muss. Selbst als die Monate vergehen und ihre Liebe für immer verloren scheint, ist keiner der beiden jemals weit weg von den Gedanken des anderen. Wird Hannah doch noch den Mann, denn sie nie getroffen hat, persönlich kennenlernen?


Die Geschichte von Hannah und Davey wird über zwei Jahre erzählt und hält von lustigen über herzerwärmenden und sehr emotionalen Momenten alles bereit. Anfangs nur aus der Perspektive von Hannah und dann später auch aus der von Davey folgt man dank des locker leichten Schreibstils beiden gespannt, wie sie anfangs sich über Whatsapp und Videoanrufen immer näher kennenlernen und wie sie beide ihr Leben auf verschiedenen Erdteilen nach Daveys Schicksalsschlag versuchen weiterzuleben, ohne dabei den anderen vergessen zu können. Man spürt beim Lesen richtig die Chemie zwischen Hannah und Davey, was auch an der guten Charakterzeichnung liegt. Auch wenn die Geschichte eine Slow-Burn-Romanze ist, schafft die Autorin es, das Interesse an der Beziehung zwischen beiden Hauptcharakteren hochzuhalten und ein gutes Gleichgewicht zwischen ernsten und leichten Szenen zu finden.
Berühren konnte mich besonders, wie Davey mit seinem Schicksal umgegangen ist und welche Auswirkungen es auf seine Familie, Freunde, aber auch Hannah hatte.
Leider nahm der Roman zum Ende hin etwas an Qualität ab. Zum einen litt die Glaubwürdigkeit der Geschichte etwas unter den zu vielen zufälligen Zufällen, die zusammen zu konstruiert wirkten, und zum anderen fühlte sich das Ende etwas zu überstürzt an. Ein paar Seiten mehr hätten hier gutgetan und dafür im Mittelteil ein paar weniger.

Nichtsdestotrotz ist "The Man I Never Met" eine unterhaltsame und gefühlvolle Liebesgeschichte, die den Fokus auf die Entwicklung der Beziehung zwischen den beiden Protagonisten legt, auch wenn diese voneinander getrennt sind und sie noch nie in echt getroffen haben.

Bewertung vom 11.01.2023
Saubere Zeiten
Wunn, Andreas

Saubere Zeiten


sehr gut

Eine gut erzählte Familiengeschichte, der etwas mehr Emotionalität gutgetan hätte

In dem melancholisch angehauchten Roman "Saubere Zeiten" von Andreas Wunn ist der Titel Programm, denn in der Familie Auber ist nicht alles so sauber, wie es auf den ersten Blick erscheint.

Als Jakobs Vater Hans nach einem erlittenen Schlaganfall im Sterben liegt, reist Jakob von Berlin nach Trier. In dem Haus seines Vaters findet sich Jakob mit Tonbandaufnahmen seines Vaters und Tagebucheinträgen seines Großvaters Theodor Auber konfrontiert, die ihm ein bis dahin unbekanntes Kapitel der eigenen Familiengeschichte offenbaren. Während er die Tonbandaufnahmen sich anhört und die Tagebucheinträge seines Großvaters liest, erfährt er mehr über die Kindheit seines Vaters und dem Aufstieg und Fall seines Großvaters, dem das bekannte Waschmittel Auber gehörte und durch dieses zu Reichtum gelangte, bis er dieses jedoch durch Fehlinvestitionen verlor. In den Erinnerungen taucht auch der Name Bella auf und Jakob begibt sich auf der Suche nach ihr, eine Suche, die ihn bis nach Brasilien führt.

Wechselnd zwischen Vergangenheit und Gegenwart folgt man gebannt den drei Männern der Familie Auber und stößt dabei auf ein wiederkehrendes Muster, eine fehlende emotionale Nähe und das Verdrängen bzw. Schweigen über Familienangelegenheiten, die die jeweiligen Vater-Sohn-Verhältnisse prägten. Besonders die fehlende Emotionalität spiegelt sich auch im Schreibstil des Autors wieder. Zwar liest sich der Roman flüssig dank der kurzen Sätze und des eindringlichen Schreibstils, aber eine emotionale Nähe lässt sich trotz guter Charakterzeichnung nicht zu den handelnden Personen aufbauen. Dadurch verliert die Geschichte etwas an Schlagkraft, was etwas schade ist, denn es handelt sich um eine lesenswerte und gut konstruierte Familiengeschichte, die so wirklich hätte sich ereignen können.

Der Roman erzählt aber nicht nur eine spannend erzählte Familiengeschichte, sondern auch eine Reise Jakobs zu sich selbst. Im Verlaufe seiner Recherche reflektiert Jakob seine eigenen Beziehungen und Gefühle und erfährt so einiges über sich selbst, versinnbildlicht wird diese durch Erinnerungen an seine Kindheit, an seine gescheiterte Ehe und an Momente mit seinem Sohn.

"Saubere Zeiten" ist insgesamt ein gut erzähltes Familienporträt über verschiedene Generationen, über die Folgen des Schweigens und dass sich Vater und Sohn manchmal näher und ähnlicher sind, als man zunächst denkt. Einzig ein emotionaler Schreibstil hätte der Geschichte gutgetan, so verbleibt diese teilweise doch etwas oberflächlich.

Bewertung vom 07.01.2023
Rote Sirenen
Belim, Victoria

Rote Sirenen


ausgezeichnet

Bewegendes ukrainisches Familienporträt

4,5/5

In dem autobiografischen Roman "Rote Sirenen" verknüpft die Autorin auf fesselnde und bewegende Art und Weise die Vergangenheit mit der Gegenwart, sowohl was die eigene Familiengeschichte wie auch die Geschichte der Ukraine betrifft. Man folgt gebannt, wie die Autorin Victoria Belim sich auf ihre ukrainischen Wurzeln zurückbesinnt und wie sie sich im Jahr 2014 auf dem Weg von Brüssel aus in ihre alte Heimat macht, um dort das Rätsel um Nikodim, dem älteren Bruders ihres Urgroßvaters Sergij zu lösen, der im Kampf um eine freie Ukraine in den 30er-Jahren starb und dessen Geschichte fast ein Jahrhundert später immer noch ein Tabu ist.
Unterkunft findet Victoria bei ihrer Großmutter Valentina im ukrainischen Dorf Krutyi Bereh. Während sie gemeinsam mit ihrer Großmutter sich um den Obst- und Gemüsegarten kümmert, versucht sie mehr über das Schicksal von Nikodim herauszufinden, was aber anfangs auf heftigen Widerstand von Seiten ihrer Großmutter stößt.

Schon bald wird auch klar, was die Hähne auf dem Buchcover und der Buchtitel "Rote Sirenen" mit dem Buchinhalt zu tun haben, nimmt doch das als Hahnenhaus bezeichnete Gebäude des KGB eine wichtige Rolle bei der Recherche über Nikodim ein. So ist der KGB zwar längst aus der Gegend von Poltawa, wo die Familie lebte, zwar längst verschwunden, das ehemalige Hauptquartier des KGBs übt aber immer noch einen Schrecken auf die dortige Bevölkerung aus. Im Hintergrund ihrer Suche nach Antworten spitzt sich der Konflikt mit Russland nach der Annexion der Krim zu, während Victoria die KGB-Archive durchsucht, um Antworten auf ihre Fragen zu bekommen.
Im Verlaufe ihrer Nachforschungen macht sie neue Bekanntschaften und lässt die Leser*innen an der großen ukrainischen Gastfreundschaft teilhaben und bringt so auch einem die ukrainische Kultur und Geschichte näher, die teilweise noch sehr stark von sowjetischen Zeiten geprägt ist.

Auf persönlicher Ebene löst Victorias Rückkehr in die Ukraine und zu ihrer Großmutter bei ihr viele Kindheitserinnerungen aus, an denen sie die Leser*innen teilhaben lässt und die dem ganzen Roman durchziehen und ihm so eine ganz persönliche Note verleihen. Unter der Feder der Autorin werden die Orte, an denen sie ihre Kindheit verbracht hat, lebendig.
Am Ende des Romans hat Victoria nicht nur Antworten auf ihre Fragen in Bezug auf Nikodim gefunden, sondern ihre Suche half ihr auch mit dem Tod ihres Vaters abzuschließen und wieder ihren ukrainischen Wurzeln näherzukommen.

"Rote Sirenen" ist eine berührende, authentische und emotionale Familiengeschichte sowie Reise durch die Ukraine, die obwohl vor dem Beginn des russischen Angriffskrieges 2022 geschrieben wurde, nicht an Aktualität einbüßt. Tolles und eindringliches Familien- und Landesporträt.

Bewertung vom 07.01.2023
Das College
Ware, Ruth

Das College


gut

Spannungsarme Suche nach dem Mörder

Die Prämisse von "Das College" von Ruth Ware ist zunächst vielversprechend und verspricht, ein spannender und wendungsreicher Thriller zu werden. Doch leider ist das nur bedingt der Fall. Anhand wechselnder Zeitebenen wird die Geschichte des ermordeten "It-Girls" April und der Suche ihrer besten Freundin und Mitbewohnerin Hannah 10 Jahre später, wer sie wirklich umgebracht hat, nachdem der vermeintliche Mörder von April im Gefängnis verstirbt.

Hannah Jones ist die Erste in ihrer Familie, die nach Oxford geht und fühlt sich unwürdig, als sie dort ankommt. Die erste Person, die sie kennenlernt, ist ihre Mitbewohnerin April, die schöne Tochter wohlhabender Eltern, die durch eine perfekte Kombination aus Schönheit, Intelligenz, Charme und Glamour von sich reden macht. Sie ist das "It-Girl" und zieht alle in ihren Bann, sodass Hannah am ersten Abend Strip-Poker mit Leuten spielt, die sie gerade erst kennengelernt hat: Will, Emily, Hugh und Ryan, die alle zu festen Freunden werden. Das Universitätsleben ist gut, bis April am Ende des zweiten Semesters ermordet wird.
Zehn Jahre später stirbt der John Neville, der ehemalige Pförtner in Oxford und der vermeintliche Mörder von April, im Gefängnis. Währenddessen erwarten Hannah und Will erwarten ihr erstes Kind und haben die Vergangenheit hinter sich gelassen, bis ein Journalist Hannah kontaktiert und ihr mitteilt, dass neue Beweise darauf hindeuten, dass Neville unschuldig war, und plötzlich werden Hannahs alten Wunden von damals wieder aufgerissen. Sie ist wie besessen davon, die Wahrheit herauszufinden und wieder Kontakt zu ihren alten Freunden aufzunehmen, die jetzt alle etwas zu verbergen scheinen.

Dank des kurzweiligen und angenehm zu lesenden Schreibstils sowie den kurzen Kapiteln lässt sich der Thriller gut lesen, aber richtig gefesselt wurde ich von der Geschichte nicht. Nämlich Spannung kommt erst gegen Ende hin so richtig auf, davor plätschert die Handlung so vor sich hin. Dem Spannungsbogen hätte es insgesamt besser getan, wenn Hannah weniger lang am Anfang gezweifelt hätte und viel schneller sich auf die Suche nach dem wahren Mörder begeben hätte. So wahren ihre wiederkehrenden Gedanken und Sorgen auf Dauer etwas ermüdend.
Leider konnte auch die Enthüllung, wer der wirkliche Mörder von April war, mich nicht richtig überraschen und so für zusätzliche Spannung sorgen.
*Spoiler* Aprils Mord war ein "locked-room"-Mord, es konnte also niemand in das Zimmer rein oder raus gelangen, sodass dem geübten Krimileser ziemlich schnell klar sein wird, was passiert ist, besonders wenn man Aprils Liebe für böse Scherze und ihr schauspielerisches Talent berücksichtigt. Natürlich ist auch der unwahrscheinlichste, dann der wahrscheinlichste Mörder. Für mich war das Rätsel bzw. das Motiv hinter Aprils Ermordung insgesamt zu wenig überzeugend und das Ende wirkte dementsprechend zu konstruiert.
Auch hätte ich mir gewünscht, dass die akademische Welt von Oxford eine größere Rolle gespielt hätte. Oxford dient eigentlich nur als Schauplatz und als Möglichkeit für die Charaktere, sich zu treffen, und deshalb hat das Buch definitiv nicht dieses dunkle akademische Gefühl, das ich mir erhofft hatte.

Alles in allem ist "Das College" ein Thriller, der seinem Namen nicht wirklich gerecht wird. Zu wenig Spannung, zu wenig Dark Academy und wenig Überraschungen sorgen für ein eher unbefriedigendes Leseerlebnis.