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Bookflower173

Bewertungen

Insgesamt 107 Bewertungen
Bewertung vom 23.03.2021
Schlagfertig
Traindt, Michael

Schlagfertig


ausgezeichnet

Hilfreich und Humorvoll!
Jeder kennt es. Plötzlich verläuft das Gespräch in eine ganz andere Richtung, als man wollte, weil mein Gegenüber einen fiesen Spruch macht. Wie kommt man klug und als Sieger aus dieser Situation raus? Dieser Ratgeber gibt hierfür viele hilfreiche Tipps, um selbstbestimmt und schlagfertig aus dem Gespräch zu gehen. Es werden zunächst fünf Vorbereitungsschritte erläutert, um anschließend die fünf Regeln für Schlagfertigkeit kennenzulernen.

Es hat mir sehr viel Spaß gemacht, dieses Buch zu lesen, da es sehr humorvoll geschrieben und super strukturiert ist. Die einzelnen Kapitel fangen zuerst mit einem Theorieteil an, der das Hintergrundwissen leicht verständlich erklärt. Die verwendete Literatur ist im Anhang aufgelistet, sodass man auch nachrecherchieren kann, wenn einen etwas besonders interessiert. Danach folgt der Praxisteil mit vielen Beispielen von Berühmtheiten, KundInnen des Autors Michael Traindt, der selbst Schlagfertigkeitstrainer ist, oder von ihm persönlich. Gerade die persönlichen, humorvollen Beispiele machen das Buch so authentisch und zu einem besonderen Ratgeber!

Jedes Kapitel beinhaltet auch Praxistipps mit Übungen, die man meistens sofort durchführen kann. Die Zusammenfassung am Ende eines jeden Kapitels fasst das Wichtigste noch einmal zusammen.

Ich habe sehr viele hilfreiche Tipps kennenlernen dürfen und habe erfahren, dass Schlagfertigkeit vielfältig ist und nicht einfach bedeutet, bei einem Angriff fies zurück zu kontern. Allein schon nach dem Lesen dieses Buchs fühle ich mich sicherer und habe keine so große Angst mehr, mich im nächsten Gespräch zu blamieren oder sprachlos dazustehen.

Es geht vielmehr darum, die eigene Rolle und die eigene Persönlichkeit besser zu kennen, wobei dieses Buch sehr gut geholfen hat. Ich habe viel über mich und meine Werte gelernt und weiß nun, wo die Quelle der Schlagfertigkeit ist.



Fazit:

Um immer schlagfertig zu sein, bedarf es natürlich an Training. Aber dieses Buch bietet hierfür einen informationsreichen Einstieg und die perfekte Grundlage. Die Strukturiertheit, der Humor und der große Praxisanteil machen es zu einem unterhaltsamen Ratgeber, den man sehr gerne liest und dabei auch sehr viel Hilfreiches lernt! Da das Buch auch sehr persönlich ist, hatte ich das Gefühl, ein tolles Gespräch mit dem Autor über Schlagfertigkeit zu führen, statt "nur" einen Ratgeber zu lesen.

Sehr empfehlenswert!

Bewertung vom 19.03.2021
Lebenssekunden
Fuchs, Katharina

Lebenssekunden


ausgezeichnet

Als wäre man selbst dabei gewesen!

Kassel 1956. Wir begleiten die jungen Frauen Christine und Angelika. Christine hat nun die Chance erhalten, die DDR bei den Olympischen Spielen zu vertreten. Doch ist dies wirklich ihr Traum, oder will sie ihre Mutter nicht enttäuschen? Angelika hingegen wird von der Schule geworfen und möchte das tun, was sie schon immer fasziniert hat. Nämlich Fotografieren! In Westberlin findet sie zunächst keine Lehrstelle, doch das Schicksal meint es gut mit ihr, weil sie bald einen Fotografen kennenlernt, der ihr eine Chance gibt. Der Roman geht bis 1961, das auch das bewegendste Jahr für die beiden Protagonistinnen sein wird.



Meinung:

Nach den ersten Seiten war ich fasziniert davon, wie detailliert und lebendig Katharina Fuchs schreibt. Ich hatte bis zum Ende das Gefühl, als wäre ich die ganze Zeit dabei gewesen. Auch die Emotionen werden intensiv vermittelt, sodass sie auf mich übertragen wurden. Ich habe mit den beiden jungen Frauen mitgelitten und mitgefiebert, was dadurch verstärkt wurde, dass die Geschichte abwechselnd aus Angelikas und Christines Sicht erzählt wird. Die Protagonistinnen sind sehr mutig und sympathisch. aber auch ihre Familien und Freunde werden mit einbezogen und sehr liebevoll in die Geschichte eingebettet. Angelika ist bewundernswert, weil sie an ihrem Traum festhält und nicht auf sich sitzen lässt, dass sie in einer Männerdomäne nicht als Fotografin wertgeschätzt wird. Mit Christine erleben wir, wie das Leben als LeistungssportlerIn in der DDR gewesen ist. Ich wusste noch nichts darüber und habe durch diesen Roman unglaublich viel dazu gelernt. Ich war schockiert darüber, was Christine alles durchmachen musste.



Der Roman vereint historische Fakten und eine fesselnde Geschichte auf perfekte Weise. Auf jeder Seite wird deutlich, wie intensiv die Autorin Katharina Fuchs recherchiert hat. Egal ob es um den Leistungssport, die Fotografie, die Funktionen der Kameras, die Geschichte im geteilten Deutschland oder die Politik geht, all das wird mit einer großen Sicherheit und Detailliertheit beschrieben. Es ist selten, dass ein Roman auf eine so gelungene Weise lebendig, emotional, spannend und informativ zugleich ist.



Fazit:

Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Ich habe es sehr gerne gelesen und hatte das Gefühl, als wäre ich live dabei gewesen. Die Entwicklung der Protagonistinnen habe ich mit großer Interesse verfolgt. Absolut lesenswert!

Bewertung vom 05.03.2021
Was wir scheinen
Keller, Hildegard E.

Was wir scheinen


sehr gut

Hannah Arendt hautnah

Von Hannah Arendt hatte ich nur sehr wenig gehört. Ich wusste, dass sie eine bedeutende Denkerin des 20. Jahrhunderts war, weshalb ich mehr über sie erfahren wollte.

Es handelt sich hier um einen biographischen Roman, in dem wir an den Erinnerungen von Hannah Arendt teilhaben dürfen. Sie fährt im Sommer 1975 ein letztes Mal nach Tegna in die Schweiz und lässt ihr Leben Revue passieren. Dabei geht es um ihre Erlebnisse in Berlin, Paris, Rom, Jerusalem, Frankreich und USA. Auch der Eichmann-Prozess 1961 spielt hier eine große Rolle.

Die Autorin Hildegard Keller hat es geschafft, Hannah Arendt für uns Leser*innen greifbarer zu machen. Durch ihre Gedanken und Gefühle lernt man sehr viel über sie, auch wenn ihre Dialoge mit anderen Figuren im Buch fiktiv sind. Trotzdem ist die Geschichte mir Zitaten von Arendt beschmückt. Der Roman erreicht, dass man eine bemerkenswerte Frau kennenlernt und der Wunschentfacht wird, über dieses Buch hinaus mehr über sie zu erfahren.

Da die Gedankengänge sehr sprunghaft sind, fiel es mir nicht so leicht, ihnen zu folgen. Zudem ist mir aufgefallen, dass es schwierig ist, alles im Roman zu verstehen, wenn man noch nicht viel über Hannah Arendt weiß. Dies hat den Lesefluss ein wenig abgebremst.

Der Schreibstil jedoch ist sehr angenehm und ermöglicht ein flüssiges Lesen. An Witz darf es natürlich auch nicht fehlen. Die Mischung aus den inneren Gedankengängen und den Erlebnissen sorgt für Abwechslung.

Fazit:

Ich habe einiges über Hannah Arendt erfahren können. Durch die Romanform habe ich viele Informationen mit Spaß und ohne Langeweile aufnehmen können. Wenn man noch nicht so viel über Hannah Arendt weiß, kann es sein, dass man einige Male beim Lesen verwirrt ist. Aber man möchte danach weiter über diese bemerkenswerte Frau recherchieren.

Bewertung vom 05.03.2021
Die Mitternachtsbibliothek
Haig, Matt

Die Mitternachtsbibliothek


ausgezeichnet

Es sind die kleinen Dinge im Leben
Nora Seed sieht keinen Sinn mehr darin, weiterzuleben. Ihr Kater Voltaire stirbt, ihre Eltern sind tot, mit ihrem Bruder Joe hat sie keinen Kontakt mehr, sie verliert ihren Job. Niemand scheint sie mehr zu brauchen, sie fühlt sich nutzlos und ihre Depressionen sind so stark, wie nie zuvor. Sie beschließt, sich das Leben mit einer Überdosis Schlaftabletten zu nehmen. Doch anstatt tot zu sein, findet sie sich in einer Mitternachtsbibliothek wieder, in der unzählige Regale mit unendlich vielen Büchern zu finden sind. Die Bibliothek befindet sich zwischen Leben und Tod. All die Bücher handeln von all den Leben, die sie hätte leben können. Sie macht sich auf die Suche nach dem Leben, das perfekt ist und das sie sich die ganze Zeit gewünscht hat? Wird sie es finden?

Meinung:

Die Idee der Mitternachtsbibliothek hat mich fasziniert und dazu bewegt, diesen Roman zu lesen. Und ich wurde nicht enttäuscht. Wir begleiten die Protagonistin Nora und lernen sie im Verlauf des Romans immer besser kennen. Man fühlt mit ihr mit und kann ihre Sorgen nachvollziehen. Es ist spannend zu sehen, wie ihr Leben verlaufen wäre, wenn sie eine einzige Entscheidung anders getroffen hätte. Wenn sie doch die Band mit ihrem Bruder Joe gegründet hätte, wie es sich ihr Bruder gewünscht hat, oder wenn sie das Schwimmen weiter trainiert hätte, wie es ihr Vater wollte. Während Nora in all diese Leben reinschnuppert, kann man beobachten, wie sich ihr Denken beeinflusst. Ihre Entwicklung wird wunderbar aufgezeigt.

Die Geschichte wird mit vielen Weisheiten verschiedener Philosophen ausgeschmückt, was wunderbar passt, da Nora Philosophie studiert hat. Die Bibliothekarin ist ebenfalls eine herzliche Figur, die liebevoll ausgearbeitet wird und eine große Rolle im Roman spielt. Zudem mochte ich die Gespräche über die Quantenmechanik, String Theorie und das Schachspiel, weil sie passend auf das Leben bezogen waren.

Obwohl ich relativ früh eine Ahnung hatte, wie das Buch ausgehen wird, habe ich es mit großem Spaß gelesen, weil die Aussagen über den Sinn des Lebens und die Auswirkungen unserer Entscheidungen sehr interessant und spannend waren. Die Geschichte ist lebensbejahend und nicht bedrückend, auch wenn ernste Themen behandelt werden. Dies ist Matt Haig sehr gut gelungen, weil er mit Humor für Leichtigkeit gesorgt hat.

Zum Beispiel erfahren wir mehr über die Slider, die gerne in andere Welten eintauchen oder wir tauchen in die Welt einer Gletscherforscherin ein und werden von einem Eisbären bedroht. Die Geschichten sind abwechslungsreich und spannend.

Man muss das Leben so nehmen, wie es kommt. Aber man kann es leben, wie man möchte. Denn jeder hat das Potential dazu.

Und es stimmt, was Mrs Elm sagt:

"Das Leben umfasst Millionen von Entscheidungen. Manche groß, manche klein. Doch jedes Mal, wenn man einer Entscheidung den Vorzug vor einer anderen gibt, fällt das Resultat unterschiedlich aus. Es tritt eine irreversible Veränderung ein, die wiederum zu weiteren Veränderungen führt."



Fazit:

Das Buch hat mich berührt und gefesselt. Es handelt sich um eine wunderschöne, lebensbejahende Geschichte, die voller Weisheiten ist und uns in eine magische Welt eintauchen lässt. Ich bin froh, die Mitternachtsbibliothek kennengelernt zu haben.

Bewertung vom 24.02.2021
DAVE - Österreichischer Buchpreis 2021
Edelbauer, Raphaela

DAVE - Österreichischer Buchpreis 2021


ausgezeichnet

Der Glaube an die Technik

Der Programmierer Syz verfolgt wie alle anderen in seinem Umfeld ein Ziel, nämlich eine Maschine mit menschlichem Bewusstsein zu entwickeln. Jeder in diesem Großlabor arbeitet unermüdlich an diesem Großprojekt. Alles dreht sich um die Programmierung von Dave, der erste Künstliche Intelligenz, die sich selbst entwickeln kann und ein Bewusstsein hat. Dies läuft zunächst nicht wirklich, wie geplant. Doch dann gehört Syz plötzlich zu dem Personenkreis der Machtzentrale und ahnt allmählich, welches Ziel mit dieser KI in Wahrheit verfolgt wird.

Meinung:

Das Buch hat mich gefordert, wie es noch kein Buch davor geschafft hat! Es ist bewundernswert, welch komplexen und einzigartigen Roman Raphaela Edelbauer hier geschrieben hat. Alles scheint miteinander verwoben zu sein, man rätselt bis zum Ende mit, wie alles miteinander zusammenhängen könnte. Man wird überrascht und in diese Geschichte hineingesogen.

Es werden viele Fremdwörter und Neologismen verwendet, weshalb ich fasziniert war, von welcher Eloquenz die Autorin ist. Wenn man aber aufmerksam liest, ergeben sich die Bedeutungen der Wörter meistens aus dem Kontext heraus. Generell lohnt es sich hier aufmerksam zu lesen, um wichtige Details nicht zu übersehen.

Es geht um Philosophie, Künstliche Intelligenz, Technik, Informatik, das Gedächtnis und die Sprache. Besonders interessant fand ich die Erwähnung spezifischer Erinnerungshilfen und der Möglichkeiten, das Wissen zu komprimieren. Zwischendurch sind kurze Abschnitte in die Geschichte eingebettet worden, die diese Techniken erklären, bevor sie im Verlauf der Geschichte erwähnt werden. Das ist eine tolle Lösung und ermöglicht den Leser*innen, der Geschichte mit einem besseren Verständnis zu folgen. Der Roman ist oft so aufgebaut, dass die Fragen, die beim Lesen entstehen, kurz darauf beantwortet werden.

Es wird einem bewusst, dass der Wunsch, eine Maschine zu entwickeln, die besser als wir Menschen ist, schon seit langem existiert. Wozu soll Künstliche Intelligenz fähig sein? Kann sie das überhaupt? Wie sollen wir Technik nutzen?

Das Buch besteht aus vielen Verzweigungen, die sich am Ende wieder erfolgreich zusammenfügen. Das Ende ist abgerundet aber zugleich auch offen und lässt verschiedene Interpretationen zu. Die Idee der Geschichte ist einfach so komplex, dass man sich fragt, wie man darauf kommen kann. Mir gefällt dies sehr gut, weil es bei so vielen neuen Büchern im Jahr schwierig ist, etwas zu schreiben, was die Leser*innen nicht schon mal gelesen hat.



Fazit:

Das Buch ist genial und anspruchsvoll. Ich bin wirklich froh, dieses Buch gelesen zu haben und kann nun verstehen, warum Edelbauer 10 Jahre für diesen großartigen Roman gebraucht hat. Es ist definitiv ein Lesehighlight und ich werde das Buch sicherlich noch mindestens noch ein weiteres Mal lesen.

Bewertung vom 23.02.2021
Unter Wasser Nacht
Hauff, Kristina

Unter Wasser Nacht


ausgezeichnet

Sehr atmosphärisch!

Hinter diesem wunderschönen und klaren Cover verbirgt sich eine emotionale und atmosphärische Geschichte, die einen einnimmt und nicht mehr loslässt.

Sophie und Thies haben hatten es nicht leicht mit ihrem Sohn Aaron. Sophies beste Freundin Inga und ihr Mann Bodo scheinen mit ihren Kindern ein glückliches und perfektes Leben führt, worauf Sophie immer ein bisschen neidisch war. Doch nun ist Aaron tot, er ist in der Elbe ertrunken und auch nach 13 Monaten weiß niemand, wie das passiert ist. Dann taucht plötzlich auch eine unbekannte Frau in die Idylle im Wendland auftaucht und Geheimnisse mit sich bringt.

Meinung:

Die erste Seite nimmt den Leser gleich in die Arme und umschließt ihn mit dieser schweren und ruhigen Atmosphäre.
Es ist sehr emotional, Sophie und Thies bei ihrer Trauerbewältigung zu begleiten. Beide gehen anders mit dem Tod des Sohnes um. Thies ist oft an der Leine und ist in Gedanken, Sophie sucht nach der Ursache, die ihr den Sohn genommen hat. Die Emotionen werden greifbarer, indem die Geschichte aus der Sicht von Thies oder Sophie erzählt wird. Ihre Gefühle und Gedanken kann man gut nachvollziehen und die Trauer dieser beiden stach mir ins Herz. Nebenbei erfahren wir auch etwas aus Sicht der anderen Figuren, die zum Umfeld von Thies und Sophie gehören.

Der Aufbau des Romans hat mir sehr gut gefallen. Retrospektiv erfährt man etwas darüber, wie Aaron als Mensch, wie die Freundschaft zwischen den Ehepaaren gewesen ist. Durch die Unbekannte bleibt der Roman bis zum Ende spannend. Sehr schön wurde die Stärke und Wichtigkeit der Freundschaft aufgezeigt sowie das Aufzeigen des Umganges zwischen dem Ehepaar Sophie und Thies. Wie geht man mit Trauer um? Wie findet man zurück ins Leben?

Fazit:

Das Buch ist ruhig und emotional. Die Figuren sind greifbar und die Spannung ist gegeben. Ein sehr schönes Buch!

Bewertung vom 05.02.2021
Kim Jiyoung, geboren 1982
Cho, Nam-joo

Kim Jiyoung, geboren 1982


ausgezeichnet

Ein beeindruckender feministischer Roman!

Wir begleiten Kim Jiyoung in ihrer Kindheit, Jugend und im Erwachsenenalter. Dabei werden viele interessante und schockierende Aspekte thematisiert. Die Großeltern wünschen sich nur Enkel und keine Enkelinnen, der Vater gibt Kim die Schuld, dass sie sexuell belästigt wird, im Job werden nur ihre männlichen Kollegen befördert und, als sie Mutter wird, muss sie alles aufgeben, wofür sie all die Jahre gekämpft hat, um sich um ihre Tochter zu kümmern, während ihr Ehemann sein gewöhnliches Leben weiterlebt. Dies alles führt dazu, dass Kim psychisch krank wird und sich mit Frauen aus ihrem unmittelbaren Umfeld identifiziert.

Inhalt:
Dieses Buch stellt das wahre und unverblümte Leben der Frauen in Korea dar. Es ist erschreckend zu lesen, was die Frauen dort ertragen müssen, aber vor allem deswegen, weil ihr Schicksal auch bei Frauen aus aller Welt vorkommt. Kim Jiyoung und andere Frauen in ihrem Umfeld werden erniedrigt und objektiviert. Alles, was sie tun, wird von den Männern kommentiert und schlechtgemacht.

Das Buch öffnet einem die Augen und zeigt, dass die Frauen und Männer noch lange nicht gleichberechtigt sind und mit ihren Sorgen oft alleine dastehen.

Es wurde in den Jahren scheinbar einiges für die Gleichberechtigung gemacht, aber es wird deutlich, dass dies nur zu sehr kleinen Veränderungen geführt hat, da sich gerade die Einstellung der Männer zu den Aufgabenbereichen der Frauen nicht geändert hat.

Das Schicksal von Kim hat mich sehr berührt und wird mir noch sehr lange im Gedächtnis bleiben.

Der Schreibstil ist leicht und sehr angenehm. Die Sprache ist nüchtern und ungeschmückt, was zu den gefassten, sachlichen und sorgfältigen Überlegungen von Kim passt. Zudem wird zu den Fakten weitere Literatur in Fußnoten an den entsprechenden Stellen vorgeschlagen, sodass man sich weiterhin mit dem Thema beschäftigen kann und sich sicher sein kann, dass die Autorin sehr gut recherchiert hat.

Das Buch hat mich gefesselt und bis zur letzten Seite nicht mehr losgelassen. Die Thematik ist sehr wichtig und es ist unbedingt notwendig, dass man sich intensiver mit Feminismus und Sexismus beschäftigen muss, da Diskriminierung und Erniedrigungen der Frau noch allgegenwärtig sind.

Dieser Roman hat nicht nur in Korea sondern auf der ganzen Welt seine Gültigkeit. Dieses kleine Buch behandelt große Themen auf eine großartige und bemerkenswerte Weise! Jeder sollte es lesen!

Bewertung vom 03.02.2021
Der Klang der Wälder
Miyashita, Natsu

Der Klang der Wälder


sehr gut

Der Weg eines Klavierstimmers

Tomura hört eines Tages zufällig Itadori-san beim Stimmen des Klaviers an seiner Schule zu. Dieser eine Ton, den er anschlug, hat ihn verzaubert und erinnerte ihn an den Klang der Wälder. Seitdem war ihm klar, dass er auch Klavierstimmer werden möchte. Doch nach einem sehr gut abgeschlossenen Studium hat er immer wieder das Gefühl, dass er nicht gut in seinem Beruf ist. Er übt jeden Tag, schaut anderen erfahrenen Klavierstimmern zu und trotzdem sind Kunden nicht von ihm begeistert. Er zweifelt immer wieder an sich. Aber dann trifft er auf die Zwillinge Yuni und Kazune. Gerade Kazunes Art, Klavier zu spielen verzaubert ihn dermaßen, dass ihm mit der Zeit bewusst wird, nur für Kazune den perfekten Klang am Klavier zu erzeugen.

Meinung:

Der Roman ist sehr ruhig und leicht zu lesen. Mir hat es sehr gut gefallen, dass sich die Geschichte so zart und magisch angefühlt hat. Tomura hat viele Selbstzweifel und versucht herauszufinden, was einen guten Klavierstimmer ausmacht. Seine Kollegen, die schon sehr viel mehr Erfahrung haben, waren mir auch sehr sympathisch, da sie weise Tipps für Tomura hatten und verschiedene Sichtweisen auf Perfektion und Klaviere haben.

Gerade Itadori, den Meister im Klavierstimmen, fand ich toll. Er hat immer an Tomura geglaubt und hat ihm ein tolles Zitat vorgestellt, an dem er sich bei der Suche des perfekten Klanges eines Klaviers orientiert. Es stammt von Tamiki Hari, einem Schriftsteller.

"Hell, ruhig, klar, an wehmütige Erinnerungen rührend, zugleich aber mit einer milden Strenge in die Tiefe gehend. Schön wie ein Traum und greifbar wie die Wirklichkeit." (S.59)

Genau das ist die Beschreibung, den er sich auch für den Klang eines Klaviers wünscht, das er stimmt.

Die Liebe zur Musik wird in diesem Buch ebenfalls sehr deutlich. Über das Klavier wird mit viel Liebe gesprochen. Man lernt sehr viel über dieses Instrument und den bemerkenswerten Beruf eines Klavierstimmers kennen, der sich ja eher im Hintergrund aufhält, während allein der Pianist und das Klavier im Vordergrund stehen. In mir hat das Buch die Begeisterung für Musik und das Klavier verstärkt. Für jede Figur hatten diese beiden Hauptthemen eine andere und persönliche Bedeutung, die bei allen wunderschön war. Tomura ist über sich hinausgewachsen und hat endlich das Gefühl gehabt, angekommen zu sein, das richtige zu tun. Viele Figuren finden tatsächlich zu einem sinnerfüllten Leben, was toll ist.

An einigen Stellen gab es oftmals einige wiederholte Sätze und Aussagen, die ich nicht immer für so wichtig empfand. Einige hätte man variieren können. Trotzdem war der Schreibstil poetisch und sehr angenehm. Außerdem hat es mich teilweise genervt, dass Tomura manchmal sehr lange gebraucht hat, um zu verstehen, was seine Kollegen oder Kunden eigentlich meinen und zu ihm sagen.



Fazit:

Dieser Roman war mein erster aus Japan und er hat mich wegen seiner magischen und zarten Atmosphäre begeistert. Die Liebe und Kraft der Musik wird sehr gut vermittelt. Insgesamt ist es ein tolles Buch, das verschiedene Lebensziele der Figuren sehr gut erfasst und lehrreich ist.

Bewertung vom 27.01.2021
Krass
Mosebach, Martin

Krass


ausgezeichnet

Erzählerisch eine Wucht!
Dieser Roman ist etwas Einzigartiges, eine literarische Kunst, die sich vielfältiger sprachlicher und stilistischer Mittel bedient!

Der Geschäftsmann Ralph Krass ist hier die Hauptfigur, die mit Geld jeden um den Finger wickeln und manipulieren will. Er will sich seine Gesellschaft kaufen. In Neapel trifft er dann auf Lidewine, eine ehemalige Assistentin eines Zauberers, die er dann auch in seiner Gesellschaft aufnimmt und mit ihr einen Pakt schließt. Der Assistent Matthias Jüngel ist dafür zuständig, alles für Krass perfekt zu organisieren, sodass nichts schief läuft. Krass` Gesellschaft geht nach einem Eklat zu Bruch und er flüchtet nach Neapel

Meinung:

Das Buch ist unglaublich vielseitig. Es teilt sich in drei Teile auf, die sich alle stilistisch voneinander unterscheiden. Während wir im ersten Teil aus der Sicht eines allwissenden Erzählers Krass und Jüngel näher kennenlernen, ist der zweite Teil in der ersten Person geschrieben, da es sich um Tagebucheinträge vom Assistenten von Krass handelt. Er will sich in Frankreich eine Auszeit nehmen und über das Geschehene und die Gründe für den Ausgang reflektieren. Im dritten Teil treffen Lidewine, Jüngel und Krass wieder zusammen, und viele Jahre später. Der dritte Teil bildet den perfekten runden Abschluss, da es an den ersten Teil anschließt. Den Aufbau fand ich somit sehr gelungen und jeder Teil ist an sich ein Meisterwerk und künstlerisch großartig gestaltet.

Die Sprache ist ebenfalls sehr künstlerisch. Ich musste langsam und aufmerksam lesen, um alles zu verstehen und diese tolle Ausdrucksfähigkeit zu genießen. Die Atmosphäre ist einzigartig und die verschiedenen Schauplätze haben dies nur verstärkt. Wir sind in Neapel, Frankreich und Kairo, nehmen verschiedene Perspektiven ein und lernen außergewöhnliche Figuren und deren Eigenschaften kennen.

Fazit:

Dieses Buch ist etwas Besonderes, erzählerisch und literarisch eine Wucht. Man sollte sich Zeit für dieses Buch nehmen, um seine Vielfalt und Raffinesse zu erkennen und genießen. Definitiv hebt es sich von anderen Büchern ab!

Bewertung vom 25.01.2021
Vati
Helfer, Monika

Vati


gut

Ruhig und persönlich

Monika Helfer nimmt uns in ihrem neuen Buch mit in ihre Vergangenheit. Sie erinnert sich an ihre Kindheit und Jugend, an ihre Zeit mit Vati und auch mit Mutti.

Ihr Vater Josef war der Leiter eines Kriegserholungsheims auf dem Berg Tschengla in Österreich. Dort lebte er mit seiner Familie, sodass Monika dort aufgewachsen ist und viele Erinnerungen an das Leben auf dem Tschengla hat. Der Vater liebte Bücher über alles und war, wenn es um Bücher ging, auch sehr rücksichtslos, was andere angeht. Er war ein sehr ruhiger und schweigsamer Mensch.

Ich habe den Vorgängerroman "Die Bagage" nicht gelesen, was aber nicht schlimm ist. Die Autorin fasst das im Vorgängerroman Geschehene sehr gut zusammen und setzt diesen dann auch gelungen fort. Wir erfahren sehr viel über die Familie ihrer Mutter. Ihre Geschwister nehmen einen großen Teil in der Geschichte ein. Daher habe ich mehr über die Mutter und ihre Familie als über den Vater im Roman erfahren, obwohl das Buch nach ihm benannt ist. Trotzdem hat auch der Vater viel mit der Familie seiner Ehefrau zu tun, sodass es nicht widersprüchlich ist.

Der Roman war angenehm zu lesen. Es herrschte eine sehr ruhige und persönliche Atmosphäre, da die Autorin ihre eigene Geschichte im Buch verarbeitet hat und ihre Erinnerungen sehr authentisch wirken. Das Buch ist aus Monikas Helfers Sicht geschrieben. Sie beschreibt, wie sie ihre Eltern und Geschwister, ihre Tanten und Onkeln, wahrgenommen hat. Sie schreibt sehr liebevoll über ihren Vater. Es gab Momente, in denen sie ihm ganz nahe war und Momente, in denen er abwesend und distanziert gewesen ist.

Monika denkt zurück an diese Zeit und ganz einfache Dinge wie ein Vogelbeerbaum erinnern sie an bestimmte Momente in ihrer Vergangenheit. Diese Momente waren sehr rührend. Auch hat mich das Schicksal von Ferdinand sehr berührt, der ein Invalider im Kriegserholungsheim war.

Die Protagonistin konnte ihre Mutter und ihren Vater nicht wirklich durchschauen, aber sie ist sich sicher, dass sie in Wahrheit nichts über Vati wusste.

"Wenn man einen Menschen ein Leben lang kennt, und erst spät erfährt man, was er im Grunde ist, dann kann man das vielleicht schwer ertragen."

Der Roman zeigt, das Erinnerungen Freude bereiten können, schmerzhaft sein können, oder auch nicht ganz wahrheitsgetreu.

Mir war es stellenweise doch leider zu langatmig. Der Schreibstil hat dies leider nicht besser gemacht, da er meinen Lesefluss abgebremst hat. Das ist bei einem Erinnerungsbuch aber nicht schlimm, da das Erinnern etwas ruhiges und angenehmes ist, wofür man sich Zeit nehmen muss. Die Figuren sind mir, außer Monika und Gretel, distanziert geblieben. Ich konnte keine wirkliche Nähe zu ihnen aufbauen.

Allem in allem finde ich es sehr mutig und authentisch, dass Monika Helfer ein so persönliches Buch geschrieben hat, das von verletzlichen Erinnerungen geprägt ist. Wegen der Langatmigkeit und Distanz ziehe ich zwei Sterne ab. Trotzdem ist es ein sehr angenehmes Buch.