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Benutzername: 
skiaddict7
Wohnort: 
Zürich

Bewertungen

Insgesamt 105 Bewertungen
Bewertung vom 30.08.2018
Königskinder
Capus, Alex

Königskinder


sehr gut

Die Kraft der Erzählung

Max und Tina sind schon über zwanzig Jahre verheiratet. Der jüngste Sohn ist gerade aus dem Haus, sie haben ihn soeben in der Hotelfachschule im Berner Oberland abgesetzt und beschließen dann, die Abkürzung über den gesperrten Jaunpass zu nehmen. Doch es beginnt zu schneien… und als Max und Tina schließlich den Pass erreicht haben, kommen sie nicht mehr weiter. Sie beschließen, die Nacht im Auto zu verbringen. Max möchte die Zeit schneller vergehen lassen und erzählt die Geschichte von Jakob, einem Hirtenbuben aus dem 18. Jahrhundert, der im Greyerzerland aufwächst, in der Nähe des Jaunpasses. Er verliebt sich in Marie, die Tochter eines reichen Bauern. Und so nimmt die Geschichte seinen Lauf, und bringt Jakob bis nach Versailles.

Dies war mein erster Capus. Das Buch ist relativ kurz, knappe 180 Seiten, und liest sich sehr leicht. Max und Tina sind eines dieser lang verheirateten Paare, die sich einfach in und auswendig kennen. Es kommt häufig zu kleinen Sticheleien. Insgesamt fand ich ihren Wortwechsel sehr unterhaltsam. Max ist ein geborener Erzähler; seine Geschichte hat Hand und Fuß. Ich fand die Geschichte um Jakob die unterhaltsamere der zwei Erzählstränge. Jakob ist ein sympathischer, bodenständiger Protagonist. Zu Marie fand ich keinen so guten Zugang, sie wird meist nur eher oberflächlich und flach beschrieben. Gekonnt lässt der Autor historische Details in die Geschichte einfließen, wie z.B. der Ausbruch des Laki-Kraters oder die erste Ballonfahrt der Brüder Montgolfier. Ab und zu wird die Geschichte von Tinas Zwischenfragen unterbrochen, oft kommt es dann zu einem unterhaltsamen hin- und her zwischen den Eheleuten, jedoch trägt dies insgesamt wenig zur Geschichte bei. Capus ist eine gut geschriebene, abwechslungsreiche Geschichte mit einigen lustigen Details gelungen, jedoch ohne große Überraschungen. Ein unterhaltsames, durchaus empfehlenswertes Buch.

Bewertung vom 13.08.2018
Das weibliche Prinzip
Wolitzer, Meg

Das weibliche Prinzip


gut

Nette Geschichte, ich kann den Hype jedoch nicht nachvollziehen

Nach nur wenigen Wochen am College lernt die schüchterne Greer bei einer Veranstaltung Faith Frank kennen, eine berühmte Feministin. Bis kurz zuvor hatte sie sich weder mit Feminismus beschäftigt noch sonst politisch irgendwie engagiert. Mehr zufällig scheint sie, gelenkt von Freundin Zee, sich mit dem Thema zu beschäftigen. Das Treffen mit Faith beeindruckt sie sehr; sodass sie von nun an neue Pläne schmiedet: sie möchte etwas bewirken; mithelfen, um Frauenrechte zu fördern und zu fordern. Und so begleiten wir Greer durch die Jahre am College und wenige Jahre danach. Schon zu Beginn erfahren wir, dass Greer später berühmt werden wird. Auch Faith Franks Leben und das Leben der besten Freundin Zee und Greers Freund Cory werden in dem Buch über mehrere Kapitel abgehandelt.

Ich hatte hohe Erwartungen an das Buch, da es vor dem Erscheinen ziemlich vom Verlag „ge-hype-t“ wurde. Das Buch wird als Roman zur „Me too“-Ära beschrieben. Dies kann man nach dem Lesen des Buches nicht nachvollziehen. Der Roman behandelt im Prinzip die Lebensgeschichte von Greer, Faith Frank und in kleineren Teilen auch die von Greers Freundin Zee und Freund Cory. Jedoch ist dieser Roman weit entfernt von einer Offenbarung zu Frauenrechten oder zur „Me too“ Bewegung. Greer ist eine eher blande Protagonistin, die bis zum Schluss nie wirklich über sich hinauswächst. Für mich hat Greer fast keine Entscheidung ihres Lebens wirklich selbst getroffen, sie scheint stets das zu machen was sich eben ergibt. Eine blühende Frauenrechtlerin? Fehlanzeige. Der Schreibstil ist nicht schlecht, jedoch passiert gemessen an der Seitenzahl erstaunlich wenig in diesem Roman. Einzig die Geschichte von Cory fand ich wirklich interessant. Dieser muss kurz nach dem College eine furchtbare Tragödie miterleben und braucht Jahre, um damit zurecht zu kommen. Dies war wirklich realistisch und auch interessant zu lesen. Die Szene, in der Greer nach Jahren nach Hause zurückkehrt und plötzlich merkt, dass ihre Eltern klüger sind als gedacht und gute Ratschläge geben können, fand ich ebenfalls sehr aufschlussreich. Fazit: nett zu lesen aber weit entfernt von einem Roman über Frauenrechte der heutigen Zeit.

Bewertung vom 06.08.2018
Ida
Adler, Katharina

Ida


sehr gut

Wunderschöne und hochinteressante Zeitreise

Katharina Adler hat mit diesem Buch die Geschichte ihrer Urgroßmutter Ida Adler-Bauer aufgearbeitet, die 1882 in Wien geboren ist. Ida Adler wurde als „Fall Dora“ in Sigmund Freuds Psychoanalyse bekannt. Das Buch umfasst ein halbes Jahrhundert an Idas Lebensgeschichte, beginnend im späten 19.Jahrhundert mit der ungefähr zwölfjährigen Ida. Äußerst gekonnt spannt Adler den Bogen bis 1945. So erzählt sie Idas Lebensgeschichte als junges Mädchen, mit knapp achtzehn als die bekannte Patientin von Sigmund Freud, als Ehefrau und Mutter, und schließlich als Witwe, die während dem 2. Weltkrieg in die USA flüchtet.

Das Buch hat mich sofort ins Österreich vor dem ersten Weltkrieg versetzt. Ida wächst in Wien und Meran auf. Die Autorin verwendet häufig österreichische Ausdrücke, welche beim Lesen zur Authentizität beitragen. Das Leben von Ida hat mich gefesselt. Als Österreicherin und Ärztin fand ich das Buch von vielen Aspekten betrachtet hochinteressant. Der Schreibstil war sehr flüssig und fesselnd, allerdings umspannt das Buch knapp 500 Seiten und ist somit keine leichte Kost. Insgesamt habe ich es sehr gerne gelesen und fand es hochinteressant. Die Sitzungen bei Freud wurden sehr ausführlich beschrieben, was sich manchmal etwas langatmig hervortat. Ich habe nach diesem Roman auch vor, mich weiter mit Freud zu beschäftigen, und mich durch die Quellenangaben des Buches zu arbeiten. Ich kann dieses Buch für interessierte der genannten Themen sehr empfehlen, von mir gibt es 4.5 Sterne.

Bewertung vom 30.07.2018
Der englische Liebhaber
de Cesco, Federica

Der englische Liebhaber


sehr gut

Ein wunderbarer, teilweise etwas (zu) kitschiger historischer Roman

„Heute weiß ich auch, dass wir Frauen nie mehr diejenigen geworden sind, die wir vor dem Krieg waren. Frauen, die sich wochenlang mit Schwielen an den Händen, Blasen an den Füssen und steifen Gelenken einen Weg durch den Schutt freigeschaufelt hatten, die sich Lumpen statt Monatsbinden in den Schlüpfer stopfen mussten – solche Frauen lassen sich nicht mehr bevormunden. Es gibt eine Redensart: Der Krieg stärkt die Nylonstrümpfe und die Frauen. Und sollten wir dir am Ende noch danken, Adolf, du Hurensohn?“

Ich habe dieses Buch förmlich verschlungen. Federica de Cesco führt uns ins Münster der Nachkriegszeit: eine zerstörte, zerbombte Stadt. Die junge Anna arbeitet als Übersetzerin bei der britischen Besatzungsmacht. So lernt sie Jeremy kennen, einen englischen Spion. Die beiden kommen sich näher. Doch eines Tages verlässt Jeremy Münster, und Anna hört nichts mehr von ihm. Sie bleibt fortan alleine zurück, doch sie erwartet ein Kind. Und so nimmt die Geschichte seinen Lauf. Anna, die „Britenschlampe“ mit einem unehelichen Kind. Ihr Leben alles andere als einfach. Charlotte, ihre Tochter, wächst als Schlüsselkind auf und erfährt viel Hass und Zurückweisung.

Der Schreibstil ist sehr flüssig und das Buch ist spannend geschrieben. Die Beschreibungen der Nachkriegszeit und auch des zweiten Weltkriegs fand ich wirklich einprägsam. Anna ist eine starke Frau, die im Leben viel einstecken musste. Besonders ihre Liebe und die Geduld zu der störrischen, vom Leben enttäuschten Tochter fand ich sehr eindrucksvoll beschrieben. Die Liebesgeschichte war mir zum Teil etwas zu kitschig geraten, deshalb gibt es von mir einen halben Punkt Abzug. Dennoch ein wirklich gutes Buch, das ich sehr empfehlen kann.

Bewertung vom 25.07.2018
Der emotionale Rucksack
Dittmar, Vivian

Der emotionale Rucksack


gut

Interessante Überlegungen, jedoch langatmig mit vielen Wiederholungen

All unsere bisherigen Erlebnisse, die wir nicht oder nur wenig verarbeitet haben, tragen wir wie in einem Rucksack mit uns herum: der „emotionale Rucksack“. Erstmal ein anschaulicher Gedanke, der irgendwie einleuchtet. Darum geht es in Vivian Dittmars Buch. Der Gedanke an sich ist nicht neu. Wie heißt es doch so schön, „jeder hat sein Päckchen zu tragen“. Dittmar selbst ist „anerkannte Querdenkerin zum Thema emotionale Kompetenz“. Sie scheint eine Art Psychologin zu sein, wobei sie jedoch keine universitäre Ausbildung zu haben scheint, da sie früh erkannt hat, dass sie das, was sie lernen will, nicht an Universitäten reicher Industrienationen lernen kann (gemäß http://viviandittmar.net/person/).

Das Buch besteht aus drei Teilen. Der erste Teil erklärt die Grundlagen: was füllt unseren Rucksack, wie funktioniert emotionale Aktivierung? Hier gibt es einige seltsam anmutende Erklärungen, zum Beispiel definiert Dittmar hier scheinbar willkürlich Emotion als nicht gefühltes Gefühl aus der Vergangenheit („emotionale Altlast“), im Gegensatz zu einem Gefühl. Manche Aussagen leuchten auch ein.

Teil zwei erklärt bzw. lehrt einen bewussten Umgang mit unseren Altlasten und unserem Rucksack. Hier wird erklärt, wie die emotionale Aktivierung als Chance genutzt werden kann, die Altlasten abzubauen und somit den Rucksack zu erleichtern. Es werden verschiedene Übungen erklärt, um eine „bewusste Entladung“ zu praktizieren bzw. emotionale Aktivierungen, die im Alltag auftreten, zu nutzen um diese Gefühle zu verarbeiten. Das mag vielleicht verrückt klingen, wenn man sich mit dem Thema nicht beschäftigt hat, scheint aber nach dem Lesen des Buches tatsächlich einleuchtend.

Im dritten und letzten Teil wird die emotionale Hygiene erklärt. Das Ziel wäre nämlich, den Rucksack regelmäßig über bewusste Entladungen zu „leeren“ und leicht zu halten, so wie wir uns auch regelmäßig um unsere Körperhygiene kümmern. Auch hier bin ich wieder über zum Teil fragwürdige Aussagen gestolpert. Meint Dittmar doch (S.180): „(…) sind die vielen Infektionen, die sich ausbreiten, weil unser Immunsystem durch mangelnde emotionale Hygiene geschwächt ist.“ Für einen Mediziner eine unglückliche Aussage, welche ohne zugehörige Referenz im Buch zu finden ist. Dennoch war dieser Teil bei weitem der hilfreichste. In „Gefühle als Kraft“ wird erklärt, wie man Gefühle auch positiv nutzen kann. Diesen Teil fand ich sehr anschaulich und hilfreich. Auch zum Umgang mit anderen Menschen in „aktiviertem Zuständen“ konnte ich viel für den Alltag lernen.

Insgesamt fand ich den Ansatz interessant. Das Buch war für mich jedoch sehr schwer zu lesen, es gab viele Wiederholungen und insgesamt fehlte mir der rote Faden ein bisschen, obwohl es immer wieder „Merkkästen“ am Seitenrand gibt. Diese erleichtern zwar das Lesen, jedoch war es trotzdem oft schwierig sich zu orientieren. Nichtsdestotrotz würde ich sagen, dass sich das Lesen gelohnt hat. Insgesamt gibt es von mir leider nur drei Sterne.

Bewertung vom 07.07.2018
Naturnahes Kochen - einfach, gut, gesund
Seitz, Erwin

Naturnahes Kochen - einfach, gut, gesund


gut

Viel Warenkunde und Allgemeines, verhältnismäßig wenige Rezepte

In „Naturnahes Kochen“ erklärt Erwin Seitz, wie seiner Meinung nach die heutige Küche aufgebaut sein sollte. Das Buch ist wunderschön liebevoll gestaltet und qualitativ hochwertig verarbeitet. Der farbenfrohe Einband macht Lust, in das Buch hineinzuschnuppern. In knapp hundert Seiten erläutert Seitz einerseits, was er genau mit „Naturnahem“ Kochen meint, und gibt eine Warenkunde über diverse Produkte. Sein Credo ist „einfach, gut und gesund“. Küche soll überwiegend pflanzlich und regional sein, jedoch unterstützt er Bewegungen wie Vegetarier oder Vegan nicht, ebenso wenig die steinzeitliche Ernährungsweise. Diese sind ihm zu einseitig. Dennoch, und das lese ich gerne, hat gemäß ihm das Fleisch und der Fisch den Vorrang auf dem Teller verloren, „es herrschen eher demokratische Verhältnisse auf dem Teller“. Im Teil „Warenkunde“ wird verschiedenes über Milchprodukte, Obst, Hülsenfrüchte, Getreide, Fleisch und Fisch erläutert. Dieser Teil ist sehr schön aufgebaut und ich konnte einige neue Fakten mitnehmen. Mit manchem war ich allerdings nicht ganz einverstanden. Zum Beispiel wird hier empfohlen, täglich zwei verschiedene Obstsorten zu essen, was meiner Meinung nach ein zu niedrig gestecktes Ziel ist. Dennoch ist dieser Teil sehr gelungen.

Der Rezeptteil umfasst dann knapp 110 Seiten bzw. 24 Rezepte. Auch hier sind viele hochwertige Bilder eingestreut. Mit Zutaten wie Jakobsmuscheln, Weißtannenhonig oder Saibling-Kaviar werden hier durchaus exotische, nicht unbedingt „naturnahe“ Zutaten verwendet. Hier wird das Kocherlebnis etwas geschmälert, da man zu diesen Zutaten nur bedingt Zugriff hat.

Insgesamt eine sehr schöne Idee, mit einer hochqualitativen Umsetzung, jedoch hätte ich mir mehr Rezepte gewünscht, die für den Durchschnittsbürger auch wirklich „naturnah“ oder „näher am Menschen“ sind.

Bewertung vom 05.06.2018
Barbarentage
Finnegan, William

Barbarentage


ausgezeichnet

Eine Leidenschaft, die sich durch ein ganzes Leben zieht

William Finnegan ist ein amerikanischer Autor und Journalist für den New Yorker. Seit seiner Kindheit in Kalifornien und Hawaii surft er, eine Leidenschaft, die sich durch sein ganzes Leben zieht. „Barbarentage“ ist seine Autobiographie und eine Hommage an das Surfen als Lebensstil.

In einem wunderschönen, geradezu poetischen Schreibstil, erzählt Finnegan von seiner Kindheit in Kalifornien, wo er erste Surfversuche unternahm. Während seiner Jugend zogen seine Eltern nach Hawaii. Dort erlebte er erstaunlich viel Rassismus im Alltag an der öffentlichen Schule und begann, praktisch täglich zu surfen. Von da an zieht sich das Surfen wie ein roter Faden durch sein Leben: nach der Schule der Abbruch des Studiums um wieder nach Hawaii zu ziehen, später nach dem nachgeholten Studium eine Reise um die Welt auf der Suche nach den besten Wellen der Welt. Er beschreibt nüchtern die verschiedenen Südseeinseln, die er besucht und auf denen er gesurft hat. Schließlich bleibt Finnegan in Südafrika hängen, weil er nicht mehr genug Geld hat, um Weiterzureisen. Dort arbeitet er während der Apartheid als Lehrer in einem der Township Schools und erlebt Geschichte. Erst später wird ihm jedoch vieles klarer, und er schreibt schließlich Jahre später ein Buch über seine Zeit dort. Es gibt weitere Stopps, unter anderem in Madeira. Viel später, zurück in Amerika, lebt er schließlich in San Francisco und New York. Auch dort findet er das Surfen…

Finnegans Autobiographie ist ein beeindruckendes Werk, das ich für Surfer und Nicht-Surfen gleichermaßen empfehlen kann. Es geht nicht nur um das Surfen, nein, auch die Beschreibungen der Zeit, in der Finnegan aufwuchs, sind sehr interessant. Oft wird man Traurig, wenn man im Lauf des Buchs die Globalisierung mit all ihren negativen Folgen miterlebt. Das Buch ist sehr dicht geschrieben und deshalb nicht einfach zu lesen. Ich habe lange gebraucht und musste immer wieder Pausen machen. Dennoch ist es wunderschön geschrieben, Finnegan hat wirklich eine Gabe zum Geschichten erzählen. Das Buch ist eine Hommage an das Surfen. Finnegan ist auf der ganzen Welt gesurft, teils unter beeindruckenden Bedingungen. Immer wieder kommt es zu gefährlichen Situationen, die ihn seine Leidenschaft überdenken lassen. Er beschreibt eindrücklich, wieviel Arbeit man teilweise in Sportarten hineinstecken muss, um aktiv zu bleiben. Sehr spannend war für mich, wie er sich teilweise in gefährlichen Situationen gefühlt hat. Ein wahnsinnig schönes und informatives Buch.

Bewertung vom 29.05.2018
Der rote Swimmingpool
Buchholz, Natalie

Der rote Swimmingpool


sehr gut

Der Sommer des Erwachsenwerdens

Der siebzehnjährige Adam lebt mit seinen Eltern in einem Einfamilienhaus. Den Garten ziert ein roter Swimmingpool, den Adam mit dem Vater vor Jahren für die Mutter entworfen hat, damit sie das Meer nicht vermisst. Die Eltern lieben sich immer noch, darauf ist Adam stolz. Bis eines Tages alles anders kommt: der Vater nur noch auf Geschäftsreisen. Plötzlich wird Adam informiert, dass die Eltern sich trennen und der Vater ihn nicht mehr sehen will. Für Adam – verständlicherweise – eine Katastrophe. Er versteht nicht, was passiert ist. Und aus Trotz kommt es zu einer Art Kurzschlussreaktion… Monate später lernt er schließlich Tina kennen und erzählt ihr nach und nach seine Geschichte.

Natalie Buchholz ist mit ihrem Debüt ein wirklich besonderer Coming-of-Age Roman gelungen. Der Schreibstil ist unaufgeregt und fesselnd, und zeitweise wollte ich das Buch nicht mehr aus der Hand legen. Die beiden Handlungsstränge nähern sich zeitlich immer mehr an, bis sie am Schluss in der Gegenwart ankommen. Adam ist ein sympathischer Protagonist, in den ich mich gut hineinfühlen konnte. Seine Reaktionen sind sehr gut nachvollziehbar. Schön wird illustriert, wie es für ein Kind ist, wenn die Eltern sich trennen, auch wenn das „Kind“ schon fast volljährig ist. Zu Beginn sind die Eltern beide Adams große Vorbilder. Im Laufe eines Sommers erkennt er, dass Eltern auch nur Menschen sind und macht seine eigenen Erfahrungen in der Liebe. Ein sehr schönes, teils locker-leichtes aber teils nachdenklich stimmendes Buch.

Bewertung vom 21.05.2018
Das Eis
Paull, Laline

Das Eis


sehr gut

Spannender Thriller, leider wenig echter Umwelt-Bezug

Wir befinden uns im Jahr 2018. Ein Luxuskreuzfahrtschiff ist auf der Suche nach Eisbären in der Arktis. Doch die Tiere sind sehr selten geworden. Schlussendlich entschließen sie sich, in das gesperrte Gebiet nahe der Midgard Lodge zu fahren, wo kurz zuvor ein Eisbär gesichtet worden sei. Doch sie werden Zeuge eines viel gewaltigeren Schauspiels: das „Kalben“ des Gletschers, wodurch schließlich eine Leiche aus dem Eis freigegeben wird. Es handelt sich um Tom Harding, einen Umweltaktivisten, der drei Jahre zuvor bei einer Expedition verschollen ist. Er war damals zu zweit mit seinem Kollegen und Freund Sean Cawson auf Erkundungstour in Gletscherhöhlen, als bei einem Sturm eine Höhle zusammengestürzt ist. Sean hat überlebt. Nachdem die Leiche freigegeben wird, muss Sean sich endlich mit der Vergangenheit auseinandersetzen, und lernt dabei mehr als er sich je vorstellen hätte können…

Laline Paulls Schreibstil ist außerordentlich fesselnd, das Buch ist spannend geschrieben. Sie hat zweifellos ein sehr aktuelles Thema aufgegriffen. Leider ist das Thema Umwelt und Klimawandel in dem Buch jedoch nur zweitrangig. Zwar werden gewisse Fakten erwähnt, jedoch ist oft unklar ob es sich um wahre Fakten handelt, und diese werden meist nicht weiter ausgeführt. Von diesem Aspekt hatte ich mir mehr erhofft. Die Umweltaktivisten Tom und auch seine Freundin Ruth sind sehr realistisch dargestellt und ich konnte deren Frustration fast durch die Seiten spüren. Die Geschichte ist sehr gut durchdacht mit vielen Facetten und Überraschungen. Ein sehr gut geschriebener und spannender Thriller.

Bewertung vom 14.05.2018
#EGOLAND
Nast, Michael

#EGOLAND


weniger gut

Leider nichts Neues dabei

„Wahrscheinlich beruhte das Drama im modernen Menschen auf diesem großen Missverständnis, dachte er; den Unterschied zwischen beruflichem Erfolg und privatem Glück nicht zu erkennen oder genauer: beruflichen Erfolg mit Glück zu verwechseln.“

Wer „Generation Beziehungsunfähig“ gelesen hat, kennt den Stil von Nast. In diesem Roman geht es – Überraschung! – um dasselbe Thema. Diesmal verpackt als Roman, der wohl auf wahren Begebenheiten beruht. Die Generation der „Millenials“: die Unfähigkeit, zu Lieben; Egoismus, Narzissmus; ein Leben, das sich nur in sozialen Medien abspielt. Deshalb geht es nicht um verschiedene Bekannte von Nast, sondern gibt es vier Protagonisten. Erstmal Andreas Landwehr, der wohl wichtigste von allen. Er ist selbst Autor, und hat sich nach seinen Nachforschungen zu seinem zweiten Roman das Leben genommen. Sein Wunsch: Michael Nast soll den Roman zu Ende schreiben. Und nicht nur das, eigentlich hat er mit dem Schreiben noch gar nicht angefangen. Leonie ist eine weitere Protagonistin. Sie ist 25, Psychologiestudentin, und auf der Suche nach der großen Liebe. Leider hat sie aber ständig nur Dates mit uninteressanten, gemäß ihr selbst „austauschbaren“ Männern. Dann gibt es noch Christoph und Julia, die scheinbar in der perfekten Beziehung sind. Andreas kennt sie alle und beginnt, mit ihnen ein Puppenspiel zu spielen. Alle versucht er, auf seine Weise zu beeinflussen. Mit tragischem Ende…

Die Geschichte beginnt sehr langatmig, sicher mehr als die ersten hundert Seiten werden verwendet, um die Protagonisten sehr detailreich vorzustellen. Dies ist für den Leser sehr beschwerend und ich kam nur langsam voran. Andreas Landwehr ist ein Narzisst vom Feinsten, seine Welt dreht sich nur um ihn selbst und er kann es nicht nachvollziehen, wenn eine Frau nicht an ihm interessiert ist. Nur ein Narzisst kann außerdem auf die Idee kommen, seine Mitmenschen mit dem Ziel zu beeinflussen, Beziehungen zu zerstören. Seine Ideen nehmen immer abstrusere Formen an, weil er beschließt, ohne Julia nicht leben zu können, die jedoch mit Christoph in einer Beziehung ist. Die anderen Protagonisten geraten mehr zufällig in seine Fänge; sie alle sind typische „Millenials“, ebenfalls ziemlich von sich selbst eingenommen und mehr mit dem Schein als mit ihrem wirklichen Leben beschäftigt. Besonders Leonie lebt sehr dafür, sich nach außen richtig darzustellen, obwohl sie das eigentlich gar nicht will. Extrem befremdlich sind mehrere Szenen im Roman, in denen Nast selber vorkommt. Die Art und Weise wie er dies aus Andreas Sicht beschreibt, und Andreas auf ihn eifersüchtig sein lässt, lässt nur schließen, dass er ebenfalls narzisstisch veranlagt ist; ein Schluss, den ich schon nach „Generation Beziehungsunfähig“ gezogen habe. Das Aufschlussreichste an dem Buch ist zweifelsohne der Epilog, in dem Nast seine Gedanken zu unserer Gesellschaft noch einmal darlegt. Dies ist zwar interessant, aber auch nichts wirklich Neues. Gesellschaftskritik ist gerade „in“, aber es gibt einige Bücher, die ich hier mehr empfehlen würde als dieses. Einzelne Passagen enthielten interessante Aussagen, die mir gut gefallen und mich zum Nachdenken gebracht haben. Fazit: leider keine neuen Gedanken, wofür es sich lohnen würde, diesen Roman zu lesen.