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Bücherstadt
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Berlin
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Insgesamt 126 Bewertungen
Bewertung vom 28.11.2013
Das Buch YOLO
Y-Titty

Das Buch YOLO


gut

Die drei Jungs von Y-Titty sind schon lange große YouTube-Stars und erheitern ihre Fangemeinde immer wieder mit ihren Songparodien, die nicht nur stimmlich, sondern auch bildlich einer guten Qualität entsprechen. Seit der Echonominierung für das beste national Video sind sie auch außerhalb des Kanals bekannt.

Bereits vor einem Jahr haben sie im Carlsen-Verlag ihr „Nicht-Buch“ veröffentlicht. Darin ging es hauptsächlich um alle Dinge, zu denen sie schon immer mal etwas sagen wollten, die es aber in keine anderen Bücher geschafft haben. Zum Beispiel wird das Walprogramm von Frank Weiß, der auch eine Y-Titty-Figur ist, vorgestellt.

Vor kurzer Zeit haben sie ihr zweites Werk „Das Buch YOLO“ vorgelegt. YOLO ist ein momentan gängiger Begriff der Jugendsprache, der den Satz „You only live once“ zusammenfasst und mit einem bestimmten Lebensgefühl einhergeht. Dieses Lebensgefühl, die dazugehörigen Aktivitäten und notwendigen Gadgets werden von Y-Titty in ihrem Buch ausführlich beleuchtet. Bevor man sich jedoch durch die alphabetisch sortierten Beschreibungen lesen kann, muss man zunächst einen Test absolvieren, der Auskunft über den eigenen YOLO-Grad gibt. Anschließend darf man sich die 10 YOLO-Gebote zu Gemüte führen, die den Leser auf die kommenden 55 Punkte einstimmen sollen.

Und dann geht es bunt, stark bebildert und in frecher Sprache um Dinge wie Beruf, Chillen, Drogen, Freunde, Kinder, Sex, Party und Wetten. Und selbst der Begriff YOLO wird noch einmal umfangreicher erklärt.

Die Zielgruppe des Werkes ist ganz klar im Alter von unter 30 Jahren zu suchen. Das sagen die Autoren auch immer wieder. Die wichtigsten Punkte ihrer YOLO-Liste sollte man bis dahin also abgearbeitet haben. Was danach kommt, bleibt eher in der Dunkelheit bzw. wird den Lesern hin und wieder suggeriert, dass danach wahrscheinlich gar nichts mehr kommt. Ich bin also mit meinen 31 Jahren nicht wirklich eine der Leserinnen, die sich die drei Herren wohl vorgestellt haben. Trotzdem sind mir eigentlich alle Dinge, die in dem Buch beschrieben werden persönlich bekannt und durch meine Schüler bleibe ich auch irgendwie immer am Ball. Ich will ja schließlich nicht, dass die mich für eine alte Mutti halten. Daher fand ich es ganz amüsant, mich mit den einzelnen Unterthemen ein wenig zu beschäftigen.

Die Gestaltung des Buches wirkt sehr aufwendig und modern. Es wird mit vielen verschiedenen Schrifttypen, Schriftgrößen und Farbe experimentiert. Das mag auf den ersten Blick etwas ungewohnt für die (älteren) Augen sein, ist aber irgendwie sehr nett und erfrischend. Zudem passt es zu dem Autorentrio, dem Thema und den witzigen Bildern, die übrigens aus den Y-Titty-Videos stammen.

Hinsichtlich der Sprache haben mich die Autoren überrascht und man muss in diesem Punkt wohl dem Lektorat ein großes Lob aussprechen. Die Sätze wirken auf der einen Seite überlegt, sind aber auf der anderen Seite von Humor geprägt und verwenden Begriffe aus der jugendlichen Alltagssprache. Teilweise habe ich bestimmte Abschnitte zweimal gelesen, weil ich nicht glauben konnte, dass grammatikalische Korrektheit und diese Leichtigkeit gleichzeitig möglich sind.

Den Inhalt habe ich oben bereits beschrieben und es ist auch schon klar geworden, dass ich das Thema nicht uninteressant finde. Häufig habe ich beim Lesen sogar gelacht oder geschmunzelt. Aber an einigen Stellen habe ich mich auch gefragt, ob ein jugendlicher Leser diesen Humor jetzt verstehen würde. Nimmt nicht vielleicht doch der ein oder andere Leser die Sache ein wenig ernster? Im Endeffekt habe ich mir dann aber gedacht, dass es sich ja nun wirklich nur um ein spaßiges Geschenkbuch handelt. Das stellte mich aber wiederum vor ein anderes Problem: Wem würde man solch ein Buch schenken? Meine Empfehlung geht eher in die Richtung der Y-Titty-Fans und Menschen in den 20ern, deren Humor sich mit dem des Autorentrios an vielen Punkten überschneidet.

Bewertung vom 10.11.2013
Rache für Rosa / Milchpiraten Bd.2
Lüftner, Kai

Rache für Rosa / Milchpiraten Bd.2


ausgezeichnet

Die Folgen des ersten Milchpiraten-Abenteuers sind fast nicht mehr sichtbar, nur die Angst, dass die Eltern doch die ganze Wahrheit erfahren würden, steckte einigen noch in den Knochen. (...) In diese stille Sommerruhe platzt Swanni, Lewins kleine Schwester, die leider auch bei der Milchpiratenparty anwesend war. Die Aufregung der Jungs hatte sie damals genutzt und in den peinlichsten Situationen Fotos gemacht. Niemand hatte das bemerkt. Doch jetzt steht sie mit einem ziemlich bescheuerten Foto vor Bruno. Aber nicht nur das. Nein, sie hat auch die gesamte Medel-Bande mitgebracht und diese stellt einen Forderungskatalog vor, der unter anderem die Übergabe der Milchpiraten-Bude beinhaltet. Wenn die Jungs sich nicht an den Katalog halten, werden insgesamt 12 Fotos an die Eltern übergeben. (...)
Kai Lüftner schafft es erneut eine wunderbare Geschichte zu erzählen, die Kindern aus dem Herzen spricht. Die Ferien werden zu einem riesengroßen Abenteuer, in dem jeder eine wichtige Rolle spielt. Dabei werden die unterschiedlichen Charaktere und das jeweilige Können der Personen hervorragend in die Geschichte eingebunden. Die Protagonisten wirken in keiner Weise aufgesetzt und die Handlung ist durchweg nachvollziehbar. Sie zeigt, dass es auch in der Welt der Kinder wunderbare und gefährliche Abenteuer gibt, denen man sich stellen muss und die man auch als Kind bewältigen kann. Erzählt wird die Geschichte zwar erneut aus der Sicht der Milchpiraten und die Tagebucheinträge von Matz ergänzen die Handlung auf eine sehr humorvolle Art und Weise, im Mittelpunkt stehen aber nicht mehr nur die Piraten. Auch über die Medels-Bande wird viel erzählt und es wird gezeigt, dass Mädchen und Jungs doch ganz gut miteinander auskommen können. Tatsächlich sind sich die Mädchen und die Jungen sogar sehr ähnlich. In diesem Zusammenhang schafft es der Autor ganz nebenbei von den pubertären Problemen zu berichten. Er zeigt dem Leser bzw. Zuhörer, dass der Konflikt, der durch ein erstes Verliebtsein entsteht, völlig normal ist. Auf der einen Seite kann man Mädels gar nicht leiden und will nur mit den Freunden die Zeit verbringen. Aber auf der anderen Seite löst das Zusammensein mit einem Mädchen ganz komische Gefühle aus. Das hat natürlich auch Auswirkungen auf die bestehenden Freundschaften. Die Lösung der Reibereien wird hier nicht verraten, gefällt uns aber sehr gut und wird richtig spannend erzählt. Dass diese Botschaft auch bei den jungen Lesern gut ankommt, liegt an der Sprache, die kindgerecht aber nicht langweilig ist. Die Satzlänge und die Wortwahl führen zudem bei den Kindern zu einem sehr guten Verständnis des Textes. (...)

Die Zeichnungen sind einfach und gleichzeitig lustig. Zudem wird das Buch nicht mit übermäßig vielen Bildern überfrachtet. Allerdings kann ich mich bis heute leider nicht mit dem Cover anfreunden, dass auch rosa gehalten ist. In jedem Gespräch, das ich über das Buch geführt habe sowie bei der ersten Betrachtung mit meinem Sohn, wurde angesprochen, dass es schlicht wie ein Buch für Mädchen aussieht. Interessierte Eltern haben sogar vom Kauf abgesehen, weil ihre Söhne schon selbst lesen und es ihnen wahrscheinlich peinlich wäre, wenn sie mit einem solchen Buch gesehen werden. Hier hat man es sich glaube ich mit einigen potenziellen Lesern verscherzt. Und das ist gerade in Anbetracht der tollen Geschichte und der Eignung für Jungen und Mädchen sehr schade.

Fazit: Für uns handelt es sich um eine wundervolle Fortsetzung, die aber auch als Einstieg in die Reihe genutzt werden kann. Die Geschichte wird sehr humorvoll, spannend und liebevoll erzählt. Hoffentlich folgen noch weitere Bände!

Bewertung vom 08.10.2013
Wo kommst du denn her?
Laufmann, Peter

Wo kommst du denn her?


sehr gut

- Wie und warum Tiere und Pflanzen wandern und sich an anderen Orten niederlassen -

Bereits Ende Juni erschien im Hause Carlsen ein Buch, das sich ausführlich mit Tieren, Pflanzen und ihren Lebensräumen beschäftigt. Gleichzeitig werden mit dem Werk aber auch junge Forscher aufgefordert, sich ihre Umgebung genauer anzusehen und interessierte Fragen zu stellen. Wie dies genau aussieht, habe ich mir mit meinem 6-jährigen Tester ausführlich angeschaut.

Nach dem Auspacken des Buches, waren wir erst einmal über die Größe und die Aufmachung erstaunt. Mit 25,8 x 27,6 cm ist es nicht gerade für den kleinen Rucksack geeignet. Da man es aber auch als Forscherbuch benutzen soll, braucht man natürlich viel Platz zum Schreiben und nimmt das Format gerne in Kauf. Der Einband ist richtig stabil und die einzelnen Seiten sind als Ringbuch zusammengefasst. Neben den erwähnten Seiten für Notizen, die immer wieder zwischen den Kapiteln auftauchen, befindet sich am Ende auch eine stabile Folie, die das Sammeln und Aufbewahren von Fundstücken ermöglicht. Trotz der über 70 Seiten ist innerhalb der Deckel auch noch so viel Platz, dass man die Folie ordentlich befüllen kann. Mit Klammern kann man übrigens auch sehr gut weitere Zettel oder kleine Taschen befestigen sowie in die Spiralbindung einen Stift klemmen. Bezüglich der Outdoorfähigkeiten schnitt das Buch also schon einmal gut ab.

Auf der ersten Seite versucht der Autor auch gleich seine Leser für die exotischen Lebewesen in der eigenen Umgebung zu begeistern. Abgesehen von dem Satz “Mittlerweile gehören sie in Köln, Düsseldorf und Bonn zum Alltag”, der aus meiner Sicht nicht gerade weltmännisch und aufgeschlossen wirkt, wird auch wirklich Interesse geweckt. Das folgende Inhaltsverzeichnis zeigt dann, dass das Buch in zwei große Abschnitte und einen Glossar gegliedert ist. Zunächst geht es erst einmal darum wie die verschiedenen Arten in alle Ecken der Welt gelangen konnten und was es bedeutet, wenn neue Arten in einem Lebensraum auftauchen. In der zweiten Hälfte geht es um zehn verschiedene Lebensräume und ihre bekannten sowie weniger bekannten Bewohner.

Alle Kapitel sind wunderschön gestaltet und punkten mit einer guten Auswahl an Fotos. Die Texte sind kindgerecht verfasst und enthalten genau die Informationen, die Grundschulkinder interessieren. Zudem erhält man Informationen, die ein bisschen wie Insiderwissen wirken und den kleinen Forschern ein gutes Gefühl vermitteln. Gleichzeitig kann der Umfang der Informationen und die Fülle an Lebensräumen auch zu einer Überforderung führen. Denn nicht alle Orte kann man mit dem Buch sofort aufsuchen. In manchen Fällen führt dies dann sicher zu Enttäuschungen. Dem entgeht man aber, wenn man das Buch immer mal wieder zu einem geeigneten Zeitpunkt aufschlägt oder auf eine Reise mitnimmt und nicht als Liste sieht, die man abarbeiten muss.

Fazit: Wir hatten mit dem Buch viel Spaß und haben uns vorgenommen mehr über die Tiere und Pflanzen zu erfahren, die man in unserer Umgebung finden kann. Einen Notizblock, eine Becherlupe und Folien nehmen wir jetzt auch immer mit auf den Spaziergang. Der Autor hat uns also angesteckt :-)

Bewertung vom 04.10.2013
Der glücklose Therapeut
Shpancer, Noam

Der glücklose Therapeut


weniger gut

Als sich David Winter für den Beruf als Psychologen entschied, geschah dies eher aus Pragmatismus und nicht aus Leidenschaft. Er hatte sich teilweise reichlich überschätzt, wurde den eigenen Erwartungen nicht gerecht und wählte das geringste Übel. In einer Gemeinschaftspraxis kümmert er sich um durchschnittliche Menschen, die hauptsächlich depressiv sind. Ebenso wie sein Job trottet auch sein Leben irgendwie vor sich in. Er ist verheiratet, hat eine erwachsene Tochter und bewohnt ein durchschnittliches Haus in einer durchschnittlichen Gegend. Es scheint somit alles normal und David zieht noch nicht einmal in Erwägung, dass sich diese Situation jemals ändern könnte.
Doch plötzlich kommt es zu einem Zusammenbruch der heilen Familienwelt und gleichzeitig taucht ein sehr kauziger Patient auf, der den gestandenen Psychologen in die Verzweiflung treibt.

Shpancer ist selbst Therapeut und kann daher sicherlich einen sehr guten Eindruck in die Welt der psychologischen Therapeuten ermöglichen. Diese Verbundenheit mit dem eigenen Beruf führt aber aus meiner Sicht auch dazu, dass man selbst nicht merkt, wenn man langweilig wird. Man redet über Dinge, die andere nicht verstehen oder an denen sie kein Interesse haben. Teilweise möchte man dann auch bemitleidet werden, erntet aber nur ein müdes Kopfschütteln. Genau dieser Eindruck ist auch bei mir entstanden als ich das Buch gelesen habe. Ich habe großartiges erwartet, weil das erste Buch des Autors so gelobt wurde und der Klappentext Spannung versprach. Bei mir entstand der Eindruck, dass der Protagonist ein völlig gewöhnlicher Mensch ist, dessen Ehe auseinanderbricht. Zusätzlich hat er noch einen merkwürdigen Patienten, dessen Therapie nicht richtig anschlägt. Dabei werden Persönlichkeitsmerkmale des Patienten für den Leser offensichtlich, die dem erfahrenen Therapeuten anscheinend nicht auffallen. Also gut, man kann sagen, dass David Winter in die Jahre gekommen ist und deshalb sein Blick etwas verklärt ist. Das allein macht aber noch keine spannende oder interessante Geschichte aus. Leider wird der Leser auch nur sehr kurz aus der Lethargie gerissen, wenn andere Figuren auftauchen, die die Geschichte kurzzeitig in Schwung bringen.

Fazit: Leider eine recht eintönige Geschichte über einen Mann, der plötzlich merkt, dass er in den letzten Jahren eigentlich nicht viel gemerkt hat. Schade.

Bewertung vom 22.07.2013
Die Geschichte von Zoe und Will
Halbrook, Kristin

Die Geschichte von Zoe und Will


sehr gut

Zoe ist ein sehr stilles Mädchen, das bereits ihre Mutter verloren hat und nun mit ihrem Vater alleine in dem Haus der Familie lebt. Da er allerdings Alkoholprobleme hat und mehrfach gewältig wurde, hat die 15-Jährige ein ziemlich schweres Leben. Und obwohl sie sich um den Haushalt und die Finanzen kümmern muss, schafft sie es sehr gute Ergebnisse in der Schule zu erzielen.
Der noch 17-jährige Will ist das genaue Gegenteil. Er ist von einer Pflegefamilie zur anderen gewandert und lebt zu Beginn der Romanhandlung in einem Pflegeheim für Jugendliche. Allerdings ist diese Zeit begrenzt. Daher will er kurz nach seinem 18. Geburtstag das Heim und gleichzeitig auch die Schule verlassen.

Verbunden sind diese beiden völlig unterschiedlichen Charaktere über die Liebe, die mit Wills Fürsorge begann.
Obwohl Will nicht der einzige Mitschüler Zoes war, dem ihre vielen blauen Flecken aufgefallen sind, war er es, der den Mut aufbrachte das Problem direkt anzusprechen. Er hat sich nicht von Zoes Geschichten oder ihrer Schminke blenden lassen. Will war hartnäckig und gleichzeitig verständnisvoll. Zoe war ihm gegenüber aufgeschlossen, weil sie ihn schon vorher beobachtet hatte und ihr Herz immer wild pochte, wenn sie diesen süßen Jungen sah, der so hart wirkte und gleichzeitig etwas Zerbrechliches an sich hatte. In der Folge dieser ersten Kontakte trafen sie sich eher heimlich und verbrachten jede freie Minute miteinander. Als ihnen bewusst wird, dass sie einfach zueinander gehören, schmieden sie einen Fluchtplan, der ihnen ein gemeinsames Leben ermöglichen soll. Doch schon der Beginn der Flucht verheißt nichts Gutes.

Kristin Halbrook erzählt die Geschichte der beiden Liebenden abwechselnd aus ihrer eigenen Sicht. Die Sprache und die Gedanken sind auf den jeweiligen Charakter abgestimmt und die Autorin erschafft so ein sehr differenziertes Bild der beiden Personen und der Handlungen. Aber trotz dieser zwei Ansichten kommt es nicht zu großartigen und langweiligen Dopplungen im Erzählfluss.
Die Sprache wirkt durchweg frisch, locker und vor allen Dingen nicht aufgesetzt. Man nimmt der Autorin ab, dass hier wirklich zwei Jugendliche erzählen. Wenn es allerdings um die Gefühle zueinander und insbesondere um die Vorstellungen von Liebe geht, kann man das alles als Leser sehr gut nachempfinden, hat aber teilweise den Eindruck, dass nicht zu einer 15-jährigen Figur passt. Sicherlich mag sie sehr intelligent sein, aber in diese Gefühle und Meinungen mischt sich auch eine Menge Lebenserfahrung, die Zoe beim besten Willen nicht haben kann. Daher habe ich meine Bedenken, dass jugendliche Leser alle Gefühlsäußerungen wirklich nachvollziehen können. Aber selbst ohne ein tieferes Verständnis dieser Aspekte bleibt die gesamte Geschichte interessant und spannend. Halbrook schafft es nämlich, eine rasante Reise durch Amerika zu beschreiben, die auch von tragischen Ereignissen gesäumt ist und deren Salz in der Suppe die Gespräche der beiden Ausreißer im Auto sind.
Als Leser verkriecht man sich schon nach den ersten Seiten an einen bequemen Platz und blendet alles aus. Die Zeilen fliegen nur so dahin und man kann nicht mehr mit dem Lesen aufhören.
Das Ende ist dann fulminant und gleichzeitig stimmt es einen nachdenklich. Man klappt das Buch zu und ist dankbar, dass man Zoe und Will begleiten konnte. Und diesbezüglich ist es egal, ob man ein jugendlicher oder erwachsener Leser ist. Denn für jeden halten die beiden eine Menge Weisheiten bereit, die ihre Wirkung erst später entfalten und dafür sorgen, dass man die eigene große Liebe, wenn man sie bereits gefunden hat, einfach nur ewig festhalten will.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 12.07.2013
Für immer
Lüftner, Kai;Gehrmann, Katja

Für immer


ausgezeichnet

Eigentlich habe ich Kai Lüftner für eine kleine Spaßkanone gehalten, weil seine Milchpiraten mich immer zum Lachen bringen und den Alltag so wunderbar auf den Kopf stellen. Daher war ich sehr neugierig über sein Buch „Für immer“, welches den Tod eines Elternteils thematisiert.

Obwohl, eigentlich ist das schon ein Fehler. Denn im Zentrum des Buches steht nicht das Ereignis an sich. Es geht viel mehr um das Gefühl, das plötzlich da ist, wenn man einen geliebten Menschen verloren hat und er für immer fort ist. Man selbst bleibt zurück und muss mit dem neuen Leben zurechtkommen, in dem die Menschen einen ganz komisch behandeln. Sie werden zu Flüsterern, Grinsern oder Sprachlosen.

Dem kleinen Egon können diese Leute auch nicht helfen, weil man ja nicht wirklich etwas gegen das „Für immer“ machen kann.

Wie Egon diese Menschen wahrnimmt und wie er sich nach dem Tod seines Vaters fühlt, beschreibt Kai Lüftner mit wenigen und klaren Worten, die sich sofort einen Weg in das Herz des Lesers bahnen. Man kann gar nichts dagegen tun. Am liebsten möchte man Egon in den Arm nehmen und ihm zur Seite stehen. Doch wenn man sich die Bilder von Katja Gehrmann anschaut, merkt man schnell, dass das gar keine Hilfe für den kleinen Mann wäre. Trotz seines jungen Alters ist er nämlich viel stärker und klüger als jeder Erwachsene. Und irgendwie empfindet man Stolz für den fremden Jungen, der versucht mit der veränderten Situation klarzukommen.

Damit wird auch schon klar, dass die Illustrationen in diesem Buch nicht nur ein nettes Beiwerk sind. In vielen Bilderbüchern geben sie ja nur das wieder, was im Text berichtet wird. Lüftner und Gehrmann sind hingegen eine Art Symbiose eingegangen, die ich gar nicht richtig beschreiben kann. Die Zeichnungen sind praktisch eine Erweiterung der Geschichte und beinhalten Details, die handlungsrelevant sind, aber auch den jungen Zuhörern sofort ins Auge fallen. Man muss also einen Bezug zwischen Text und Bild herstellen. Das daraus ein tolles und nachhaltiges Leseerlebnis wird, rührt auch daher, dass beide in ihrem jeweiligen Teilbereich wirklich sehr gut sind. Schaut man sich zum Beispiel völlig unabhängig von der Geschichte die Zeichnungen an, fallen zuerst die liebevoll gestalteten Vorsatzseiten auf. Ich möchte gar nicht verraten, wie sie genau gestaltet sind. Das muss sich jeder selbst anschauen, weil es einfach eine hinreißende Idee ist. Auf den eigentlichen Buchseiten hat man dann durchgängig das Gefühl, dass jedes Bild bis ins Detail durchdacht ist und Katja Gehrmann ihr ganzes Herzblut in die Arbeit gesteckt hat. Gleichzeitig sind die Darstellungen aber nicht überfrachtet, sondern klar strukturiert.

Auch mit dem Text verhält es sich ähnlich. Ich habe schon erwähnt, dass nicht zu viele Wörter benutzt werden. Aber jedes Wort macht den Eindruck, dass es an der perfekten Stelle sitzt und direkt aus der Gefühlswelt des kleinen Protagonisten stammt. Ich hatte wirklich an keiner Stelle das Gefühl, dass hier ein Erwachsener versucht ein Kind nachzuahmen. Trotzdem spricht Lüftner aber auch Dinge an, die nicht nur für Kinder relevant sind. Denn eigentlich macht es gar keinen so großen Unterschied, ob man klein oder groß ist, wenn man einen wichtigen Menschen verliert. Aber von dem kleinen Egon kann man sich eine Menge abschauen, wenn man nicht weiß, wie man mit solch einem Verlust umgehen soll.

Fazit: Ein wirklich fantastisches Buch für Kinder und Erwachsene, das nicht nur für diejenigen gedacht ist, die wirklich gerade jemanden verloren haben.

Wenn diese Buch nicht in den kommenden Monaten ohne Ende gekauft und mit den wichtigsten Preisen belohnt wird, muss man wirklich an den deutschen Lesern und Kritikern zweifeln.

4 von 4 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 26.05.2013
Gottes leere Hand
Efinger, Marianne

Gottes leere Hand


ausgezeichnet

Manuel Jäger ist mit Glasknochen auf die Welt gekommen. Mittlerweile ist er ein erwachsener mann, der als Wissenschaftsjournalist anerkannt ist. Da er mit Blick auf die körperlichen Leistungen mit vielen anderen Menschen nicht mithalten kann, hat er sich auf das Denken spezialisiert und wird in der Science Community "der Kopf" genannt. Zu jeder Frage hat er die richtige Antwort. Er macht sich über sehr unterschiedliche Dinge Gedanken, sprengt Fachgrenzen und ist sehr kreativ. An einem Abend in der Vorweihnachtszeit muss Manuel mal wieder in ein Krankenhaus. Eigentlich hatte er sich vorgenommen nicht wieder in ein Krankenhaus zu gehen, doch sein bester Freund Lothar hat ihm verdeutlicht, dass es notwendig ist und sicher nicht für eine lange Zeit sein wird. Er wird in das Marienhospital gebracht. Dort arbeitet die Krankenschwester Dagmar. Sie hat für jeden Patienten ein (ernsthaftes) Lächeln übrig und versucht auch ein offenes Ohr für jeden zu haben. Doch die äußeren Bedingungen sorgen dafür, dass sie manchmal noch nicht einmal die Zeit hat die Patienten zu waschen. Hinzu kommen Ärzte die Qualifikationspunkte sammeln müssen und in Gremien arbeiten sollen. Doch die Zeit für die Patienten wird immer geringer. Auch durch die veränderte Finanzierung innerhalb des Gesundheitssystems treten viele neue und negative Aspekte auf. Dagmar versucht immer wieder alle Möglichkeiten auszuschöpfen. Mit der Zeit zweifelt sie aber, ob sie ihren Beruf weiterhin ausüben möchte. Als Manuel auf der Station eingeliefert wird verstehen sich die Schwester und er auf Anhieb. Und das ganz ohne Worte. Zudem erinnert Dagmar ihn an seine verstorbene Verlobte. Zu dieser Gesellschaft tritt Wendelin Weihrauch hinzu. EIn älterer und scheinbar verwirrter Mann. Zwischen im und Manuel entwickelt sich eine besondere Beziehung.

Sprache und Stil: Die Geschichte wird aus verschiedenen Perspektiven einzelner Figuren erzählt. Die beiden Personen im Zentrum sind Dagmar und Manuel. Der Patient, der mehr Zeit im Krankenhaus als in seinem Haus verbracht hat und die Krankenschwester, die ihr bestes gibt, geben Einblicke in ihre Sicht auf das Gesundheitssystem in Deutschland und die Arbeit in einem Krankenhaus. Die Autorin schafft es hervorragend auf beide einzugehen. Das Innenleben von Manuel Jäger, seine Gedanken zum Leben als so genannter Behinderter und der Rückblick auf seine Erlebnisse werden eindringlich mit sanften aber gleichzeitig eindringlichen Worten beschrieben. Genauso lernt man Dagmars Verzweiflung und ihren Kampf kennen. Ihre Sehnsucht von der technisierten Krankenhauswelt wegzukommen geht fast in den Leser über.
Die Sprache ist dabei nicht oberflächlich, aber auch nicht lehrerhaft. Sie zeugt zwar von einer Wut auf das System, aber man versteht die Gründe dafür. Alles ist sehr nachvollziehbar. Daher liest sich der Text auch sehr flüssig und angenehm.

Fazit: Für mich handelt es sich um ein hervorragendes Buch, das verschieden Lebensfacetten aufzeigt. Man überlegt selbst wie man handeln würde und wo man mit seiner Meinung steht. Mich hat Manuels und Dagmars Geschichte mitgerissen und am Ende zum Weinen gebracht. Und als ich las, dass die Autorin ihre Einnahmen für das Projekt "Ein Haus für die Arche" spendet, habe ich mir vorgenommen unermüdlich die Werbetrommel zu rühren.

Bewertung vom 26.05.2013
Der Ruf der Schlange
Gößling, Andreas

Der Ruf der Schlange


sehr gut

An den Grünen Ozean grenzen die Länder Dunibien, Zaketumesien, Bakus und der Noili-Archipel. Die Bewohner dieser Regionen sind über ihre verschiedenen Religionen und den damit einhergehenden Kämpfen um die Vorherrschaft verbunden. In grauer Vorzeit wurde die Schlange von den mächtigen Schöpfungsgöttern niedergeschlagen. Doch die verschiedenen Schlangenkulte breiten sich wieder aus und erste ungewöhnliche Todesfälle treten auf. Stimmen die Geschichten, die sich viel erzählen doch? Ist die Wirbelsäule nur einfach eine erstarrte Schlange, die zum Leben erweckt werden kann? Und ist der erstarkende Schlangenkult wirklich gefährlich oder bilden sich das nur die abergläubigen Menschen ein?
Diese Fragen soll Samu A. Rabov im Namen der Regierung lösen. Er ist der Leiter der Mysto-Abteilung. Und eigentlich ist er auch, abgesehen von seiner Vorgesetzten, der einzige Mitarbeiter. Seine Aufgabe ist es Vorkommnisse mit Hinblick auf ihre mystischen Anteile zu untersuchen. Es ist zu klären, ob Zauber im Spiel ist und wenn ja, ob der Zauberer gefährlich werden kann. Da in jedem der Einwohner eine gewisse magische Kraft liegt, diese aber eine dunkle und eine helle Seite hat, ist Samus Aufgabe nicht einfach. Und gleichzeitig muss er auch darauf achten, dass sein eigenes Dunkeldu nicht die Oberhand gewinnt. Doch bisher war sein Leben als Mysto-Leiter sehr ruhig verlaufen. Das ändert sich, als eine junge Frau auf merkwürdige Weise umkommt und er einen Jungen aus den Klauen einer Kultgemeinde rettet.
Mit diesem Tag ändert sich nicht nur seine Aufgabe, sondern auch sein privates Leben und sein Inneres. Es treten immer gehäuftere mysteriöse Fälle auf, die anscheinend alle im Zusammenhang mit einer archäologischen Exkursion stehen. Samu vermutet schon recht früh mehr dahinter. Doch häufig wird seine Arbeit sabotiert und er muss mehr und mehr inoffiziell arbeiten und seine magischen Kräfte nutzen. Persönlich wird er immer mehr in die Geschichte verstrickt und und weiß zeitweise selbst nicht auf welcher Seite er steht. Zudem scheint ihm niemand zu glauben, dass wirklich ganz Dunibien in Gefahr schwebt. Kann er das Blatt noch wenden? Und findet er die Drahtzieher?

Andreas Gößling schafft mit seinem Roman eine neue fantastische Welt, die gefüllt ist mit interessanten Erfindungen (Dampfmobile) und charakterstarken Figuren. Da wie gesagt eine ganz neue Welt erschaffen wird, muss man sich zunächst in die Begriffe einfinden. Dem Leser kann es daher schwer fallen die Zusammenhänge auf den ersten Seiten zu verstehen. Recht schnell scheint man jedoch zum Kreis der Phora-Einwohner zu gehören und taucht in die geheimnisvolle Umgebung ab. Neue Begriffe, Örtlichkeiten und Personen werden in einer klaren Sprache gut erklärt. Dies führt zu einem angenehmen und raschen Lesen. Aber teilweise wünscht man sich noch detailliertere Beschreibungen oder eine klangvollere Wortwahl.
Hervorragend sind dem Autor die Bezüge zu geschichtlichen Ereignissen und Institutionen in unserer Welt gelungen. In vielen Fällen geht es, jedenfalls aus meiner Sicht, um die Christianisierung und die Unterdrückung anderer Religionen/Kulte ansprechen. Auch der Umgang mit religiösen Schriften wird angesprochen. Zum Beispiel: "(...)Ich wollte nur sagen, dass man die Gebote und Geschichten aus dem Heiligen Linglu-Buch vielleicht nicht ganz so wörtlich nehmen, sondern eher als Gleichnisse ansehen sollte(...)" (S. 162). An einer anderen Stelle wird eine Tempelwache beschrieben, die mich sehr an die Schweizer Garde erinnert hat.

Fazit: Bei dem Buch handelt es sich um eine empfehlenswerte Möglichkeit für eine Fantasiereise, die durch ihre kriminalistischen Elemente viel Spannung bereit hält. Zudem gibt die Geschichte dem Leser die Möglichkeit auch seine eigenen Welt mit ihrer eigenen Geschichte zu reflektieren.

Bewertung vom 26.05.2013
Imperium / Cicero Bd.1
Harris, Robert

Imperium / Cicero Bd.1


ausgezeichnet

Inhalt:
Kein Lateinschüler kommt an den Briefen Ciceros vorbei, die er an seinen lebenslangen Freund Atticus schrieb. Und eigentlich sollte kein Schüler, egal welche sprachlichen Präferenzen er hat, an dem Politiker Cicero vorbeikommen. Er war aber auch Anwalt, Schriftsteller und Philosoph. Letztendlich war er durch seine verschiedenen Tätigkeiten einer der besten Redner, die in der Antike das Forum bevölkerten.
Hingegen ist Tiro nur sehr wenigen Menschen ein Begriff. Er war Ciceros Sklave, Sekretär und enger Vertrauter. In diesem Zusammenhang erfand er eine Kurzschrift, die es ihm erlaubte wichtige Gespräche in Windeseile zu notieren. Cicero schrieb hierzu einmal selbst an Tiro: 'Deine Dienste an mir sind nicht zu zählen(...)' (Brief vom 7.11.50 v.Chr., zitiert nach Harris, Imperium, 2008). Seine Notizen ermöglichten aber auch die posthume Veröffentlichung sämtlicher Reden und Briefe des römischen Politikers. Weiterhin soll Plutarch eine Biografie genutzt haben, die Tiro verfasst hatte. Leider ist diese heute nicht mehr erhalten. An diesem Punkt setzt Robert Harris mit seinem Buch 'Imperium' an.
In seinem Roman kommt Tiro zu Wort und beschreibt wichtige Ereignisse aus Ciceros Leben. Auf fast 500 Seiten behandelt er besonders Ciceros Aufstieg zum Senator, die Senatorenzeit und die Zeit als Prätor. Die Beschreibung endet mit dem Gewinn der Konsulatswahlen.
Was sich hier so linear anhört ist ein stetiges Hin und Her. Cicero war ein Redner, der sich blitzschnell auf ein anderes Publikum einstellen konnte und dieses häufig für sich gewonnen hat. Genauso schnell musste er politischen Entscheidungen treffen oder seine Taktik ändern. Tiro berichtet aber ebenso von den Affären anderer Politiker, von Bestechungen und Morden. Bei der Beschreibung ist es ihm aber wichtig häufig die missliche Lage darzustellen, in der Cicero (nach Harris) häufig gesteckt hat. Persönliches Interesse oder die persönliche Meinung mussten oft dem politischen Kalkül weichen. Konflikte sind in solchen Fällen nicht weit entfernt.

Sprache und Stil:
Robert Harris schreibt in einem sehr klaren Stil, der durch sehr viele Dialoge gekennzeichnet ist. Diese Dialoge wirken harmonisch und in keiner Weise hölzern. Sie tragen zur Belebung der Geschichte sehr stark bei und unterstützen das Gefühl des Lesers, dass er sich direkt im Geschehen befindet. Dafür sorgt auch die Perspektivwahl. Aus meiner Sicht gelingt es dem Autor in hervorragender Art und Weise die historischen Fakten mit seinen eigenen Ideen zu verknüpfen. Es erscheint alles logisch und nicht konstruiert. Zudem ist die Handlung sehr spannend aufgebaut. Der Leser fiebert geradezu einer nächsten Rede des Senators entgegen und wartet gespannt auf die Wahl in das nächste politische Amt. Hier wird auch die gute Recherchearbeit von Harris deutlich. Er bindet die überlieferten Reden und Zitate sehr schön in den restlichen Text ein.
Da es sich weiterhin nicht um einen sehr metaphernreichen oder poetischen Text handelt, kann man das Werk recht zügig lesen.

Fazit:
Aus meiner Sicht handelt es sich hier um ein hervorragendes Werk. Dem Autor gelingt es auf leicht zugängliche Weise dem Leser die Antike und die Person Cicero näher zu bringen. Dabei fehlt es dem Buch nicht an Spannung, Intrigen, Verrat und Macht.
Kommentar