Benutzer
Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
Katie
Wohnort: 
Ulm

Bewertungen

Insgesamt 181 Bewertungen
Bewertung vom 17.10.2022
Kerl aus Koks
Brandner, Michael

Kerl aus Koks


ausgezeichnet

Kerl aus Koks ist die beinahe Autobiografie von Michael Brandner. Es erzählt Pauls Leben im Ruhrpott in der Nachkriegszeit und von den vielen verschiedenen Lebenswegen, die er einschlägt.
Ehrlicherweise war mir Michael Brandner vor diesem Buch kein Begriff. Und nach dem Buch, bin ich natürlich neugierig, was nun autobiografisch war und was erfunden. So oder so, ist es jedoch eine tolle Geschichte. Paul geht mit bewundernswerter Gelassenheit auch mit den schrecklichen Schicksalsschlägen, die ihm widerfahren um. Sein Lebenslauf ist damit alles andere als "geradlinig" im herkömmlichen Sinne, aber er folgt stets seiner inneren Stimme und seinen Werten. Und dabei scheint ein Urvertrauen ins Leben durch - denn irgendwie wird doch alles wieder gut.
Daher: ob erfunden oder wirklich so passiert, fand ich Pauls Geschichte in vielerlei Hinsicht inspirierend: es gibt immer Möglichkeiten, dem Leben eine neue Richtung zu geben. Freunde sind etwas sehr wertvolles. Und wir haben die Resilienz in uns, auch mit Schwierigkeiten umzugehen.

Bewertung vom 10.10.2022
Kochen am offenen Herzen
Strohe, Max

Kochen am offenen Herzen


weniger gut

Zunächst einmal finde ich den Klappentext irreführend: Max Strohe erzählt in seiner Autobiografie von seinen Anfangsjahren - wie aus ihm dann schließlich ein berühmter Sternekoch fehlt jedoch. Vielleicht gibts dazu dann ein 2. Buch.

Mir hat der Schreibstil leider gar nicht gefallen. Adjektive werden in Hülle und Fülle benutzt. Manche Kapitel sind wiederum "verschleiert" geschrieben, in kurzen Sätzen, wo mir oft nicht klar war, worum es hier nun geht - außer einen gewissen "edgy" Schreibstil zu nutzen. Der Autor selber erzählte in einem Interview, dass er so geschrieben hat, wie er gerne liest - und das bezog sich vor allem auf die detailliert beschriebenen Sexszenen. War leider nicht mein Geschmack.
Noch dazu werden eigentlich alle erwähnten Personen in irgendeiner Form auf negative Weise beschrieben. Alles in allem, liest es sich für mich wie die Geschichte aus Sicht eines rotzigen Teenagers. Es wird außerdem geschwankt zwischen sehr detailreichen Erzählungen und dann werden wiederum Jahre (und seine Beziehung) übersprungen bzw. in einem Nebensatz erwähnt. Auch die Beziehung zu seinem Vater wird nicht wirklich erklärt, was ich mir aufgrund des Klappentextes ebenfalls anders vorgestellt hatte.
Wie es schließlich zu seinem Erfolg kam, wird wie gesagt nicht erwähnt.

Für Fans von Max Strohe sicherlich interessant. Mein Ding ist es leider nicht.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 03.10.2022
Ein Alman feiert selten allein
Atmaca, Aylin

Ein Alman feiert selten allein


gut

Elif, Tochter türkischer Einwanderer, verbringt ihr erstes Weihnachten in der deutschen Familie ihres Freundes. Dabei werden die deutschen Traditionen (einige sicher "typisch Deutsch", andere eher familienspezifisch) aus ihrer Sicht betrachtet und dabei erscheint so einiges befremdlich.

Ein interessantes Thema, das potentiell Verständnis, Toleranz und Akzeptanz fördern kann. Allerdings hat mir die Umsetzung nicht so gut gefallen. Die Autorin ist sehr bedacht auch selbstkritisch zu kommentieren, so dass ja nicht der Eindruck entsteht, die deutschen Tradition werden hier einseitig kritisiert. Ich war mir nicht sicher, ob es nun lustig oder gesellschaftskritisch oder beides sein soll. Wichtige Themen wie Alltagsrassismen und Mikroaggressionen werden angesprochen, aber nur gestreift. Für ein lustiges Buch, war es mir nicht lustig genug und für ein ernstes Buch fehlte mir der Tiefgang.

Und das Ende hätte es für mich auch nicht gebraucht.

Bewertung vom 28.09.2022
Anleitung ein anderer zu werden
Louis, Édouard

Anleitung ein anderer zu werden


ausgezeichnet

Eine Autobiographie, die schonungslos und direkt ist. Ehrlich gesagt kannte ich den Autor bisher nicht und hatte mir unter dem Klappentext etwas anderes vorgestellt. Die Autobiografie ist brutal ehrlich. Hier wird nichts beschönigt. Edouard erzählt davon, wie er die Klasse, in die er hinein geboren wird, überwindet. Dies ist jedoch harte Arbeit - emotional als auch mental. Dabei zeigt er beeindruckend auf, wie sehr auch in der westlichen Welt noch immer ein Klassensystem vorherrscht - von dem wir gerade in Deutschland wenig sprechen. Wieviel wird vorgegeben, durch die Familie in die wir zufällig geboren werden. Und wie oft sind wir uns unserer Priviligien gar nicht bewusst.
Eine Geschichte auch vom Ausreißen, auf dem Weg sein und doch nirgends und nie anzukommen.
Das Buch hat mich sehr berührt und ich kann es nur empfehlen!

Bewertung vom 17.09.2022
Der Junge, der die Welt verschwinden ließ
Miller, Ben

Der Junge, der die Welt verschwinden ließ


sehr gut

Das Cover hat mich direkt angesprochen und die Geschichte auch: Harrison ist ein netter Junge, aber immer wieder hat er große Wutanfälle. Die tolle Botschaft des Buchs wird auch nach Ende der Geschichte nochmal in einem Nachwort konkret aufgegriffen: Wut ist ein berechtigtes Gefühl, aber anstatt sie in uns reinzufressen oder sie unkontrolliert rauszulassen, können wir lernen, sie zu fokussieren. Und drüber sprechen hilft ebenfalls.
Allerdings finde ich, dass diese Botschaft in der Geschichte nicht deutlich rüberkommt.
Das Thema Wut wird aber nur sehr oberflächlich angeschnitten. Und stösst in Harrison's Umfeld weitestgehend auf Unverständnis, dabei hat er in den meisten Fälle gute Gründe, wütend zu werden. Aber das wird von seinem Umfeld nicht wahrgenommen.

In erster Linie ist es eine fantasievolle Abenteuergeschichte und nebenbei lernt man auch noch etwas über schwarze Löcher. Und deswegen gebe ich trotzdem 4 Sterne.

Bewertung vom 12.09.2022
Intimitäten
Kitamura, Katie

Intimitäten


ausgezeichnet

Die Erzählerin zieht für einen Job als Dolmetscherin am Internationalen Gerichtshof nach Den Haag. Dort verliebt sie sich in einen Mann, der von einer Reise zu seiner Ex-Frau erstmal nicht wiederkommt. Parallel dolmetscht sie in einem Prozess gegen einen Ex-Präsidenten, dem Gräueltaten vorgeworfen werden.

Ein wunderbarer Roman, der viele Gedanken angestossen hat. Zunächst einmal hatte ich mir bisher noch nie über das Dolmetschen Gedanken gemacht. Selbst, wenn wir dieselbe Sprache sprechen, kommt es zu Missverständnissen. Was für eine Verantwortung liegt hier auf den Dolmetschern, noch dazu wenn es in einer Gerichtsverhandlung um Recht und Unrecht geht.
Hier schließt sich gleich das nächste Thema an: der Gerichtshof und wer sich hier verantworten muss und wer nicht. Und wie oft scheitert Gerechtigkeit an Paragraphen oder anderen Hindernissen?
Und schließlich das Thema der zwischenmenschlichen Beziehungen in Form von Freundschaften als auch Beziehungen. Wie intim werden wir wirklich miteinander? Welche Mauern bauen wir um uns herum und wen lassen wir wirklich an uns heran?

Ein Buch, das mit dem Thema Intimität spielt und es zum Teil vorführt. Dass der Leser nur wenig über die Charaktere erfährt scheint mir dabei Absicht und Strategie zu sein.

Bewertung vom 07.09.2022
Die Buchhändlerin von Paris
Maher, Kerri

Die Buchhändlerin von Paris


sehr gut

Ein historischer Roman, der das Leben von Sylvia Beach und ihrem Buchladen Shakespeare & Company in Paris beschreibt.
Es liest sich wie ein Who is Who der Literaturgeschichte der 20er Jahre und gibt Einblicke in das Leben der Künstler in Paris. Ich muss ehrlich gestehen, dass ich über diese Zeit praktisch nichts wusste. Es liest sich spannend und interessant und sehr flüssig. In dieser Zeit hatten Künstler ganz offensichtlich große Unterstützung durch ihre Mäzene. (ist vielleicht immer noch so?)
Am Ende war ich traurig, dass die Geschichte nicht bis an Sylvias Lebensende weitererzählt wurde, auch wenn es im Nachwort ein paar Worte dazu gab.
Lediglich die Beschreibung der intimen Beziehung zu Adrienne schien mir zum Teil fehl am Platz. Nicht weil es zu offen war, sondern weil es irgendwie nicht zur Beschreibung des restlichen Romans passte und immer nur kurz eingeschmissen wurde.

Bewertung vom 30.08.2022
Seeräubermädchen und Prinzessinnenjunge
Pickert, Nils

Seeräubermädchen und Prinzessinnenjunge


ausgezeichnet

Ein sehr schönes Kinderbuch, dass Vielfalt und Freundschaft illustriert und feiert!
Wir mögen uns für fortschrittlich halten, aber Geschlechterklischees sind noch immer tief in unserer Gesellschaft verwurzelt. Das Buch bietet hier einen schönen Aufhänger diese zu überdenken und darüber mit der ganz jungen Generation ins Gespräch zu kommen.
Die Freundschaft zwischen dem Seeräubermädchen und dem Prinzessinnenjunge ist so wunderbar. Ganz vorbehaltlos gehen sie aufeinander zu und akzeptieren sich gegenseitig. Jeder darf so sein wie er/sie ist. Und auch die Eltern bzw. der Vater werden liebevoll und verständnisvoll dargestellt und unterstützen ihre Kinder in ihren Wünschen.
Es wird auch thematisiert, wie man sich plötzlich auch fremd vorkommen kann, aber auch, wie man wieder einen Weg zueinander findet.
Ein tolles, etwas anderes Kinderbuch!

Bewertung vom 29.08.2022
Schlangen im Garten
vor Schulte, Stefanie

Schlangen im Garten


ausgezeichnet

Johanne stirbt und hinterlässt ihren Mann und drei Kinder. Deren Trauer wird vom Umfeld genauestens beobachtet und schließlich beim Traueramt gemeldet, das nun dafür sorgen soll, dass auch alles seinen gesellschaftskonformen Weg geht.

Ein absolutes Lesehighlight für mich. Tod und Trauer ist noch immer ein Tabu und die Autorin schafft es mit wunderbar poetischen, manchmal surrealen Situationen und märchenhaften Zügen dieser Trauer einen Raum zu geben.
Die Geschichte zeigt realitätsnah wie unterschiedlich Menschen trauern und welch unangebrachten Erwartungen, die Außenwelt an Trauernde oft hat.
An so vielen Stellen hat mich die Geschichte zu Tränen gerührt. Die Intensität von Trauer wird anschaulich und zum Nach- und Mitfühlen dargestellt. Die Einsamkeit, die mit Trauer einhergeht, aber auch die Gemeinschaft, die man zu Mitbetroffenen empfinden kann, werden außerordentlich eindrücklich geschildert.

Ich wünsche mir, dass die Gesellschaft hier noch viel dazu lernt und wir anders mit unserer eigenen Trauer und auch der anderer umgehen lernen.
Eine ganz große Leseempfehlung!

Bewertung vom 08.08.2022
Snowflake
Nealon, Louise

Snowflake


ausgezeichnet

Debbie wird auf einer Farm in einem kleinen Ort in Irland groß und nimmt nun ihr Studium in Dublin auf. Dabei begleiten wir sie mit allen Herausforderungen, die ein neuer Leben

Auch wenn viel passiert und es um Emotionen geht, hat der Roman eine angenehme, unaufgeregte Erzählweise. In vielem habe ich mich an meine eigene Studienzeit erinnert gefühlt. Und auch wenn Debbie eine eher außergewöhnliche Hintergrundgeschichte hat, finde ich, dass man sich gut wiederfinden kann.

Dazugehören wollen, sich selber finden - damit haben wir doch alle zu tun!
Die Dorfgemeinschaft, die beste Freundin und der Familienzusammenhalt auf der einen Seite und auf der anderen Seite, die Einsamkeit, dass sich nicht wirklich öffnen und anvertrauen können. Ein Phänomen, dass sicher viele erleben. Und beim Lesen denke ich mir immer wieder: warum machen wir es uns selber unnötig schwer im Leben?