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Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
JosefineS
Wohnort: 
Schwarzenberg
Über mich: 
https://bibliomanie-hoch2.blog/

Bewertungen

Insgesamt 138 Bewertungen
Bewertung vom 12.01.2021
Wenn Schweigen tötet
Marrs, John

Wenn Schweigen tötet


ausgezeichnet

All die lieben Lügen zwischen uns
Maggie lebt angekettet im Dachgeschoss. Jeden zweiten Abend holt Nina sie an ihrer langen Kette zum Essen runter. Doch danach muss Maggie sofort wieder auf den Dachboden, denn sie hat Dinge getan, die Nina ihr nicht verzeihen kann und dafür muss sie nun büßen. Dabei kennt Nina nicht einmal die ganze Wahrheit und Maggie wird dafür sorgen, dass sie diese auch nie erfahren wird, selbst wenn es sie das Leben kostet.
John Marrs ist US- amerikanischer Journalist und Schriftsteller. Wenn Schweigen Tötet spielt viel auf psychologischer Ebene und lässt den Leser sofort parteiisch werden. Beim Lesen fällt es schwer einen neutralen Standpunkt zu den Taten aufrecht zu erhalten. Die Beziehung zwischen Nina und Maggie ist sehr komplex und man erfährt sukzessiv wie es zu all dem kam. Zu Beginn wirkt der Plot, obgleich sehr unmenschlich auch simpel, doch der Schein trügt. Nina ist nicht gerade die zuverlässigste Erzählerin ihrer eigenen Geschichte. John Marrs lässt den Leser hier oft im Glauben feste Tatsachen zu kennen und kippt später im Buch einen Teil davon wieder völlig über den Haufen. Protagonisten und Handlung erscheinen plötzlich in einem ganz anderen Licht und für einen von beiden wird es mit vor ran schreiten der Story zappen Duster. Ein subtiles Spiel mit der Wahrnehmung was sehr gut gelungen ist, einige Wendungen schlugen bei mir wie eine Bombe ein. Wirklich Abgründig war seine Darstellung über das Verhalten der beiden miteinander. Die Beweggründe für einige Handlungen waren oft schwer nachvollziehbar, jedoch wirkte es nie gänzlich abstrus, was es wahrscheinlich noch grausiger machte. Ohne großes Blutvergießen lief einem hier trotzdem die Gänsehaut über den Rücken. Die Spannung glich einer Achterbahnfahrt, es gab durchaus seichtere Stellen in denen die Story vor sich hinplätscherte. Doch bevor man es sich versah nahm es wieder Fahrt auf. Rückblickend waren die dort untergebrachten Details wichtig und ohne diese wäre die Geschichte zum Schluss unrund gewesen, jedoch hätte einiges kurzer gefasst werden können. John Marrs hat es geschafft mich allzu oft in Sicherheit zu wiegen, plötzlich zu packen und zu erschüttern. Vieles hielt ich für vorhersehbar, erlag da allerdings vorrangig seinen Täuschungen. Das zwischenmenschliche Verhalten von Nina und Maggie hat mich des Öfteren schockiert aber auch berührt, ich war sogar den Tränen nahe angesichts dieser grausigen Konsequenzen. Das Ende hat mich dann gänzlich in zwei gerissen, da so einige Gefühle in mir tobten und ich möchte behaupten, das hat Marrs geplant. Trotz kurzer Durststrecken in der Spannung ließ sich das Buch flüssig lesen und der Blick in menschliche Abgründe und wie aus so viel gut gemeintem, so viel böses werden konnte hat mich wahnsinnig gefesselt auch wenn es schockierend war wie und vor allem warum man einem Menschen so was antun kann.
Fazit: wirklich gelungener Thriller, der auf psychologischer Eben ein Gemetzel veranstaltet, mit einer ganz besonderen Beziehung spielt und den Leser in Zwiespalt bringt.

Bewertung vom 14.12.2020
Der Mädchenwald
Lloyd, Sam

Der Mädchenwald


ausgezeichnet

Verloren im Mädchenwald
Elissa ist ein kleines, kluges 13-jähriges Mädchen, dass für ihr Leben gerne Schach spielt. Die Züge des Gegners voraus zu ahnen und zu parieren, fällt ihr leicht, doch was während eines Schachturniers passiert, damit hätte niemand rechnen können. Ihre härteste Partie wird sie nicht auf einem Brett ausfechten, sondern in einem dunklen Keller, tief unter der Erde. Als Elijah auftaucht, hält sie ihn für ihre Rettungsleine, doch viel zu schnell muss sie feststellen, dass er nicht das erste Mal in diesem Verließ ist. Jetzt kommt es auf jeden einzelnen ihrer Züge an. Sie zu retten will er ihr nicht versprechen, stattdessen versichert er, dass er wieder kommen wird…
In seinem Buch merkt man, dass dem Autor Sam Lloyd weder der Wald, noch das Geschichten ausdenken fremd ist. Das Setting und die Atmosphäre sind sehr stimmig und einnehmend, da seine Darstellungen sich sehr greifbar festsetzen. Für sein Thriller Debüt, hat er sich zwei sehr eigenwillige Protagonisten ersonnen. Von 0815 Charakteren hier keine Spur. Elissa ist ein unfassbar kluges Mädchen, hat jedoch psychische Ticks und bewältigt Situationen anders, doch nicht minder fähig. Elijah ist ein so mannigfaltiger Charakter, dass er bis zum Schluss den Leser grausig fasziniert obwohl er kaum begreifbar bleibt. Nie weiß man welche Tendenz die Story nimmt, da Lloyd geschickt manipuliert und die Wahrheit nur Stück für Stück Preis gibt. Er zieht mit den wechselnden Perspektiven und der unsicheren Entwicklung seiner Figuren den Leser immer weiter in den Bann. Ab einem gewissen Punkt ist es schier unmöglich das Buch aus der Hand zu legen. Nicht nur die Spannung und die Abgründe sind überwältigend, zum Schluss reißen einen die Emotionen zusätzlich von den Füßen. Sam Lloyd schafft es, dank seines starken Ausdrucks und der aufwühlenden Schreibweise den Leser völlig im geschehen abtauchen und am Ende sogar darin unter gehen zu lassen. Bis zum Schluss bleibt so vieles unklar, da nichts und niemand trauen kann, sich selbst am aller wenigsten. Von Anfang bis Ende stieg die Spannung stetig an und trotz der Verstrickungen, passten die Puzzleteile letztendlich ineinander.
Fazit: atemberaubendes Thriller Debüt, welches durch sein Kaleidoskop artiges Verwirrspiel, jede Menge Spannung und auch Emotionen punkten konnte.

Bewertung vom 30.11.2020
Vom Anfang und Ende der Welt - Deutsche Mythologie
Herrmann, Paul

Vom Anfang und Ende der Welt - Deutsche Mythologie


gut

Entzauberung deutscher Sagen und Märchen
Woher stammen deutsche Sagen um Hexen, Naturgeister und Zauberwesen? Der 1866 geborene Paul Herrmann nimmt uns in seinem Werk mit auf eine Reise durch die Zeit um das Verständnis für die Entstehung von diesen Geschichten zu erweitern. Dabei geht er tief auf den ursprünglichen Glauben der ersten Germanen zurück. Deren Auffassung von Leben, Seele und Tod, die enge Verbundenheit zur Natur und deren Wunsch Geschehnissen zu ergründen, erklären und auch vor gefahren zu warnen. Aufschlussreich war dabei, wie viele Gepflogenheiten und sprachliche Gewohnheiten auf diese Ursprünge zurückgehen. Es gab durchaus viele interessante Details, doch zuweilen wirkte der Text sehr nüchtern und lieblos. Faktische, aneinander gereihte Daten zu den einzelnen Fabeln. Da wahrscheinlich einige dieser Sagen zum entstehungszeitraum des Buches (1906) geläufiger waren, da sie nach der schändlichen Benutzung und Umdeutung durch die Nationalsozialisten fast gänzlich vergessen wurden, hätte ich mir eine andere Strukturierung gewünscht. Vorweg die reine Geschichte und im Anhang dazu den Ursprung und die möglichen Zusammenhänge sowie weitere Details. Da hier mittendrin immer wieder auf den Hintergrund verwiesen wurde, wirkte der Text oft unstrukturiert, unterbrochen und war unruhig zu Lesen. Zudem eignet sich der Text wohl eher für die fachwissenschaftliche Richtung aber auch wenn man sich im privaten für germanistische Geschichte oder linguistische Entwicklung interessiert. Da die Sagen nicht am Stück wiedergegeben werden und das Buch ein gehobenes sprachliches Textverständnis erfordert ist es für den privaten Gebrauch nur bedingt geeignet.
Fazit: Bemerkenswert informatives Buch über den Ursprung und das Verständnis deutscher Sagen und Märchen, jedoch keine Sammlung der Werke an sich, da es sich vorrangig mit dem Ursprung, Verständnis und Glauben in deren Entstehungszeit auseinandersetzt.

Bewertung vom 22.11.2020
Die tote Meerjungfrau
Rydahl, Thomas;Kazinski, A. J.

Die tote Meerjungfrau


weniger gut

In jeder Geschichte steckt ein Körnchen Wahrheit
1834 treibt viele die Hoffnung auf ein besseres Leben nach Kopenhagen. Einer von ihnen ist Hans Christian Anderson, der sich als Dichter und mit der Gunst reicher Leute gerade so durschlägt. Doch Elend und Not ist der Alltag für viele in diesen Zeiten und als die Leiche einer Prostituierten aus dem Kanal gefischt wird gerät Anderson in große Schwierigkeiten. Nur knapp entgeht er seiner Hinrichtung. Dank seines einflussreichen Gönners bleiben ihm genau drei Tage, seinen Namen rein zu waschen. Doch Kopenhagen ist groß und Hans Christian hat keinen Anhaltspunkt. Er braucht dringend Hilfe…
Fast jeder hat schon mal ein Märchen von Hans Christian Anderson gehört. Selten sind seine Protagonisten so weinerliche, quengelige Nervensägen wie er selbst hier dargestellt wurde, doch deren Lage war auch selten so prekär wie seine. Das Kopenhagen im 19. Jahrhundert war nichts für zimperliche Menschen, das lassen uns die Autoren Thomas Rydahl und A.J. Kazinski (Pseudonym des dänischen Autoren Duos A.R. Karlund & J. Weinrich) hier auch ganz deutlich spüren. Wer gereimte Verse in schickimicki Teegesellschaften erwartet, könnte sich schnell am Teegebäck verschlucken. Man spürt den rauen Ton dieser Zeit und viele erwähnte Details über Anderson entsprechen sogar der Wahrheit. Er hat Zeit seines Lebens Tagebuch geschrieben, doch zwischen 1834 und 1835 machte er eine Pause und schrieb nicht einen Eintrag während dieser Zeit. Die Story nimmt dieses Detail auf und versucht auf eigene weise zu erklären, wie es dazu kam. Historisch schon nah an den Fakten, verkommt der Protagonisten hier zum Weichei. Ohne Hilfe wäre er wahrscheinlich nach 5 Seiten gestorben. Wie gut, dass die Autoren ihm eine, zwar ungewöhnliche aber um so tatkräftigere Unterstützung an die Seite geben. Zunächst wirkt alles sehr gezogen, man kann sich kaum orientieren in welche Richtung alles läuft. Es sind auch von Anfang an ziemlich viele Details bekannt, sodass bald die Frage aufkam, was es noch zu enthüllen galt. Selbst den Bezug zu den Märchen habe ich mir intensiver oder zumindest anders vorgestellt. Die Geschichte bekommt immerhin in der zweiten Hälfte etwas mehr Tiefe und zeitweise sogar etwas Spannung. Wenn man sich auf die Story einlassen konnte und nicht zu viel erwartet hat war es okay. Durch das unstrukturierte fehlte allem irgendwie der rote Faden und es wirkte unruhig. Der Anfang kam kaum aus der Hüfte und am Ende überschlug sich dann vieles. Die Auflösung des Ganzen konnte mich nicht wirklich überzeugen, wenngleich sie schon unerwartet, anders und in Gesamtbild (vor allem im Bezug auf den rauen Umgangston) passte. Was wahrscheinlich niemand braucht, sind diese ganzen Straßennamen. Ein absolutes Unding, was solchen nordischen Autoren eigen zu sein scheint und der Rest der Welt das genervt ab der dritten Irgendwas-gate überliest. Der Showdown, war zwar flüssiger als alles andere, konnte jedoch nicht die von Grund auf versaute Stimmung retten, die Anderson mit seinem Getue verursacht. Mimi hier, tränen da und an jeder zweiten Ecke „das kann ich nicht“, leider dezent nervig.
Fazit: Interpretation zu H.C. Andersons Biografie. Wenn man derbe Umgangssprache, einen verweichlichten Helden ab kann und nicht zu viel erwartet, mag es gehen.

Bewertung vom 30.10.2020
Helden / Mythos-Trilogie Bd.2
Fry, Stephen

Helden / Mythos-Trilogie Bd.2


sehr gut

Die Fortsetzung von Mythos, mit Spotlight auf die Helden
Die griechische Antike ist bekannt für ihre Vielzahl an Helden, Monstern und göttlichen Rachegelüsten. Stephen Fry haucht diesen klassischen Mythen auf seine ganz eigene Art Leben ein und holt sie in unsere Zeit. Dabei erzählt er von den Sagen des Perseus, Jason, Theseus, Herakles und Odysseus und verzichtet ganz auf eine hochtrabende Interpretation der Geschichten, sondern bringt sie lediglich mit Hintergründen und Details, dem Leser näher.
Stephen Fry ist britischer Schauspieler, Moderator und Komiker, stellt aber auch als Dichter, Journalist, Drehbuchautor und Schriftsteller seine mannigfaltigen Talente unter Beweis. Helden, ist sein zweites Buch über die Mythologie der griechischen Antike. In Mythos, dem ersten Buch, widmet er sich eher den Anfängen, den Göttern aber auch dem Ursprung der Monster, Halbmenschen und Menschen. Da vieles in dieser Linie unmittelbar miteinander verflochten ist, überschneiden sich einige Begegnungen im ersten und zweiten Band, was jedoch immer seine Berechtigung hat. Er erwähnt immer die für die jeweilige Situation relevanten Aspekte und langweilt so nie mit schon bereits bekannten Informationen. Fry schafft es das Ganze in eher umgangssprachliche, witzige und manchmal auch freche Dialog Form zu bringen. Die Mythologie ist natürlich keine belegte Geschichtsschreibung, doch er versucht aus mehreren überlieferten Dramen für uns einiges in Sinn und Reihe zu bringen, erwähnt jedoch auch, dass es über manches, abweichende Auffassungen gibt. Wir begegnen jeder Menge Namen von Königen, ihren Söhnen und Frauen, von Göttern, Halbgöttern, Geliebten, Helden, Nymphen, Halbwesen und Menschen, die man sich keinesfalls alle merken kann. Doch die Darstellung des großen Ganzen, mit seinen Zusammenhängen ist wirklich sehr imposant, denn auch damals gab es hinter vielen großen Männer schon starke Frauen und wurden auch damals Monster nicht immer so geboren. Vieles lag in der Hand der Götter, Willkür oder Missgunst entschieden hier schnell und erbarmungslos über das Schicksal. All das bringt Stephen Fry in seinem 2. Teil über griechischen Mythologie, der zwar grob die Zusammenhänge vom Anfang erklärt, danach aber ganz auf bekannte und weniger bekannte Sagen eingeht, näher. Somit lässt sich dieser Band unabhängig lesen, zum vollen Verständnis wären jedoch beide Werke sinnvoll. Mit seiner charmanten, witzigen Art haucht er, mit den von ihm erdachten Dialogen Leben in diese Sagen und macht den klassischen Stoff, auch ohne Studium der Antike, für jeden verständlich. Ein gutes Buch für alle, die ihre ersten Schritte in die griechische Antike wagen wollen, doch auch für alte Hasen finden sich hier und da noch Details und Zusammenhänge, die weniger geläufig sind. Für mich, die einige der Sagen schon kannte waren vor allem die Verstrickungen dahinter und welchen Bezug, vieler heute noch im Sprachgebrauch geläufigen Begriffe mit den Menschen aus dieser Zeit und ihren Geschichten haben. Die größten Dramen schreibt nun mal das Leben, wenn dann auch noch die Götter ihre Finger mit im Spiel haben, Antike Dichter der dramaturgischen Fantasie freien Lauf lassen und Stephen Fry das auf witzige Art erzählt, kann auch Geschichte Spaß machen.
Fazit: sehr umgangssprachlich gehaltene, aus mehreren Quellen in Reihe gebrachte Sammlung über mehr oder minder berühmte Helden der griechischen Antike. Geschichte witzig verpackt und für die heutige Zeit erzählt.

Bewertung vom 30.09.2020
Das Gift deiner Lügen
Blackhurst, Jenny

Das Gift deiner Lügen


gut

Mehr ein -tückischer Vorstadt Schickeria- Krimi
Severn Oaks, ist eine etwas bessere Vorstadt Gemeinde, man kennt die Nachbarn, feiert gemeinsam und tauscht Tratsch und Klatsch miteinander aus. Hinter Mauern, nicht für jeden erreichbar, kann man sich sicher fühlen. Bis Erica, eine der beliebten Nachbarinnen aus der Gemeinschaft, auf einer Party ums Leben kommt. Als sich ein Jahr später die Wogen dieses tragischen Unfalls zu glätten scheinen, macht ein ominöser Podcast die Runde. In „die Wahrheit über Erica“ sollen wöchentlich neue Details über die Vorfälle auf der damaligen Feier, denunzierende Geheimnisse über die restlichen Anwesenden preisgegeben und sogar Ericas Mörder entlarvt werden. Ein Funke auf dem Pulverfass, dass sich Severn Oaks nennt.
In „das Gift deiner Lügen“ trifft der Vorstadt Schick zwischen Ballettstunden und Schulsommerfest auf einen Todesfall. Offiziell natürlich als Unfall zu den Akten gelegt, weiß die ein oder andere, scheinbar perfekte Mutter etwas mehr, was an dem Abend geschah. Doch wie üblich, hat jeder seine eigenen Geheimnisse und ist bestrebt diese auch für sich zu behalten. Es gibt zwar jede Menge Spekulationen über gekaufte Muffins für den Kuchenbasar, dubiose Geschäfte und Affären aber Mord? Sollte einer der Bewohner von Severn Oaks, einer aus ihrer Gemeinschaft wirklich dazu fähig sein? Doch die Schlinge des Unbekannten zieht sich mit jedem neuen Podcast enger zusammen. Plötzlich wird jemand vermisst und das Vertrauen untereinander bricht immer weiter auseinander. Leider wird nicht jedes Buch seinem Klappentext gerecht. Was sich da und am Anfang noch als spannender Einstieg gestaltet, entpuppt sich im Laufe des Buches leider als weniger spektakuläre Geschichte. Anfängliche parallelen zu einer bekannten TV-Serie über „verzweifelte Hausfrauen“ konnten die Spannung auch nicht aufrechterhalten. Nach dem schwächelnden Mittelteil, konnten weder die aufgedeckten Geheimnisse, noch die Aufklärung und der gesamte Hintergrund überzeugen. Das Ganze blieb, zu meinem Bedauern sehr oberflächlich und unspektakulär. Es gab zwar jede Menge Raum für Hypothesen, doch die Auflösung blieb wenig Imposant. Der Schreibstil war angenehm leicht und flüssig, dennoch kam es hier und da aufgrund der Ausdrucksweise zu Verwirrungen. Sowohl den Psycho-, als auch den Thriller suchte ich in diesem Buch leider vergebens. Es war an sich ein netter, mittelmäßiger Vorstadt Hausfrauen Krimi. Ein Haufen Verdächtige, jeder hat Dreck am Stecken, wer könnte es denn gewesen sein, um es kurz zu fassen. Doch ein Berg voll schmutziger Wäsche und ein ungeklärter Todesfall, machen bedauerlicherweise noch keinen Psychothriller aus. Das Buch konnte mich weder packen, noch mit sich reißen. Eigentlich schade, da die Autorin auch schon solche Werke zustande gebracht hat. Meine Meinung von der qualitativen Abwärtstendenz in Sachen Spannung, Charakterbildung und Tiefe der Story konnte dieses Buch nur bestätigen.
Fazit: eher mittelmäßiger Hausfrauen - Vorstadt - Krimi. Lediglich plätschernde Spannung und eine Story, der es an Tiefe fehlte.

Bewertung vom 13.09.2020
Wenn Insekten über Leichen gehen
Schwarz, Marcus

Wenn Insekten über Leichen gehen


ausgezeichnet

Leidenschaftliche Aufklärung über die Entomologie
Mittlerweile bekannt durch jede Menge Krimis und Serien, wo eine Leiche ist, sind auch Insekten nicht weit und manchmal liefern sie sogar nützliche Hinweise. Doch was steckt wirklich hinter dem Berufsfeld der Entomologen? Ist Fliege gleich Fliege und wie sollen diese, zumeist als lästig wahrgenommenen Zeitgenossen zur Klärung beitragen? Marcus Schwarz gibt einen umfangreichen Einblick in seine Tätigkeit.
Durch seine Arbeit, am Rechtsmedizinischen Institut in Leipzig, als forensischer Entomologe, kommt auch Marcus Schwarz mit dem ein oder anderen Tat- beziehungsweise Leichenfundort in Berührung. Dabei ist seine Arbeit weitaus komplexer als es in Büchern oder Serien dargestellt wird. Oft wissen einfach zu wenige an der Ermittlung beteiligte, dass ein Entomologe, gerade bei der Leichenliegezeit Bestimmung entscheidende Hinweise liefern kann. Dazu muss er aber überhaupt und vor allem rechtzeitig hinzugezogen werden. Neben einer Vielzahl an verschiedenen Fliegenarten, geht der Autor auch auf andere Gattungen der Insektenwelt, deren Eigenheiten und Spezialisierungen ein. Käfer, Parasiten, Wespen und Ameisen, um nur einen Teil der Vertreter zu nennen. Oft gibt es auch Beispiele an Fällen, in denen das entsprechende Insekt den entscheidenden Hinweis lieferte. Manchmal räumt er sogar mit dem ein oder anderen entstandenen Mythos auf. Zum großen Teil spielt jedoch die Entomologie, also die Insektenkunde und die Besiedlung von totem Material die Rolle. Die Fälle dienen zur Veranschaulichung und haben eine eher untergeordnete Rolle. Auch der Forstwissenschaft wird hier Raum gegeben, da Marcus Schwarz dank seines Studiums auch diesbezüglich schon seine Hilfe zur Klärung von Ermittlungen beisteuern konnte. Für mich war die große Bandbreite an Unterarten, ihre Spezifikationen und deren Zusammenhang mit der Verwertung von totem Gewebe unglaublich Interessant. Dabei bildet sich ein eigener Mikrokosmos, der noch bis nach dem letzten Besucher die Zersetzung nutzt. Auch seine Experimente, im Zuge seiner Abschlussarbeit waren sehr informativ und wissenswert. Man spürt, er geht in seiner Arbeit auf, spricht und informiert oft und gern darüber. Durch die Einteilung in einzelne Kapitel ließ es sich wunderbar lesen. Zu dem verlor es, trotz des zum Teil ernsten Themas und dem wissenschaftlichen Hintergrund nie ganz den Humor.
Fazit: speziell für Kriminalermittler sehr wissenswert, doch auch für Fans von forensisch orientierter Literatur und alle, die schon immer mehr über die Welt der Insekten erfahren wollten.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 13.09.2020
Ein gutes Mädchen
Rowley, Emma

Ein gutes Mädchen


ausgezeichnet

Was geschah wirklich mit Sophie?
Kate arbeitet bei einer Flaschenpost Hotline. Menschen, die von Zuhause weggelaufen sind können hier anonym eine Nachricht für ihre Familie hinterlassen. Die Organisation leitet diese dann an die Zurückgelassenen weiter. Oft ist es ruhig, manche Anrufe sind vage oder sogar Telefonstreiche. Doch heute rief ein Mädchen Namens Sophie an und hinterließ eine deutliche Nachricht. Nun ist es an Kate, die Eltern zu benachrichtigen, dass das Mädchen in Sicherheit ist und sie aufhören sollen nach ihr zu suchen. Es gibt jedoch zwei Probleme. Sophie klang nicht als wäre sie in Sicherheit und ihre Mutter weiß schon von der Nachricht, denn Kate selbst ist Sophies Mutter.
Emma Rowley ist Schriftstellerin und Journalistin, hat gerade in England ihren 2. Thriller veröffentlicht, war jedoch schon bei vielen Büchern als Ghostwriter beteiligt. „Ein gutes Mädchen“ ist der erste, unter ihrem Namen veröffentlichte Thriller. Zu Beginn sah es eher unspektakulär aus, die übliche Story eben. Die ersten 180 Seiten waren nicht langweilig aber sie quollen auch nicht gerade vor Spannung über. Es war interessant zu lesen, ging jedoch in viele verschiedene Richtungen. Es war unmöglich eine Tendenz abzuschätzen und vorherzusagen, welche Entwicklung die Story nehmen wird. Der Schreibstil war flüssig und die Tendenz weckte mein Interesse, was mich wahrscheinlich am Lesen hielt. Meine Erwartungen waren nicht die höchsten und ich fürchtete, dass es im durcheinander der Möglichkeiten enden würde. Doch dann kam das Ende des ersten Teils, mit einem Durchbruch für Kate und die Spannung. Die Befürchtung, dass mich der 2. Teil durch den Wechsel der Perspektive erst einmal ohne weitere Informationen schmachten lassen würde war unbegründet. Ab dem Zeitpunkt konnte ich das Buch nicht mehr aus der Hand legen, ich musste einfach herausfinden, was passiert war. Selbst als ich glaubte zu wissen, was vorgefallen war, zogen mich die wechselnden Perspektiven immer noch in ihren Bann. Bis hier her war es gut aber das Ende hat mich komplett überrumpelt. Kate und ich haben wohl unsere Gegner unterschätzt. Auch wenn mein Lesevergnügen nicht ewig währte, da ich den Rest des Buches binnen einem Tag nieder gerissen habe, zählt „Ein gutes Mädchen“ definitiv genau deswegen für mich zu den Jahreshighlights 2020. Es ist großartig, wenn ein Buch es schafft dich in den Bann zu ziehen und hinterrücks zu überrumpeln. Trotz der anfänglichen Bedenken ergab zum Schluss alles einen Sinn, doch erst als die Puzzleteile an ihrem Platz lagen konnte man das ganze Bild erkennen. Endlich wieder ein Buch, dass zurecht als Psychothriller bezeichnet wird.
Fazit: großartig und zurecht im Genre Psychothriller Zuhause. Ich war süchtig nach dem Ende. Ganz klare Leseempfehlung.

Bewertung vom 10.09.2020
Einstein
Kuhlmann, Torben

Einstein


ausgezeichnet

Die abenteuerliche Reise einer Maus, durch die Zeit
Eine kleine Maus verpasst ihren großen Traum, das Käse Fest in Bern, um genau einen Tag. Da muss etwas schiefgelaufen sein. Wenn sie nur die Zeit zurückdrehen könnte. Doch so einfach, wie zunächst gedacht ist es nicht die Zeit zu beeinflussen. Einstein sagte mal „Die Zeit ist relativ“ woher er das wohl gewusst hat?
Torben Kuhlmann ist deutscher Illustrator und erfolgreicher Bilderbuchautor. Sein erstes Buch (Lindbergh, 2014 veröffentlicht) entstand aus seiner Abschlussarbeit an der Hochschule. Einstein ist nunmehr das fünfte Werk aus seiner Feder. Es ist, wie auch die anderen Bücher, bezaubernd von ihm Illustriert, mit so unfassbar viel Liebe zum Detail und harmonischen Farben, ist die Optik eher realistisch gehalten. Keine Seite bleibt farblos. Oft füllen die Bilder ganze Seiten und auf den Text Seiten finden sich mehrere kleinere Bilder. Dabei spielt es keine Rolle ob groß oder klein, diese detailliebe und akribische Darstellung des Geschehens bleibt immer gleich intensiv. Schon allein optisch ist das Buch faszinierend, da man auf jeder Seite verweilen und sich in den Bildern verlieren möchte, doch die Geschichte steht dem Ganzen in nichts nach. Die kleine Maus macht sich auf die Reise in ein Abenteuer, was völlig anders verläuft als geplant, dennoch wird am Ende alles gut. Liebevoll ist die Geschichte durchdacht und der Kontext ist sehr schön mit Einstein in Verbindung gebracht. Die kindgerechte Verknüpfung zwischen der Geschichte und historischem Hintergrund war toll. Die Darstellung Einsteins sehr gelungen und der Bezug zu einer reellen und geschichtsträchtigen Person gefiel mir sehr gut. Torben Kuhlmann widmet sich in dieser Story dem Verständnis von Zeit und geht ganz in diesem Thema auf, er nennt nicht zuletzt eine Katze Chronos, der bekanntlich die Personifikation der Zeit ist. Genau diese detailreiche Umsetzung hat mich in Text-, wie Bild Form an diesem Buch fasziniert. Nach der Geschichte findet sich im Anhang noch eine ein Teil von Einsteins Vita und Gedankenexperimenten die, die Relativitätstheorie versuchen darzustellen. Wieder veranschaulicht mit Illustrationen und für den Laien gut verständlich. Die Altersangabe ist alles in allem passend, nur Leseniveau und Interesse sollte dementsprechend hoch sein. Trotz der Einteilung als Bilderbuch sollte die Geduld dem ganzen 120 Seiten zu folgen vorhanden sein. Da die Geschichte aber durch mehrere Kapitel unterteilt ist, stellt auch das etappenweise Lesen kein Problem dar.
Fazit: ein wunderschönes Kinderbuch, was abenteuerliche Geschichte, Wissen und bezaubernde Illustrationen miteinander vereint und auch bei den großen (Vor-) Lesern für Begeisterung sorgen wird.