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LichtundSchatten

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Insgesamt 212 Bewertungen
Bewertung vom 06.11.2023
Willkommen in meiner Buchhandlung
Bo-reum, Hwang

Willkommen in meiner Buchhandlung


ausgezeichnet

Ich bin Buchliebhaber mit einer großen Bibliothek, aber kein handelsüblicher Leser von Buchhandlungsromanen, die es heute wohl gibt. Ich bin gerne in Buchhandlungen und Büchereien, größeren und kleinen Bibliotheken. Ich stöbere durch neuen Lesestoff, blättere mal hier mal da und mag Nachdenken über Geschriebenes, seien es Romane oder Sachbücher. Ich lese hier: „Eine gute Geschichte war für Yeong-ju eine Geschichte, die sich an einen Ort entführte, den sie nicht erwartet hätte…dass es nichts Tragischeres gebe, als im Leben seine Liebe zu verpassen.“

Vielen Leuten fällt es schwer, ein Buch zu empfehlen, so auch Yeong-ju anfänglich. Sie versucht gleich zu Beginn „Der Fänger von Roggen“ (J.D.Salinger) an den Mann zu bringen, also an einen Kunden. Es wird einem dabei nicht schwindlig ob der Liebe und Spannung, sondern man liest einfache Gedanken von einem Jungen, sagt sie. Sehr interessant! Was denkt der Junge denn, fragt der potentielle Käufer. „Es sind Gedanken über die Welt aus Sicht eines Kindes. Über die Schule, Lehrer, Freunde, Eltern…“ Der Käufer entschließt sich für ein anderes Buch.

Wie also hätte sich die Protagonistin bzw. Buchhändlerin richtig verhalten sollen? Wir lesen in dem Buch ihren Gedanken bzw. Fragen für zukünftige Empfehlungsgespräche: „Welches Buch, das Sie zuletzt gelesen haben, hat Ihnen gefallen? Was beschäftigt Sie im Augenblick besonders?“ Aber auch dann ist es schwer, jemandem ein Buch zu empfehlen, so ihre Gedanken. In der Folge redet sie, stellt Fragen und empfiehlt. Ihr Denken kreist um die Definition von guten Büchern, was machte eines aus?: „Ein Buch, das vom Leben erzählt. Nicht einfach nur so, sondern mit ehrlichem und tiefgehendem Blick.“

Wir sind also mitten im anspruchsvollen Denken und Handeln einer Buchhändlerin, ähnlich unspektakulär wie das Buch „Die Fänger von Roggen.“ Mir hat jede einzelne Seite gefallen und weiter gebracht, ein sehr gelungenes Buch über das Konzept einer Buchhandlung und Menschen, die sich hier treffen. Über Buchempfehlungen und ihre Inhalte, über Sorgen und Nöte der Besucher, ein zutiefst menschliches Buch über die Frage, was eine Buchhandlung am Leben hält.

Tatäschlich hatte ich selbst mal eine Buchhandlung, die ich als Hobby und Zuschussbetrieb mehr schlecht als recht führte. Ich erinnere mich an einen Besucher aus Amerika, der seinen Kopf hereinstreckte und danach fragte, ob wir einen Krimi hätten mit einem Mord in einer Buchhandlung. Er sei auf der ganzen Welt nach diesen Geschichten unterwegs. Tja, man ist baff über Fragen, die einen hier treffen und das Problem, was man jemandem empfiehlt und was dem anderen hilft, ist die schwierigste überhaupt. Kafka hat die Frage nach einem hilfreichen Buch so beantwortet: "Es ist die Axt für das gefrorene Meer in Dir." In diesem Sinne würde ich ein Buch empfehlen, dessen Inhalt helfen kann, jedem! Seine Anleitung fürs Leben geht so:

"Den Mut wie eine Flamme vor sich tragen,
nichts fürchten und nichts unmöglich nennen,
keinen Menschen hassen, nur seinen Irrtum meiden,
alle Menschen lieben, aber das Vertrauen vorsichtig und weise verteilen."
(Unfug des Lebens und des Sterbens, von Prentice Mulford)

Bewertung vom 06.11.2023
»Höre auf ihre Stimme«
Noll, Chaim

»Höre auf ihre Stimme«


ausgezeichnet

Wenn man Religionen vergleicht, dann ist die Stellung der Frau darin eine mehr als aussagekräftige Größe.

Chaim Noll gelingt mit diesem Buch eine Darstellung der biblischen Frauen, wie sie vermutlich nur wenigen bekannt ist. Über 130 mal werden im AT und NT Frauen erwähnt, während im Koran nur einmal von Maria, der Mutter von Jesus, die Rede ist.

Jesus war ein Mann, der sich mit Frauen umgab und ihre Rolle positiv verändern wollte, also frei machen von den Fesseln des Patriarchats.

„Jesus sah sich veranlasst, pharisäischer Frauenverachtung entgegenzutreten. Und das in seine wirksamsten Form: durch sein Beispiel.“

Jesus war für Chaim Noll ein Rabbiner, der die ursprüngliche Freundlichkeit und Einheit mit Frauen wiederherstellen wollte. Erst seine Jünger haben dann die christliche Religion begründet.

Chaim Noll zeichnet die feminine Seite der Bibel und ihrer Geschichten, höchst spannend und lehrreich, keinesfalls nur für Juden oder Christen.

Es ist die Entwicklung der Frauen-Gleichberechtigung ganz generell und zeigt, warum die Bibel Frauen ein unvergleichliches Fundament bietet.

Bewertung vom 05.11.2023
Unter Wahnsinnigen
Schroeder, Florian

Unter Wahnsinnigen


weniger gut

Nun ja, der Böse macht andere lächerlich und verdreht Tatsachen wie es ihm soeben in den Kram passt. Schröder ist Teil dieser dunklen Seite und leistet mit diesem Buch wohl etwas Analyse für sein eigenes Tun.

Auf der andere Seite ist True Crime schwer angesagt, so dass ein Comedian kaum widerstehen kann, der auf Einnahmen angewiesen ist. Einiges ist spannend, das meiste aber langweilig, ein wieder gekautes und lang gezogenes Kaugummi ohne tiefere Einsichten. Nur Nietzsche zu zitieren, also jenseits von Gut und Böse zu denken, ist mir zu wenig.

In der Unterhaltung mit dem Scharfschützen sagt dieser ihm, dass er die Einstellungen der Menschen in Afghanistan nicht verstehen kann in ihrer Menschenfeindlichkeit. Schröder meint, man müsse hier einen Perspektivenwechsel vornehmen und abseits der gelernter Moralvorstellungen vorgehen.

Wie man das macht sagt er nicht. Nun, ein erster Schritt wäre die Grundlagen zu lesen, die Menschen i.e. Männer dort antreiben, z.B. Frauen zu unterdrücken und Ungläubige so zu behandeln wie es im Koran und den Hadith steht.

Dunkel wars, Florian schien helle, und so war das Buch zu Ende.

0 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 02.11.2023
Was bisher geschah (eBook, ePUB)
Ochsenknecht, Uwe

Was bisher geschah (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Er war Sängerknabe im Nationaltheater Mannheim und erlebte dort mitten unter Schauspielern, Sängern und weiteren kreativen Menschen die Sorgen und Nöte dieses Berufsstandes. Der Vater (ehemaliger Jagdflieger und Hobby-Operettenfan) hat Arbeit beim Benz, die Familie wohnte anfangs uffm Waldhof, dann in Vogelstang.

Seine Liebe zur Schauspielerei entwickelte sich früh und bestimmt. Ich kann sagen, aus ihm ist ein ganz Großer geworden, dessen Lust zu spielen, aber auch die Lebenslust immer wieder durchdringen.

So spielt er heute einen Müllmann ebenso überzeugend wie den Fälscher Konrad Kujau, ein Intellektueller ist er nicht, will er nicht sein, aber ein Liebender. Die Liebesszenen in diesem Buch haben nahezu Courts-Mahler Qualität.

Schauspieler bilden Leben, Sinn und Hoffnungen ab, ebenso wie Sorgen und Nöte. Die Konzeption bzw. Umschreibung seines Schauspielerdaseins bzw. dessen Ziele haben mich beeindruckt, Uwe Ochsenknecht kann ich als ehemaliger Student in Mannheim nur zurufen: Ei hoscha mol, Reschbegd!

Dieses Buch ist ein echter Gewinn! Von einem Menschen, der das Leben liebt und die Liebe, der ein Freund ist und ein verdammt guter Schauspieler.

Bewertung vom 02.11.2023
Der Osten: eine westdeutsche Erfindung
Oschmann, Dirk

Der Osten: eine westdeutsche Erfindung


ausgezeichnet

Ich habe gut zugehört und kann dem Autor weitgehend zustimmen. Vieles habe ich nicht gewusst. Sachlich, kompetent und informativ erfahren wir die nackten Unterschiede zwischen alten und neuen Bundesländern.

Meine Kurzfassung: die Ostdeutschen bringen eine wichtige demokratische Fähigkeit in die Zukunft Deutschlands ein: sie sind höchst sensibel geworden gegen idealistische Vorgaben. Der Sozialismus hat bei ihnen Erkenntnisse hinterlassen, die nicht durch neue westliche Illusionen zu ändern sind.

Die Montagsdemonstrationen in Dresden waren und sind gegen die Islamisierung gerichtet, die heute nach dem 7. Oktober 23 höchste Brisanz gewinnen. Wie wurde vom Westen aus scharf geschossen gegen Menschen, die noch in der Lage waren zu lesen?

Die Grundlagenwerke des Islam nämlich, deren Unterdrückung von Frauen und Vernichtungswille gegen Ungläubige jedem analytisch denkenden Menschen zu denken geben müssen. Natürlich wurde mit der verbalen Massenvernichtungswaffe par excellence bombardiert, dem N-Wort. Gleiches widerfuhr dem Künstler Neo Rauch etc.

Der in der alten DDR sozialisierte J. Gauck sprach sogar von Dunkeldeutschland, die sogenannten demokratischen Parteien schossen mit den immer gleichen Ausgrenzungswaffen gegen Kritik aus dem Osten.

Sie sind heute stumpf geworden und eine Partei scheint den Sieg davonzutragen, die niemand im Westen will. Demokratische Radikalität schafft entsprechende Antworten. Ein äußerst schlechtes Vorgehen von Parteien, Medien und Meinungsführern aus dem Westen. Ihr Stinkefinger (Gabriel) hat nicht funktioniert, so wie Honecker, Ulbricht und Genossen versagt haben.

Die westlichen Totschlagwaffe sind stumpf und man begreift nach diesem Buch, warum ein gemeinsames Ringen um die Zukunft vor allem einen Ost-Westlichen Ausgleich erfordert, Abrüsten, Zuhören und vorurteilsfrei diskutieren.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 02.11.2023
Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe - Kalendertagebuch zur Jahreslosung 2024

Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe - Kalendertagebuch zur Jahreslosung 2024


ausgezeichnet

Ein Buch, das mich täglich begleitet ist die Bibel, und zwar das alte und das neue Testament. Mit diesem Kalender steige ich jährlich wieder tiefer ein und kann dieses Buch des Friedens, des Trostes und des Mitgefühls immer wieder schätzen lernen.

„Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe.“ Kann es eine bessere Losung für 2024 geben?

Zufällig schlage ich auf: „Wahrlich, es hat Israel keine andere Hilfe als am Herrn, unserem Gott.“ Jer 3,23

Bewertung vom 01.11.2023
Was kommt. Was geht. Was bleibt.

Was kommt. Was geht. Was bleibt.


ausgezeichnet

Eine Anthologie mit Themen, die aktuell bewegen. Ich liebe diese Art von Büchern, die einem Einstiege an unterschiedlichsten Stellen, Stichworten und Themen bieten. Manuel Herder hat dieses Buch zum 225-jährigen Jubiläum des Verlages entwickelt, in dem zu Beginn ein Geleitwort des Gründervaters, Bartholomä Herder, steht. Seine Bücher waren als Hilfestellungen für Pfarrer und Lehrer gedacht, vor allem aber wollte er die Liebe zur Literatur verbreiten.

Gleich zu Beginn eine Absage: Jürgen Habermas fühlt sich nicht mehr alert genug, in Kopf und Herz, etwas beizutragen. Was Habermas tatsächlich zur Geschichte beigetragen hat, sie wird es weisen und ihn einordnen in Denker wie Marx, Weber oder Adorno.

Der Grund für H., einem christlich religiösen Verlag wie Herder eine Absage zu erteilen, dürfte anderswo liegen. Eine Vernunft, die mit einem Gott rechnet, die sich auf vermeintlich unverrückbare Normen beruft oder die Sein, Geist und Materie zusammen denkt – das alles ist heute für Habermas nicht mehr argumentierbar. Er hatte wohl keine Lust mehr auf jene Grenzen, denen Wissen und Soziologie begegnen und die uns bei höchster formeller Bildung oft tief verunsichern.

Besonders gefallen hat mir der Beitrag von Rüdiger Safranski über Bildung. Für ihn gehört vor allem das Eingeständnis dazu, dass man nur weniges genau weiß und darauf angewiesen ist, an das Wissen von anderen zu glauben. Aber es gäbe bestimmte, nur wenige Gebiete in denen man durch eigene Anstrengung das Konzept fast umfassend begreifen kann. Trotzdem wird der Gebildete auch in diesen Themen immer skeptisch bleiben und sich selbst immer hinterfragen. In Stuttgart Degerloch habe ich vor kurzem an einem Haus eine Aussage von Manfred Rommel gesehen, die das unterstreicht: „Das Gute kritisch sehen, um das Bessere zu erreichen.“

Alleine diese 2,5 Seiten über Bildung hätten dieses Buch gelohnt. Ich gleiche es jetzt ab mit einem Gebiet, auf dem ich mehr als üblich Wissen und Zusammenhänge angehäuft habe, den monotheistischen Religionen. Beziehe ich das auf die Ereignisse vom 7. Oktober 2023 in Israel, so muss ich leider eine Schieflage erkennen. Es gibt keine Differenzierung und klare Analyse der Religionen in ihrem kulturellen Zusammenhang und der Frage, wie sie Zusammenleben verunmöglichen.

Wenn Manuel Herder formuliert, man wolle einen Zustandsbericht bis 2023 liefern, dann liegt dieser vor, allerdings mit der Leerstelle des 7.Oktober 2023, mit der vielen klar wurde, wo Antisemitismus tatsächlich herkommt und dass Giambattista Vico, ein Denker des Mittelalters, Recht hatte: "Eine durch Religionen geteilte Stadt liegt entweder schon in Trümmern oder ist kurz davor.“

Khorchide kann keinesfalls den Islam zutreffend erklären, ich selbst habe bei einem Vortrag seine deutschen Personenschützer gesehen. Sein Beitrag Barmherzigkeit klingt für mich wie ein isolierter Sonnenstrahl einer Religion, die nur ihresgleichen kennt und es als Haus des Friedens bezeichnet. Alle anderen, höchst problematischen Inhalte, vor allem das Verhalten Ungläubigen gegenüber, lässt Khorichide außen vor.

Toleranz endet dort, wo andere Menschenrechte eklatant verletzen, zum Beispiel wenn Frauen dauerhaft unterdrückt und entrechtet werden. Nach Joachim Gauck muss hier eine kämpferische Toleranz einsetzen, sofern die Rechtssprechung nicht schon vorher Handlungen korrigiert. D.h. ich sollte dem anderen klar machen, dass seine Handlungen nicht toleriert werden können.

Im Wesentlichen sehe ich das Erstarken rechter Positionen bis hin zur AfD durch die Verunmöglichung von Kritik an der letzten monotheistischen Religion begründet, einhergehend mit fehlenden Grundlagenanalysen von Geschichte und Religionen. Ich empfehle hier den Vortrag eines amerikanischen Wissenschaftlers, Dr. Bill Warner:"Warum wir ANGST haben und 1.400 Jahre der FURCHT und Tyrannei ertragen müssen? (Deutsche Untertitel)"

Kapitel: Älterwerden, Angst, Antisemitismus, Apostel, Arbeit, Aufstieg, Auto, Barmherzigkeit, Berlin Alexanderplatz, Bildung, Bleibendes, Brandstifter, Bürger, Bürokratieabbau, Chaos, Crux, Demokratie, Deutsch, Deutschland AG, Dienen, Digitalisierung, Drohnenkriege, Ehe, Einsamkeit, Engagement, Fachkräfte-Weltmeister, Familienunternehmen, Feiertag, Föderalismus, Fortschritt, Frieden, Gebet, Gedichte, Geduld, Gegenwind, Gespräch, Globalisierung, Gottesdienst, Haltung, Heimat, Hoffnung, Hören-Suchen, Hut, Influence, Jubiläum, Kinderwahlrecht, Klimaaktivismus, Konsequenz, Konservativ, Krieg, Künstliche Intelligenz, Lachen, Leere, Leid, Liebe, Linksextremismus, Mainstream, Marktwirtschaft, Nachbarn, Neutralität, Optimismus, Qualität, Rechnen, Rechtsextremismus, Reform, Risiko, Schule, Sicherheit, Sicherheitsversprechen, Social Media, Solidarität, Spielen, Sport, Streit, Tiere, Toleranz, Transformation, Veränderung, Verschwörungstheorien, Versöhnung, Vision, Vollkontakt, Wandel, Wandern, Wegschauen, Weltbürgerrecht, Weltfrieden, Weltkirche, Zeitenwende, Zensur, Zweifel, Zwiespalt.

Bewertung vom 31.10.2023
3 Sekunden
Guttenberg, Karl-Theodor zu

3 Sekunden


ausgezeichnet

Ich erinnere noch gut die Zeiten als KT Guttenberg von der BILD Zeitung zum kommenden Kanzler hochgejubelt wurde. Er durfte aber nur die Bundeswehr abwickeln und wunderschöne Bilder eines neuen, deutschen Kennedy-Paares um die Welt senden. Dass er dann ab und zugeschrieben hatte, vermutlich müssten wir 50% aller Politiker in dieser Hinsicht näher beleuchten.

Kurz: ich habe Mitleid empfunden damals und sehe ihn noch heute die Treppe zur letzten Pressekonferenz herunterkommen. Dass er dabei geschickt von seiner Schuld ablenkte, er hätte in jedem Fall die zentrale Fähigkeit für einen erfolgreichen Politiker gehabt: seine Rhetorik war blendend ausgebildet, der Augenaufschlag brillant.

Jetzt also der Guttenberg im Alltag, der emphatische Mensch an der nächsten Tür, auf der Bank im Park, der Couch zuhause, fernsehschauend, in der Apotheke stehend oder in der Bäckerei, im Restaurant essend. Er wird zu einem Beobachter des Zusammenlebens, er hört und sieht genauer hin. Hier reißt ein gescheiterter Politiker alle Masken vom Gesicht und macht sich ehrlich. Das hat mich beeindruckt.

In einer Woche reist er von Beethoven-Werken bei einem Netzwerker & einsamen alten Freund zu Roy Black an den Wörthersee bzw. eine Büste des Schlagersängers: „drei Ikonen erfolgsverwöhnter Verlassenheit.“ Wir sind damit beim Kern dieses Buches, in dem ein gewinnender Mann von Gestern sein Heute sucht.

Mir gefällt vor allem KT Grantlhuber in der Bäckerei, der dem Büffelmann vor ihm Freundlichkeit beibringen will. Das könnte auch ich sein. KT diskutiert im Flugzeug mit einem Waffennarren, will ihn überzeugen von notwendigen Gesetzen. KT mischt sich ein, keine Kleinigkeit ist vor ihm sicher, ein guter Beobachter.

Ein Buch, das ich sehr gerne gelesen, mit dem ich diskutiert habe, also uneins war, das mir Freude und Nachdenken gebracht hat beim Lesen. Es waren ähnliche Gefühle wie bei den Geschichten von Thomas Middelhoff, der von ähnlich weit oben nach unten durchgereicht wurde.

Mit dem Menschen KT Guttenberg würde ich gerne ein Gespräch führen bzw. mit ihm durch den englischen Garten spazieren. Dass er das Buch „Noch wach“ weglegte, ungeöffnet, großartig. Eine große Zeitersparnis.

Meine Lieblingsstelle, Seite 57: „Der Moderator verschluckt sich fast an seiner eigenen Bedeutung. Dann ein Interview. Lauernde investigative Untertöne treffen auf erbarmungswürdige Politikerphrasen. Scoop-Gier gegen Shitstorm-Vermeidung. Beide akribisch bedacht, die Erwartungshaltung zu bedienen.“

Bewertung vom 27.10.2023
Eine andere Welt

Eine andere Welt


ausgezeichnet

Bücher, die Perspektiven für die Zukunft eröffnen? Tun das nicht alle Bücher, auch die schlechtesten, weil sie uns lehren, was nicht so gut war in der Vergangenheit und welche Perspektiven deshalb besser wären in der kommenden Zeit? Ich war gespannt auf die Auswahl und natürlich habe ich nicht meine eigene Sichtweise erwartet. Insgesamt kann ich festhalten: es waren gute Dinge dabei, anregende, aber auch Verstörende. Also: Fragen, Widerspruch und Diskussion. All das lief ab beim Lesen dieses spannenden Buches.

Buchbesprechungen über 4-5 Seiten können nicht umfassend sein, aber die behandelten Essenzen von 111 Büchern waren es alle wert, aufgenommen und bedacht zu werden.

Wenige Romane, mehr Sachbücher und Essays, so die Inhalte. Für mich als Buchliebhaber waren viele neuen Dinge dabei.

Gleich zu Beginn lese ich Gedanken von Christoph Links, der das Buch von Frantz Fanon skizziert: „Die Verdammten dieser Erde“. Es vermittelt die Gedankenwelt der revolutionären “Befreiungstheoretiker” der damaligen Zeit: schuld sind alle Weißen und Europa muss umdenken, gefordert wird eine radikale Umwälzung des globalen Systems. Nicht gesehen wird, dass die Aufklärung bzw. Europa die Sklaverei als inhuman beendete. Religiöse und ethnische Konflikte werden ausgeblendet. Auch die Ursachen der afrikanischen Probleme bzw. der Sklaverei werden nicht erforscht. Fanon hat sein Buch aus der Perspektive eines Betroffenen geschrieben, zurecht ein Aufschrei, subjektiv und wenig perspektivisch in die Zukunft gedacht. Es ist kein wissenschaftliches Werk, sondern ein Pamphlet mit enger Sichtweise: der Ablehnung Europas. Europäischer Geist, europäische Maßstäbe – das sind für Fanon keine Kriterien für den afrikanischen Kontinent. Er sagt stattdessen: "Das Leben kann für den Kolonisierten nur aus der verwesenden Leiche des Kolonialherren entstehen." Wie man das heute bezeichnen würde?

Das Glasperlenspiel von Hesse sei eine Voraussage des Untergangs des Abendlandes, lesen wir von Kermani. Kermani hält nicht alles, was heute geschrieben wird, für wertlos. Und doch „keiner von uns (!) Gegenwärtigen hält dem Vergleich mit Kafka, Proust oder Beckett stand. „Unsere Romane, unsere Gedichte, unsere Dramen, sie mögen gut sein - aber sie definieren den Roman, das Gedicht, das Drama nicht mehr um.“ Nun, vermutlich blickt das heute so erfolglose Abendland nach Osten in das Morgenland, auf die dort sichtbaren aufklärerischen Eingebungen hoffend? Hesse plädierte in "Glasperlenspiel" an eine neue Innerlichkeit, die insbesondere Elemente des bürgerlichen Konfizianismus aufnehmen sollte. Den Mensch von Innen her ändern, ohne religiöse oder ideologische Scheuklappen, um damit das Kriegerische und Oberflächliche zu überwinden, das war sein Anliegen, weit davon entfernt, prophetische Voraussagen treffen zu wollen. Man lese dazu den sehr klugen Artikel von Fabian Nicolay: "Von Glasperlen und Bildungsidealen."

Zum Buch von Ewald Said „Orientalismus“ steuert Andreas Eckert seine Gedanken bei. Ich sehe es anders, der vorgeführte Schauprozess Said’s im Rahmen einer höheren Moral war wenig wissenschaftlich und hilfreich. Heute darf über kulturelle Unterschiede gar nicht mehr geredet werden. Hier wäre das Buch von Siegfried Kohlhammer zu empfehlen: Islam und Toleranz. Von angenehmen Märchen und unangenehmen Tatsachen.

Das Beste für die Zukunft ist selbst Nachdenken darüber. Dies hat dieses Buch bei mir tatsächlich erreicht. Allein, mein Lieblingsbuch wurde nicht behandelt: Prentice Mulford, Unfug des Lebens und des Sterbens. Die Kernaussage erbaut ganz einfach und trägt weitreichend in die Zukunft:

"Immer den Mut wie eine Flamme vor sich tragen,
nichts fürchten und nichts unmöglich nennen,
niemanden hassen, aber seinen Irrtum meiden,
alle lieben, aber das Vertrauen vorsichtig und weise verteilen."

Ideologen und Schwarz-Weiß Denker*innen wie Thunberg - sie sind für mich suspekt, alle, die ein abgeschlossenes Weltbild haben und sicher sind. Dieses Buch macht unsicher, nachdenklich und wirkt gegen religiöse und ideologische Verzückungen: » Immer noch haben jene die Welt zur Hölle gemacht, die vorgeben, sie zum Paradies zu machen.“ (Hölderlin)

Bewertung vom 24.10.2023
Jeder soll von da, wo er ist, einen Schritt näher kommen
Kermani, Navid

Jeder soll von da, wo er ist, einen Schritt näher kommen


weniger gut

Religion sei nicht in Büros entstanden, es sei die Verbindung zwischen Endlichkeit und Unendlichkeit, erfahrbar in der Natur, in Dingen, in uns. So NK. Nun, wenn ich dem Buch von Barbara Köster, Der missverstandene Koran, Glauben schenke, dann wurde der Islam sehr wohl in Zimmern der damaligen Herrscher, der Abassiden, entwickelt.

Sie wollten mit dieser Religion das Christentum um-schreiben und gleichzeitig ein Instrument zur Unterwerfung der Untertanen schaffen. Islam heißt auf deutsch Unterwerfung. Weder Jesus noch Mohammed sind historisch eindeutig nachgewiesen, kein Wort dazu in diesem Buch, das eine Abhandlung für den Islam darstellt, ohne kritische Elemente zu nennen.

Im Christentum ist Gottes Wort Fleisch bzw. lebendig geworden, im Islam ein Buch. In Sure 97, einer mekkanischen, wird er (Jesus) in der Nacht der Bestimmung hinabgesandt. Der Islam deutet Jesus in den Koran um, wenn man aber die Syrisch-Aramäische Sprache zu Rate zieht, wird diese nach der inhaltlich-sprachlichen Bestimmung zum Geburtsstern und die Verbindung Matthäus 2,2 wird evident. Mit der Sure al-qadr ist mithin eine Schicksalbestimmung, eine Art Horoskop gemeint. In der laylat al-qadr, der Nacht der Bestimmung, halten die Muslime Vigilien, d.h. sie wachen. Der Brauch stammt aus dem Christentum, wo er aber natürlich mit Jesu Geburt zu tun hat und nicht mit der Niederkunft der Koran. Unwissentlich vollziehen die Muslime in der laylat al-qadr das Weihnachtsfest.

Vergleichende Religionswissenschaft sollte heute eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein, denn die unterschiedlichen monotheistischen Religionen entwickelten sich sukzessive weiter von der/den vorhergehenden Glaubensauffassungen unter Einbezug auch anderer Elemente des davor herrschenden Mystik-/Volksglaubens. In den muslimischen Ländern wird die Beschäftigung mit dem Alten oder Neuen Testament als unter der Würde eines Muslims angesehen. Alles Alte ist durch das Neue getilgt, ältere Verlautbarungen Gottes sind Verfälschungen. So bleibt die nahe Verwandtschaft mit der Bibel völlig verborgen, eine Auseinandersetzung damit ist bei größten Strafen verboten, Zweifel daran sind nicht erlaubt.

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