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SternchenBlau

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Insgesamt 160 Bewertungen
Bewertung vom 27.08.2020
Hollow Kingdom
Buxton, Kira Jane

Hollow Kingdom


sehr gut

Die Zombie-Apokalypse aus Krähensicht

„Jetzt gehörte unser Haus dem Zuckerahorn. Und vielleicht war das gut so. Vielleicht hatte der Zuckerahorn das redlich verdient.“

Dass hier die Apokalypse aus Krähensicht geschildert wird, hat das Buch überhaupt erst auf meiner Leseliste landen lassen. Allerdings hatte ich diesen ungewöhnlichen Blickwinkel bis zum Lesen schon wieder vergessen und habe mich dann umso mehr darüber gefreut. Und S.T., die Krähe, als Ich-Erzähler ist mir recht schnell ans Herz gewachsen, genau wie der Bluthund Dennis, für den S.T. anstatt ihrer beider Herrchen die Verantwortung übernimmt. 

Viele Stellen haben eine so wundervolle Poesie, gepaart oft auch mit Ironie:

„Im Staate Washington gedeiht alles prächtig: smaragdgrünes Moos, knackige Äpfel, süße Kirschen, große Träume, Koffein-Abhängigkeit und passive Aggression.“

Dennoch hatte ich etwas Mühe ins Buch einzusteigen. Es plätscherte zunächst etwas vor sich hin, manche Infos schienen mir unnötig versteckt und mit Geheimnis aufgeladen. Manche Wege erschlossen sich mir nicht wirklich, es schien mir hier häufiger unnötig kompliziert: Warum müssen die beiden durch die halbe Stadt, bis sie etwas bestimmtes tun können? Dazu passt, dass manchmal seitenweise die Kerninfo zurückgehalten wird, die der Ich-Erzähler aber sofort wahrgenommen hatte. 

Dafür tut sich schließlich eine wundervolle Mission für die beiden auf. Die führt zu sonderbaren und wundervollen Begegnungen und die Figuren sind mir sehr  ans Herz gewachsen. Was mir auch sehr gut gefällt: Das Spiel mit mehreren „Chosen Ones“: „der, der bewahrt“, „der, der erobert“ und so weiter und so fort. Es gibt eben nicht ein:e, die alles erreichen kann. Und vieles ist nicht so offensichtlich, wie es zunächst scheint.

Eine weitere Stärke der Autorin ist die Schilderung der Natur. Schon durch die Bandbreite an Baumarten von Zuckerahorn über Hainbuche zur Douglas-Tanne und Tierklassifikationen von Regenwurm bis zum Elefanten fühle ich mich wie in einem Krähenhirn. Die Natur überwuchert immer mehr die Zivilisationsreste der Menschen und gleichzeitig bleibt Seattles Großstadtnetz mit seinen Starbucks-Cafés, Wohnanlagen oder Malls immer der Bezugspunkt für S.T..

In diesen Betrachtungen findet die Autorin eine schöne Gegenform für die Aussage, dass wir Menschen die Vielfalt der Natur zerstören. Eine Aussage, die mir aber etwas zu schlicht ausgeführt wurde. Dazu kamen die für mich die langatmigen Stellen dazu, um die volle Sternenzahl zu geben.

CN / Content Note: wie bei vielen apokalyptische Geschichten Mord, Gewalt, Verstümmelung, hier viel Tötung von Tieren, sexualisierte Gewalt (nur eine zentrale Szene, die hatte es für mich aber in sich)

Und die unreflektierte Übernahme der teilweise misogynen Ansichten von S.T. haben mich auch genervt. (Einmal wird der Ind*aner-Wort benutzt.) Ich hätte es schon fast wieder vergessen, aber S.T. beobachtet auch einen vermutlichen sexuellen Übergriff oder Schlimmeres durch eine Hundemeute auf eine Hündin. Irgendwie fand ich die Schilderung schwer zu ertragen, obwohl es eigentlich nur zwei kurze Absätze sind. Vielleicht, waren diese Zeilen einfach zu lapidar. Dafür ziehe ich nochmal einen halben Stern ab.

Fazit 
Der Blickwinkel macht „Hollow Kingdom“ zu etwas ganz Besonderem. Ich sehe ein paar Abstriche (bitte auch Content Note beachten), aber das Buch hat mir auch gefallen. 3,5 von 5 Sternen, die ich aufrunde.

Bewertung vom 27.08.2020
Adresse unbekannt
Nielsen, Susin

Adresse unbekannt


ausgezeichnet

Warmherzig und voller Empathie

Felix spürt die letzten Monate wenig davon, dass sein Name „der Glückliche“ bedeutet. Seiner Mutter ging es immer wieder mal schon nicht wirklich gut. Und schließlich wohnen sie in einem VW-Bus, das Wort „obdachlos“ will er Anfangs für diesen Zustand nicht gelten lassen.

Dieses Kinderbuch an der Schwelle zum Jugendbuch ist warmherzig geschrieben. Voller Empathie gehe ich mit den Charakteren mit. Ich drücke allen die Daumen, dass sie wieder auf einem besseren Weg finden. Dadurch entwickelt Autorin Susin Nielsen auch eine ganz eigene Spannung. Ich wollte unbedingt wissen, was weiter passiert, und konnte das Buch daher kaum aus der Hand legen.

Toll fand ich auch die Vignetten, die zu Beginn jeden Kapitels den Aufenthaltsort der Kleinstfamilie angeben.

Absolut gelungen finde ich die Kombination von einem leichten, oftmals humorvollen Schreibstil und der Schilderung einer harten sozialen Wirklichkeit. Felix’ schützt sich selbst, indem er manches beschönigt und indem er seinen Humor nicht verliert. Und ja, ich finde, dass auch Kinder an solche Themen kindgerecht herangeführt werden sollten. Kinder haben einen großen Gerechtigkeitssinn und hier lernen sie sich, in andere einzufühlen.. Kinder erfahren hier, dass Obdachlosigkeit etwas ist, dessen sich die Betroffenen zwar oftmals schämen, dass es aber nichts ist, dessen man sich schämen müsste. „Es könnte jeden treffen“, schreibt Felix’ Freundin Winnie für die Schülerzeitung – lange bevor sie weiß, dass dieses Thema unsichtbar auch ihren Freund betrifft.

Ich habe mit der Hauptfigur mitgelitten, aber ich war auch so stolz auf ihn, was er leistet.

Die Charaktere sind mir alle ans Herz gewachsen. Dadurch, dass aus Felix’ Sicht erzählt wird, wird auch die ganze Ambivalenz der Bindung zu seiner Mutter deutlich. Wie er sie liebt, wie er immer wütender auf sie wird. An dieser Stelle ist gerade für ein Kinderbuch eine Content Note wichtig, finde ich.

Der Verlag empfiehlt das Buch ab 11 Jahren, was ich sehr stimmig finde. Die ernsten Themen werden jetzt nicht drastisch geschildert. Aber manche Kinder könnte es trotzdem belasten.

Content Note / CN: Wohnungslosigkeit, Depression, angedeutete Option eines Suizids, die Möglichkeit einer Vergewaltigung, Bedrohung häusliche Gewalt gegen die Mutter, Hunger, Diebstahl, Tod eines Haustieres

Gerade die Darstellung der Depression finde ich absolut gelungen, auch, wie Felix dadurch in eine Verantwortung rutscht, die seinem Alter noch nicht entspricht. Die Möglichkeit einer Vergewaltigung, da fürchtet sich Felix einmal um seine Mutter, und einmal werden die beiden im Bus bedroht. Beides löst sich allerdings auf.

Die Auslösung hätte für mich noch etwas knapper sein können. Aber ich denke, für die Zielgruppe ist es sehr gelungen, dass man beim Lesen noch etwas länger in Wohlfühlelementen schwelgen kann. Einen Extrapunkt gebe ich noch für die divers geschilderten Figuren. Und super sind auch die Fragen an die Lesenden im Anschluss – zur Diskussion in der Schule oder als Anregung zum Selber-Nachdenken.

Fazit
Ein warmherziges Kinderbuch, hier wird das ernste Thema Obdachlosigkeit empathisch und altersgerecht umgesetzt (Altersempfehlung ab 11). Dieses Buch empfehlen ich – mit Hinweis auf die Content Note – von Herzen weiter und vergebe 4,5 von 5 Sternen.

Bewertung vom 21.07.2020
Hier ist doch was faul! / Polly Schlottermotz Bd.5
Astner, Lucy

Hier ist doch was faul! / Polly Schlottermotz Bd.5


sehr gut

Ein singendes Faultier im Urwald braucht dringend Hilfe. Charmante Geschichte.

Mal wieder eine 3-Generationen-Rezi...

Mein 8,5jähriger Sohn findet:
Mir hat bei „Polly Schlottermotz“ Faultier Shakira am Besten gefallen und dass sie so gut Lieder singen. Darum musste ihr Polly auf alle Fälle helfen. Und auch die anderen Charaktere fand ich sehr gut gefunden.
Schade fand ich, dass ich noch von jedem von Pollys Eckzähnen die Zauberkraft erfahren habe. Nur beim Alarmzahn war es schnell klar. Aber selbst am Ende weiß ich es vom vierten noch nicht. Das war ja der erste Band aus der Reihe, die wir gelesen habe, aber bei anderen Reihen wurde das besser erklärt.
Es hat sich einiges wiederholt. Das ist der Hauptgrund, was mir nicht so gut gefallen hat. Manchmal war es so: Polly geht durch den Urwald, die Zeit läuft langsam ab, und mehr passiert dann aber nicht. Aber mir hat die Faultiergeschichte gefallen und insgesamt habe ich das Buch ganz gerne gelesen. Daher vergebe ich 3,5 von 5 Sternen.

Unsere Oma sagt:
Die Geschichte von Polly Schlottermotz ist ganz lebhaft erzählt. Zwischendrin gibt es immer mal wieder langatmige Stellen, aber ich fand schon spannend, wie das mit dem singenden Faultier alles zusammenhängt. Und so einen Zauberpass, der mich an alle möglichen Orte bringt, hätte ich auch gerne.

Meine Erwachsenen-Meinung:
Dieses Buch haben wir mal wieder in 3-Generationen gelesen. Wir mögen Faultiere alles sehr gerne, es ist wirklich eine charmante Geschichte und gerade die tierischen Protagonist:innen mochten wir sehr gerne.

„Ich sehe schon meinen Grabstein vor mir. Er lebte als Held – bis er von einem Gänseblümchen verschluckt wurde. Das habe ich nicht verdient, Polly, die Leute werden über mich lachen!“

Auch, wenn das Buch sehr nett war, wenn es sehr nett war, haben wir bei diesem Buch keinen großen „Zug“ gespürt, dass wir unbedingt wissen wollten, wie es weitergeht.

Mir sind wie meinem Sohn einige Kapitel aufgefallen, bei denen kaum etwas passiert ist. Das Erzähltempo ist ziemlich gemächlich und leider wird die nicht dafür genutzt, um die Charaktere stärker zu beleuchtet. Und nein, ich muss nicht zum vierten Mal lesen, dass die Elefantendame auf Wellness-Ausflug ist oder zum zehnten Mal, dass die Zeit knapp wird.
Wie hat sich denn die Großtante das gedacht: Sie schenkt einen magischen Zauberpass, aber ihre Enkelin benutzt den dann nur für einen Tag? Probleme werden aufgemacht, aber nicht wirklich behandelt. Und der Fantasy-Anteil ist jenseits des Tierthemas auch recht gering.

Während wir das Buch gelesen haben, haben wir in einer Kinder-Doku erfahren, dass alle Faultier-Arten Einzelgänger sind. Ja, künstlerische Freiheit ist okay, aber irgendwie passt es trotzdem zu meinem Eindruck des ganzen Buchs, in dem es genau darum geht, dass Shakiras Verbannung aus dem Dorf wieder aufgehoben werden soll.

Fazit:
Eine charmante Kindergeschichte, die man gut lesen kann, aber nicht lesen muss. Unsere 3,5 Sterne runden wir auf, sagt mein Sohn, weil es ihm so insgesamt ganz gut gefallen hat.

Bewertung vom 12.07.2020
#BlackLivesMatter
Khan-Cullors, Patrisse;Bandele, Asha

#BlackLivesMatter


ausgezeichnet

Must-Read, um strukturellen Rassismus zu begreifen.

Es ist auch ein weißes Privileg, dass wir uns mit dem Thema Rassismus nicht unbedingt beschäftigen MÜSSEN. Ich nehme mich da nicht aus: Von diesem Buch weiß ich schon länger, gelesen habe ich es aber erst jetzt, wo die #BlackLivesMatter-Bewegung aufgrund der Ermordung von George Floyd wieder sichtbarer geworden ist.

„Wir sind keine Terroristen. Ich bin keine Terroristin. Ich bin Patrisse Marie Khan-Cullors Brignac. Ich bin eine Überlebende. Ich bin Sternenstaub.“

Dieses Buch von Patrisse Khan-Cullors, einer Mitbegründerin von #BlackLivesMatters und Erfinderin des Hashtags, ist nicht nur wichtig, sondern auch toll geschrieben: Eindringlich, emotional, wie ein Roman, stellenweise auch wie Lyrik. Sachbücher und gerade Autobiografien (was das Buch stellenweise ist) lese ich meist recht langsam, durch #BlackLivesMatter bin ich innerhalb eines Tages regelrecht geflogen, weil Khan-Cullors mit so viel Leidenschaft für Gerechtigkeit schreibt. Sie nimmt den Ausgangspunkt bei sich und ihrer Familie und ich habe mich oft gefragt, wie sie es geschafft hat, sich nicht unterkriegen zu lassen, von diesem strukturellen Rassismus, dem sie tagtäglich ab Geburt ausgesetzt war:

„Niemand hat erwartet, dass ich überlebe, und man hat mich auch nicht dazu ermutigt. Von meinen Brüdern und meiner kleinen Schwester, meiner Familie – der, in die ich geboren wurde, und der, die ich gegründet habe – erwartete niemand, dass sie überlebte.“

Polizei und Behörden holen gegen Schwarze Menschen die ganz großen Geschütze heraus. Verbal – der Originaltitel lautet : „When They Call You a Terrorist“ –, aber auch ganz konkret mit Abermillionen an Waffenetat, der im Kampf gegen „War on Drugs“ vor allem gegen die Schwarze und Latino Bevölkerung in armen Stadtteilen aufgefahren wurde.

Khan-Cullors schildert ihre Erlebnisse, die ihrer Freund:innen und Familie, und weitet mehr und mehr den Blick, wo die strukturellen, himmelschreienden Ungerechtigkeiten liegen. Sie kämpft mehr und mehr, auch, wenn sie viele Kämpfe, wie um einen gerechten Prozess für ihren psychisch kranken Bruder, oder eine illegale Durchsuchung ihres Hauses nicht gewinnen kann. Das Empowerment ihrer Community liegt Khan-Cullors dabei immer am Herzen, aber auch als Weiße reißt sie mich mit für diesen wichtigen Kampf für Gerechtigkeit.

Sie prangert die neoliberale Tendenz an, dass die Schuld fürs Scheitern nur beim Individuum gesucht wird. Der Rassismus verschärft das Problem:

„Doch frage ich mich auch, nachdem ich im Laufe der Jahre viele solcher Treffen (Anm.: des 12-Stufen-Programms) besucht und später auch selbst als Therapeutin gearbeitet habe: Warum macht man nur den Einzelnen verantwortlich? Wo war die Unterstützung, die diese Männer gebraucht hätten? Sie sprachen von geplatzten Träumen, Arbeitslosigkeit, dem Gefühl, von aller Welt gehasst zu werden, und davon, dass die Polizei sie misshandelt hat.“

Grandios ist auch, wie Khan-Cullors als Queerer Mensch die Intersektionalität immer wieder mitdenkt und auch die Mehrfachdiskriminierung deutlich macht.

Ab und an war ich ihrer persönlichen Zeitleiste ein wenig verloren. Und zum Schluss wurden mir es mir zu viel Weggefährt:innen, die Khan-Cullors mit jener US-amerikanischen Überschwänglichkeit ins Rampenlicht noch erwähnt wissen wollte. Das macht sie mir als Mensch sehr sympathisch, und auch, wenn es mich etwas ermüdet hat, hat es jetzt nicht weiter gestört.

Zum Glück ist in Bezug auf Gefängnisse oder auch das Gesundheitssystem in Deutschland einiges besser, das nimmt uns hierzulande aber nicht aus der Pflicht für #BlackLivesMatter einzustehen. Seit 1990 starben 160 Schwarze Menschen und PoC in öffentlichem Gewahrsam (Quelle: Death in Custody). Oury Jalloh ist nur der bekannteste Name von ihnen. Wir sind hier alle in der Pflicht.

Fazit
Ein Must-Read, um die aktuelle Situation in den USA und strukturellen Rassismus generell zu begreifen.

Bewertung vom 12.07.2020
Vengeful - Die Rache ist mein / Vicious & Vengeful Bd.2
Schwab, V. E.

Vengeful - Die Rache ist mein / Vicious & Vengeful Bd.2


sehr gut

Rasant und spannend. Zu diesen ambivalenten Superheld:innen bin ich sehr gerne zurückgekehrt.

Die ambivalenten Superhelden fand ich schon in Band 1 „Vicious“ sehr klasse, darum wollte ich unbedingt wissen, wie es in „Vengeful“ mit ihnen weitergeht. Und auch mit diesem Buch hat mich V. E. Schwab wieder sehr gut unterhalten: Ich habe bis spätnachts gelesen, obwohl ich kaum mehr die Augen offenhalten konnte, weil es so spannend war.

Zunächst einmal bekommen wir mit Marcella eine neue Anti-Heldin und erleben ihren Tod und damit ihre Geburt als ExtraOrdinäre (EO) mit. Zurück bei Victor, Sydney und Mitch brauchte ich zunächst ein paar Kapitel, um wieder richtig reinzukommen. Bei Band 1 hat mich die sprunghafte Zeitstruktur überhaupt nicht gestört, fand sie sogar erfrischend und absolut klar, diesmal fehlte mir die Marker, mit denen ich im Nu die Zeit zuordnen konnte, und damit etwas der Kompass. Dazu gibt es für mich diesmal auch weniger Metaebenen als in „Vicious“, die ja vor allem in der Begründung von Victors und Elis Motivation liegen.

Aber die Spannung war von Anfang an da und ich wollte einfach wissen, wie es weitergeht. Schwab hat ihre Figuren und deren dunklen Kräfte sehr geschickt gestrickt.

„Sydney zu Victor hoch. Er ging in die Hocke, damit sie auf Augenhöhe waren. »Du denkst, ich verhalte mich wie Eli und will Gott spielen? Na schön, dann spiel du auch mit, Sydney. Entscheide du, wer überleben soll: die oder wir?«“

Und so gnadenlos Victor oftmals auch sein mag, so wenig mag ich dennoch, dass er stirbt. Durch den Perspektivwechsel hin zu Eli gewann das Buch dann für nochmal deutlich. Sydneys Geschichte wirkte dagegen etwas lahm auf mich, vom Kopf her merke ich ihre emotionalen Konflikte, aber da wurde auch einiges an Potential verschenkt, um den Fokus dafür mehr auf Marcella lenken zu können. Deren Geschichte wird zum Ende hin leider etwas redundanter und auch etwas eindimensional.

Nach einem rasanten und atemlosen Showdown ließ mich das Ende des Buches ein wenig unbefriedigt zurück. Einige Fäden sind so gar nicht richtig aufgefangen. Ziemlich unentschlossen – zunächst wollte Schwab wohl auch keinen weiteren Band mehr schreiben, hat wohl aber im Mai auf ihrer Instagram-Seite von einem dritten Buch gesprochen.

Auch, wenn ich jetzt mehr gemeckert habe, als ich zunächst gedacht haben:
Ich hatte tolle Lesestunden und einen weiteren Band würde ich auf alle Fälle wieder lesen.

Fazit
Spannende Unterhaltung, wenn auch etwas schwächer als der erste Band. Und den Schluss fand ich etwas unbefriedigend. 4 von 5 Sternen.

Bewertung vom 17.05.2020
Elfen verboten / Lilly und die Zwölfen Bd.1
Wenzel, Sibylle

Elfen verboten / Lilly und die Zwölfen Bd.1


ausgezeichnet

Warum wurden die Zwölfen erst jetzt entdeckt? Warmherzige und witzige Fantasy-Geschichte für Kinder. Wir hatten in 3 Generationen Spaß!

Echt zwölfig!

Gefiel uns in drei Generationen sehr gut!
Wir haben das Buch mal wieder in drei Generationen gelesen (mein Sohn und ich lesen abwechselnd der Oma übers iPad in der Corona-Zeit vor) und haben daher auch alle drei unserer Meinung hier gelassen.

Mein 8jähriger Sohn findet:
Ist doch logisch: Wenn es Elfen gibt, dann muss es doch auch Zwölfen geben. Bloß vor diesem Buch bin ich da noch nie draufgekommen. Jetzt gefallen mir die Zwölfen sogar noch besser, weil die viel lustiger als die Elfen sind, die haben sogar einen eingebauten Partyradar. Und ihre Glückseiche auch, dann produziert sie nämlich mehr Zauberstaub.
Am meisten hat mir gefallen, wie die Zwölfen Lilly helfen, weil sie da nicht mehr alleine ist. Und es passieren viele lustige Sachen, z.B. fällt eine Zwölfe in die Schokosauce und will da gar nicht mehr raus.
Die Bilder passen total zu dieser schönen Geschichte und die Texte konnte ich sehr gut selber lesen. Nur die Kapitel waren zum Selberlesen ein wenig lang, aber abwechselnd mit Mama gelesen, war das wieder okay.
Ich vergebe 5 von 5 Sternen und man muss keine Elfen mögen, um dieses Buch zu lesen, weil die Zwölfen ja ganz anders sind.

Unsere Oma sagt:
Spannend und lustig! Spannend, weil immer wieder etwas Neues passiert, und lustig, weil alle Zwölfen so lustig beschrieben werden. Dazu ist das Buch ganz märchenhaft und regt die Phantasie an.
Es gibt ja ehrlich gesagt Kinderbücher, die ich als Erwachsene ganz fürchterlich finde. Aber „Lilly und die Zwölfen“ ist auch für Erwachsene spannend.
Beim zweiten Band würde ich sehr gerne wieder mitlesen und bin auch schon ganz gespannt, wie der Zwist zwischen Zwölfen und Elfen weitergeht.

Meine Eltern-Meinung:
Die Idee mit den Zwölfen ist eigentlich absolut logisch. Warum ist denn eigentlich vor Sibylle Wenzel noch niemand auf die Idee gekommen, deren Geschichte zu erzählen?
Umso mehr freut es mich, dass Wenzel uns diese Geschichte nun erzählt hat. Das bricht auch das rosa Gender-Klischee-Bild der Elfen, denn die Zwölfen dürfen rundlich sein und haben (nach eigener Aussage) viel mehr Spaß. Und auch darüberhinaus hat Wenzel ganz viele zauberhafte Einfälle, über die wir schmunzeln und lachen konnten. Beispielsweise Wurzelrutschen, Hummeln als Haustiere, eine sprachliche Fixierung der Zwölfen auf das Wort Zwölf und so tolle Dialoge wie:
„‚Ich hab’s ja gesagt, Du sollst den Tag nicht vor der Party loben‘, sagte Zwigbert und machte eine dramatische Geste.“
Die liebevollen Illustrationen von Anna-Lena Kühler machen „Lilly und die Elfen“ zudem auch optisch zu einem Kinderbuch-Genuss.
CN: Mobbing, Übergewicht
„Lilly und die Zwölfen“ erzählt aber auch ernste Themen und das fanden wir alle drei gut. Lilly wird gemobbt und wir haben darüber gesprochen, wie gemein Clara zu Lilly ist. Dass hat auch meine Mutter richtig aufgeregt, wie unfair Clara ist. Darüber hat mein Sohn auch viel nachgedacht, wie sie denn so gemein sein kann. Lilly lernt im Verlauf der Geschichte, dass sie sich auch zur Wehr setzen kann. Für meinen Sohn war das eine große Befriedigung und ein Gefühl des Empowerments.
Manchen Mobbing-Betroffenen hilft das allerdings nicht, das muss man den Kindern mit dazu vermitteln. Beim Thema Abnehmen wird für mich Henni als Mutter ein wenig einseitig dargestellt. Die Aussage am Ende ist ja: Du bist gut so wie Du bist. Aber dann wird das Verhalten der Mutter zu negativ. Die Sorge um Lillys Gesundheit wird so etwas negiert. Gut fand ich widerum, dass hier mal eine Alleinerziehende gezeigt wird, ohne dass das groß thematisiert oder gar problematisiert würde.
Ich hatte viel Spaß beim Lesen, hätte aber eher zu 4 Sternen tendiert, wurde von meiner Familie aber gnadenlos überstimmt!

Fazit
Oma, Mama und Kind hatten viel Spaß mit Lilly und den Zwölfen. Daher vergeben wir sehr gerne 5 von 5 Sternen.

Bewertung vom 17.05.2020
Das Wolkenschiff - Aufbruch nach Südpolaris (Das Wolkenschiff 1)
Hardy, Vashti

Das Wolkenschiff - Aufbruch nach Südpolaris (Das Wolkenschiff 1)


ausgezeichnet

In diese Geschichte habe ich mich richtig verliebt. Wundervolles Worldbuilding, eine melodische, mächtige Sprache, Steam-Punk und Fantasy!

Wettlauf nach Südpolaris

Was für ein Abenteuer! Phantasievoll und packend, herzzerreißend traurig und dann wieder pointiert witzig. Ganz selten schreibe ich über Cover, aber das spiegelt schon ganz viel, was das Buch so besonders macht: Die Mischung aus Fantasy, Steam-Punk, Abenteuer, Technik und Wissenschaft und lebensbejahender Freundschaft.

Die Zwillinge Marie und Arthur haben ihren Vater bei einer Entdeckungsreise nach Südpolaris verloren. Aber dass er dabei mit unlauteren Mitteln vorgegangen sein soll, kann besonders Arthur nicht glauben. Also heuern die beiden bei der Wolkenschiff-Crew von Harriet Culpfeffer an.

Sprachlich ist dieses Kinderbuch mächtig und wunderschön. Die Übersetzung von Doris Attwood liest sich melodisch und entwickelt eine ganz eigene Sprachmelodie. Ebenso gut gelungen ist der Rhythmus der Geschichte. Es gibt immer wieder Phasen, bei denen wir am Kapitelende kaum unterbrechen konnten, aber dann auch wieder Abschnitte, in denen die Geschichte in ruhigeren Winden verlief und wir in dieser Zeit die Welt besser entdecken konnten.

„Nichts als weiße Weite und Finsternis blitzten vor den Fenstern auf. Ein furchtbares Krachen und Splittern war zu hören und der Rumpf schaukelte wild hin und her. Alles, was Arthur sehen konnte, waren die vorbeirasenden Äste und Zweige, die dröhnend laut über die hölzerne Schiffshülle kratzten, als sie vom Wald verschlungen wurden.“

Absolut gelungen ist das Worldbuilding. Diese Welt mutet recht viktorianisch an, aber mit technischen Steam-Punk-Details wie eben den Wolkenschiffen. Mir hat sehr gut gefallen, dass Wissenschaft sehr positiv gezeigt wird. Gleichzeitig wird nicht verschwiegen, dass sich diese auch böse Menschen zu Nutze machen. Und dass mit den Entdecker:innen nicht selten die Ausbeutung und Kolonialisierung kommt, wird ebenfalls thematisiert.

Unseren Held:innen geht es allerdings um den Respekt vor anderen Kulturen und der Natur und einen nachhaltigen Umgang mit ihr. Hier ist völlig normal, dass die Geschlechter gleichberechtigt sind und Frauen als Entdeckerinnen unerkannte Welten entdecken. Auf der Reise wird eine positive, wundervolle, arabisch anmutende Welt besucht. Und dazu gibt es mit Arthur einen Protagonisten mit einer Behinderung, ohne, dass dies problematisiert wird. Das gibt es sonst ja auch immer noch viel zu selten.

Beim Vorlesen hat mein 8jähriger Sohn begeistert und gespannt zugehört. Empfohlen ist die Geschichte allerdings erst ab 10 Jahren, und das ist als Empfehlung angemessener, weil die Geschichte doch manchmal richtig spannend wird und die bösen Kräfte ziemlich böse sind. Manches ging ihm emotional sehr nah, aber ihn hatte das Cover und die Inhaltsangabe so angefixt, dass er nicht mehr von dem Buch lassen konnte.

Als wir die letzte Seite zugeklappt haben, hat mein Sohn gleich gefragt, ob es auch einen zweiten Band gibt. „Darkwhispers: A Brightstorm Adventure“ ist auf Englisch im Februar 2020 erschienen. Nun hoffen wir ganz, ganz dringend, dass arsEdition die deutsche Übersetzung herausgeben und uns damit auf einen erneute Reise mit dem Wolkenschiff reisen lassen wird.

Hach, ein ganz tolles Abenteuer. Begeisterte 5 von 5 Sternen.