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Buchflüsterer: 

Bewertungen

Insgesamt 136 Bewertungen
Bewertung vom 14.01.2015
Wörter auf Papier
Vawter, Vince

Wörter auf Papier


ausgezeichnet

„Als Kind sollte man sich doch aussuchen dürfen, woran man denkt, und jedes Wort sagen können, das man will. Für mich galt beides nicht.“ (S.173)

Der Held dieses Buches stottert. Sein Name ist Victor Vollmer und dieses „V“ in seinem Namen stellt ihn nahezu immer vor unüberwindbare Hürden. Denn gerade das „V“ gehört für ihn für zu jenen schier unaussprechlichen Buchstaben, die einfach nicht aus seinem Mund kommen wollen; schon das Denken an das Aussprechen seines Namens bereitet ihm Bauchschmerzen.
Victor neigt daher dazu, lieber gar nichts zu sagen, oder zumindest nicht viel. Nur mit seinen Eltern, seiner Nanny und wenigen Freunden, die ihn kennen, kann er sich unterhalten. An und für sich kommt er damit gut zurecht in seinem Leben. Dann jedoch kommt der Sommer, in dem er den Job seines Freundes Rat als Zeitungsausträger übernehmen soll. Das Austeilen selbst ist nicht das Problem – das Abkassieren des Lohns am Ende der Woche dagegen schon. Denn dort wird er nicht um das Reden herumkommen…
In diesem Sommer macht Victor viele und außergewöhnliche und wichtige Bekanntschaften. Wichtig, weil sie ihm zeigen, dass es so viele andere Dinge gibt, die das Leben ausmachen, und dass das Stottern dabei eigentlich völlig nebensächlich wird. Und dass jeder sein eigenes Päckchen zu tragen hat. Allen neuen Freunden voran ist wohl der sehr belesene Mr. Spiro zu nennen, ein Nachbar, der Victor zuhört, ihn zum Reden ermuntert und ihm dabei hilft, seine Ängste in Bezug auf das Sprechen zu überwinden.
Mir haben vor allem die ruhigen Töne im Buch gefallen. Jede Auseinandersetzung mit den für Victor so unaussprechlichen Buchstaben, die Gedanken, die ihm durch den Kopf gehen, wenn er weiß, er muss gleich ein für ihn unmögliches Wort ausformulieren – diese Schilderungen fand ich ganz wunderbar und sehr schön nachzuvollziehen. Es ist eine eher unaufgeregte Geschichte in den 50er Jahren der USA, die nicht nur die Hürden des Stotterns thematisiert, sondern auch andere Probleme der damaligen Zeit aufgreift, wie beispielsweise die Rassenfeindlichkeit. Sein Kindermädchen Mam ist schwarz, und so muss Victor immer wieder aufs Neue erleben, was Diskriminierung und Benachteiligung einer geliebten Person bedeutet. Diese ganze Thematik stimmt nicht nur Victor, sondern auch den Leser sehr nachdenklich.
Die Geschichte von Victor ist letztlich auch deshalb ganz besonders, weil sie autobiografisch ist. Vince Vawter ist selbsternannter „Stotterexperte“ und meistert sein Leben dennoch. Ich kann mir gut vorstellen, dass dieses Buch eine Herzensangelegenheit für ihn war, um anderen Mut zu machen, sich nicht zu verstecken.

Fazit:
„Wörter auf Papier“ hat mich sehr positiv überraschen können. Mit seiner ruhigen, autobiografischen Geschichte gelingt es dem Autoren, die Sorgen und gefühlten Beklemmungen eines Stotterers beim Artikulieren zu vermitteln. Gleichzeitig gelingt es ihm zu zeigen, dass es nicht darauf ankommt, welche Beeinträchtigungen man vielleicht mit sich herumträgt, sondern wie man damit umgeht.

Bewertung vom 12.01.2015
Eines Morgens in Paris
Richardson, Charles Scott

Eines Morgens in Paris


sehr gut

"In der einen Minute allein im eigenen Kopf, starrte man in der nächsten jemand an, den man noch nie zuvor gesehen hatte - oder schon hundertmal, nur jetzt mit ganz neuen Augen." (S. 224)

Pheeww. Dieses Buch hat mich in ein Wechselbad der Gefühle geworfen, und das ist nicht übertrieben. Dieses kleine, vergleichsweise schmale, unscheinbare Büchlein mit dem tollen Cover lief mehrfach Gefahr, von mir abgebrochen und entnervt in die Ecke gepfeffert zu werden. So sehr ging es mir teilweise auf den Keks. Ich kann gar nicht genau erklären, woran das eigentlich lag. Die Handlung spielt zu Zeiten des Ersten Weltkrieges und irgendwie hat sich Autor C.S. Richardson wohl gedacht, da muss ich entsprechend altmodisch und verschwurbelt reden. Ist auch in Ordnung; es hätte mich sogar sehr gestört, wenn diese historisch zurückliegende Geschichte in neumoderner Alltagssprache abgefasst gewesen wäre. Da hab ich es lieber ein wenig komplizierter in Satzbau, Wortauswahl und Beschreibungen von Land, Leute und Zeit.
Trotzdem hat mich der Schreibstil geschafft. Das Buch ist gänzlich ohne Anführungszeichen bei wörtlicher Rede, was zwar ungewohnt ist, man aber irgendwann einfach so hinnimmt beim Lesen. Was ich jedoch nicht so ohne Weiteres hinnehmen mochte, war dieser typisch französische Stil, jede Person nur mit "Madame" und jeden Herrn nur mit "Monsieur" zu betiteln. Denn wenn das der Autor bei mehr als drei Personen tut, kommt der Leser unweigerlich ins Schwimmen. Welche Madame war jetzt gemeint? War es die Frau des Bäckers? Oder doch die schwangere Ehefrau von dem Inhaber des Bekleidungsgeschäfts? Und wer ist eigentlich Jacob Kalb? Was tut der hier drin? Wieso werden hier so unglaublich viele Personen eingeführt und immer nur häppchenweise in der Handlung vorangetrieben? Warum ist das alles so undurchsichtig und wirklich schwer zu verstehen? Wo soll das alles hinführen?
Diese ständigen Fragen im Hinterkopf habe ich mich trotzdem durch das Gewirr von Handlungsplätzen, Figuren und vor allem unterschiedlichen zeitlichen Ebenen gelesen (gekämpft) - und erlebte plötzlich mein blaues Wunder. Denn auf einmal kam ein Punkt (zugegeben, erst weit nach der Mitte des Buches), an dem mir auf einmal alles einleuchtete. Plötzlich waren mir die Zusammenhänge klar, die unterschiedlichen Zeitebenen machten Sinn und die einzelnen Figuren schienen tatsächlich alle auf ein gemeinsames Ziel hinzusteuern.
Und dieses Ziel? Das besteht in einer der schönsten Liebesgeschichten, die ich je in einem Buch gelesen habe. Sie besteht nur aus einer ganz kleinen, flüchtigen Bekanntschaft - sie ist nicht laut, aufdringlich oder gar fordernd in dieser Geschichte. Sie ergibt sich nach und nach. Und ich ertappte mich zum Buchende immer öfter dabei, selig zu grinsen oder leise aufzuseufzen. Ich kann gar nicht viel mehr dazu schreiben, ohne zuviel zu verraten, denn diesen Aha-Moment in der Geschichte gönne ich jedem, der Interesse an dem Buch hat. Und lesenswert fand ich es nach den ganzen anfänglichen Schwierigkeiten dann letztlich doch.

Bewertung vom 12.01.2015
Das beste Buch der Welt
Stjernström, Peter

Das beste Buch der Welt


gut

"Ich mein, Glück entsteht manchmal einfach, sogar für mich. Aber das liegt nicht daran, dass ich ihm nachgerannt bin, eher im Gegenteil. Erst wenn man ihm nicht mehr die ganze Zeit nachrennt, kann es zu einem kommen. Aber es ist auch so gut wie unmöglich, dem Glück nicht nachzurennen. Dem Glück nachrennen ist das Menschlichste, was man sich denken kann." (S. 79)

"Das beste Buch der Welt" ist in meinen Augen leider genau das nicht. Man muss schon sehr von sich und seiner Schreibkunst überzeugt sein, um sein Buch so zu nennen. Die Geschichte, die Autor Peter Stjernström hier zu Papier gebracht hat, ist auch in der Tat kurzweilig, teils amüsant, teils verwunderlich zu lesen. Aber ein bestes Buch der Welt macht ja mehr aus, denke ich mir. Seine gebeutelte Hauptfigur Titus Jensen beschließt eines Tages, das beste Buch der Welt zu schreiben. Sehr viel mehr bleibt ihm auch nicht übrig; nach einigen alkoholbedingten Abstürzen und peinlichen Momenten in der Pressewelt muss er einen Totalerfolg vorlegen, um sich zurück in die Bekanntschaft zu kämpfen. Mit verschiedenen "Zutaten", die ein solches Buch beinhalten müsste, um seinem Titel gerecht zu werden, versucht er, eine Hammerstory zu entwerfen, nebenbei einige Do it yourself-Tipps einzubauen, lebenskluge Ratschläge fürs "Besser Leben" zu verteilen und dabei vor allem zu unterhalten mit seinem Buch. Tatsächlich gelingt es Titus Jensen, einen solchen Bestseller zu schreiben und er erlebt letztlich in seiner eigenen Geschichte all jene Punkte, die seiner Auffassung nach in einem "Besten Buch der Welt" vorhanden sein sollte.
Nebenbei schafft es Peter Stjernström, in Titus' Geschichte die Verlagswelt und die Arbeit eines Autors ein wenig auf die Schippe zu nehmen. Manchmal weiß man als Leser nicht so recht, ob das alles echt oder arg auf die Spitze getrieben ist. Ich hoffe, zweites.

Leider vergisst Stjernström (und damit auch Titus im Buch) für meinen Geschmack jedoch eines: eine Aneinanderreihung von einzelnen Punkten, die abgearbeitet und zu einem Manuskript verarbeitet werden, macht noch kein gutes Buch. Für mich gehört in ein bestes Buch der Welt (oder zumindest ein gutes) auch etwas Innovatives, irgendetwas Neuartiges, noch nicht Gelesenes; etwas, das den Leser überrascht. Das konnte ich hier leider nicht finden. So recht Begeisterungsstürme wollten bei mir nicht aufkommen, während ich Titus bei seinem Vorhaben lesenderweise begleitet habe. Und das Ende fand ich leider völlig abgegriffen, da hätte ich mir etwas anderes gewünscht.
Letztlich legt man das Buch gelesen zur Seite und ist - bis auf das abgedruckte Rezept für die beste Pizza Quattro Stagioni der Welt vielleicht - auch nicht unbedingt schlauer und reicher an Eindrücken.
In meinen Augen macht "Das beste Buch der Welt" seinem Titel somit zwar keine Ehre, kann aber dennoch zuweilen unterhalten und zeigt, was passieren kann, wenn man auf Brechen und Biegen einen Bestseller schreiben möchte.

Bewertung vom 12.01.2015
Eigentlich Liebe
Sonntag, Anne

Eigentlich Liebe


ausgezeichnet

"Eigentlich Liebe" hat mich durchweg positiv überraschen können. Hatte ich anfangs - aufgrund einiger anderer Rezensionen - noch gedacht, es würde sich hier größtenteils um eine Neuauflage der "Sex and the City" Verwicklungen handeln, so liefert dieses Buch der Autorin Anne Sonntag, die eigentlich Anne Freytag heißt, doch sehr viel mehr. Obwohl der "SatC"-Vergleich nicht falsch ist. Die drei Hauptakteurinnen Vero, Clara und Hanna erinnern durchaus an Miranda, Carrie und Charlotte aus New York. Und ihre Liebesirrungen und - wirrungen sind ebenso spannend zu verfolgen.
Vero, Clara und Hanna finden sich auf einer Hochzeit ihres guten Freundes ein, obwohl jede der drei eigentlich gute Gründe hat, nicht dort sein zu wollen. Die eine ein unglücklich verliebte Dauer-Single, die andere soeben sitzengelassen für eine Andere und die dritte schließlich unzufrieden in ihrer Beziehung und deswegen online zweigleisig fahrend. Alle werden an diesem Tag der Hochzeitsfeierlichkeiten ihr blaues Wunder erleben. Der Tag steckt voller Überraschungen!
Die Geschehnisse dieses Hochzeitstages werden kapitelweise abwechselnd aus der Sicht der drei berichtet und das entwickelt eine richtige Sogwirkung! Ich hab das Buch seitenweise verschlungen, weil ich immer wissen wollte, wie es weitergeht. Und es wird einem als Leser auch leicht gemacht, denn man identifiziert sich unweigerlich mit mindestens einer der drei Mädels und fängt an, mitzufiebern. "Eigentlich Liebe" ist herrlich amüsant geschrieben, zugleich einfühlend und echt. Genau die richtige kurzweilige und leichte (Frauen-)Lektüre für zwischendurch, die einem dann aber doch noch lange im Kopf hängenbleibt, weil sie irgendeine Saite im Leser zum Schwingen bringt. Ich hab das Lesen sehr genossen und würde das Buch am liebsten direkt jedem weiterempfehlen.

Bewertung vom 12.01.2015
Blind Walk
Schröder, Patricia

Blind Walk


gut

"Blind Walk" wollte ich gern lesen, weil ich gehofft hatte, es wäre eine Geschichte vergleichbar mit "Saeculum" von Ursula Poznanski - ein Buch, das mir sehr gefallen hatte und einfach rundum spannend war. Von der Inhaltsangabe weisen beide Bücher einige Parallelen auf, und so hoffte ich bei "Blind Walk" auf eine ähnlich gute Story. Anfangs ähneln sich beide Geschichten auch tatsächlich. Während "Saeculum" aber durchweg im Hier und Jetzt spielt, driftet die Erzählung in "Blind Walk" bald in merkwürdige Schienen ab. Die Hauptfigur Lida befindet sich plötzlich in einer Art Zwischenwelt; sie lebt nicht, ist aber auch nicht tot. Und ... ehrlich gesagt: so gut ich den Anfang des Buches fand, umso blöder fand ich dann diese Wendung.
Nicht nur, dass mir das auf einmal wie eine Geistergeschichte ohne wirkliche Geister vorkam. Was mich vor allem gestört hat, war die Leichtigkeit und Unbekümmertheit, mit der Lida diesen Umstand aufnimmt. Getreu dem Motto "Ach wie, ich lebe nicht mehr? Naja, was soll's, ich lasse die anderen trotzdem nicht alleine weiter durch den Wald laufen..." streift sie - von ihren Mitbegleitern ungesehen - durch die Wälder und versucht, einen Mörder (oder Mörder in spe) zu finden. Alles ist wichtiger als sie selbst - und das stimmt nicht mal, denn ihre Gruppenmitglieder sind von der Autorin von vorn bis hinten mit Klischees übersehen worden. Die dumme, nur auf Äußerlichkeiten achtende, arrogante Kuh in der Gruppe legt diesen Mantel die gesamte Geschichte nicht ab, ebenso wie der treu-doofe Obernerd, der in die Bärenfalle tappt, oder der ach-so-tolle Held, der gleich überhaupt keine eigene Persönlichkeit besitzt.
Alles komisch hier. Mit jeder Seite, die ich umblätterte, wurde mir die Story hanebüchener und unechter. Vielleicht bin ich auch zu alt dafür. Manche Jugendliche haben hier vielleicht noch ihren Spaß dran.

Bewertung vom 15.12.2014
Wer weiß, was morgen mit uns ist
Brashares, Ann

Wer weiß, was morgen mit uns ist


sehr gut

"Wer weiß, was morgen mit uns ist" hat mich überrascht. Ich bin sicher kein typischer Dystopie- und/oder Endzeitgeschichten-Leser und war gespannt und neugierig auf die Idee, die sich die Autorin hier hat einfallen lassen, um zu begründen, warum Prenna und ihre Mutter aufs Zeitreisen in die Vergangenheit angewiesen sind. Und ich muss sagen, die Begründung fand ich außerordentlich interessant - weil sie so nachvollziehbar und "real" ist und man sich sehr gut vorstellen kann, dass eben genau so etwas in der Zukunft tatsächlich vorkommen kann. Hier geht es nicht um irgendwelche abgedrehten und völlig konstruierten neuen Gesellschaftsformen, die die Menschen unterdrücken und die deswegen ihre Freiheit suchen. Nein, die Bedrohung besteht in etwas viel Naheliegenderem. Natürlich kann und will ich inhaltlich an dieser Stelle nicht zuviel verraten, sonst ist sofort die ganze Handlung klar. Interessierte sollten sich lieber selbst überraschen lassen.
An sich fand ich die Geschichte von Prenna und Ethan, der ihr hilfreich zur Seite steht, schön zu lesen. Prenna wirkt stets ziemlich unsicher, was ihrer realen Situation nur zu gut entspricht. Tatsächlich überfordert sie das Leben im "Jetzt" bisweilen und Ethan ist ihr Gegenpol, der Prenna schon viel länger kennt, als sie glaubt.
"Wer weiß, was morgen mit uns ist" hat jedoch ein wesentliches Problem: es schöpft seine Möglichkeiten nicht aus. Wie ich schon gesagt habe, finde ich die zugrunde liegende Idee hinter der Geschichte sehr gelungen, weil sie anders ist, noch nicht zig mal in Büchern aufgetaucht. Aber die Autorin macht leider zu wenig daraus. Zu wenig Spannung, zu wenig Action, zu wenig Verwicklungen und Probleme. Vielmehr haben Prenna und Ethan eigentlich ständig mehr Glück als Verstand und der Zufall spielt ihnen immer wieder sehr in die Hände. Das wirkt alles zu einfach, zu wenig mit Einfällen ausstaffiert, zu wenig dramatisch, und endet schließlich in einem "Showdown", der diesen Namen eigentlich nicht verdient hat. Als ich im Buch gelesen habe, worum es wirklich geht, habe ich mir gedacht "Wow, mit der Idee kann Frau Brashares aber gut ´ne Trilogie draus machen". Stattdessen ist die Story am Ende des Buches vorbei; denke ich zumindest, ich weiß nicht, ob hier eine Fortsetzung geplant ist. Hier hätte man wirklich viel mehr draus machen können! Und so ist "Wer weiß, was morgen mit uns ist" eigentlich eine eher ruhige zurückhaltende Geschichte, mit sympathischen Charakteren und einer sehr gelungenen Grundidee, die aber leider irgendwie ein wenig untergeht; schließlich ist auch das Cover nicht unbedingt ein Eyecatcher. Schade! (3,5 Sterne)

Bewertung vom 03.11.2014
Aller Anfang ist böse
Bray, Libba

Aller Anfang ist böse


ausgezeichnet

"The Diviners - Aller Anfang ist böse" hat mir sehr gut gefallen. Ich hab das Buch geradezu verschlungen innerhalb weniger Stunden, was bei mir erstens schon eine Weile so nicht mehr vorgekommen ist und was zweitens angesichts der Dicke des Buches auch nicht ganz ohne ist. Aber hier treffen einfach soviele Komponenten aufeinander, die ich in Büchern mag und die mir in Büchern wichtig sind, dass ich das Lesen dieser Geschichte wirklich genossen habe.
Zum einen geizt die Autorin nicht mit interessanten Einfällen und Charakteren, zum anderen gibt es übersinnliche Phänomene, ein bisschen gruseliges Ambiente und eine Art Kriminalfall, den man zusammen mit der Hauptfigur Evie verfolgen kann. Aber auch die Lebensgeschichten von anderen interessanten Figuren werden aufgegriffen und kreuzen sich an vielerlei Stellen. Dabei wird zwar manch bekanntes Klischee bedient, gleichzeitig bekommt man aber genug Überraschungen und Wendungen geboten, um gespannt bis zur letzten Seite dran zu bleiben.
Was mir aber ganz besonders gefallen hat, ist der authentische Rahmen, in den die Autorin ihre Handlung gepackt hat. Zum einen wird die Atmosphäre der "Roaring Twenties", der Goldenen Zwanziger in den USA, ganz wunderbar eingefangen und auch so verdeutlicht, dass man sich problemlos Kleidung und Auftreten der Protagonisten zur damaligen Zeit vorstellen kann. Für mich ist so ein Kopfkino ja immer recht wichtig und hier hat das alles ganz wunderbar geklappt, mich für die Zeit des Lesens in diesem Buch gedanklich in diese längst vergangenen Zeiten zu katapultieren. Dazu tragen auch die vielen Informationen über tatsächliche und echte Fakten aus dieser Epoche bei. Wenn dann Begriffe wie "Flüsterkneipen" fallen oder Personen wie Dutch Schultz oder Florenz Ziegfeld in die Handlung eingebaut werden - von denen ich vor einer kurzen Recherche bei Google noch nie gehört habe - merke ich, wie gut Libba Bray recherchiert und in welchem "realen" Umfeld sie ihre Geschichte angesiedelt hat. Denn das sind alles Personen, die wirklich gelebt haben, die tatsächlich ihr Tun im New York der 20er Jahre hatten. So eine realitätsgetreue Einbettung und Verknüpfung mit tatsächlichen Begebenheiten selbst in einer ausgedachten, übersinnlichen Geschichte mag ich sehr und so bin ich hier voll auf meine Kosten gekommen.

Fazit:
Ich bin nicht nur äußerst gespannt auf weitere "Diviners"-Geschichten, sondern auch auf ganz andere Bücher von Libby Bray. Ihren Schreibstil habe ich als sehr angenehm und schön zu lesen empfunden und in dieser übersinnlich-historischen Geschichte hat sie damit (und mit ihrer Fantasie) bei mir den Nagel genau auf den Kopf getroffen.

Bewertung vom 27.10.2014
Die verborgenen Pforten - Jakobs Vermächtnis
Kaden, Michelle

Die verborgenen Pforten - Jakobs Vermächtnis


sehr gut

"Jacobs Vermächtnis" ist ein ganz wunderbares und toll ausgedachtes Kinderbuch, das mit der Fantasie des Lesers spielt, und dabei unweigerlich den Wunsch weckt, auch mal in so einem Abenteuer zu landen. Denn welches Kind fände es nicht unglaublich aufregend, eines Tages eine Tür im Haus zu entdecken, die in eine fremde Welt führt, mit Prinzessinnen, Zauberern und sogar Vampiren?
Was hier zunächst vielleicht an den Kleiderschrank aus den "Chroniken von Narnia" erinnert, bietet in meinen Augen einen äußerst gelungenen Rahmen für eine tolle Geschichte rund um Magie, Zauberei, um gute Absichten, aber auch um Bösewichter, die nichts Gutes im Schilde führen. Außerdem ist es nicht Janosch, der durch die Tür geht und in einer unbekannten Welt wieder herauskommt. Vielmehr sind es 4 Fremde, die durch die Tür ins Janoschs Welt gelangen - und plötzlich nicht mehr zurück können. Natürlich bleibt deren Auftauchen in Janoschs Welt - und gleichzeitig deren Verschwinden in ihrer Welt - nicht unbemerkt und führt zu einigen Verwicklungen. Auch Janoschs Mutter scheint plötzlich sehr viel mehr zu wissen über diese geheimnisvolle Tür, als Janosch zunächst gedacht hätte. Hat sie gar etwas mit der "anderen" Welt zu tun?

Mir hat dieser Auftakt einer Kinderbuchreihe äußerst gut gefallen und richtig Spaß gemacht, zu lesen. Durch unterschiedliche Erzählperspektiven erfährt man nicht nur, was in Janosch vorgeht, wenn er plötzlich einem Vampir gegenüber steht; sondern vielmehr gibt es auch Einblicke in die andere Welt hinter der Tür, die voll und ganz mit den Suchaktionen nach den 4 Kindern beschäftigt ist. Teil 1, "Jacobs Vermächtnis" endet obendrein mit so einer Überraschung, dass man am liebsten sofort nach Teil 2 greifen möchte, um zu erfahren, wie die Geschichte weitergeht. Sehr gelungenes Kinderbuch!

Bewertung vom 27.10.2014
Gated - Die letzten 12 Tage
Parker, Amy Christine

Gated - Die letzten 12 Tage


sehr gut

"Gated" ist eins dieser Bücher, die einem Bauchschmerzen verursachen. Nicht etwa, weil sie schlecht wären. Nein, das ist "Gated" in der Tat nicht. Sondern weil man sich beim Lesen unweigerlich vorstellt, dass so etwas irgendwo auf der Welt in genau diesem Moment tatsächlich so passieren könnte.
Entgegen meiner anfänglichen Vermutung, "Gated" könnte eine dystopisch angehauchte Geschichte sein, entpuppt sich die Handlung nach und nach als etwas vielmehr "Reales". Etwas, dass es in der Vergangenheit auch schon längst gegeben hat - wie man nicht zuletzt an den Zitaten am Anfang eines jeden Kapitels sehen kann. Denn die stammen zum Teil von realen Sektenführern, die ihren Schrecken tatsächlich schon verbreitet haben.
Denn genau darum geht es: Sekten. Lyla wächst seit Jahren wohlbehütet in einer Kommune auf. Gemeinsam mit ihren Eltern lebt sie ein einfaches Leben und befolgt die Regeln, die der Anführer Pioneer aufgestellt hat. Pioneer ist es auch, der der Gemeinde eines Tages den bevorstehenden Weltuntergang erklärt und entsprechende Vorkehrungen anordnet.
Lyla hat keinen Grund, ihm nicht zu glauben. Doch dann geschehen Dinge, die sie ihr Leben und ihre bisherige Weltanschauung in Frage stellen lassen - und plötzlich ist für sie nichts mehr, wie es bisher war. Für sie ändert sich alles. Sie weiß nicht mehr, wem sie glauben soll, wem sie überhaupt noch vertrauen kann, was sie tun soll.
Was Lyla hier in ihrer kleinen beschaulichen Kommune durchlebt, ist die absolute Gehirnwäsche. Nicht nur mich hat es beim Lesen geschüttelt - am liebsten hätte ich ins Buch gegriffen und Lyla geschüttelt, um sie zur Besinnung zu bringen. Dass Menschen so gutgläubig sein können, sich so manipulieren lassen von einer einzigen Person, das hat mir wirklich eine Gänsehaut verursacht. Vor allem, weil man daran erinnert wird, dass dieses Szenario eben nicht nur im Buch stattfindet, sondern dass es in der Vergangenheit solch reale Fälle gegeben hat. Dass es irgendwo vielleicht wirklich eine "echte" Lyla gegeben hat.
Man drückt Lyla beim Lesen also die Daumen und wünscht ihr, dass sie zur Vernunft kommt und sich richtig entscheidet. Ob sie das letztlich tut, sollte jeder selbst nachlesen.

"Gated" konnte mich durch seine Atmosphäre völlig gefangen nehmen; es ist eine temporeiche, spannende und wirklich lesenswerte Erzählung - und noch dazu ein abgeschlossener Einzelband, also genau richtig für alle, die der zahlreichen Buchreihen im Regal müde geworden sind.