Benutzer
Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
B. S.

Bewertungen

Insgesamt 144 Bewertungen
Bewertung vom 26.05.2023
City of Dreams / City on Fire Bd.2
Winslow, Don

City of Dreams / City on Fire Bd.2


sehr gut

Rasante Fortsetzung, die die Spannung auf den letzten Band Reihe erhöht

Der spannungsgeladene, aber im Vergleich zum ersten Band etwas gemächlicher erzählte Mafia-Thriller "City of Dreams" von Don Winslow beginnt mit Danny Ryan auf der Flucht vor der Mafia in New York und dem FBI. Gemeinsam mit seinem Sohn, seinem Vater und den Resten seiner Gangsterbande macht er sich auf den Weg nach Kalifornien, um dort ein neue, ruhigeres und friedlicheres Leben ohne Blutvergießen zu beginnen. Doch das FBI ist ihm auf den Fersen und will, dass Danny ihnen einen Gefallen tut. Als in Hollywood ein Film über ihn und seine Rolle im Mafia-Krieg in New York gedreht wird, fordert er seinen Anteil ein und beginnt in das Filmgeschäft einzusteigen. Zunächst scheint alles gut für Danny zu laufen, eine neue Liebe und ein neues Leben, doch schon bald holt ihn seine blutige und kriminelle Vergangenheit ein.

Der zweite Band der Trilogie um Danny Ryan lässt nichts anbrennen, Schlag auf Schlag schreitet die Handlung voran. Erzählt wird der wendungsreiche und kurzweilige Mafia-Thriller aus verschiedenen Perspektiven, wobei der Hauptfokus jedoch auf dem Protagonisten Danny Ryan liegt. So sorgen die unterschiedlichen Blickwinkel, verschiedene Schauplätze und die kurzen Kapitel dafür, dass man gleich von der ersten Zeile an in die fesselnde Handlung hineingezogen wird und nur schwer aufhören kann zu lesen. Für ein besseres Verständnis der Handlung ist es deshalb sinnvoll, den ersten Band gelesen zu haben.
Wer den Stil von Don Winslow kennt, weiß, dass der Autor es schafft es, mit wenigen Worten und einem einfachen Schreibstil Stimmung zu erzeugen sowie ein vielschichtiges Porträt der verschiedenen Charaktere zu zeichnen. Die Charakterisierung der handelnden Personen steht diesmal auch deutlicher im Vordergrund gegenüber den für Thriller typischen actiongeladenen und blutigen Szenen. Nichtsdestoweniger schafft es der Autor gekonnt, die Spannung hochzuhalten. Lediglich zum Ende hin, überstürzen sich die Ereignisse, wodurch die Handlung etwas an Tiefe fehlt. Das Ende liest sich eher als Cliffhanger für den dritten Band, als ein überzeugender Abschluss des zweiten Bandes.

Unterhaltsam, kurzweilig und spannend – mit "City of Dreams" liefert Don Winslow eine gelungene Fortsetzung von "City on Fire" und macht Lust auf den letzten Band der Reihe um den gerissenen Danny Ryan.

Bewertung vom 26.05.2023
Der Follower / Tom-Bachmann-Serie Bd.3
Meyer, Chris

Der Follower / Tom-Bachmann-Serie Bd.3


sehr gut

Blutiger und brutaler Thriller

3,5 von 5 Sternen

"Der Follower" von Chris Meyer ist ein fesselnd erzählter Thriller rund um den „Seelenleser“ Tom Bachmann vom BKA, der nur so von Blut trieft, definitiv nichts für Zartbesaitete oder Leute mit schwachem Magen.

Schon der Anfang hat es in sich. Einer jungen Frau werden bei vollem Bewusstsein die Beine abgesägt. Bei der jungen Frau handelt es sich um Melinda, die vor allem als Influencerin auf Instagram aktiv ist. Tom Bachmann wird auf den Fall aufmerksam, als Lisa, eine alte Bekannte aus dem Kinderheim, ihn anruft, weil Melinda verschwunden ist. Schnell wird Tom klar, dass er es mit einem brutalen Serienmörder zu tun hat. Parallel zu Toms Ermittlungen, wird ein zweiter Handlungsstrang um seinen ehemaligen besten Freund Aaron erzählt, der genauso wie auch Lisa und ein paar anderen zu den Schülern seines Vaters zählten, der sie zu Profikillern ausbildete. Mehr von dieser Zeit erfährt man durch Rückblicke in die Vergangenheit.

Wer schon die ersten beiden Bände aus der Reihe um Tom Bachmann gelesen hat, weiß, auf was er sich hier einlässt. Zwar gibt es auch psychologische Analysen von Serienmördern, doch der blutige und brutale Thrilleraspekt steht deutlich im Vordergrund.
Dank des flüssigen Schreibstils, der kurzen Kapitel und verschiedener Erzählperspektiven (darunter die des Mörders), entwickelt der Thriller von Beginn an eine Sogwirkung.
Zum Ende hin überschlagen sich regelrecht die Ereignisse und das Ende lässt einen nahezu sprachlos zurück und schreit förmlich nach einem Folgeband.

Man merkt der Handlung deutlich an, dass sie mehr auf Brutalität und Schockeffekte setzt als auf inhaltlicher Tiefe sowie Plausibilität. Auch sind manche Beschreibungen der Gräueltaten an der Grenze des Ertragbaren.

Dementsprechend eher nur für Fans von Chris Meyer und der Reihe rund um Tom Bachmann zu empfehlen.

Bewertung vom 13.05.2023
Blue Skies (deutschsprachige Ausgabe)
Boyle, T. C.

Blue Skies (deutschsprachige Ausgabe)


sehr gut

Dystopischer Klimathriller und bissige Gesellschaftssatire in einem

"Blue Skies" von T. C. Boyle ist ein dystopischer Klimaroman, dessen Stärke in seiner scharfsinnigen Beobachtung sowie Charakterisierung und seinem humorvoll satirischen und zugleich dichten Schreibstil liegt.

Die Handlung spielt in der nahen Zukunft und dreht sich um Ottilie und ihrer Familie. Sie lebt gemeinsam mit ihrem Mann Frank an der ehemals kühlen und feuchten Zentralküste Kaliforniens, die jetzt eher einem Hochofen aus Hitze und Feuer gleicht. Sohn Cooper ist Entomologe und erlebt das Artensterben aus nächster Nähe. Ottilie folgt dem Rat ihres Sohnes und beginnt, Insekten als Proteinquelle zu züchten – mit gemischten Ergebnissen. Dann wäre da noch Tochter Cat lebt in Florida in einem Strandhaus, das ihr Verlobter, der eine Bacardi-Marke vertritt, geerbt hat, während sie sich bemüht, eine Influencerin zu werden. Als sie während eines sintflutartigen Regens in Florida Zuflucht in einer Tierhandlung sucht, sieht sie eine schöne Python und kauft sie, um ihre Online-Präsenz zu verbessern, nichts ahnend, dass ebenjene Schlange eine Kette von Ereignissen in Gang setzen wird, von der kein Familienmitglied verschont bleiben wird.

Erzählt wird die fesselnde Geschichte, die Familiendrama, Klimathriller und tragikomische Satire in einem ist, aus den Perspektiven verschiedener Familienmitglieder und ist in zwei geografisch und klimatisch unterschiedlichen Regionen, Kalifornien und Florida, angesiedelt. In Florida kommt es häufig zu heftigen Stürmen mit viel Regen. Doch nicht nur das Wetter spielt verrückt, auch die Insektenwelt. Die Insekten sind inzwischen so groß wie Hamster und werden immer mehr zu einer Plage. Kalifornien hingegen wird von Hitze, Dürren und trockenen Winden heimgesucht, die zu vernichtenden Bränden führen.
Hierbei schafft es der Autor gekonnt eine scharfe und satirische Gesellschaftsanalyse mit dem Thema Klimawandel zu verbinden, ohne dass das eine auf Kosten des anderen passiert. Lediglich an manchen Stellen driftet er zu sehr ins Wissenschaftliche in Bezug auf Klima und Insekten ab, was den ansonst flüssigen Handlungsverlauf etwas ins Stocken geraten lässt.

Zudem ist das Buch nichts für schwache Nerven. Nicht nur die Natur und das Wetter haben es in sich, auch was alles der Familie widerfährt, ist nicht ohne. Zartbesaitete in Bezug auf Ungeziefer und Tragödien sollten besser die Finger von "Blue Skies" lassen. Auch muss man den schwarzen Humor mögen.
Wer jedoch einen etwas anderen dystopischen Klimaroman lesen will, der sich durch eine leicht zynische und vielschichtige Charakterzeichnung und außergewöhnlichen Handlung auszeichnet, der wird von "Blue Skies"nicht enttäuscht werden.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 30.04.2023
Weniger ist Meer
Neder, Christine

Weniger ist Meer


sehr gut

Kurzweilig und sehr persönlich erzählte Auswanderungsgeschichte

3,5 von 5 Punkten

In "Weniger ist Meer" erzählt die Reisebloggerin Christine Neder auf kurzweilige, unterhaltsame, aber auch gefühlvolle Art und Weise, wie sie mit Freund, Hund, Kind und Kegel nach Portugal auswanderte, um dort ihren Traum vom Leben am Meer zu verwirklichen.

Wie man sich denken kann, verläuft ausgehend vom Entschluss auszuwandern über den Umzug nach Portugal bis hin zum Leben und Ankommen dort nicht alles nach Plan. Glückliche Momente mischen sich mit Zweifeln, Schicksalsschlägen und Herausforderungen, an denen die Leser*innen teil haben.
Während der Lektüre erhält man teils sehr tiefe Einblicke in die Gedanken- und Gefühlswelt der Reisebloggerin, wodurch das Buch eine sehr persönliche Note bekommt.
Wer hierbei jedoch einen informativen Ratgeber mit Tipps und Tricks für das Auswandern erwartet, wird eher enttäuscht werden, stehen doch Christine Neders eigene Erfahrungen und Erlebnisse, positive wie auch negative, im Vordergrund. Die Auswanderungsgeschichte wird dadurch jedoch nicht weniger interessant, erfindet das Rad jedoch nicht neu und hebt sich nicht besonders von anderen Geschichten über das Auswandern ab. So spielen die üblichen Themen wie Neuanfang und Ankommen in einem fremden Land, was es heißt am Ort der Träume zu leben, wie erkenne ich, ob ich die richtige Entscheidung getroffen habe und was es heißt glücklich und frei zu sein, eine Rolle, die Christine Neder für sich beantwortet.
Abgerundet wird der Reisebericht über das Auswandern an die Küste Portugals von vielen und stimmungsvollen Fotos, die direkt leichtes Fernweh aufkommen lassen.

Für Fans von persönlichen Reiseberichten und Auswanderungsgeschichten zu empfehlen.

Bewertung vom 30.04.2023
Erinnere dich!
Reiter, Max

Erinnere dich!


sehr gut

Psychologischer Thriller mit Schwächen

3,5 von 5 Punkten

Vor 20 Jahren verschwand Arno Seitz' Freundin Maya bei einer gemeinsamen Wanderung ohne irgendeine Spur zu hinterlassen. Seitdem ist er auch nicht mehr in seinen Heimatort in Bayern zurückgekehrt. Als eine Einladung zum Abiturtreffen kommt, kommen die verdrängten Erinnerungen an das Ereignis von damals hoch und nach anfänglicher Abneigung, stimmt Arno der Einladung zum Klassentreffen zu. Beeinflusst wurde seine Entscheidung auch durch ein ihm anonym zugeschicktes Handy, durch das er regelmäßig von "Lost & Found" aufgefordert wird sich an die Geschehnisse von vor 20 Jahren zu erinnern. In Wendling angekommen, macht er sich auf die Suche nach seinen verschütteten Erinnerungen um so endlich das Geheimnis um Mayas Verschwinden zu lösen.

Wie der Titel schon erahnen lässt, steht bein "Erinner dich!" das Thema Erinnerungen im Vordergrund. Die Stärke der Geschichte liegt eindeutig in der psychologischen Aspekten der Handlung. Der Fokus liegt dabei auf den Fragestellungen wie weit man seinen Erinnerungen trauen kann, wie man seine verdrängten Erinnerung wieder zurückbekommt und wie die eigenen Erinnerungen durch andere beeinflusst werden können. Die Ich-Perspektive ermöglicht hierbei eine vielschichtige Charakterisierung von Arno und ein direktes Eintauchen in dessen Gedanken- und Gefühlswelt, wodurch für zusätzliche Spannung gesorgt wird, da man sich bis zum Ende gedulden muss um die Wahrheit herauszufinden.
Leider kommt anonsten nicht so richtig Spannung auf, auch die für Thriller typische atmosphärische und fesselnde Stimmung und Erzählweise fehlt etwas, sodass ich den Thriller eher als psychologischen Spannungsroman bezeichnen würde.
Es liest sich zwar dank kurzer Kapitel und Rückblenden zügig und flüssig, doch der Schreibstil des Autors wirkt zuweilen unpersönlich und gezwungen.
Zudem konnte abgesehen von der gut konstruierten Haupthandlung nicht jeder Nebenhandlungsstrang komplett in seiner Glaubwürdigkeit und Relevanz überzeugen, sodass "Erinnere dich!" bei mir insgesamt einen zwiespältigen Eindruck hinterlassen hat.

Kurz: "Erinnere dich!" ist ein psychologisch interessanter Spannungsroman, aber mit erzähltechnischen Schwächen.

Bewertung vom 29.04.2023
Bergfreundinnen
Schlosser, Antonia;Kestler, Katharina;Heudorfer, Katharina

Bergfreundinnen


sehr gut

Die Berge aus einem etwas anderen Blickwinkel betrachtet

3,5 von 5 Punkten

Wandern ist der drei Bergfreundinnen Kaddi, Toni und Katharinas Lust und besonders die Bergwelt hat es den drei Freundinnen angetan.
So gibt es jetzt zusätzlich zu ihrem gemeinsamen Podcast nun auch ein schön aufbereitetes und informatives Buch über die drei, in dem man sie, neben ihrer zweiten Heimat, die Berge, persönlich näher kennenlernt.
Gemeinsam mit ihnen taucht man die Welt der Berge ein und lernt sie aus ihrer Sicht kennen. Dank des lockeren und geselligen Tons, fällt es einem leicht von der Begeisterung der drei angesteckt zu werden.
Neben den sportlichen Aktivitäten finden aber auch ernste Themen, wie der Tod am Berg oder Frauenthemen, wie die Menstruation im Bergalltag Eingang in das Buch. Auch geben die drei Tipps, wie man sich neuen Aufgaben bzw. Herausforderungen stellt und meistert.
Bedingt durch die Seitenanzahl von etwas weniger als 300 Seiten kommen manche Themen etwas zu kurz und werden eher oberflächlich behandelt. Auch hätte ich mir etwas mehr Bilder gewünscht.

Wer auf der Suche nach einem Bergführer der etwas anderen Art ist und die Bergwelt aus den Augen von drei sympathischen Frauen sehen will, wird sicherlich Gefallen an dem ansprechend gestalteten und unterhaltsam geschriebenen Buch finden.

Bewertung vom 07.04.2023
Samuels Buch
Finzi, Samuel

Samuels Buch


sehr gut

Eine Kindheit und Jugend im sozialistischen Bulgarien - unterhaltsam erzählt

In dem autobiografischen Roman "Samuels Buch" des Schauspielers Samuel Finzi erzählt ebendieser humorvoll und kurzweilig Geschichten und Anekdoten aus seiner Kindheit und seinen Jugendjahren im sozialistischen Bulgarien der 70er- und 80er-Jahre, bis sein Freiheitsdrang in mit 23 Jahren nach Berlin zieht.

Samuel Finzi wächst in einer Künstlerfamilie in Sofia, Bulgarien auf. Seine Mutter ist Konzertpianistin und sein Vater Schauspieler, die beide ihren Sohn schon früh außerhalb der Schule fördern. Finzis Kindheit ist frei von Sorgen, jedoch je älter er wird, umso größer wird sein Drang, dem sozialistischen Bulgarien zu entfliehen, dem er dann auch folgt, um in Deutschland mit seiner Schauspielkarriere durchzustarten.

Wenn Finzi von seinen Kindheitserinnerungen, seinen Eltern und den Familienurlauben erzählt, passiert das mit einer Prise Humor, aber auch mit viel Wärme. Im Hintergrund spielt sich dabei das vom Sozialismus geprägte Leben in Bulgarien ab, sodass man beim Lesen einen guten Eindruck von der gesellschaftlichen und politischen Lage zu der Zeit damals bekommt. Besonders wenn Finzi von seiner Zeit in der Volksarmee erzählt, wird dies deutlich.

Dank des fesselnden Schreibstils hätte man gerne noch mehr über Finzis junge Zeit als Erwachsener erfahren.

Mit seinem autobiografischen Roman "Samuels Buch" beweist Samuel Finzi, dass er nicht nur ein guter Schauspieler ist, sondern auch, dass er schreiben kann.
Kurzweilig und unterhaltsam geschrieben, gewährt er den Lesenden einen persönlichen Einblick in seine Kinder- und Jugendjahren und wie es war, im sozialistischen Bulgarien aufzuwachsen.
Interessante Lebens- und Zeitgeschichte in einem.

Bewertung vom 30.03.2023
Morgen und für immer
Meta, Ermal

Morgen und für immer


ausgezeichnet

Poetische und schmerzhafte albanische Lebensgeschichte

4.5 von 5 Sternen

Viel Geschichte und viele Themen werden auf den über 500 Seiten in "Morgen und für immer" von Ermal Meta auf eine fesselnde und sehr berührende Art und Weise behandelt.
Es ist ein bewegendes Buch, das einen noch über die Seiten hinaus begleitet. Es ist eine lesenswerte Geschichte voller Schönheit, Wärme und Poesie, aber auch voller Grausamkeit und Traurigkeit.

"Morgen und für immer" erzählt eine harte, dramatische, schmerzhafte und vor allem emotionale Geschichte, die im Winter 1943 zur Zeit des 2. Weltkrieges in Albanien beginnt. Partisanen kämpfen gegen die deutsche Besatzung, darunter sind auch die Eltern des zu dem Zeitpunkt siebenjährigen Protagonisten Kajan, der bei seinem Großvater Betim lebt. Als sie den deutschen Deserteur Cornelius aufnehmen, weiß Kajan noch nicht, dass dies sein Leben für immer verändern wird. Cornelius weckt in Kajan die Liebe zur Musik und bringt ihm das Klavierspielen bei. Nach dem Ende des Krieges scheint das Leben des Protagonisten in sicheren Bahnen zu verlaufen und verspricht eine glänzende Zukunft, doch in dem von der kommunistischen Diktatur beherrschten Albanien und dem durch den Kalten Krieg zweigeteilten Europa ist nichts so, wie es scheint. Hinter jeder Ecke lauern Schatten und Gefahren, die Kajans Schicksal in unvorhersehbare Bahnen lenken werden. Vom kommunistischen Regime in Albanien nach dem 2. Weltkrieg bis 1991 folgt man dann gebannt Kajan nach Nachkriegsdeutschland und in die DDR. Von dort in das Amerika der 1960er-Jahre und dann schließlich wieder nach Albanien. Was Kajan über die Jahrzehnte hinweg begleitet, ist die Liebe zur Musik.

Mit einem hohen Tempo erzählt, taucht man in das ereignisreiche und von schweren Schicksalsschlägen geprägte Leben von Kajan und parallel dazu in geschichtliche Ereignisse des letzten Jahrhunderts, insbesondere in Bezug zum albanischen Regime, ein. Kajans Leben ist ein Leben voller Überfälle, Gewalt, Liebe, Tod, Verrat und glücklichen Momenten. Es ist eine Geschichte voller Wendungen, die sich wie eine spannende Familien- Liebesgeschichte und auch teils wie ein Spionagethriller liest. Der poetisch angehauchte und emotionale Schreibstil lassen einen direkt in die ergreifende Handlung eintauchen, die auch noch auf den letzten Seiten nicht aufhört, einen das Herz zu brechen, um es dann wieder auf wunderschöne Art und Weise zusammenzusetzen.
Musik, Liebe zu den eigenen Wurzeln, Freundschaft, Familie, Blutsbande, Krieg, Verrat - das alles sind Themen, die in dem Roman zur Sprache kommen. Die Ereignisse, die beschrieben werden, sind teils grausam und nur schwer zu ertragen, und wenn man sich vorstellt, dass es wirklich passiert ist, wird es nur noch schlimmer.
Bedingt durch die Anzahl von Ereignissen und Charakteren fehlt es manchen Handlungsstrang etwas an Tiefe, worunter die Handlung im Ganzen jedoch nicht leidet. Besonders der bildhafte Schreibstil weiß zu verzaubern, unter dem Kajan und die anderen Charaktere zu Leben erweckt werden.

Insgesamt ist "Morgen und für immer" ein Buch, das eine ununterbrochene Abfolge von Freude, Trauer und Spannung, dieselben Emotionen, die den Protagonisten in seinem Leben begleiten, ist, das abrupt von Freude zu tiefstem Leid übergeht, fast wie eine Achterbahn. Es lässt einen eintauchen in einen Teil der Geschichte, der nicht jedem bekannt ist, besonders der letzte Teil ist bei Weitem derjenige, der mich am meisten beeindruckt hat. Ein Roman, der in Bezug auf Sprache, Inhalt, Beschreibung und Charakterzeichnung, abgesehen von kleinen Schwächen auf ganzer Linie überzeugen kann.

Bewertung vom 30.03.2023
Keine gute Geschichte
Roy, Lisa

Keine gute Geschichte


gut

Ausdrucksstark und nichtssagend zugleich

2,5 von 5 Sternen

Für mich ist "Keine gute Geschichte" von Lisa Roy leider keine gute Geschichte.
Die ersten Seiten begangen für mich noch vielversprechend, doch mit zunehmender Seitenanzahl ließ meine anfängliche Begeisterung an der durchaus spannenden Geschichte, die sich mit einem Milieu beschäftigt, das man literarisch nicht so häufig begegnet.

Die 33-jährige Arielle Freytag hat es geschafft, aus dem sozialen Brennpunkt Katernberg in Essen herauszukommen und als Social-Media-Managerin in Düsseldorf Karriere zu machen. Doch ihre Depressionen führen zu einem Aufenthalt in der Psychiatrie. Als sie wieder zu Hause ist, bekommt sie einen Anruf, dass ihre Oma in Essen Hilfe braucht. Also kehrt Arielle nach 12 Jahren wieder in den Ort ihrer Kindheit zurück, der mit einem schweren Trauma verbunden ist. Denn als sie sechs Jahre alt ist, verschwindet ihre Mutter spurlos. Ohne nennenswerte seelische Unterstützung aus dem familiären und sozialen Umfeld musste sie mit dem Verlust alleine klarkommen. Da Vater unbekannt und Mutter verschwunden, wächst sie bei ihrer Oma auf, die eigentlich nur für ein Dach über den Kopf und für Essen sorgte, so ist das Verhältnis von Arielle zu ihrer Oma nicht das herzlichste. In Essen angekommen, kommen nach und nach Erinnerungen an ihre Mutter hoch und sie beginnt sich zum ersten Mal richtig mit ihren Verlust auseinanderzusetzen. Zeitgleich verschwinden zwei kleine Mädchen aus dem Stadtviertel.

Aus der Ich-Perspektive Arielles erzählt, lässt die Protagonistin einen schonungslos, direkt und reichlich zynisch einen an ihrem Leben und ihren Gedanken teilhaben, was sie nicht unbedingt sympathisch erscheinen lässt. So wirkt der Roman jedoch lebensecht und zeigt auf, dass die Herkunft einen nie so richtig loslässt. Man fühlt sich beim Lesen direkt in den sozialen Brennpunkt Katernberg versetzt.

Der authentisch wirkende und flüssig zu lesende Schreibstil war aber auch das Einzige, das mir gut am Roman gefallen hat. Die Handlung und die Charakterbeschreibung konnten mich nicht so ganz für sich begeistern. So hatte ich beim Lesen ständig das Gefühl, dass ich weiß, was die Autorin mir sagen will bzw. was sie darstellen will, richtig gefühlt habe ich es jedoch nicht.

Insgesamt fehlte es mir an Tiefe besonders in Bezug auf Arielles Beziehungen im familiären, sexuellen und freundschaftlichen Bereich. Auch wirkten die anderen Charaktere im Vergleich zu Arielle blass und teils schablonenhaft.
Zudem habe ich mir von der Handlung mehr erhofft, insbesondere das abrupte und zu vage Ende hat mich enttäuscht. Ebenso wurden die verschiedenen Handlungsstränge teilweise nur sehr oberflächlich behandelt, sodass am Ende mehr Fragen als Antworten zurückblieben.
So blieb bei mir nach Beenden der ca. 240-seitigen Lektüre das Gefühl einer inhaltlichen und emotionalen Leere zurück.

Eine Fokussierung der Handlung auf einige wenige Themen hätten dem Roman sicherlich gutgetan. So wurde das Potenzial für eine ausdrucksstarke Keine Happy End Geschichte über eine soziale Aufsteigerin nicht vollständig ausgeschöpft und es blieb eher eine nichtssagende Geschichte.

Bewertung vom 30.03.2023
Lebendige Nacht
Kimmig, Sophia

Lebendige Nacht


sehr gut

Faszinierender Einblick in die Welt bei Nacht

In "Lebendige Nacht" schafft es die Autorin und Wildtierbiologin Sophia Kimmig kurzweilig, informativ und leidenschaftlich, die Leser*innen in die faszinierende Welt der Nacht zu entführen.

Auf ca. 240 Seiten stellt die Autorin nicht nur verschiedene nachtaktive Tiere wie z. B. Bilche, Fledermäuse oder Eulen genauer vor, sondern erläutert auch interessante Naturphänomene rund um die Nacht. Sie liefert dabei interessante Fakten und Kenntnisse über Flora und Fauna und geht auch auf die Bedeutung der Nacht für den Menschen ein und dessen ambivalentes Verhältnis zu den dunklen Stunden des Tages. So wird auch auf die evolutionäre Entwicklung des Lebens bei Nacht sowie die Bedrohung dieses durch Lichtverschmutzung eingegangen.

Dank kurzer Kapitel und des lockeren, für ein Sachbuch leicht zu lesenden und verständlichen Schreibstils fliegt man nur so durch die Seiten.
Private Erlebnisse der Autorin und Beschreibungen ihrer Forschungstätigkeiten verleihen dem Text zudem noch eine persönliche Note.

Lediglich hätte ich mir insgesamt mehr Bilder der vorgestellten Tiere und eine ansprechendere Präsentation dieser gewünscht. Passend zum Thema sind die Bilder in Schwarz-Weiß, jedoch hätten Farbbilder für mehr lebendig gesorgt.
Auch wäre an manchen Stellen Schau- bzw. Infokästen hilfreich gewesen.

Nichtsdestotrotz ist "Lebendige Nacht" ein lesenswertes Sachbuch über die nächtliche Flora und Fauna, das zum Nachdenken anregt und einen vor Augen führt, wie wichtig Natur- und Umweltschutz ist.