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Benutzername: 
Magda
Wohnort: 
Köln

Bewertungen

Insgesamt 241 Bewertungen
Bewertung vom 13.08.2024
Cascadia
Phillips, Julia

Cascadia


sehr gut

Cascadia ist mein erstes Buch der Autorin. Der Originaltitel „Bear“ weist bereits daraufhin hin, dass ein Bär im Mittelpunkt der Geschichte steht.
Sam (28) und Elena (30) leben seit ihrer Geburt mit ihrer alleinerziehenden Mutter auf der San Juan Island. Die Mutter ist schwer krank und wird von ihren Töchtern gepflegt. Nur wegen ihr bleiben die beiden in dem kleinen, ärmlichen Häuschen auf der Insel, ihr Traum ist es, woanders ein neues Leben anzufangen.
Sam arbeitet auf der Fähre im Bistro und Elena im Golfclub. Während der Pandemie hatte nur Elena Geld verdienen können. Die medizinische Behandlung und die Medikamente für die Mutter verschlingen unheimlich viel Geld.
Eines Tages entdecken sie vor ihrem Haus einen Bären. Kurz davor hatte Sam gesehen, wie er an der Fähre entlang zur Insel geschwommen ist. Die beiden Schwestern reagieren völlig unterschiedlich – Sam bekommt Panik und ängstigt sich zu Tode, während Elena von dem wilden Tier fasziniert ist und seine Nähe sucht.
S. 107: „Sie hatte die ganze Woche daran gedacht, wie es gewesen war, ihm im Wald zu begegnen. Sein massiger Körper zwischen den Bäumen. Sein Blick. Sie hatte jeden Blutstropfen im Körper gespürt, als er sie ansah. … Sie hatte sich lebendig gefühlt – als wären der Bär und sie die einzigen Lebewesen auf der Welt.“
Sam setzt sich mit der Washingtoner Jagd- und Fischereibehörde in Verbindung und lässt sich über das richtige Verhalten im Umgang mit Bären beraten. Elena hingegen sucht nach dem Bären und lockt ihn mit Nahrungsmitteln an.
In Madeline von der Jagdbehörde und ihrem Nachbarn Danny findet Sam Verbündete in ihrem Vorgehen gegen den Bären.
Der Bär löst die erste heftige Auseinandersetzung zwischen den Schwestern in ihrem bis dahin sehr harmonischen Zusammenleben aus. Elena war für Sam immer ein Vorbild und bisher hatte Sam immer alles so gemacht, wie Elena es wollte.
Die Darstellung der konträren Verhaltensweisen der beiden Schwestern gegenüber dem Bären fand ich faszinierend. Unfassbar, welche Lawine der Bär mit seinem Auftauchen ausgelöst hatte. Geheimnisse kamen ans Licht, die dazu führten, dass Sams Träume, genauso wie die innige schwesterliche Beziehung, zerplatzt sind.
Das Ende hat mich sehr überrascht, damit habe ich nicht gerechnet. Den Schreibstil der Autorin mochte ich sehr. Aufgrund der im Buch vorherrschenden deprimierenden Atmosphäre ziehe ich einen Stern ab. Insgesamt hat mir das Buch gut gefallen, und ich empfehle es gern weiter.

Bewertung vom 12.08.2024
Ava liebt noch
Zischke, Vera

Ava liebt noch


ausgezeichnet

Ava liebt noch – der Titel passt perfekt zu dieser wunderschönen Liebesgeschichte, die mich gefesselt und begeistert hat.
Ava ist 43, als sie sich in den 24jährigen Kieran verliebt. Bei ihr ist es Liebe auf den ersten Blick. Als sie ihn kennenlernt, ist sie in einem Teufelskreis aus Haushalt, Kinder und Küche gefangen. Ihr Mann unterstützt sie überhaupt nicht, er sieht seine Aufgabe einzig darin, viel Geld zu verdienen, um der Familie einen hohen Lebensstandard zu sichern. Kein Wunder, dass Ava mit ihren drei Kindern - der Jüngste ist erst fünf - am Ende ihrer Kräfte ist.
Sie wehrt sich gegen ihre Gefühle für Kieran, an erster Stelle stehen für sie ihre drei Kinder, denen sie ein harmonisches Familienlieben bieten möchte. Sie leben in einer Kleinstadt, und Ava möchte ihre Familie nicht dem Klatsch und Tratsch aussetzen.
In einigen Kapiteln wird auch Kierans Perspektive dargestellt, so dass kein Zweifel besteht, dass auch er Ava mit Haut und Haaren verfallen ist.
Wir begleiten Ava und Kieran über 20 Jahre. Kieran macht Karriere als Journalist und lebt einige Jahre in New York. Auch Ava geht in ihren Beruf als Lektorin zurück und findet in ihrer Kollegin Britta eine gute Freundin.
Der Schreibstil und die Geschichte haben mir sehr gut gefallen, ich konnte mich sehr gut in Ava hineinversetzen, ihre Gefühle als Mutter von drei Kindern kann jede Mutter nachvollziehen, einerseits eine große Erschöpfung, andererseits eine unendliche Liebe zum Nachwuchs, und im Gegensatz dazu Befreiung und Erlösung in der Leidenschaft und Hingabe zu Kieran.
Eine Liebesgeschichte, die mir in Erinnerung bleiben wird und die einen Ehrenplatz in meinem Regal bekommen wird, direkt neben „Die Liebe an miesen Tagen“ von Ewald Arenz. Ich freue mich jetzt schon auf weitere Bücher von Vera Zischke.
Zum Schluss möchte ich eine Passage von einer der letzten Seiten zitieren: „Was wäre, wenn wir im gleichen Jahr geboren worden wären und uns mit Anfang zwanzig gegenübergestanden hätten? Hätte ich ihn damals schon so tief lieben können? Und wenn ja: Hätte dann nicht eine junge Frau, die unbedingt Kinder und Familie haben wollte, einem jungen Mann gegenübergestanden, der genau das nicht wollte?“

Bewertung vom 08.08.2024
Ex-Wife
Parrott, Ursula

Ex-Wife


weniger gut

Der Neuauflage des bereits vor hundert Jahren veröffentlichten Romans konnte ich nicht viel abgewinnen.
Patricia wird im Alter von 24 Jahren von ihrem Mann Peter verlassen. Sie stürzt sich in amouröse Abenteuer, ihr Herz hängt aber noch an ihrem Ex-Mann. Nichts wünscht sie sich sehnlicher, als dass er zu ihr zurückkommt.
Sie zieht zu ihrer Freundin Lucia, gemeinsam gehen sie fast jeden Abend aus und lernen Männer kennen, mit denen sie Affären haben.
Der Roman ist recht emotionslos, traumatische Erlebnisse wie der Tod ihres Kindes und eine Abtreibung lassen Patricia ziemlich kalt, dafür leidet sie unendlich, wenn sie Peter mit einer neuen Freundin sieht. Ich fand sie sehr oberflächlich und unsympathisch, die meisten Gedanken hat sie sich um Peter und seine Freundinnen, ihr Aussehen und ihr Gewicht gemacht.
Vermisst habe ich einen Bezug zu der Zeit, in der die Handlung spielt – das Einzige, das darauf hinwies, waren die Flüsterkneipen aus der Zeit der Prohibition.
Auch der Handlungsort New York wurde nicht besonders herausgestellt, bis auf eine kurze Erwähnung der Grand Central Station, wo Patricia ihren Liebhaber verabschiedet.
Ich habe mir von einem Roman, der in den 1920er Jahren in New York spielt, viel mehr versprochen und bin enttäuscht worden.

Bewertung vom 06.08.2024
Im Nordwind / Nordwind-Saga Bd.1
Georg, Miriam

Im Nordwind / Nordwind-Saga Bd.1


ausgezeichnet

Auf die neue Dilogie von Miriam Georg habe ich mich schon sehr gefreut, und auch Im Nordwind konnte mich begeistern und fesseln.
Die Handlung spielt auf zwei Zeitebenen, 1896 und 1913. Alice wird von ihrem Mann Henk misshandelt. Er versäuft sowohl seinen als Alice‘ Lohn in der Wirtschaft und zeigt kaum Interesse an der 5jährigen Rosa.
1913: Alice bittet John Reeven um juristischen Beistand, sie möchte sich scheiden lassen. John lebt in einer hochherrschaftlichen Hamburger Villa mit seinem Bruder Julius, den Eltern Theodor und Gesa und Großvater Eugen. John warnt Alice, dass ihre Aussichten, das Sorgerecht für ihre Tochter zu bekommen sehr gering sind. Hinzu kommt, dass ihre Vergangenheit auf eventuelles Fehlverhalten durchleuchtet wird. Letzteres ist ein Problem, da in Alice‘ Vergangenheit einiges vorgefallen ist, was nicht bekannt werden darf. Obwohl John Evelyn heiraten soll, verliebt er sich in Alice.
1896: Im Alter von zwölf Jahren wird Christina von ihren Eltern an die Familie eines Pastors in der Nordmarsch verkauft. Sie soll die schwerkranke Frau des Pastors pflegen, doch bald wird ihr ihre Schönheit zum Verhängnis, sie muss das Haus des Pastors verlassen und nach Hamburg gehen.
Theodor ist schwer krank und nicht mehr in der Lage, sich um seine Geschäfte – eine Bank und eine Brauerei – zu kümmern. Julius ergreift die Gelegenheit, die Geschäfte seines Vaters weiterzuführen, allerdings nicht in dessen Sinne.
Es war so schön, der Ärztin Emma Wilson wieder zu begegnen. Die junge Frau wird von Theodors Tochter Blanche gebeten, Theodor zu untersuchen. Im Gegensatz zum langjährigen Hausarzt der Familie, findet Emma die Ursache seiner Beschwerden heraus und stellt eine verhängnisvolle Diagnose.
Julius‘ Frau Marlies ist heimlich in John verliebt, Blanche führt eine unglückliche Ehe und würde auch gern wie Alice den Mut aufbringen, eine Scheidung in die Wege zu leiten.
Es bleiben viele Fragen offen, Christinas/Alice‘ Geschichte ist nicht auserzählt. Wie gut, dass Band 2 bereits im Oktober erscheint.
In ihrem Roman weist Miriam Georg auf die mangelnden Rechte der Frauen in der von Männern beherrschten Gesellschaft hin. Körperliche Züchtigung in der Ehe war an der Tagesordnung und nicht strafbar. Es war für die miserabel bezahlten Frauen kaum möglich, für sich und ihre Kinder ein Auskommen zu sichern.
Die Autorin hat wieder einen wunderbaren, von der ersten bis zur letzten Seite packenden Roman vorgelegt, der von mir die maximale Anzahl an Sternen und eine große Leseempfehlung bekommt.

Bewertung vom 31.07.2024
Der Bademeister ohne Himmel
Pellini, Petra

Der Bademeister ohne Himmel


ausgezeichnet

Was für ein tolles Debüt! Obwohl nicht viel passiert, konnte mich der Roman von der ersten bis zur letzten Seite packen.
Linda ist erst 15 und bereits lebensmüde. Sie findet, dass das Leben mit ihrer Mutter nicht viel Schönes bietet. Zu ihrer Mutter hat sie kein gutes Verhältnis, und es wird nicht besser, als diese ihren neuen Freund mit nach Hause bringt. Aufgrund seines Berufes nennt Linda ihn „Der Bestatter“. Ein Lichtblick ist die Aussicht auf einen Urlaub auf Gran Canaria, zu dem der Bestatter auch Linda einladen will. Linda und ihre Mutter waren noch nie am Meer.
Die Tochter ihres demenzkranken Nachbarn Hubert bittet Linda, ihn mittwochs zu besuchen und mit ihm ein paar Stunden zu verbringen. Sie mag den älteren Herren und bemüht sich, ihm Freude zu bereiten, geht im Gespräch auf ihn und seine Erinnerungen ein, spielt ihm Tonbandaufnahmen vom Schwimmbad vor und setzt sogar durch, dass er einen Ausflug an den See macht. Sie findet es furchtbar traurig, dass Hubert, der sein Leben lang als Bademeister an der frischen Luft verbracht hatte, nur noch zu Arztterminen aus dem Haus geht.
Lindas einziger Freund Kevin ist ebenfalls kein fröhlicher junger Mensch. Er glaubt fest daran, dass die Welt auf eine Katastrophe zurast und verbringt seine Tage vor dem Computer. Linda und er sind beide ohne einen Vater aufgewachsen, die beiden sind sich einig: „In der Kindheit passiert viel Dummes. Man sollte erwachsen geboren werden.“ (S. 63).
Huberts polnische Pflegerin Ewa ist für mich der Star der Geschichte. Obwohl sie seit vielen Jahren kranke Menschen bis zu ihrem Tod pflegt und begleitet, hat sie ein sonniges Gemüt. Sie findet Halt im Glauben, und ihr zweitgrößter Wunsch ist eine Wallfahrt nach Tschenstochau zur Schwarzen Madonna. Der größte Wunsch ist es, ihre zweite Hälfte zu finden.
Der Schreibstil der Autorin ist sehr authentisch, ich konnte mich gut in die 15jährige Linda und ihre Gedankenwelt hineinversetzen. Das Ende ist traurig und schön zugleich, ein guter Abschluss dieses wunderbaren Coming of Age-Debütromans. Trotz der schwierigen Themen Demenz und Depressionen hat mich das Buch nicht bedrückt, sondern optimistisch und positiv gestimmt. Von mir eine große Leseempfehlung.

Bewertung vom 31.07.2024
Signum / Stormland Bd.2
Lindqvist, John Ajvide

Signum / Stormland Bd.2


ausgezeichnet

„Signum“ ist der zweite Band der Mittsommer-Reihe um die Schriftstellerin und ehemalige Polizistin Julia Malmros und ihren Liebhaber, den Hacker Kim Ribbing.
Band 1 „Refugium“ habe ich bereits vor einem Jahr gelesen, trotzdem war ich sofort wieder mitten drin im Geschehen. Im Laufe der Handlung kommen einige Hinweise auf die Ereignisse aus dem Vorgängerband, so dass man SIGNUM auch lesen kann, ohne REFUGIUM gelesen zu haben.
Nach dem Tod seiner Eltern und seines Großvaters einige Jahre zuvor wurde Kim Ribbing vom Psychiater Dr. Martin Rudberg behandelt bzw. eher misshandelt. Um seine Beweggründe für die Misshandlungen zu erfahren, beschließt Kim, seinen Peiniger zu entführen und einige Tage gefangen zu halten.
Währenddessen hat Astrid Helander Kims Angebot angenommen, in seinem Haus ein Zimmer zu bewohnen. Astrids und Kims Geschichten zeigen Parallelen auf, beide haben als Jugendliche ihre Eltern durch einen Mordanschlag verloren.
Julia Malmros trifft sich nach wie vor mit Kim, auch wenn sie nicht genau weiß, ob sie eine Beziehung oder nur eine Affäre haben. Sie überlegt, ob sie die rechtsradikale Bewegung der „Wahren Schweden“ in ihrem nächsten Buch thematisieren soll.
Band 2 hat mir sogar noch besser gefallen als der Vorgänger. Ich mag Julia und Kim, aber am sympathischsten und faszinierendsten finde ich die 14jährige Astrid. Ich habe mich über die Tricks, mit denen sie ihre Ziele erreicht hatte, köstlich amüsiert. Als militante Veganerin kämpft sie gegen Massentierhaltung und isst keine tierischen Produkte.
Sehr unterhaltsam fand ich die Treffen von Julia und Irma Ryding. Die 82jährige Irma und Julia sind beste Freundinnen und überlegen, ihr nächstes Buch zusammen zu schreiben. Irma will alles über Julias und Kims Beziehung wissen und kommentiert Julias Erzählungen mit einem herrlich trockenen Humor.
Mit den Polizisten Jonny Munther und Christof Adler hat der Autor zwei wunderbare Nebencharaktere geschaffen, die mich oft zum Schmunzeln gebracht haben. Jonny ist Julias Ex-Mann, er hasst Kim Ridding und bemüht sich nach Kräften, ihn zu überführen.
Ich freue mich schon auf den nächsten Band der Reihe und ein Wiedersehen mit Julia, Kim und Astrid. Von mir eine große Leseempfehlung für alle, die gern skandinavische Krimis und/oder Thriller lesen.

Bewertung vom 23.07.2024
Die Blütenfreundinnen Bd.1
Martin, Ellen

Die Blütenfreundinnen Bd.1


sehr gut

Es handelt sich um den Auftakt einer Reihe über vier Single-Frauen im Alter zwischen Mitte vierzig und Mitte fünfzig.
Kristin ist Innenarchitektin. Ihr Mann Holger, von dem sie seit Jahren getrennt ist, hat ihr einen Auftrag in München vermittelt. In letzter Zeit glaubt sie, mittlerweile zum alten Eisen zu gehören, sie bekommt kaum noch Aufträge, da diese ihrer Meinung nach an jüngere, hippe Kolleg*Innen vergeben werden.
Lena ist Apothekerin und Mutter eines erwachsenen Sohnes. Über eine Dating-Plattform hat sie Benno kennengelernt, in München will sie ihn persönlich kennenlernen.
Nicole ist seit zwei Jahren Witwe, ihre Tochter wohnt mit Mann und den beiden Kindern im Dachgeschoss ihres Hauses. Nicole kümmert sich regelmäßig um ihre beiden Enkel, was jedoch als selbstverständlich hingenommen und ihr nicht gedankt wird.
Die drei Frauen müssen nach Hamburg bzw. in die Lüneburger Heide, und die Bahn streikt, zu dritt leihen sie sich das letzte noch verfügbare Auto. Sie verstehen sich so gut, dass sie beschließen, sich wiederzusehen. Sie verabreden sich zu einem gemeinsamen Kochabend.
Toni ist Altenpflegerin und Nicoles Schwägerin, die Schwester ihres verstorbenen Mannes. Die beiden Frauen wohnen nicht weit voneinander entfernt. Toni erwischt ihren Lebensgefährten beim Seitensprung und erfährt fast zeitgleich von seinem Lottogewinn. Sie sorgt dafür, dass das Geld auf ihr Konto überwiesen wird, und das ganz ohne schlechtes Gewissen, denn schließlich habe er das Lotterielos von ihrem Geld gekauft.
In den Kapiteln steht abwechselnd jeweils eine der vier Frauen im Mittelpunkt. Auch wenn ich Toni am wenigsten sympathisch fand, fand ich ihre Geschichte am interessantesten. Wir erleben sie in ihrem Alltag als Altenpflegerin, wo sie viel Herz zeigt und sich rührend um einen neuen Heimbewohner kümmert, der gegen seinen Willen ins Heim verfrachtet wurde.
Ich bin gespannt, wie es mit den vier Frauen weitergeht, wie Nicole das Problem mit ihrer Familie löst, ob Lena sich neu verliebt und ihre Apotheke retten kann, und am meisten interessiert mich, ob Toni es wirklich schafft, ihrem Ex den Lotteriegewinn vorzuenthalten.
Ich mag die Reihe und werde sie weiterverfolgen. Eine Leseempfehlung spreche ich insbesondere für Frauen im Alter der vier Protagonistinnen aus.

Bewertung vom 21.07.2024
Fräulein Liebe und der Traum vom Leben / Die Rhein-Buchhandlung Bd.2
Esser, Susanne

Fräulein Liebe und der Traum vom Leben / Die Rhein-Buchhandlung Bd.2


ausgezeichnet

Es handelt sich um Band 2 der Rhein-Buchhandlung-Reihe um Eva Liebe. In Band 1 schlägt sich die 18-jährige Eva gegen Ende des Zweiten Weltkrieges aus dem zerbombten Berlin nach Andernach am Rhein durch, wo sie von ihrer Tante Maria aufgenommen wird.
Band 2 spielt zehn Jahre später, im Jahr 1955. Eva ist nunmehr gelernte Buchhändlerin und arbeitet in der Buchhandlung ihrer Tante. Seit vielen Jahren ist sie mit Georg Neumann zusammen. Evas gleichaltrige Freundinnen sind mittlerweile verheiratet und haben Kinder. Doch sowohl Eva als auch Georg zögern mit der Heirat.
Evas Bedenken können aus der Welt geschaffen werden, doch Georgs Problem scheint schier unüberwindbar. Er hat ein großes Geheimnis, von dem niemand wissen darf, und das er auch Eva in ihren zehn gemeinsamen Jahren nicht offenbart hatte. Als es doch ans Licht kommt, ist es so schwerwiegend, dass sich Eva gezwungen sieht, Georg zu verlassen.
Marias Mann August, von dem sie seit Kriegsende nichts mehr gehört hatte, kommt aus der Kriegsgefangenschaft nach Hause zurück und will die Buchhandlung ohne seine Nichte Eva weiterführen.
August erfährt, dass Maria mit einem anderen Mann zusammen, seine kleine Tochter Gisela im Krieg umgekommen ist, und seine Tochter Ilse die Schule abbrechen und Krankenschwester werden will.
Neben Eva und Georg ist mir Evas Cousine Ilse sehr ans Herz gewachsen. Sie trauert immer noch um ihre kleine Schwester und quält sich mit Schuldgefühlen.
Nachdem es für Eva zunächst so aussieht, als ob in ihrem Leben mittlerweile alles perfekt sei, passiert alles auf einmal: Sie trennt sich von Georg, und sie verliert ihre Arbeit in der Buchhandlung. Marias Glück mit Hans hat ein abruptes Ende, als ihr totgeglaubter Ehemann in der Tür steht.
Wie wunderbar, dass sich das Blatt doch noch für alle zum Guten wendet, auch wenn ich mit Georgs Vorgehensweise und der Lösung seines Problems nicht ganz einverstanden war.
August tat mir leid, die Jahre in der Kriegsgefangenschaft haben ihn zu dem Menschen gemacht haben, der er geworden ist.
Auch aufgrund der Krimielemente und der konstanten Spannung hat mir der Roman sehr gut gefallen, sogar noch besser als der Vorgängerband. Gerne würde ich das Schicksal der Andernacher weiterverfolgen.

Bewertung vom 15.07.2024
Mitternachtsschwimmer
Maguire, Roisin

Mitternachtsschwimmer


ausgezeichnet

Ein wunderschöner Roman über Liebe, Freundschaft, Familie, Verlust und die Bewältigung und Verarbeitung von Trauer.
Grace lebt zurückgezogen in Ballybrady, einem kleinen irischen Küstenort. Ihren Lebensunterhalt verdient sie mit der Vermietung eines Cottages und der Herstellung von Quilt Decken. Sie geht oft angeln und kehrt gelegentlich im örtlichen Pub ein. Ihre Nichte Abbie kommt regelmäßig zu Besuch, um mit Grace angeln zu gehen und ihr beim Online-Verkauf zu helfen.
Evans Frau Lorna braucht Abstand von ihm, er mietet Grace‘ Cottage, wo er eine Woche verbringen will. Seine und ihre Gedanken werden vom Verlust ihrer kleinen Tochter beherrscht. Statt miteinander zu reden, stürzen sie sich in Arbeit. Kurz vorm Burnout kommt Evan in Ballybrady an.
Lebensmittel kauft er im Dorfladen bei Becky ein, die ihm von dem Virus erzählt, das sich in der Welt ausbreitet. Aufgrund des Lockdowns bleibt ihm nichts anderes übrig, als seinen Aufenthalt am Meer zu verlängern. Im Dorfladen und im Pub, wo er drei Stunden täglich das Wlan nutzen darf, freundet er sich mit einigen Dorfbewohnern an.
Ich habe etwas gebraucht, um in das Buch reinzukommen. Die Geschichte nimmt meiner Meinung nach erst richtig Fahrt auf, als Luca ins Spiel kommt, Evans Sohn. Das Vater-Sohn-Verhältnis ist nicht gut, Luca hängt mehr an seiner Mutter und fühlt sich vom Vater nicht akzeptiert. Die ganze Familie quält sich mit Schuldgefühlen.
Grace gegenüber habe ich zwiespältige Gefühle. Ich mochte es nicht, dass sie nur so mit Schimpfwörtern und Flüchen um sich warf. Ihr Hund hat keinen Namen und wird von ihr bzw. der Autorin meist nur als „hässliche Töle“ bezeichnet. Andererseits liebt sie Tiere über alles, hilft einem verletzten Kormoran und hat auch den Hund aus einem Dachsbau befreit und gerettet. In ihrer Jugend hatte sie ein schlimmes Erlebnis, das sie geprägt hatte.
Teil 1 fand ich etwas langatmig, doch Teil 2 und 3 habe ich verschlungen. Abbie und Luka brachten Schwung in die Handlung, mit der Ankunft der beiden überstürzten sich die Ereignisse. Den ruhigen, melancholischen, atmosphärischen und tiefsinnigen Roman über Liebe und Verlust empfehle ich sehr gerne weiter.

Bewertung vom 15.07.2024
Die Jukebox meiner Mutter
Peter, Isolde

Die Jukebox meiner Mutter


sehr gut

Die Jukebox meiner Mutter ist an die Familiengeschichte der Autorin angelehnt, die Figuren und die Handlung sind jedoch frei erfunden.
Tosca ist Lehrbeauftragte an einer Berliner Universität. Als sie die Nachricht vom plötzlichen Tod ihrer Mutter bekommt, reist sie in ihre Heimat nach Bayern. Zeitgleich wird ihr Vater ins Krankenhaus eingeliefert und liegt im Koma.
Die Kapitel wechseln sich ab zwischen Vergangenheit und Gegenwart. Toscas Mutter, Ella Novak, kam in den 1960er aus Polen in einen kleinen bayrischen Ort. Ihr Mann ist bald wieder nach Polen zurückgegangen, er ließ Ella mit den drei gemeinsamen Söhnen zurück.
Ella ließ sich nicht unterkriegen, sie pachtete eine Gastwirtschaft und wurde zur „polnischen Wirtin“. Ade Schierlinger, zehn Jahre jünger als Ella, verliebte sich auf den ersten Blick in sie und heiratete sie trotz großen Widerstand seitens seiner Familie. Ade und Ella bekamen eine Tochter, die sie Tosca nannten – wie Ella auf den Namen gekommen ist, ist umstritten. Die Ehe wurde nach fast zwanzig Jahren geschieden, was für Tosca nicht überraschend war. Sie fand schon immer, dass es keine anderen zwei Menschen gibt, die weniger gut zueinander passten als ihre Eltern.
Als Tosca gemeinsam mit ihrem neuen Freund Ron in dem bayrischen Ort ankommt, kehren sie in der Wirtschaft ein, die Ella früher gehört hatte. Seit einigen Jahren wird sie von Sepp, Ellas ältestem Sohn, geführt. Sepps Brüder Willy und Ted kommen auch zur großen Lagebesprechung. Viel zu erben gibt es nicht, Ellas Schmuck ist unauffindbar, einer ihrer Verflossenen behauptet, dass Ella für ihn einen Batzen Geld aufbewahrt habe. Das Wertvollste, sowohl in materieller als auch in ideeller Hinsicht, ist die Jukebox, mit der die Gäste jahrzehntelang in der Wirtschaft unterhalten wurden. In Toscas Fantasie haben sich die Eltern zu den Klängen aus der Jukebox verliebt.
So unterschiedlich Polen und Bayern sind, so unterschiedlich sind Ella Novak und Ade Schierlinger. Zwei Welten prallen aufeinander.
Bei den Gesprächen zwischen Tosca und ihren Brüdern habe ich mich köstlich amüsiert. Die drei Brüder sind sehr speziell und echte Bayern wie aus dem Bilderbuch. Ted, eigentlich Tadeusz, ist Musiker und hat seine neue blutjunge Freundin namens Sophia mitgebracht. Sophia versteht sich bestens mit Ellas Enkel Jan und dessen Freund Malik, die drei haben viel Spaß bei der Wohnungsauflösung, bei der Tosca beim Anblick von vielen Bildern, Kleidern und Haushaltsgegenständen in Erinnerungen an ihre Eltern und ihre Kindheit und Jugend schwelgt.
Ich fand Die Jukebox meiner Mutter sehr unterhaltsam, den Schreibstil angenehm, ich habe viel gelacht und mich gut amüsiert. Es ist ein kurzweiliger, teils komischer, teils tragikomischer Roman. Gerne empfehle ich das Buch weiter, nicht nur an Leser*Innen mit polnischen oder bayerischen Wurzeln.