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Anonym

Bewertungen

Insgesamt 101 Bewertungen
Bewertung vom 14.12.2023
GUY'S GIRL
Noyes, Emma

GUY'S GIRL


sehr gut

Ungeschönter Blick auf Essstörungen, der fürs Verständnis hilft


In Guy‘s Girl begleiten wir Ginny, die zunächst unter Magersucht und dann unter Bulimie leidet. Wir lernen ihre Freundesgruppe kennen und verstehen, wie sie in eine Essstörung rutschen konnte. Hierbei war besonders bedrückend, wie sehr Betroffene die Essstörung versuchen zu vertuschen und warum das Umfeld deswegen oft nichts merkt.

Und dann wäre da noch Adrian, Teil ihrer Freundesgruppe, aber Ginny bis jetzt am wenigsten bekannt. Als sie ihn besser kennenlernt, muss Ginny feststellen, dass sie sich zu Adrian hingezogen fühlt. Doch Adrian hat eigene Probleme: er lässt keine Gefühle zu, weil er Angst hat, dass ihm das Herz gebrochen wird.

Emma Noyes gelingt es, die lange Zeit einer Essstörung in dieses Buch zu packen, ohne dass man sich mit Informationen überladen fühlt. Vielmehr lässt sie den Leser die wichtigsten Zeiten der Essstörungen durchleben. Damit das Buch nicht zu langatmig wird, nutzt sie Zeitsprünge, mit denen nochmals eindrücklicher wurde, wie sehr sich Ginny verändert hat. Zwar endet das Buch an einem bestimmten Punkt, doch Noyes macht klar, dass es noch ein langer Weg wird, die Essstörung final zu überwinden.

Im Vordergrund der Geschichte steht die Essstörung. Sie bestimmt Ginnys ganzes Leben. Ginnys Kampf gegen die Essstörung wird ausführlich und ungefiltert gezeigt, sodass deutlich wurde, wie schwierig es ist, eine Essstörung zu überwinden. Besonders schön war da, wie Adrians Großeltern unermüdlich mit Ginny gegen die Essstörung ankämpften und wie liebevoll Adrian sie unterstützt hat.

Noyes litt selber unter Magersucht und Bulimie, verleiht dem Text also ihre eigene Stimme. Guy’s Girl ist deswegen auch an Stellen sehr harte Kost, wenn ausführlich beschrieben wird, wie eine Essstörung abläuft.

Insgesamt ein empfehlenswertes Buch, um Essstörungen besser zu verstehen. Gerade für Nicht-Betroffene wird dadurch nochmals deutlicher, wie aufmerksam man sein muss, um mitzubekommen, dass eine Person eine Essstörung hat.

Bewertung vom 13.12.2023
Skogen Dynasty / Crumbling Hearts Bd.1
Wahl, Carolin

Skogen Dynasty / Crumbling Hearts Bd.1


sehr gut

Schöne Atmosphäre an den Fjorden Norwegens und starke Botschaft


Alexander Skogen soll in das Familienunternehmen Kosgen einsteigen, sobald er seinen Masterabschluss in der Tasche hat. Doch dann taucht kurz zuvor ein skandalöses Video von ihm auf und seine Familie verlangt, dass er erstmals aus der Öffentlichkeit verschwindet, indem er an einem abgelegenen Ort an einer Trekkingtour teilnimmt. Dort fühlt er sich direkt von Norah angezogen. Doch gibt es für sie eine Zukunftsperspektive, immerhin liegt seine Zukunft im Keksunternehmen Kosgen in Oslo und ihre weit abgelegen davon an den Fjorden. Und dann wäre da auch noch der Gegensatz von Arm und Reich, immerhin ist er in Luxus aufgewachsen, während für sie seine Lebensweise unvorstellbar ist. Passen die Beiden dennoch zusammen?

Carolin Wahls Schreibstil hat mir gut gefallen, das Buch ist flüssig geschrieben und lässt sich so schnell lesen. Etwas gestört haben lediglich die immer wieder eingeworfenen norwegischen Worte, haben diese den Lesefluss doch leicht gestört, wenn man nachgelesen hat, was sie bedeuten. Hierfür hätte ich mir gewünscht, dass hinten eine kleine Liste mit Übersetzungen angefügt worden wäre.

Alexander Skogen, als äußerlich arroganter, aufmüpfiger, reicher Mann und innerlich intelligenter und sensibler Mann wurde gut charakterisiert und war mir durch seine tolle Art, die er vor vielen nur versteckt hat, sehr sympathisch. Demgegenüber empfand ich Norah eher als anstrengend, ist sie doch immer wieder vor schwierigen Situationen davongelaufen, statt sich diesen zu stellen. Andererseits ist durch die Auflösung zum Ende des Buches ihr Verhalten verständlich. Die am Ende des Buches vermittelte Botschaft hat mir sehr gut gefallen, vermittelt sie doch gute Werte.

Positiv hervorheben möchte ich, dass mit der Umgebung Norwegens eine Atmosphäre gewählt wurde, von der ich so noch nicht gelesen habe. Wahls Beschreibungen sind detailreich, man merkt ihnen an, dass sie das Land selber schon besucht hat, sodass ich von den schönen Naturbeschreibungen Lust bekommen habe, das Land einmal selber zu bereisen.

Bewertung vom 12.12.2023
Nie gut genug
Curran, Thomas

Nie gut genug


ausgezeichnet

Warum Perfektionismus schädlich ist und wie er entsteht, verständlich erklärt


Thomas Curran geht in „Nie gut genug“ das Thema Perfektionismus dank vieler Beispiele verständlich an. Dennoch verzichtet er nicht auf das wissenschaftliche Niveau und untermauert seine Aussagen mit vielen Studien.

Zunächst erklärt Curran, warum Perfektionismus oft mit psychischen Problemen einhergeht und warum Perfektionisten entgegen der Erwartung keine besseren Ergebnisse erzielen. Dadurch wurde deutlich, warum Perfektionismus, im Gegensatz dazu, wie er sonst von der Gesellschaft als notwendig angesehen wird, tatsächlich ein Problem ist. Diese Erklärung waren für mich sehr hilfreich, um zu verstehen, warum man tatsächlich etwas gegen den Perfektionismus unternehmen sollte. Seine Freunde und bekannte Personen wie Steve Jobes und Demi Levato nutzt Curran um die drei Formen des Perfektionismus zu erklären. Dadurch wurde die Relevanz des Themas deutlich.

Besonders gut gefallen haben mir die Erklärungen wie Perfektionismus entsteht. So erklärt Curran z.B. den Zusammenhang zwischen Perfektionismus und unserem Wirtschaftssystem. Hierbei fand ich es besonders spannend, wie Werbung unsere Unsicherheit schürt und damit dazu führt, dass wir unzufrieden sind und immer mehr wollen. Curran geht aber auch auf den gesellschaftlichen Einfluss, das Elternhaus und den Leistungsdruck in Schule und Uni ein.

Lediglich der letzte Abschnitt hat mir nicht so gefallen. Die Lösungsansätze waren für mich wenig ausgereift oder unrealistisch. Hier hätte ich mir wissenschaftlich fundiertere Tipps gewünscht.

Bewertung vom 12.12.2023
Geheimnisse / Brynmor University Bd.1
Gaida, Dominik

Geheimnisse / Brynmor University Bd.1


ausgezeichnet

Authentische und feinfühlige Liebesgeschichte


Samuel hat im Gegensatz zu den anderen Studenten nicht den Plan, die Brynmor University als Sprungbrett für seine weitere Karriere zu nutzen. Er möchte nur nach Brynmor, um in die Studentenverbindung aufgenommen zu werden und so mehr über die Umstände des Unfalls seines Bruders herauszufinden. Denn sein Bruder war genauso wie er in Brynmor, kehrte daraus aber schwer verletzt zurück und liegt seitdem im Wachkoma. Samuel vermutet, dass bei einer Mutprobe der Studentenverbindung etwas schief gelaufen sein könnte und geht dem nun nach.

Das Buch ist sehr flüssig geschrieben und lässt sich dadurch schnell lesen. Vor allem die Liebesgeschichte zwischen Samuel und Connor konnte mich überzeugen, merkt man ihr doch an, dass sie von einem Own-Voice-Autor stammt. Dadurch empfand ich diese als sehr authentisch und sehr einfühlsam beschrieben. Demgegenüber konnten mich Samuels Ermittlungen nicht ganz überzeugen, weil für mich ein paar Wendungen gefehlt haben und ich mir gewünscht hätte, dass die Aufklärung etwas komplexer abgelaufen wäre. Allerdings empfand ich die Auflösung gut gelöst, werden doch mit ihr tiefgreifendere Themen angesprochen.

Ingesamt empfehle ich das Buch allen die nach einer authentischen LGBTQIA+ Liebesgeschichte zu suchen.

Bewertung vom 11.12.2023
Bevor die Welt sich weiterdreht
Brosch, Luca

Bevor die Welt sich weiterdreht


ausgezeichnet

Nachgehender Kriegs- und Spionageroman


Verdun, Ende 1915. Die Schweizer Krankenschwester Johanna Gabathuler versorgt den schwer verletzten deutschen Soldaten Erich. Die Beiden verlieben sich ineinander und verbringen einige schöne Monate miteinander.

Davos, 1917. Erich ist im Krieg gefallen. Johanna kehrt schwanger aus Verdun in die Schweiz zurück, um ihr Kind Elli zu gebären. Doch ihr Vater sorgt dafür, dass ihr das uneheliche Kind weggenommen wird, da dieses ihm bei seinen Plänen, das Kurhaus finanziell zu retten, im Weg steht. Johanna wird derweil jede Chance nutzen müssen, um Elli wiederzubekommen. Eine von Johannas Patienten, die Gräfin, weiß mehr über das Schicksal von Elli und fordert von Johanna im Gegenzug für Informationen, dass sie für den deutschen Geheimdienst spioniert. Doch kann dies gut gehen, wenn es in Davos auch ausländische Geheimdienste gibt?

Luca Brosch konnte mich mit „Bevor sich die Welt weiterdreht“ sehr begeistern. Er erzählt eine Geschichte, die auf wahren Begebenheiten beruht, die aber bis jetzt kaum bekannt ist. Dabei geht es neben der Hauptstory, auch viel um die geschichtlichen Hintergründe. Hierbei empfand ich die Rückblicke, in denen man zum jeweiligen Charakter mehr über seine bisherige Zeit im Krieg erfahren hat, extrem nahegehend. Durch diese Perspektive wurde mir der jeweilige Charakter auch viel verständlicher.

Aus der Erzählerperspektive verfolgen wir das Schicksal vieler Beteiligter. Dadurch werden viele verschiedene Handlungsstränge erzählt, die dazu führen, dass die Geschichte sehr vielfältig ist. Die im Vordergrund stehende Spionagegeschichte ist spannend erzählt und überzeugt durch viele unerwartete Wendungen. Broschs Schreibstil ist so detailreich und die Orte so atmosphärisch beschrieben, dass ich mich direkt an die jeweiligen Handlungsorte hineinversetzen konnte und deren Stimmung auf mich überging.

Insgesamt konnte mich das Buch zur Serie Davos 1917 sehr begeistern und ich kann es jetzt gar nicht mehr abwarten, die Serie zu schauen.

Bewertung vom 11.12.2023
Die Zuckerbäckerin von Cold Creek Valley / Cold Creek Valley Bd.2
Jones, Mona

Die Zuckerbäckerin von Cold Creek Valley / Cold Creek Valley Bd.2


ausgezeichnet

Leichte Romanze mit tollem weihnachtlichen Flair


Wer auf der Suche nach einer locker leichten Romanze mit toller weihnachtlich-winterlichem Flair ist, der ist mit der Zuckerbäckerin bestens bedient.

Chiara ist zusammen mit ihrem Freund Gabriel ins Cold Creek Valley gezogen und arbeitet an ihrem Traum eine eigene Zuckerbäckerei zu eröffnen. Aber auch ihr Freund Gabriel ist als Arzt viel beschäftigt, sodass es in ihrer Beziehung deswegen kriselt. Als dann ein unerwartetes Ereignis passiert, stellt sich die Frage, ob Chiara und Gabriel wieder zueinander finden können.

Die Zuckerbäckerin bezaubert durch die schönen Beschreibungen der weihnachtlich-winterlichen Aktivitäten und der verschneiten Umgebung, sodass ich toll in Weihnachtsstimmung geraten bin. Daneben konnte mich auch die Liebesgeschichte überzeugen. Diese ist locker leicht, wobei dennoch ein paar Wendungen eingearbeitet wurden, um die Geschichte spannend zu halten. Insbesondere den Konflikt rund um Partner die wenig Zeit füreinander haben, empfand ich als sehr authentisch und toll gelöst. Sowohl Chiara als auch Gabriel konnten mich durch ihre zielstrebige Art überzeugen, und es war toll, dass durch diese Handlungsebene weitere Spannung eingearbeitet wurde. Die Romantik in diesem Buch ist zuckersüß und hat mich mehrmals zum Lächeln gebracht.

Die Aufmachung des Romans gefällt mir richtig gut, sowohl auf der Vorderseite als auch auf der Rückseite sind verspielte winterliche Motive gewählt, wobei ein besonderes Highlight die haptisch spürbaren und glitzernden Schneeflocken und Süßigkeiten sind.

Bewertung vom 07.12.2023
Verlogen / Mörderisches Island Bd.2
Ægisdóttir, Eva Björg

Verlogen / Mörderisches Island Bd.2


sehr gut

Fokus auf die Beziehung zwischen Mutter und Tochter toll gewählt


Als Maríannas Leiche sieben Monate zuvor gefunden worden ist, gingen alle von einem Suizid aus. Doch nun wurden die Leiche in der Rechtsmedizin und die Todesumstände nochmals genauer untersucht. So hat sich herausgestellt, dass man damals vorschnell von einem Suizid ausging und es sich tatsächlich um einen Mord handelt.

Die Geschichte wird so erzählt, dass wir zum einen die Aufklärung des Mordfalls in der Gegenwart verfolgen, zum Anderen mehr über Maríannas Vergangenheit erfahren. Bei den Rückblicken wird der Fokus vor allem auf die Beziehung zwischen Maríanna und ihrer Tochter gelegt. Deren Beziehung ist schon früh von Problemen geprägt, sodass die Tochter dann in eine Pflegefamilie gerät. Den Fall an sich fand ich gut gewählt, insbesondere die Beziehung zur Tochter ist gut ausgearbeitet worden. Jedoch hat mich an der Umsetzung der Geschichte der repetitive Schreibstil etwas gestört, durch den die Aufklärung des Mordfalls sich nur langsam entwickelt. Insgesamt hätte in der Geschichte mehr Potential gesteckt.

Bewertung vom 07.12.2023
Kleine Probleme
Pollatschek, Nele

Kleine Probleme


gut

Unterhaltsam, aber nach einer Zeit etwas repetitiv und anstrengend


Immer wieder verschiebt Lars, die Dinge die er zu erledigen hat. Eigentlich wollte er einen brillianten Roman schreiben, sein Lebenswerk, aber dann lebt er sein Leben nur so vor sich hin. Als es auch Johanna mit Lars zu anstrengend wird, nimmt Lars sich 13 Dinge vor, die er sich auf einer To-do-Liste festhält. Am Ende steht die Frage, ob er sich ändern kann und so weiterhin eine Beziehung mit Johanna möglich ist.

Aus Lars Ich-Perspektive erfahren wir auf überspitzte Weise, wieso es Lars so schwer fällt, alltägliche Dinge zu erledigen, sei es das Bett aufzubauen, putzen, die Steuererklärung zu machen, kochen, die Kinder rechtzeitig abzuholen usw., wovon er abgelenkt wird und welche Probleme sich ihm in den Weg stellen. Dabei war es einerseits sehr unterhaltsam geschrieben, wie Lars immer wieder nicht weiterkommt mit seinen Aufgaben, andererseits empfand ich es auf Dauer dann doch sehr anstrengend zu lesen, wie überfordert Lars mit seinem Leben ist.

Insgesamt empfehle ich das Buch deswegen Personen, die gerne überspitzten Humor mögen, ein Buch für zwischendurch suchen oder einfach mal Motivation brauchen, um nicht so zu enden wie Lars.

Bewertung vom 04.12.2023
Vom Himmel die Sterne
Walls, Jeannette

Vom Himmel die Sterne


ausgezeichnet

Viele überraschende Wendungen

Vom Himmel die Sterne erzählt die Geschichte von Sallie Kincaid, der Tochter des Duke. Zu Beginn der Geschichte ist sie noch sehr jung und damit auch verspielt. Als sie eines Tages mit ihrem Bruder spielen möchte, geschieht hierbei ein schrecklicher Unfall und ihre Stiefmutter, die Sallie noch nie leiden konnte, weil sie der Beweis ist, dass der Duke zuvor eine andere Frau hatte, verweist Sally zu Tante Faye aufs Land. Nachdem Sallys Stiefmutter gestorben ist, holt der Duke Sally zurück zu ihrem riesigen Anwesen.

Jeanette Walls Schreibstil hat mir sehr gut gefallen, er war flüssig zu lesen und durch Sallys Ich-Perspektive konnte ich direkt eine Verbindung zu Sally aufbauen. Ich habe mit ihr mitgelitten, was sie alles durchmachen muss und wofür ihr, auch als sie noch ein kleines Kind ist, die Schuld gegeben wird.

Sally ist eine sehr mutige Protagonistin, die sich auch durch die vielen Schicksalsschläge, die sie durchmachen muss, nicht unterkriegen lässt. Sie hat innovative Ideen, insbesondere beim Whiskeyverkauf. Bereits als junges Mädchen arbeitet sie hart und beweist im Umgang mit in Schwierigkeiten geratenen Mietern, dass sie sich trotz dem ihr immer wieder entgegengebrachten Missmut, ihre Menschlichkeit behalten hat, aber gleichzeitig sehr durchsetzungsfähig ist. Zudem ist Sally sehr feministisch geprägt, insbesondere in ihrer Haltung zur Ehe.

Die Handlung überzeugt durch viele überraschende Wendungen und der Verarbeitung von auch grausamen, historischen Realitäten.

Insgesamt hat mich das Buch vor allem durch die mutige Protagonistin Sally sowie der vielfältigen, zum Nachdenken anregende Handlung überzeugt.

Bewertung vom 21.11.2023
Jil Sander. Eine Annäherung
Wiesner, Maria

Jil Sander. Eine Annäherung


ausgezeichnet

Jil Sander - eine beeindruckende Persönlichkeit, die ihrem Leitbild immer treu blieb


„Ich bin dafür eingetreten, dass Frauen als sie selbst wahrgenommen werden, nicht als rückständigen Traditionen verhaftetes Phantasma“

Gut recherchiert wagt sich Maria Wiesner, Journalistin bei der FAZ, an Jil Sanders Person heran. Dass es nicht leicht sein wird, viel Privates über sie herauszufinden, wird gleich im ersten Kapitel klar, denn Sander war es wichtig „die Tür ins Private immer nur einen Spalt zu öffnen“. Wiesner konzentriert sich deswegen auf die Aspekte, die sicher sind, sodass der Hauptfokus auf Jil Sanders Weg zur Modedesignerin liegt. Mich persönlich hat dies nicht gestört, möchte ich keine möglicherweise falschen Vermutungen lesen. Dennoch erfährt man auch manches Privates, z.B. über ihre Herkunft und Ausbildung, Sanders Jahre in den USA, ihren Kunstgeschmack, die eher extravagante Inneneinrichtung ihres Hauses, der Gestaltung ihres Gartens und über ihre Lebenspartnerin Angelica Mommsen.

Nicht zu knapp widmet sich Wiesner den Anfängen der Marke Jil Sander. Sie arbeitet gut heraus, was Sanders Haute Couture und Pret-a-Porter von denen anderer Modemarken unterschied. So wird deutlich, dass auch in den eher schlichter gehaltenen Stücken, viel Handwerkskunst lag, war es Sander doch wichtig, dass sie nur die besten Stoffe nutzte und diese auf die bestmögliche Weise verarbeitet wurden. Ihre Stücke waren zeitlos, liesen sich beliebig miteinander kombinieren. Deswegen gilt Sander als Erfinderin des Zwiebellooks.

Gleichzeitig gelingt es Wiesner, einem die Modebranche eingehend näher zu bringen. Sie erklärt, warum Sander Rückschläge, wie die in der Modeschau in Paris erleiden musste. Dass Sander es zu der Zeit nicht immer einfach hatte, zeigt sich auch daran, dass zu der Zeit extravagante Kleidungsstücke die Haute Couture dominierten. Doch Sander, die erste Frau an der Spitze eines börsennotierten Unternehmens, war eine gute Unternehmerin und hat ihre Marke deswegen bereits früh um Parfüm und Beautyprodukte und später um eine Herrenkollektion erweitert. Was bleibt ist ihre Ideen, dass auch schlichte Teile, schön sein können.

Wiesners journalistischer Schreibstil lässt sich auch beim Wechsel zwischen verschiedenen Themen extrem flüssig lesen.