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Benutzername: 
Heather_H
Wohnort: 
Braunschweig

Bewertungen

Insgesamt 107 Bewertungen
Bewertung vom 27.09.2022
Kalamitäten im Sparverein
Hrabal, Thomas

Kalamitäten im Sparverein


ausgezeichnet

*INHALT*
Peter hat Schwierigkeiten, sich in die Dorfgemeinschaft in Gramakirchen einzufügen, trotz seiner Ehe mit der Tochter des Altbürgermeisters. Als er dann auch noch überraschend zum Kassierer des Sparvereins gewählt wird, sich aber mit Barbara, dem alten Tanklöschfahrzeug der freiwilligen Feuerwehr, und einem Teil der Spareinlagen auf und davon macht, heftet sich eine Taskforce an seine Fersen, um ihn zur Besinnung und Barbara wieder nach Hause zu bringen...

*MEINE MEINUNG*
Wer einen typischen Krimi mit einem Verbrechen am Anfang erwartet, wird wohl enttäuscht: Dem Roadtrip von Peter und Barbara geht ein recht ausführlicher Teil voraus, in dem die Dorfgemeinschaft und die Hauptakteure liebevoll und pointiert dargestellt werden. Voller Ironie und doch auf den Punkt werden die Charaktere und die Verstrickungen geschildert, wie man sie wohl überall auf dem Dorf findet. Ich habe an vielen Stellen laut aufgelacht.
Anfangs fiel es mir ein wenig schwer, den Überblick bei den vielen Figuren zu behalten, doch das gab sich schnell, zumal der Autor auch immer wieder die Ämter zu den Namen nannte.

Der Schreibstil liest sich gut und kurzweilig, ich war viel zu schnell durch und hätte gern noch länger gelesen. Die kurzen Kapitel stehen jeweils unter einer passenden Überschrift, die das Geschehen ein wenig ordnen, das hat mir gut gefallen.

Besonders schön fand ich auch, dass das Kulinarische nicht zu kurz kam, inklusive Glossar am Ende, und dass sich an das Buch noch ein ausführlicher Epilog anschloss, in dem Sachinformationen zu Sparvereinen in Österreich und Deutschland vermittelt werden.

Eine liebevolle Hommage, die rundum gelungen ist.

Bewertung vom 25.09.2022
Die rätselhaften Honjin-Morde / Kosuke Kindaichi ermittelt Bd.1 (eBook, ePUB)
Yokomizo, Seishi

Die rätselhaften Honjin-Morde / Kosuke Kindaichi ermittelt Bd.1 (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

*INHALT*
Im Winter 1937 heiratet der älteste Sohn der Honjin-Familie Ichiyanagi, gegen den Willen seiner Familie. Doch das junge Glück währt nicht lang: In der Hochzeitsnacht wird die Familie von Schreien geweckt, begleitet von einer Melodie auf der Koto. Die frisch Vermählten liegen tot auf dem Bett, der Raum ist von innen verschlossen, und draußen im frisch gefallenen Schnee findet sich nur das blutige Samurai-Schwert, doch keine Fußabdrücke rings herum.

Die Polizei tappt im Dunkeln, doch der junge Privatermittler Kosuke Kindaichi macht sich daran, den Fall zu lösen...


*MEINE MEINUNG*
Laut Yokomizo versucht sich jeder anständige Kriminalautori irgendwann in seiner Laufbahn an einem Locked Room Murder Mystery - und er zeigt gleichzeitig, wie man es richtig macht.

Völlig unaufgeregt berichtet er die Geschichte aus der Ich-Perspektive wie sie ihm zu Ohren gekommen ist, streut hier und da noch ein wenig Wissen und Kommentare ein, während der Protagonist Kindaichi in bester Sherlock-Holmes-Manier aufgrund seiner außergewöhnlich guten Beobachtungsgabe die richtigen Fragen stellt und die Puzzlestücke zusammensetzt, bis sich ein stimmiges Bild ergibt.

Den Schreibstil finde ich herrlich. Die Ich-Perspektive als er selbst, als Autor, fand ich erfrischend anders, und die dadurch möglichen Andeutungen und Kommentare rund um das Geschehen sehr interessant. Auch die Übersetzung finde ich sehr gut gelungen, Ursula Gräfe lässt viele japanische Begriffe stehen, die im Text kurz und im angehängten Glossar noch einmal ausführlich erläutert werden, was für mich sehr zu der Atmosphäre beigetragen hat.

Der Spannungsbogen wird schon auf den ersten Seiten gekonnt gezogen und büßt bis zum Schluss kein bisschen ein. Gerade die vielen Fragen und Indizien, die Kindaichi zusammen trägt und die am Ende alle ihren Sinn haben, fand ich sehr spannend, hatte aber bis zur Auflösung keinen blassen Schimmer, wer der Mörder sein könnte.

Vergleiche mit Agatha Christie sind definitiv berechtigt, und ich hoffe sehr, dass noch weitere Bände dieser Reihe (insgesamt sind es 77) ins Deutsche übersetzt werden. Andernfalls werde ich wohl damit anfangen müssen, japanisch zu lernen..

Bewertung vom 23.09.2022
Mutterliebe
Russ, Rebecca

Mutterliebe


sehr gut

*INHALT*
Die sechsjährige Louisa verschwindet nach einem Besuch beim Vater spurlos. Er sagt, er habe sie zur verabredeten Zeit vor der Haustür abgesetzt, aber sie ist nie im Haus angekommen. Die alleinerziehende Nora versucht fieberhaft, ihre Tochter wieder zu finden, und gleichzeitig ihr Geheimnis zu hüten. Schon bald hat sie einen Verdacht, wer dahinter stecken und ihre Tochter entführt haben könnte, doch die Polizei hat ihre eigene Theorie und verdächtigt Nora...

*MEINE MEINUNG*
Ein spannender Thriller, den ich sehr gern gelesen habe. Der Leser begleitet Nora, die aus der Ich-Perspektive erzählt, und erhält so vollen Einblick in ihre Gedanken und ihr Gefühlsleben. Vieles davon hat mich sehr berührt.
Der Schreibstil liest sich sehr flüssig und angenehm.

Der Spannungsbogen wird sehr schnell geschlagen und durch das ganze Buch aufrecht erhalten, aber hier setzt auch meine Kritik an. Ich hatte zwischendurch das Gefühl, dass die Geschichte ein wenig zu überfrachtet war und zu viel passiert ist, zudem fand ich nicht alle Entwicklungen wirklich glaubhaft. Hier wäre weniger vielleicht mehr gewesen. Auch das Agieren der Ermittlungsbehörden fand ich nicht immer nachvollziehbar und schien mir manchmal eher der Dramaturgie geschuldet als realistisch.

Recht schnell wird klar, dass die Protagonistin keine Bilderbuchmutter ist, aber gerade ihre Fehler und damit verbundene Selbstzweifel haben sie mir sympathisch gemacht. Die anderen Figuren fand ich auch überzeugend und die Charaktere hinreichend dargestellt.

Das Thema des Buches gefiel mir auch gut, neben aller Spannung ist immer wieder die Beziehung zwischen Mutter und Tochter Thema und hat mich auch ein wenig zum Nachdenken angeregt.

Insgesamt ein tolles Buch, aber wegen des Mittelteils, der mir nicht ganz so gut gefallen hat, Abzüge in der B-Note.

Bewertung vom 20.09.2022
Schatten der Vergangenheit
Fusco, Antonio

Schatten der Vergangenheit


ausgezeichnet

*INHALT*
Es ist sechs Uhr morgens, als die Kollegen von Commissario Casabona mit einem Durchsuchungsbeschluss vor der Tür stehen. Er soll den neuen Liebhaber seiner Frau ermordet haben, für den sie ihn verlassen hat. Er kann jedoch vor seiner Festnahme fliehen und erfährt bald, dass ihn ein ehemaliges Mitglied der Mafia belastet. Casabona macht sich auf die Suche nach Verbündeten, die an seine Unschuld glauben, um den wahren Täter zu finden...


*MEINE MEINUNG*
Commissario Casabona wird aus der Ich-Perspektive erzählt, dazwischen begleiten auktoriale Kapitel die Ermittlungen der anderen Polizisten. Diese Abwechslung hat mir gut gefallen, auch die Einsicht in die Gedanken von Casabona fand ich interessant und den Protagonisten sympathisch.
Der Schreibstil lässt sich flüssig lesen, ich fand das Buch sehr kurzweilig. Ich würde es nicht unbedingt als hochspannend bezeichnen, die grobe Auflösung deutet sich relativ früh an, aber ich fand die Details interessant und hatte Spaß beim Lesen.

Die Personen werden wenig eingeführt, und gerade zu Beginn werden verschiedene Ermittlungsbeamte und ihre Dienstgerade ohne viel Erläuterung aufgeführt - da habe ich offen gestanden den Überblick verloren. Ein Personenregister und ein paar Erläuterungen zu den italienischen Dienstgraden hätte ich hier aufschlussreich gefunden. Mit der Zeit konnte ich die zentralen Figuren neben Casabona jedoch gut auseinanderhalten.
Nachdem ich das Buch gelesen hatte, habe ich erfahren, dass dies der sechste Band um den Commissario ist, jedoch der erste, der ins Deutsche übersetzt wurde. Mit diesem Wissen ergibt die fehlende Einführung und Charakterisierung der Figuren Sinn, schade finde ich es trotzdem. Ebenso hätte ich mir gewünscht, mit dem ersten Band zu starten, aber dafür kann das Buch ja nichts.

Der Krimi kommt nicht um Klischees herum, die mich jedoch nicht gestört haben. Vielleicht erwarte ich auch von einem italienischen Krimi, dass er Mafia-Klischees bedient, ich weiß es nicht.


Ein wenig schade fand ich, dass die im Klappentext versprochene Reise in die Vergangenheit nicht wirklich im Buch zu erkennen war. Auch der Titel und der Prolog versprechen Schatten, die den Commissario wieder einholen - das hat sich mir beim Lesen nicht wirklich erschlossen. Daran, dass ich die Handlung gut fand, ändert ein nicht ganz passender Klappentext jedoch nichts.

Bewertung vom 18.09.2022
Über die See
Navarro, Mariette

Über die See


ausgezeichnet

*INHALT*
Die Besatzung eines Containerschiffes tritt mit einer eigenartigen Bitte an die Kapitänin heran: Sie möchten gern einmal im offenen Meer schwimmen. Noch bevor sie weiß, wie ihr geschieht, erklärt sich die Kapitänin einverstanden. Sie bleibt allein an Bord, während die übrige Besatzung die Idee Wirklichkeit werden lässt. Danach scheint nichts mehr, wie es war. Die Kapitänin kann das Herz des Schiffes schlagen hören, während dieses immer langsamer wird und ein mysteriöser Nebel aufkommt..


*MEINE MEINUNG*
Dieses Buch ist ein Kleinod.

Der Schreibstil ist wundervoll. In kurzen Absätzen, die beinahe poetisch anmuten, wird voller Kraft und bildgewaltig erzählt. Die Figuren kommen gänzlich ohne Namen aus, lediglich ihre Positionsbezeichnungen dienen in einigen Szenen der Identifikation. In vielen Dialogen ist nicht gekennzeichnet, wer spricht. Es ist auch völlig irrelevant und die fehlende Kennzeichnung tut nicht nur der Geschichte keinen Abbruch, sondern fügt sich stimmig in das Gesamtgefüge ein: Es geht nicht um den Einzelnen, es geht um das große Ganze, eine lebensverändernde Erfahrung. Es geht um Kontrollverlust und das Wiederfinden der eigenen Kraft.

Ich habe mich am Ende gefragt, was davon tatsächlich Wirklichkeit ist und was sich in den Köpfen der Figuren abspielt. Gedankenspiele, Assoziationen, Geschichten und Mythen durchziehen die Seiten wie ein roter Faden und reichern den kurzen Handlungsstrang mit Farbe an, lassen ihn beinahe schillern, so kam es mir vor.

Als würde das Stoppen des Containerschiffes, das so nicht vorhergesehen ist und allen Erwartungen und Erfahrungen widerspricht, auch ein Innehalten, Verschnaufen und Pausieren in den Köpfen verursachen. Die Konzentration aufs Wesentliche, auf die großen Fragen im Leben, auf die Familie und die eigene, noch nicht verarbeitete Trauer. Und es fällt schwer, hinterher wieder in den alten Trott zu finden, bereichert um all das, was einem in der Zeit durch den Kopf gegangen ist.

Ich hätte gern noch länger gelesen, doch die Kürze des Romans passt ebenso dazu: Mariette Navarro scheint alles Überflüssige weg zu lassen, sodass am Ende nur das übrig bleibt, was wirklich wichtig ist.

Bewertung vom 14.09.2022
Kerl aus Koks
Brandner, Michael

Kerl aus Koks


ausgezeichnet

*INHALT*
Nachkriegsdeutschland: Der kleine Paul fühlt sich bei Tante und Onkel im deftigen Bayern sehr wohl, als er von seiner Mutter abgeholt wird. Von da an wächst er in Dortmund auf, und der Ruhrpott wird zu seiner Heimat.

Auf seiner Lebensreise begegnet Paul vielen Möglichkeiten und interessanten Menschen und macht stets mit viel Mut und Neugierde das Beste daraus.

*MEINE MEINUNG*
Das Buch hat mich von der ersten Seite an fasziniert. Michael Brandner erzählt mit geographischen Zügen, aber vor allem mit sehr viel Charme und Humor eine wundervolle Geschichte.

Der Schreibstil ist herrlich. Die Seiten flogen nur so dahin, und ich habe häufig laut aufgelacht. Der Autor beschreibt kurzweilig und auf den Punkt und versteht es sehr gut, nicht nur Bilder, sondern auch Emotionen im Leser entstehen zu lassen.

Paul ist mir sehr schnell ans Herz gewachsen. Der Protagonist wird, ebenso wie die anderen Figuren, mit sehr viel Liebe zum Detail beschrieben. Seine Gedanken und Gefühle haben mich oft berührt und sogar zum Weinen gebracht. Auch viele Nebenfiguren werden so lebendig beschrieben, dass ich klare Bilder vor Augen hatte. Dabei wirken sie authentisch - als Charakter an sich, aber auch in Bezug auf den Zeitgeist.

Auch die Geschichte selbst gefällt gut. Eigentlich ist Pauls Lebensgeschichte nichts Besonderes, und doch stecken so viele Besonderheiten in ihr. Es sind die Gelegenheiten, die man beim Schopfe ergreift, die Menschen, die einem begegnen und die uns auf einem kurzem oder längerem Stück begleiten, die das Leben lebens- und so eine Geschichte erzählenswert machen.

Bewertung vom 22.04.2015
Der Fall Garnisonkirche
Anlauff, Christine

Der Fall Garnisonkirche


ausgezeichnet

*INHALT*
Justus Verloren ist Literaturkritiker und führt seinen eigenen Blog, der sich mit einem zentralen Thema beschäftigt: Der Garnisonkirche.
Als er mal wieder ein unverlangt eingesendetes Manuskript erhält, in dem der teilweise wiederaufgebaute Turm der Kirche gesprengt wird und dies promt in der nächsten Nacht zur selben Uhrzeit wie im Manuskript passiert, wird er hellhörig.
Denn im Unterschied zum Manuskript liegt unter den echten Trümmern eine Leiche, und Justus beginnt, Fragen zu stellen und zu ermitteln..


*MEINE MEINUNG*
Dies ist eines dieser Bücher, bei denen einfach alles stimmt.

Der Protagonist ist in diesem Fall eher ungewöhnlich, zumindest wären mir bisher noch keine ermittelnden Literaturkritiker unter gekommen. Gerade das finde ich aber sehr reizvoll, und die Tatsache, dass er nicht komplett ohne die Polizei auskommt, sondern seinen Kontakt dort nutzt um an Informationen zu kommen oder seine zu teilen fand ich auch sehr realistisch und authentisch.

Auch die anderen Figuren mochte ich gern, sie waren oft nicht leicht greifbar und schwer einzuschätzen, was sie allerdings interessant gemacht hat und das Mitraten, wer denn nun der Täter sein könnte, gefördert hat.

Der Schreibstil ist einfach klasse. Ich liebe die sprachlichen Bilder, die die Autorin gezeichnet hat, und der Wortwitz und die Ironie haben genau meinen Humor getroffen. Außerdem lässt sich der Text so flüssig lesen, dass die Seiten wie von allein dahin fliegen..

Der Spannungsbogen ist ebenfalls gelungen, einige Wendungen kamen nicht völlig überraschend, da ich ein wenig argwöhnisch war und einige Figuren sehr kritisch beäugt habe, doch mit anderen Entwicklungen hat mich die Autorin überrumpeln und begeistern können.


Dies war mein erstes Buch von Christine Anlauff, aber es wird definitiv nicht das Letzte bleiben.

Bewertung vom 17.04.2015
Janusmond
Winter, Mia

Janusmond


sehr gut

*INHALT*
Der Deutsche Leon Bernberg sucht den Polizisten Christian Mirambeau auf, um seine Zwillingsschwester Lune für tot erklären zu lassen. Sie ist vor 10 Jahren in der französischen Stadt Louisson verschwunden.
Doch Christian Mirambeau will nicht einfach nur ein Dokument ausstellen, sondern macht sie auf die Suche. Weil ein jeder Mensch es wert ist, dass man nach ihm sucht.
Und schon bald lässt ihn die Geschichte dieser jungen Frau nicht mehr los, die so völlig anders war und ihn völlig in ihren Bann zieht, was auch seiner Ehefrau nicht entgeht..


*MEINE MEINUNG*
Mir gefiel die Idee der Geschichte sehr gut. Ich mochte auch den Protagonisten Christian sehr gern und fand die Figur Leon interessant, gerade weil man als Leser recht früh auf einige Ungereimtheiten aufmerksam gemacht wird.

Auch den gesamten Hergang der Ermittlungen fand ich spannend dargestellt, wie sich immer mehr kleine Puzzlestücke zusammen finden und Christian die Menschen befragt, die damals eine Rolle in Lunes Leben gespielt hatten. Im Mittelteil jedoch kam mir das ein wenig künstlich in die Länge gezogen vor, da hätte man meiner Meinung nach gut und gern den Rotstift ansetzen können.

Auch die Lobhudelei auf Lune hat mich irgendwann gelinde genervt. Sie war ja ach so toll und niemand konnte sich ihrem Charme entziehen, alle Menschen haben auf sie reagiert, niemandem war sie gleichgültig... Irgendwann kam mir die Figur der Lune, die man ja nie direkt kennenlernt, sondern über die man nur durch andere Figuren erfährt, zu überzeichnet, zu perfekt dargestellt, zu unrealistisch.
Da wäre an der einen oder anderen Stelle weniger mehr gewesen.
Für diese beiden Kritikpunkte ziehe ich einen Stern ab.

Ansonsten habe ich wenig zu bemängeln, ich bin toll unterhalten worden, die Autorin spannt einen Spannungsbogen, der erst subtil anfängt und einen mit der Zeit immer mehr gefangen nimmt, und die Figuren sind (bis auf Lune) authentisch und mit sehr viel Liebe zum Detail dargestellt. Ein Buch, das Spaß macht.

Bewertung vom 17.04.2015
Die Falle
Raabe, Melanie

Die Falle


ausgezeichnet

*INHALT*
Linda Conrads ist erfolgreiche Autorin. Und sie hat bereits seit 11 Jahren ihr Haus nicht mehr verlassen. Sie hat sich damit ganz gut eingerichtet, bis sie eines Tages ihn im Fernsehen sieht: Den Mörder ihrer Schwester.
Der Mord wurde nie aufgeklärt, und man hat ihr damals nicht geglaubt, mit der Phantomzeichnung niemanden gefunden.
Also beschließt sie, auf eigene Faust zu handeln und ihm eine Falle zu stellen, um ihn endlich zu überführen...


*MEINE MEINUNG*
Dieses Debüt hat mich sehr schnell gefangen genommen. Die Autorin schreibt so bildhaft und lebendig, dass ich völlig in der von ihr erschaffenen Welt versunken bin.
Die Protagonistin ist sympathisch, ich habe sie sehr schnell ins Herz geschlossen und fand sie sehr authentisch. In der von ihr geschaffenen kleinen Welt hat sie sich so häuslich eingerichtet, dass man es fast gar nicht mehr als notwendig erachtet, das Haus zu verlassen. Das hat die Autorin sehr gut beschrieben und glaubhaft vermittelt. Man empfindet es fast nicht als Einschränkung, als etwas Negatives, sondern eher als etwas Selbstbestimmtes.

Es hat auch Spaß gemacht, die Protagonistin dabei zu beobachten, wie sie sich verändert. Von dem völligen Zerbrechen daran, dass sie ihn wiedererkennt - wie kann er dort draußen sein Leben leben, wo ihre Schwester tot ist?! - über den Entschluss, ihn zu stellen, bis hin dazu, dass sie die Dinge tatsächlich in die Hand nimmt und keinen Aufwand scheut, um sich auf den "Showdown" vorzubereiten fand ich alles toll. Ich hatte an keiner Stelle den Eindruck, dass ihre Gedanken oder ihr Handeln übertrieben oder unangemessen wären.

Die Wendungen, die Melanie Raabe die Geschichte nehmen lässt, haben mich verblüfft. Damit hatte ich gar nicht gerechnet und obwohl es gerade im Nachhinein betrachtet logisch, ja fast unausweichlich, erscheint, hat mich die Autorin durch ihre so einnehmende Protagonistin völlig auf die falsche Fährte gelockt.

Toll und spannend erzählt, mit detailliert ausgearbeiteten Charakteren und Stilmitteln, die mir bisher nur selten begegnet sind und die ich hier absolut passend umgesetzt fand.
Chapeau!

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Bewertung vom 05.04.2015
Deleted
Ruile, Margit

Deleted


ausgezeichnet

*INHALT*
Berlin, 2035. Ben ist fünfzehn Jahre alt und mit einer Technologie aufgewachsen, die der Konzern Logos entwickelt hat: Ein E-brace: ein Armband, das ein Hologramm projizieren kann. Dieser Slave begleitet das Leben des Menschen, organisiert den Terminkalender, überwacht die Körperfunktionen, sucht nach Informationen im Netz oder koordiniert die Telefonie.
So auch Bens Slave, Sakar. Doch Sakar ist etwas Besonderes, denn er hat außergewöhnliche Fähigkeiten, die Ben stutzig machen. Und Ben beginnt, seinem Slave zu misstrauen und ihm nicht mehr alles über sich zu erzählen. Zu recht? Oder sollte er seinem Slave vertrauen, der auf seiner Seite zu stehen scheint?

*MEINE MEINUNG*
Dieses Buch ist einfach nur toll, und beweist, dass die Autorin ihr Ohr am Puls der Zeit hatte. Ein hochaktuelles Thema, um das sich die meisten Jugendlichen wohl wenig Gedanken machen: Was genau sind eigentlich Daten, und was passiert mit meinen?
Und dabei ist dieses Thema so wichtig.

Auch die Umsetzung fand ich klasse - die Figuren sind authentisch und sympathisch, allen voran der Protagonist Ben, der aus der Ich-Perspektive erzählt. Diesem Erzählstil ist geschuldet, dass für mich am Ende ein paar inhaltliche Fragen offen blieben, allerdings lässt das auch auf einen zweiten Teil hoffen.
Aber gerade die Einblicke in Bens Gedankenwelt und auch das, was er einfach hinnimmt und akzeptiert, ohne es zu hinterfragen, verraten viel über die Charaktere und den "Zeitgeist" dieser Zukunftsvision, das gefiel mir gut.

Der Schreibstil an sich ist spannend und so flüssig zu lesen, dass ich das Buch an einem Tag durch hatte, weil ich es nicht aus der Hand legen mochte. Die Autorin hält mühelos den Spannungsbogen hoch und stützt ihn hin und wieder durch gekonnt gesetzte kleine Spoiler.

Einziges Manko: Im ersten Teil werden 10 Jahre quasi wie im Zeitraffer behandelt und das ging mir etwas zu schnell, um eine zentrale Entscheidung der Figur nachzuvollziehen. Eben erst wurde sie noch so beschrieben, und im nächsten Augenblick entscheidet sie anders als man vermuten würde. Da hätte die Autorin ein klein wenig mehr ausführen können.

*FAZIT*
Ein tolles und wichtiges Thema, das hier behandelt wird, eine gelungene Umsetzung, und die Hoffnung, dass dieses Buch Pflichtlektüre im Unterricht wird.