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Nach getaner Arbeit und erledigten Alltagspflichten greife ich stets mit viel Freude zum Buch. Lesen ist mein liebstes Hobby. Dabei bin ich an kein Genre gebunden. Ein Buch habe ich immer in der Tasche, so können auch ungeliebte Wartezeiten gut überbrückt werden. Mehr Gedanken zum von mir Gelesenen findet Ihr unter: www.karthause.wordpress.com

Bewertungen

Insgesamt 146 Bewertungen
Bewertung vom 21.03.2013
Der Nachtwandler
Fitzek, Sebastian

Der Nachtwandler


sehr gut

Bei vielen als Psychothriller beworbenen Romanen handelt es sich um einfache Kriminalromane, die wenig Psycho sind und denen auch es auch noch am Thrill fehlt. Ganz anders ist dieser Psychothriller von Sebastian Fitzek. Mit den ersten Sätzen wird der Leser ins Geschehen gesogen und kann dem Strudel der Ereignisse bis zuletzt nicht mehr entkommen. Die Spannung wird ganz konsequent auf hohem Niveau angesiedelt. Immer wieder baut der Autor unverhoffte Wendungen ein. Der Leser rätselt gemeinsam mit dem Protagonisten, was geschah nun im Schlaf und was im Wachzustand. Kleinere Verwirrungen bleiben nicht aus und sind sicher auch erwünscht. So steht hier nicht die Frage "Wer hat es getan?" sondern "Was hat er getan?" im Vordergrund. Das Aufrechterhalten der Spannung ging ein wenig zulasten einer diffizileren Zeichnung der Charaktere. Die Zerrissenheit Leons wurde zwar gut dargestellt, aber das Gesamtbild war mir ein wenig zu oberflächlich. Der Handlungsort bot nicht viel Abwechslung, das fand ich sehr gelungen. Man konnte sich beim Lesen nur auf das eine Wohnhaus konzentrieren und fand sich darin schnell recht gut zurecht. Etwa ab der Mitte des Thrillers wurde die Geschichte auch ein wenig vorhersehbar, trotzdem schaffte es der Autor, mich bis zum Ende bei der Stange zu halten. Das war sicher auch der Tatsache geschuldet, dass in diesem Thriller kein Ermittler(team) im üblichen Sinne zum Einsatz kam. Sprachlich ist dieser Thriller einfach gehalten, wirken soll er durch die Atmosphäre, nicht durch besonders schön gesetzte Worte.

"Der Nachtwandler" gehört mit seinen 320 Seiten zu den eher kürzeren Thrillern. In 43 recht kurzen Kapiteln erzählt Sebastian Fitzek die Erlebnisse Leon Naders. Dadurch entsteht eine ungeheure Sogwirkung, das Buch lässt einen nicht mehr los, man will nur noch ein Kapitel lesen, dann noch eins, weil es ja so kurz ist und plötzlich hat man die letzte Seite gelesen. Dies war mein erster Psychothriller, den ich von diesem Autor gelesen habe, es war sicher nicht der letzte. Ich empfehle ihn gern weiter.

4 von 5 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 12.03.2013
Im Tal der träumenden Götter
Lobato, Carmen

Im Tal der träumenden Götter


ausgezeichnet

Dieser Roman ist kein typischer Auswandererroman, wie man aktuell so viele in den Regalen des Buchhandels findet. Dieser Roman ist etwas Besonderes. Er vereint auf sehr angenehme Weise einen gut recherchierten historischen Roman, eine Familien- und eine Liebesgeschichte, die sich in den historischen Rahmen sehr gut einfügen und durch den geschichtlichen Hintergrund beeinflusst werden. Sehr glaubwürdig ist Josefa, die Tochter Katharinas beschrieben, ihre innere Zerrissenheit, die schließlich darin mündet, dass sie sich dem ärgsten Widersacher ihres Stiefvaters an den Hals wirft und alles um sie herum vergisst. Diese ziemlich einseitige Liebesgeschichte ist für mein Verständnis in keiner Weise kitschig. Die Historie, die von der Autorin sehr anschaulich beschrieben und vermittelt wird, dient diesem Roman nicht nur als Kulisse, sie ist das Gerüst, an dem sich die Handlung orientiert und mit der sie sich entwickelt. Dieser historische Roman enthält also alles, was von einer guten Familiensaga erwartet wird. Ich habe dadurch eine Familie kennen lernen dürfen, die mich, trotz aller Widrigkeiten und der diversen persönlichen Schwächen, die die einzelnen aufweisen (oder vielleicht gerade deshalb), sehr beeindruckte. Jede einzelne Figur ist ein Kind ihrer Zeit und hat Charakter, keine ist stereotyp oder hölzern. Alle durchlaufen eine persönliche Entwicklung. Bei der beeindruckenden Zahl von handelnden Personen gebührt der Autorin dafür ein extra dickes extra Lob.
Durch die wechselnden Perspektiven beim Erzählen lenkt Carmen Lobato den Blick des Lesers immer wieder auf die Sichtweise anderer Personen, so dass nach und nach eine Art Vertrautheit zu allen Hauptfiguren aufkommt. Neben all dem überzeugt die Autorin auch durch einen sehr angenehmen gefälligen Sprachstil. Die Handlung war nie vorausschaubar, bis zum Schluss gab es Wendungen und Ereignisse, mit denen ich so nicht gerechnet hätte. In meinem Kopf waren die Karten schon gespielt, als mich die Autorin mit ihrem Ende noch einmal völlig überraschte.

Obwohl das Buch „nur“ ein Taschenbuch ist, überzeugt es doch durch seine Aufmachung. Zusätzlich sind ein Glossar und ein umfangreiches Personenverzeichnis in dem Roman enthalten.

„Im Tal der träumenden Götter“ ist ein gelungener historischer Roman, der sich sehr positiv von der Masse der Romane dieses Genres abhebt und eine sehr schöne Liebesgeschichte und eine komplexe Familiengeschichte enthält. Er unterhält den Leser über fast 600 Seiten und wenn man das Buch aus der Hand gelegt hat, kann man mit Fug und Recht behaupten, einen Roman für Herz und Verstand gelesen zu haben.

3 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 15.02.2013
Ich soll nicht töten / Jazz Dent Bd.1
Lyga, Barry

Ich soll nicht töten / Jazz Dent Bd.1


gut

Der 17-jährige Jasper „Jazz“, die Hauptfigur des Romans, musste sich von frühester Kindheit an die grauenhaften Beschreibungen der vom Vater begangenen 124 Morde anhören. Der Vater ist inzwischen zu vielfach lebenslänglicher Gefängnisstrafe verurteilt worden und verbüßt die Strafe gerade. Jasper selbst ist durch des Vaters Erzählungen zu einem Experten in puncto Serienmörder geworden. So erkennt er vor den ermittelnden Behörden, dass die neuen Morde in der kleinen Stadt einen solchen Killer zuzuschreiben sind. Der Tatverdacht fällt aber recht schnell auf Jazz, frei nach dem Motto: Wie der Vater so der Sohn. Weil er kein Gehör findet, ermittelt Jasper auf eigene Faust.

Der 17-jährige Jasper Dent ist eine interessante Figur. Seine Ängste, zu werden wie der Vater, seine Selbstzweifel, seine innere Zerrissenheit wurden gut dargestellt, trotzdem blieb er für mich ein wenig konturlos und eindimensional. Eine Entwicklung des Jungen, der selbst gern lügt und manipuliert, konnte ich nicht erkennen.

Der Sprachstil ist sehr einfach, somit ist der Thriller leicht und schnell gelesen. Aufgrund der anglizismenlastigen Sprache passt der Roman gut zum jugendlichen Alter des Protagonisten, was aber zur Folge hat, das dieser Thriller stellenweise auch wie ein Jugendbuch wirkt. Das steht jedoch im auffallenden Widerspruch zum Inhalt des Thrillers.
Im Laufe der Handlung kommt es dann zur Zusammenarbeit der Polizei mit Jazz, dieser Part erschien mir nicht glaubwürdig, ebenso wie die Szenen mit der Mitarbeiterin des Jugendamtes. So muteten große Teile des Thrillers für meinen Geschmack sehr überzogen an.

Der Klappentext war vielversprechend, die hinter dem Thriller stehende Idee stimmte mich hoffnungsvoll, wirklich spannungsgeladene Lesestunden vor mir zu haben. Leider habe ich diesen Thriller von der ersten Seite an mit sehr großer Distanz gelesen, durchgehend fehlte es mir an Spannung, auch am Ende kam diese nicht bei mir auf. Vielleicht waren auch einfach meine Erwartungen wegen des Vergleichs mit „Das Schweigen der Lämmer“ zu hoch. Solche Vergleiche hinken immer, dieser war an den Haaren herbeigezogen.

„Ich soll nicht töten“ ist keineswegs ein schlechter Roman, lediglich meinem Geschmack und meinem persönlichen Anspruch an spannende Literatur hat er nicht entsprochen.

Bewertung vom 31.01.2013
Back to Blood
Wolfe, Tom

Back to Blood


ausgezeichnet

Mit Einwanderern aus Kuba und Haiti, Afroamerikanern, americanos und einem russischem Oligarchen besetzt Tom Wolfe die Hauptfiguren seines Romans „Back to Blood“. Alle sind sie schrill, speziell und alles andere als Normalos und mit ihren Eigenarten erfüllen sie den Roman mit Leben. Aber genauso müssen sie für diese Art von Roman sein. Eine Gesellschaftssatire lebt von Übertreibungen und Überzeichnungen, um auf Missstände und gesellschaftliche Besonderheiten hinzuweisen. Handlungsort dieses Romans ist Miami, die Stadt die von und mit den Immigranten lebt, welche längst die Mehrheit ihrer Einwohner bilden. Im Roman wird gesagt, jeder hasse jeden, alle suchen nach Anerkennung, nach gesellschaftlichem Aufstieg und versuchen diejenigen, die nicht zu ihrer Gruppe gehören, zu demütigen und zu düpieren. Wolfe stellt dieses Aufeinanderprallen der Kulturen in dem melting pot Miami grandios dar. Obwohl ich Miami nicht kenne, konnte ich mir ein wirklich eindrucksvolles Bild vom Leben in dieser Stadt machen. Für die verschiedenen Stadtteile standen die einzelnen Hauptpersonen, ich lernte trostlose Viertel und die Nobelherbergen der Reichen kennen, sah wie die Armen lebten und die Highsociety sich in Orgien erging. Ebenso wurde ich aber auch an die Widersprüche innerhalb der einzelnen Gruppen herangeführt. Da gab es den Exilkubaner, der im Polizeidienst stehend den kubanischen Flüchtling vom Mast einer Yacht holte, bevor er das Festland erreichte und lernte den Psychiater kennen, der sich seine Patienten sicherte, indem er sie immer wieder ihrem Laster zuführte. Wolfe lästert über alle und jeden, er provoziert und hält der Gesellschaft einen Spiegel vor. Er verdeutlicht, dass die verschiedenen Kulturen letztlich zusammenhalten (müssen) und diejenigen es schwer haben, die den schützenden Kreis der Gemeinschaft verlassen. Aus dem Grunde bin ich dem Verlag sehr dankbar, dass auf eine Übersetzung des Titels verzichtet wurde, kein anderer könnte treffender sein.

Vom Erzählstil empfand ich diesen Roman als recht ungewöhnlich. Häufig kommt es zu Einfügungen von Gedanken und und groß geschriebenen, wie geschrien wirkenden Einwürfen. Dadurch wirkt dieser Roman schrill und laut. Aber will der Autor nicht genau dieses Empfinden bei seinem Leser auslösen?

Mir hat „Back to Blood“ sehr gut gefallen. Der Roman wird nicht zu unrecht mit dem großen Werk „Fegefeuer der Eitelkeiten“ verglichen. Er wirkt allerdings wesentlich moderner und ist hoch aktuell. Wollte ich etwas kritisieren, wäre das die ein wenig zu kurz kommende Entwicklung der Protagonisten im Verlauf der Handlung. Da die die Handlung umfassende Zeitspanne aber relativ kurz und der Roman gut durchdacht und aufgebaut ist, fällt dies kaum ins Gewicht. Tom Wolfe lenkt mit „Back to Blood“ das Augenmerk des Leser auf eine weniger bekannte Szenerie der USA, die aber meisterlich geschildert wird und dazu sehr gut unterhält.

4 von 4 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 29.12.2012
Die Brückenbauer / Brückenbauer Bd.1
Guillou, Jan

Die Brückenbauer / Brückenbauer Bd.1


sehr gut

Jan Guillou war mir als Autor bisher unbekannt, der Klappentext des Romans versprach ein packendes, atmosphärisches, farbenprächtiges und großes Jahrhundertabenteuer. Das machte mich neugierig, obwohl ich diese Ankündigung schon als sehr vollmundig empfand.

„Die Brückenbauer“ ist in einer einfachen, aber gefälligen Sprache geschrieben, dadurch war das Buch für mich sehr flüssig zu lesen und die knapp 800 Seiten erschienen nicht zu umfangreich. Die technischen Abhandlungen über den Eisenbahn- und Brückenbau fand ich sehr gelungen. Sie langweilten mich nicht, im Gegenteil, sie regten mich an, selbst nachzulesen und weitergehende Informationen zu sammeln. Besonders gefielen mir die Ausführungen zu den sehr unterschiedlichen Bedingungen des Baus in Afrika und Norwegen. Beide Extreme wurden vom Autor gut beschrieben und sehr glaubhaft dargestellt und ich konnte mir ein gutes Bild über die damaligen Arbeitsweisen und den Stand der Technik verschaffen. Auch die Stimmung des anbrechenden 20. Jahrhunderts als Zeit des Auf- und Umbruchs hat der Autor gut eingefangen und den Zeitgeist sowie die historischen Hintergründe gut beschrieben.

Allerdings blieben mir die Figuren ein wenig zu farblos. Die Brüder Lauritz und Oscar waren kaum voneinander zu unterscheiden, nur der Handlungsort und die damit verbundenen geänderten Lebensumstände sorgten für eine Abwechslung. Auch ihr Leben verlief mir ein wenig zu geradlinig, insbesondere deshalb, weil es außer in ihren Liebesangelegenheiten nur unterschwellig Probleme in ihrem Leben gab. Sverre, der dritte Bruder, verschwand bereits im ersten Drittel des Romans aus dem Blickfeld des Lesers. Da kann man nur auf die weiteren geplanten Teile hoffen. Die Liebesgeschichten der Protagonisten empfand ich als sehr konstruiert. Als dann auch noch gegen Ende mehrere Kapitel nur auf Ingeborg ausgerichtet waren und auch sie in Norwegen fast ohne Stolpersteine durchs Leben schritt, war ich ein wenig enttäuscht. Bei der Beschreibung der Eigentümlichkeiten der verschiedenen Nationen, bedient der Autor alle denkbaren Klischees. So gab es die guten Deutschen, die bösen und brutalen Engländer und, was mich am meisten ärgerte, die kanibalistisch veranlagten Ureinwohner. Der Szene in der Missionsstation wurde für meine Begriffe zu viel Raum gegeben. Solche effekthaschende Darstellungen gingen leider zu Lasten der Charakterisierung der Personen.

Dieser Roman ist eine interessante Familiengeschichte, deren Potential jedoch nicht vollständig ausgereizt wurde. Aber immerhin wurde mein Interesse an weiteren Romanen des Autors geweckt und wenn ich auch kein Serienleser bin, freue ich mich auf die in Aussicht gestellten folgenden Teile mit diesen Protagonisten, zumal ja die Hoffnung besteht, den in diesem Band aus den Augen verlorenen Sverre doch noch einmal zu treffen.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 29.12.2012
untertan
Zelter, Joachim

untertan


ausgezeichnet

Heinrich Mann steht in meiner persönlichen Autorenrangliste ganz weit vorn, sein „Untertan“ ist eines meiner Lieblingsbücher. Als ich dann „untertan“ von Joachim Zelter sah und las, was der Klappentext und der Verlag darüber verlauten ließen, machten sich schon ein paar Zweifel breit, ob Zelter diesem Maß, mit dem seinen Romans messen würde, gewachsen sein wird. Den bewussten Vergleich zu Manns „Der Untertan“ fand ich sehr gewagt. Schon nach den ersten Seiten wusste ich, der Verlag hatte nicht übertrieben und ich freute mich über jede Seite in diesem Roman. Virtuos setzt Zelter die Sprache ein, glänzt mit einer ausdrucksstarken Erzählweise, geprägt vom Übertreiben, Überspitzen und Überkünsteln. Er erzählt sachlich, mit Witz und Ironie. Gekonnt setzt er Aufzählungen und Wiederholungen als Stilmittel ein. Noch drastischer als Diederich Heßling ist Friedrich Ostertag untertan, den Lehrern, den Klassenkameraden, den Kommilitonen, den Professoren, den Adligen, den Reichen, den adligen Reichen und nicht zuletzt dem längst verstorbenen Urgroßvater, der das Spiel „Fang den Hut“ erfand und auf dessen Erfindung die Familie Ostertag ihre Bedeutung und Tradition gründet. Er buckelt gegenüber allen von ihm geglaubt höher Stehenden schlimmer, als es der Untertan Manns je tat. Er biedert sich an und ist sich für nichts zu schade. Selbstachtung ist ihm fremd, in diesem Punkt unterscheidet er sich von seinem großen literarischen Vorbild. Er kann nicht nach unten treten, wie Heßling es tat, Friedrich Ostermann ist in der Hierarchie, zumindest stellt er sich auf diese Stufe, ganz unten.

Der Roman Zelters setzt in den Siebzigern des vergangenen Jahrhunderts ein und streckt sich bis in die Gegenwart. So entstand auf lediglich 211 Seiten ein Entwicklungsroman, der ein markantes Sittenbild unserer Zeit abgibt und am Ende steht die Frage, sind wir alle nicht ein bisschen „untertan“?

Joachim Zelters „untertan“ ist einer der besten Romane, die ich in diesem Jahr gelesen habe, eine Perle auf den Büchermarkt, sowohl die Sprache als auch die Aussage betreffend.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.