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haberlei
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Wien
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Begeisterte Leserin von Krimis, Thrillern, Humorvollem, historischen (Frauen-)Romanen, Biografien

Bewertungen

Insgesamt 285 Bewertungen
Bewertung vom 28.04.2024
Tagebuch einer Wasserleiche aus dem Canale Grande
Kruse, Tatjana

Tagebuch einer Wasserleiche aus dem Canale Grande


ausgezeichnet

Erstens kommt es anders, und zweitens als man denkt

„Tagebuch einer Wasserleiche aus dem Canale Grande“ von Tatjana Kruse ist eine sogenannte Krimödie, ein Roman reich an turbulenten, köstlichen Slapstick-Szenen, aber auch wunderbarem Venedig-Flair.

Worum geht es?
Als Astrid dahinter kommt, dass ihr Mann sie betrügt, reist sie Hals über Kopf nach Venedig. Es ist schwierig, so ohne Vorbuchung ein Nachtquartier zu finden. So ist sie froh, als sie endlich eines hat, wenn auch der Vermieter und dessen Familie etwas seltsam wirken. Anfangs genießt sie die traumhafte Stadt, den Trubel, Meer und Sonne. Doch bald sieht sie sich mit allerlei sonderbaren Ereignissen konfrontiert …

Das Cover ist bunt, fröhlich, symbolisiert bereits auf den ersten Blick Venedig und verrät schon ein bisschen einige Highlights der Geschichte. Das Buch erschien 2024 und gliedert sich – wie es einem Tagebuch entspricht – in jeweils ein Kapitel pro Tag, wobei entsprechend der Fülle der Tagesereignisse die Kapitellänge variiert. Erzählt wird in Ich-Form aus Astrids Sicht, die Geschichte spielt in der Gegenwart. Der Schreibstil ist flüssig, locker, wunderbar humorvoll, besticht durch köstliche Wortschöpfungen und durch ein Feuerwerk an Ideen voller Turbulenz und Skurrilität. Ich kannte bislang die spannenden und zugleich unterhaltsamen Krimis der Autorin, aber bei Astrids Venedig-Erlebnissen schlug mein Kopfkino Purzelbäume. Ich glaube, ich habe noch nie während einer Lektüre derart viel herzlich gelacht. Was wurde nicht alles geboten! Eine wilde Verfolgungsjagd durch Venedigs Kanäle, mysteriöse Männer in weißen Leinenanzügen, die schließlich auf köstlichste Art und Weise dahingerafft wurden. Und es ist nicht nur die Situationskomik, es ist letztlich auch das Spiel mit der Sprache, das amüsiert. Und wie sich das Chaos auflöst, welch überraschendes Ende es gibt – ja, das muss man einfach selber lesen und genießen!

Dominiert anfangs das Venedig-Ambiente, das so lebendig beschrieben ist, dass man das Gefühl hat, sich neben Astrid ebenso schwitzend mit den Touristenmassen durch enge Gässchen zu schlängeln, singenden Gondolieri und dem Plätschern des Wasser in den Kanälen zu lauschen. Man taucht in das italienische Lebensgefühl ein. Das Dolce vita ist ebenso zu spüren wie man Appetit auf die kulinarischen Köstlichkeiten bekommt. Meine Sehnsucht nach einem Venedig-Besuch wurde voll geweckt.

Aber es bleibt nicht so romantisch. Bald überschlagen sich die Ereignisse. Astrid wird zunehmend eine andere. Wird zu Asti (wie sie ihr Vermieter Cesare nennt). Aus der grauen Maus Astrid mit ihrem bisher eintönigen Alltag wird eine abenteuerlustige, wehrhafte junge Frau, die die Lust am Leben, an einer neuen Freiheit kennen und lieben lernt. Sie stolpert von einem unerwarteten Ereignis ins nächste und meistert alles mit Bravour. Die meisten übrigen handelnden Personen, auch Nebenfiguren, sind durchwegs schräge Gestalten, wirken allein schon durch die exzentrische und überzeichnete Beschreibung komisch. Nicht zu vergessen: Cesares teils recht ungewöhnliche Haustiere. Wenn ich daran denke, fange ich sofort wieder zu grinsen an …

Dieses Buch ist kein 0815 Krimi. Oh ja, es wird gemordet, aber auf welche Art und Weise! So etwas hat man noch nie erlebt! Ein literarischer Hochgenuss! Diese skurrilen Szenen vergisst man nicht so schnell. Morden kann so lustig sein! Eine unbedingte Leseempfehlung meinerseits mit 5 Sternen!

Bewertung vom 26.04.2024
Liebe kann doch jedem mal passieren / Chestnut Road Bd.1
Sanders, Anne

Liebe kann doch jedem mal passieren / Chestnut Road Bd.1


sehr gut

Liebe erst auf den zweiten Blick

„Liebe kann doch jedem mal passieren“ von Anne Sanders ist ein Liebesroman ohne bösartige Schwingungen, ein Roman, bei dem man sich von der ersten bis letzten Seite richtig wohl fühlt.

Worum geht es?
Die Zahnärztin Julie braucht eine Auszeit und mietet in Brighton ein Zimmer, muss aber feststellen, dass es nur ein „halbes“ Zimmer ist, das ihr zusteht. Dass sie es sich mit Anwalt Alex teilen muss. Nach anfänglicher Distanz und Abneigung kommt es aber wie es kommen muss: man lernt sich näher kennen und verliebt sich ineinander, doch die Zukunftspläne der beiden divergieren …

Das Cover ist ansprechend, symbolisiert Julies Ankunft, zeigt das Mehrfamilienhaus mit dem italienischen Lokal. Das Buch erschien 2024 und bildet den Auftakt zur „Das Haus in der Chesternut Road-Reihe“. Die Handlung spielt in der Gegenwart. Erzählt wird abwechselnd in Ich-Form aus der Perspektive von Julie und Alex. Der Schreibstil ist flüssig, locker und humorvoll. Einige Szenen brachten mich zum Schmunzeln, einige Male musste ich sogar hellauf lachen. Die Handlung verläuft eher ruhig, ohne Intrigen, böswilliger Aktionen oder dergleichen. Es passiert nichts Spektakuläres. Das Happy-End ist vorhersehbar. Die Art und Weise, wie die Geschichte erzählt wird, ist liebenswürdig und amüsant. Aus anfänglicher Distanz und Aversion entwickelt sich im Laufe des näheren Kennenlernens ehrliche und tiefe Zuneigung.

Bevölkert wird der Roman bis auf Nebenfiguren ausschließlich von äußerst liebenswerten, sympathischen Menschen. Insbesondere die Atmosphäre in dem italienischen Restaurant ist heimelig, voller Wärme und Herzlichkeit. Meine Favoritin war natürlich Alex‘ Großmutter, die mit reicher Lebenserfahrung und großer Güte schließlich alles zu einem glücklichen Ende führt. Im Mittelpunkt stehen natürlich Julie und Alex, wobei mir Alex durch seine ruhige, zuvorkommende und rücksichtsvolle Art von Beginn an sympathischer war als Julie, weil sie einerseits mit der unerwarteten Situation des geteilten Zimmers nicht gut zurechtkam, andererseits weil sie generell für ihr Alter so entscheidungsschwach wirkte. Durch die Perspektivenwechsel sind die Gedankengänge und Gefühle der beiden Protagonisten sehr gut nachvollziehbar, zeigen sich deren Wesenszüge sehr deutlich, die Stärken und Schwächen, Zweifel, Ängste, freudige und traurige Stimmungen. Jedoch sind nicht nur Julie und Alex gut charakterisiert, sondern sämtliche agierenden Personen sind ausgezeichnet vorstellbar, verfügen über besondere Merkmale und Eigenschaften.

„Liebe kann doch jedem mal passieren“ ist ein Roman zum Entspannen, zum Ausklinken aus dem Alltag, zum Versinken in ein bisschen heile Welt, wo sich noch so große Probleme ganz leicht in Wohlgefallen auflösen. Mir hat das Buch unterhaltsame Lesestunden beschert und Lust auf weitere Romanzen im Haus in der Chesternut Road gemacht.

Bewertung vom 26.04.2024
Bedrohliche Provence / Commissaire Leclerc Bd.10
Lagrange, Pierre

Bedrohliche Provence / Commissaire Leclerc Bd.10


ausgezeichnet

Süchtig, gierig, tot

„Bedrohliche Provence“ von Pierre Lagrange ist ein Krimi voller Spannung, Rätsel und mit stimmigem Lokalkolorit.

Worum geht es?
Ein Liebespaar wird erschossen aufgefunden. Die junge Frau ist die Nichte eines Bekannten von Ex-Commissaire Albin Leclerc. Ein guter Grund für ihn Ermittlungen anzustellen. Rätsel gibt vor allem das Motiv auf. Und dann geschieht ein weiterer Mord. Je mehr Albin Leclerc involviert ist, desto gefährlicher wird es für ihn …

Bereits das Cover stimmt mit einem typisch provenzalischen Motiv sehr eindrucksvoll auf das Umfeld ein, in dem der Krimi spielt. Das Buch erschien 2024 und ist bereits der zehnte Band dieser Reihe mit Commissaire Albin Leclerc als Hauptakteur. Nichtsdestotrotz kam ich als Quereinsteigerin problemlos in die Geschichte hinein und überblickte auch den relevanten Personenkreis mühelos. Der Schreibstil ist flüssig und bildhaft. Das Flair der Provence kommt sehr eindrucksvoll zum Ausdruck durch stimmungsvolle Szenerien, wie das Boulespiel, oder Erwähnung markanter Sehenswürdigkeiten wie das Chateau d’If bei Marseille. Die Kapitel haben eine angenehme Länge, verfügen jedoch weder über Orts- noch Zeitangaben. Die Handlung spielt in der nicht näher festgelegten Gegenwart. Sehr geschätzt habe ich die auf der Umschlagseite innen befindliche Landkarte der Provence, wodurch ich die Schauplätze sehr gut überblicken konnte.

Der packende Prolog spielt zwar in Afrika, doch welcher Bezug zu den Morden besteht, kristallisiert sich erst gegen Ende heraus. Von Beginn an ist man voll in die Ermittlungen integriert und mit den rätselhaften Komponenten konfrontiert. Offiziell bearbeiten Capitaine Cat Castel und Capitaine Alain Theroux den Fall, doch Albin Leclerc liefert als externer Berater dank seiner Erfahrung, seinem Spürsinn und guter Kontakte aus seiner aktiven Zeit immer wieder wertvolle Hinweise. Dennoch tappen sie lange im Dunkeln, was Motiv und Täter anbelangt. Immer mehr Verdächtige werden aufgespürt, zwielichtige Machenschaften aufgedeckt. Durch zwischengeschaltete Perspektivenwechsel zum Täter gewinnt man als Leser einen Wissensvorsprung gegenüber den Ermittlern. Dennoch bleibt es hochgradig spannend, denn nun entwickelt sich ein Wettlauf gegen die Zeit. Actionreich, bis es schließlich in einem dramatischen Finale gelingt, den Täter zu stellen.

Albin Leclerc besticht durch Persönlichkeit. Er hat eine sympathische Ausstrahlung, er wirkt souverän, man spürt seine Routine, seine Erfahrung. Er zeigt keine Launen und sein Familienleben verläuft auch harmonisch. Jetzt. Ich hatte jedoch den Eindruck, dass es in den Vorgängerbänden in seinem Privatleben doch so manche Turbulenz gab. Es ist sicher interessant, die Reihe kontinuierlich ab Beginn zu verfolgen. Denselben Eindruck gewann ich auch bezüglich Cat Castel und Alain Theroux, deren Privatleben nur peripher gestreift wird. Auch wenn die beiden Albin Leclercs Einmischung in ihre Ermittlungen nicht goutieren, herrscht doch eine freundschaftliche Atmosphäre vor.

„Bedrohliche Provence“ ist ein spannender Regionalkrimi mit einem interessanten Fall mit einem ungewöhnlichen Hintergrund, der Einblick in Machenschaften gibt, über die man sich üblicherweise keine Gedanken macht. Ich habe die Lektüre sehr genossen und freue mich auf weitere Fälle.

Bewertung vom 20.04.2024
Venezianischer Fluch
Gesing, Daniela

Venezianischer Fluch


ausgezeichnet

Unglückliche Lieben und heimtückische Flüche

„Venezianischer Fluch“ von Daniela Gesing ist bereits der neunte Fall mit Commissario Luca Brassoni als Ermittler, ein Krimi mit sehr stimmigem Venedig-Flair.

Worum geht es?
Die junge Rezeptionistin Antonella Carracci wird tot aus einem Kanal geborgen. Selbstmord oder hat jemand sie hineingestoßen? Sie arbeitete im Hotel der Familie Perroni und war mit dem Sohn des Hauses liiert. Commissario Brassoni stößt bei seinen Ermittlungen auch auf einen mysteriösen Fluch, der schließlich sogar seine Frau Carla Sorrenti beunruhigt.

Das Cover mit der Abendstimmung am Markusplatz ist einerseits wunderschön, andererseits symbolisieren die Blitze, die durch die Wolkendecke dringen, den über der Idylle liegenden Fluch. Das Buch erschien 2024. Der Schreibstil ist flüssig und bildhaft. Das Ambiente der Stadt Venedig kommt sehr eindrucksvoll zum Ausdruck durch stimmungsvolle Szenerien sowie durch anschauliche Beschreibungen architektonischer Besonderheiten oder von kulinarischen Genüssen. Die Kapitel haben eine angenehme Länge, verfügen jedoch über keine Zeitangaben. Die Handlung spielt in der nicht näher festgelegten Gegenwart. Jeder einzelne Band dieser Reihe steht für sich alleine. Kenntnis der Vorgängerbände ist nicht erforderlich.

Der Spannungsbogen ist von Beginn an gegeben. Durch unerwartete Wendungen, mysteriöse Ereignisse sowie Perspektiven- und Ortswechsel gestaltetet sich die Handlung abwechslungsreich. Verdächtig macht sich eine Reihe von Personen, doch so manche Theorie und Spur verläuft sich in der Irre. Die polizeilichen Recherchen erweisen sich als mühsam, weil das Motiv nebulös ist. Doch so nach und nach offenbaren sich die Zusammenhänge, wird so manches Geheimnis enthüllt. Ideal zum Miträtseln, doch man tappt bis zum Ende im Dunkeln und wird von der schlüssigen Lösung größtenteils überrascht.

Das polizeiliche Ermittlerteam ist generell sehr sympathisch gezeichnet, durch gute Zusammenarbeit und private Kontakte zueinander. Auch das Familienleben der Kommissare, das gut dosiert in die Handlung verwoben ist, ist nicht nur geprägt von Verständnis, Teamgeist und Harmonie, sondern zeigt auch ein modernes Männerbild – Männer, die sich Elternzeit nehmen und sich gleichermaßen um Kinder und Haushalt kümmern wie ihre Frauen. Generell sind die Personen der Handlung lebendig und gut vorstellbar gezeichnet.

„Venezianischer Fluch“ hat mir spannende Lesestunden beschert, ein bisschen Sehnsucht nach Venedig geweckt und Vorfreude auf den nächsten Fall gemacht. Von mir gibt es eine unbedingte Leseempfehlung (nicht nur für dieses Buch, sondern für die gesamte Reihe) und 5 Sterne.

Bewertung vom 19.04.2024
Mordseesturm / Caro Falk Bd.5
Johannsen, Emmi

Mordseesturm / Caro Falk Bd.5


ausgezeichnet

Nichts ist so fein gesponnen …

„Nordseesturm“ von Emmi Johannsen ist bereits der fünfte Band der Borkum-Krimi-Reihe mit den Hobby-Detektiven Caro Falk und Jan Akkermann.

Worum geht es?
Durch einen heftigen Sturm wird der Loopdeelenweg schwer beschädigt und darunter eine Leiche entdeckt. Bei ihren Nachforschungen stoßen Caro und Jan auf dunkle Geheimnisse rund um ein ehemaliges Kinderheim.

Bereits das Cover stimmt auf Borkum ein, insbesondere auf den Leichenfundort. Das Buch erschien 2024. Der Schreibstil ist flüssig, die Kapitel sind kurz, ohne Orts- oder Zeitangaben. Die Handlung spielt in der Gegenwart. Lokalkolorit ist unaufdringlich aber spürbar in die Handlung verwoben. Ich fand die Landkarte von Borkum sehr hilfreich.

Für mich war es das erste Buch dieser Reihe. Ich hatte als Quereinsteigerin keinerlei Probleme, in den Fall hineinzukommen und den relevanten Personenkreis zu überblicken. Soweit erforderlich, sind Hinweise auf frühere Ereignisse vorhanden. Dennoch ist es sicherlich ratsam, die Bücher der Reihe nach zu lesen, um die private Entwicklung der Protagonisten verfolgen zu können. Nichtsdestotrotz möchte ich die Vorgängerbände nachholen.

Das Buch zog mich von der ersten Seite an in seinen Bann, denn mich beschäftigte ab nun die Frage, wer diese Person im Prolog ist – sind es die Gedanken des Ermordeten oder seines Mörders? Zudem sorgt die Kürze der Kapitel dafür, dass die Seiten nur so dahin fliegen; ich wollte das Buch gar nicht mehr aus der Hand legen. Zwar kommen Caro und Jan mit ihren Recherchen nur langsam voran, doch die immer wieder eingeschobenen Rückblicke auf Geschehnisse in der Vergangenheit, die Gedanken eines Menschen, der Verbrechen begangen und verschleiert hat, regen die Fantasie an, animieren zum Miträtseln. Es mangelt nicht an Verdächtigen, an Spuren, die auch immer wieder in die Irre führen. Bis letztlich ein grausiger Fund die wahre Geschichte ans Tageslicht bringt, sich alles schlüssig klärt.

Ob Haupt- oder Nebenfiguren, alle Charaktere sind sehr gut vorstellbar und lebendig gezeichnet. Im Mittelpunkt stehen Caro und Jan, beide sympathisch, engagiert, unerschrocken und wissbegierig, sowie Caros liebenswerte Familie, nicht zu vergessen ihr Hund Aila, deren Spürnase nicht unwesentlich am Fahndungserfolg beteiligt ist. Die privaten Momente lockern das Tragische und Böse, auf das sie beim Nachforschen stoßen, angenehm auf.

„Mordseesturm“ hat mir spannende und unterhaltsame Lesestunden beschert, mir das Leben auf einer Insel wie Borkum nahegebracht und Lust auf weitere Fälle diese Ermittler-Duos gemacht. Gerne empfehle ich diesen Nordseekrimi weiter und freue mich schon auf die Fortsetzung.

Bewertung vom 16.04.2024
Roter Sand - Mord auf Gran Canaria
Berg, Eric

Roter Sand - Mord auf Gran Canaria


sehr gut

Flaco – auf sich allein gestellt

„Roter Sand – Mord auf Cran Canaria“ ist der Auftakt zu einer neuen Serie von Eric Berg, mit Fabio Lozano als Ermittler.

Worum geht es?
Fabio Lozano, genannt Flaco, ein ehemaliger Kriminalinspektor, fungiert in einem Nobelhotel auf Gran Canaria als eine Art Bodyguard bzw. Assistent der Hotelbesitzerin. Ausgerechnet er findet die Leiche eines Hotelmitarbeiters und gerät bei den Ex-Polizeikollegen, die ihn seinerzeit aus nicht wirklich fundierten Gründen loswerden wollten, in Verdacht. Flaco sieht sich gezwungen, auf eigene Faust zu ermitteln – je mehr er sich in den Mordfall vertieft, desto gefährlicher wird es für ihn.

Bereits das Cover mit dem rötlichen Sand, den nahe dem Meer liegenden Hotels und den Bergen im Hintergrund stimmt auf Gran Canaria ein. Das Buch erschien 2024. Der Schreibstil ist flüssig, besticht vor allem durch schlagfertige Dialoge und lockere Sprüche. Die Kapitel sind kurz, ohne Orts- oder Zeitangaben. Die Handlung spielt in der Gegenwart. Sehr anschaulich ist die Atmosphäre auf dieser Insel mit der Handlung verwoben, und zwar nicht nur landschaftlich Markantes, sondern auch kulinarische Besonderheiten und die Lebensart der Bevölkerung. Immer wieder eingestreute spanische Begriffe unterstreichen das Lokalkolorit. Diesbezüglich habe ich das Glossar sehr geschätzt. Die Landkarte von Gran Canaria hat mir sehr geholfen, die im Buch erwähnten Schauplätze zu überblicken.

Die Story wird aus Sicht von Flaco in Ich-Form erzählt, was einerseits das Wesen und die Gedanken des im Mittelpunkt stehenden Protagonisten gut offenbart, andererseits fehlten jene Abwechslung bzw. jene Spannungsmomente, die durch Perspektivenwechsel erzeugt werden. Flacos Konversationsstil lockert die Handlung auf. Seine Schlagfertigkeit, seine ironischen Bemerkungen sind unterhaltsam. Je mehr er recherchiert, desto komplizierter wird der Fall, mehren sich Verdächtige. Um das Mordopfer ranken sich so allerlei Geheimnisse und rätselhafte Aktionen. All die Spuren verwirren mehr als sie klären. Ich tappte bis zum dramatischen Finale im Dunkeln. Letztlich war die Auflösung für mich schlüssig und gut nachvollziehbar, Flaco bewies seine Ermittlerqualität – für mich war die Entlarvung des Täters eine Überraschung.

Die verschiedenen Charaktere, ob Haupt- oder Nebenfiguren, sind gut gezeichnet, nicht nur äußerlich, sondern mit markanten Wesenszügen und lebendig. Flaco hat im Laufe der Handlung bei mir immer mehr an Sympathiepunkten gewonnen, durch seinen speziellen Humor, seine Selbstironie, seine Loyalität und letztlich damit, wie er sich charakterlich weiterentwickelt, an seinen Ecken und Kanten arbeitet, sich schließlich dem Einfluss seines mächtigen Vaters entziehen kann, unter dessen Bedeutung er sei frühester Jugend gelitten hat. Last but not least sei der Streuner Vagabundo erwähnt, den nicht nur Flaco ins Herz geschlossen hat.

„Roter Sand – Mord auf Gran Canaria“ bietet einen komplexen Fall, einige spezielle Charaktere und stimmiges Gran Canaria-Feeling, ich hätte gerne noch ein bisschen mehr prickelnde Spannung gehabt. Von mir gibt es 4 Sterne.

Bewertung vom 11.04.2024
Mord unterm Reetdach / Kristan Dennermann ermittelt Bd.1
Weißmann, Eric

Mord unterm Reetdach / Kristan Dennermann ermittelt Bd.1


ausgezeichnet

Den Rätseln um Hinnerk Petersens Tod und dessen Leben auf der Spur

„Mord unterm Reetdach“ ist Eric Weissmanns schriftstellerisches Debut, ein typischer Sylt-Krimi mit Lokalkolorit, ein gelungener Auftakt zu einer Reihe.

Worum geht es?
Kurz nachdem der sterbenskranke Hinnerk Petersen den Immobilienmakler Kristan Dennermann mit dem Verkauf seines Anwesens betraut hat, wird er ermordet. Kristan fühlt sich binnen kurzen von etlichen Kaufinteressenten bedrängt, auch wollen die Söhne des Verstorbenen rasch zu Geld kommen. Doch Kristian ist misstrauisch geworden. Sind die Söhne überhaupt die Erben? Er beginnt zu recherchieren und gerät immer mehr in Gefahr.

Bereits das Cover stimmt auf Sylt ein: ein typisches Sylter Anwesen, der Leuchtturm. Das Buch erschien 2024. Der Schreibstil ist flüssig, die Kapitel sind kurz, ohne Orts- oder Zeitangaben. Die Handlung spielt in der Gegenwart. Lokalkolorit ist unaufdringlich aber spürbar in die Handlung verwoben. Ich fand die Landkarte von Sylt sehr hilfreich, auch die virtuelle Inseltour gefiel mir, hat mein visuelles Vorstellungsvermögen sehr bereichert. So en passant gewinnt man auch Einblick in die Aufgaben und die Arbeitsweise von Immobilienmaklern und die Sylter Bauvorschriften.

Das Buch zog mich von der ersten Seite an in seinen Bann, mysteriös, unheimlich. Zudem sorgt die Kürze der Kapitel dafür, dass die Seiten nur so dahin fliegen; ich wollte das Buch gar nicht mehr aus der Hand legen. Erzählt wird in Ich-Form, aus Sicht von Kristan, dessen Gedankengänge ich gut nachvollziehen konnte. Je weiter die Handlung fortschreitet, je mehr Kristan recherchiert, desto rätselhafter wird es, wer bzw. welches Motiv dahinter steckt, auch wenn immer mehr Geheimnisse gelüftet werden, sich die Zahl der Verdächtigen zusehends vergrößert. Das gab mir genug Raum zum Miträtseln, dennoch bleiben die Zusammenhänge weitgehend im Dunkeln. Dass Kristan von einem Gefahrenmoment in den nächsten stolpert, immer intensiver bedroht wird, heizt die Spannung von Kapitel zu Kapitel mehr an. Bis zum dramatischen Showdown, in dem sich alles bis ins kleinste Detail aufklärt, die Geschichte eine unerwartete Wendung nimmt und sich ein für mich ungeahnter Täter offenbart.

Ob Haupt- oder Nebenfiguren, alle Charaktere sind sehr gut vorstellbar und lebendig gezeichnet. Im Mittelpunkt steht Kristan, ein sympathischer Protagonist. Ein Typ, der mehr Schwächen als Stärken zu haben scheint, durch ein Unfallerlebnis traumatisiert ist. Trotz allem gelingt es ihm, sich immer wieder mit manchmal mehr Glück als Verstand aus jeder Bredouille wieder hinaus zu lavieren. Er ist feinfühlig, verfügt über gute Menschenkenntnis und Spürsinn. Dennoch schwächelt seine Beobachtungsgabe, als ihm entgeht, dass man ihn laufend beschattet. Er ist hilfsbereit, engagiert und empathisch und liebt vor allem seinen Hund sehr. Auch die Frauen in seinem Umfeld mochte ich sehr. Insbesondere Hella und Lilo, zwei starke sympathische Frauen mit dem Herz am rechten Fleck, die sich mütterlich/schwesterlich um Kristan kümmern. Mit Cheyenne und Marlene bringt der Autor zwei weitere Frauen ins Spiel, die vielleicht in Kristans künftigem Leben Bedeutung gewinnen könnten. Bin gespannt.

„Mord unterm Reetdach“ hat mir ausnehmend gut gefallen und große Lust auf weitere Sylter Mordfälle mit Kristan Dennermann als Ermittler gemacht. Ich empfehle dieses vom Anfang bis zum Ende spannende Buch gerne weiter und vergebe 5 Sterne.,

Bewertung vom 06.04.2024
Himmelgeist
Wilmes, Frank

Himmelgeist


ausgezeichnet

Die Psyche des Täters

„Himmelgeist“ von Frank Wilmes ist nach „Ein letzter Frühling am Rhein“ der zweite Band der Reihe, in der der Düsseldorfer Kriminalhauptkommissar Kilian Stockinger und sein Team ermitteln.

Worum geht es?
Ein Immobilienmakler wurde mitten auf der Straße erschlagen. Wie sich bald herausstellt, war er kein liebenswerter Mensch, sondern einer, der seine Ziele ohne Rücksicht auf andere Menschen verfolgte, macht- und geldgierig. Der Kreis jener, die ihn verabscheuten oder gar hassten, ist groß. Die Suche nach dem Motiv und dem Täter erweist sich als mühsam und schwierig.

Das Cover in den dunklen Tönungen ist mir zu dezent, die Hardcover-Ausführung wirkt dafür edel. Das Buch erschien 2024, die Handlung spielt in der Gegenwart. Die Kapitel sind angenehm kurz, der Schreibstil flüssig, besticht sprachlich durch malende Wortschöpfungen und launige Dialoge der Ermittler. Der Roman kann im Übrigen problemlos ohne Kenntnis des Vorgängerbandes gelesen werden.

Der Schwerpunkt des Krimis liegt auf der Polizeiarbeit, auf Befragungen, dem Zusammentragen von Informationen. Das Ermittlerteam ist überschaubar, besteht aus drei Personen: Kilian Stockinger, Cosima Wagner und Miko Reichenhall. Im Prinzip ist es ein Whodunit-Krimi, basierend auf der Suche nach dem Motiv, nach dem Täter. Was dieses Buch für mich aber so spannend machte, dass ich es kaum aus der Hand legen wollte, waren keine Actionszenen, Cliffhanger oder beängstigenden Gefahrenmomente, sondern die Art und Weise, wie die Kommissare agierten.

Anfangs wissen sie nichts über den Ermordeten, nur seinen Namen. Er erscheint wie ein weißes Blatt, das sie durch Recherchen seines geschäftlichen und privaten Umfelds füllen müssen, in akribischer polizeilicher Kleinstarbeit. Was herauskommt, ist ein Mensch mit facettenreichen Wesenszügen. Ein rücksichtslos agierender, menschenverachtend seinen eigenen Visionen folgender, mit krimineller Energie behafteter Mann mit privaten Macken und undurchsichtigen Geschäftskontakten. Er hat sich eher Feinde als Freunde gemacht. Es sollte somit weder an Motiven noch an Verdächtigen mangeln, aber es ergibt sich nichts Offensichtliches. Was mich aber so faszinierte, waren die Gedankenspiele, die sich in den Köpfen der Kommissare/in formierten, die verschiedenartigsten Theorien, die sie aufstellten und wieder verwarfen und wieder neue kreierten. Auch die Ausdauer ihrer Nachforschungen, dieses unermüdliche Suchen nach weiteren Ermittlungsansätzen, nach Zusammenhängen, Verbindungen. Zudem gibt ein weiterer Todesfall Rätsel auf. Und stets ist Psychologie mit im Spiel: nicht nur bei ihrem Bestreben, das Wesen des Ermordeten zu ergründen und das Motiv des Täters aufzuspüren, sondern ich genoss auch die Befragungen, wenn sie ihr Gegenüber beobachten, jede Mimik, jede Geste interpretieren, Menschen aufgrund des Äußeren einschätzen und ihre Taktik darauf einstellen. Man fühlt sich stets als stiller Teilnehmer. Bis fast zur letzten Seite erahnt man den Täter nicht, die Lösung ist tragisch aber schlüssig.

Mit hinein verwoben ist sehr anschaulich der städtebauliche Wandel, der Erneuerungstrend, der alte Viertel, das Dörfliche, das Gemütliche zerstört, ärmere Menschen aus ihrer vertrauten Umgebung vertreibt, weil Immobilienhaie alte Gebäude erwerben, um sie in Luxuswohnungen umzugestalten. In diesem Zusammenhang spielt auch Lokalkolorit mit hinein – man erfährt einiges über die Düsseldorfs Stadteile Himmelgeist und Oberbilk.

Die Charaktere, sowohl der Ermittler als auch jene der Befragten, sind nicht nur äußerlich gut vorstellbar beschrieben, sondern sie wirken generell lebendig, zeigen markante Wesenszüge, Reaktionen und Emotionen. Kilian, Cosima und Miko bilden ein sympathisches Team, insbesondere durch deren Umgang miteinander, wo man sich durchaus auch mal aufzieht und auch nach Dienstschluss noch freundschaftlich Kontakt miteinander pflegt.

„Himmelgeist“ gefiel mir noch besser als der erste Band. Die Art und Weise, wie man in diesem Roman den Mordfall aufklärt, fesselte mich, weil die Auflösung primär auf den „grauen Zellen“ basiert, auf den Rückschlüssen der Ermittler, ihrer Fantasie und psychologischen Überlegungen. Für mich war es ein sprachlicher und inhaltlicher Lesegenuss. Es ist dies ein nicht alltäglicher Krimi, den ich gerne jenen weiterempfehle, für die zu einem guten Krimi nicht unbedingt Action, Blut und prickelnde Spannung gehören muss.

Bewertung vom 06.04.2024
Orkantief / Himmel und Holle ermitteln Bd.2 (eBook, ePUB)
Bergstedt, Susanne

Orkantief / Himmel und Holle ermitteln Bd.2 (eBook, ePUB)


sehr gut

Spurlos verschwunden

„Orkantief“ von Susanne Bergstedt ist bereits der zweite Band der unterhaltsamen Ostsee-Krimi-Reihe mit den Ermittlerinnen Telse Himmel und Wanda Holle.

Worum geht es?
Seit drei Jahren sind Kalli und seine Mutter Anne verschwunden. Ein Sturm lüftet das Geheimnis um Kallis Verbleib. Doch von seiner Mutter fehlt nach wie vor jegliche Spur. Die Polizei sieht keinen Grund für Nachforschungen, also ermitteln die beiden Freundinnen Telse und Wanda auf eigene Faust.

Das strahlende Blau des Covers sticht positiv ins Auge, hat mich sofort angesprochen. Das Buch erschien 2024. Die Handlung spielt in der Gegenwart. Die Kapitel sind angenehm kurz, ohne Zeit- oder Ortsangaben. Der Schreibstil ist locker und flüssig. Die Autorin fängt detailliert und gut beschreibend sowohl Stimmungen als auch das Lokalkolorit ein, thematisiert gut in die Handlung verwoben sowohl Klimawandel bzw. Naturschutz, als auch häusliche Gewalt. Sehr geschätzt habe ich die Landkarte der Kieler Bucht, wodurch ich mich als Ortsunkundige sehr gut zurechtgefunden habe. Besonders originell fand ich die Schnitzeljagd, durch die man en passant Sehenswertes vor Ort kennenlernt.

Auch wenn man, wie ich, den ersten Band „Quallenplage“ nicht kennt, kommt man problemlos in die Geschichte hinein. Jedes Buch steht für sich alleine. Auch den Personenkreis überblickt man problemlos. Es ist ein ruhiger, unblutiger Krimi mit kaum prickelnden Spannungsmomenten. Auch wenn man von Anfang an ahnt, dass Anne nicht mehr lebend gefunden wird, ist es dennoch spannend zu verfolgen, wie in kleinen Schritten der Verdacht von Tesla und Wanda immer mehr untermauert wird, sich die Hinweise auf einen Mord verdichten und auf den Täter. Besonders fesselnd empfand ich die Suche nach der Leiche, auf die die beiden schließlich in einem schaurig anmutenden Showdown stoßen.

Die beiden sympathischen Protagonistinnen sind nicht mehr die Jüngsten, aber sehr agil und engagiert; sie verfolgen hartnäckig ihre Ziele, verlassen auch schon mal ihre Komfortzone, scheuen auch vor anstrengenden Aktionen nicht zurück und verfügen über gute Spürnasen. Sie wirken authentisch, zeigen Stärken und Schwächen und Emotionen. Auch die übrigen handelnden Personen wirken lebendig und sind gut vorstellbar gezeichnet.

„Orkantief“ ist ein Cosy-Regional-Krimi, der mit der liebenswürdigen Atmosphäre rund um die Ermittlerinnen und landschaftliche Schönheiten punktet, und durch das Einflechten ernsthafter Themen auch eine gewisse Tiefe gewinnt.

Bewertung vom 02.04.2024
Schatten des Todes (eBook, ePUB)
Korten, Astrid

Schatten des Todes (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Filmwelt und Realität im Jahr 1929

„Schatten des Todes“ von Astrid Korten ist ein historischer Roman, der sehr eindrucksvoll in die Berliner Filmszene der 1930er Jahre entführt, eingebettet in die politisch schwelende Umbruchphase.

Worum geht es?
Die Universal-Filmstudios drehen einen neuen Film. Als eine Bühnenbildnerin tot im Studio aufgefunden wird, erscheint es den Umständen gemäß allen als ein Unfall. Die Polizei legt den Fall ad acta. Harry Schneider, der Sicherheitschef der UFA, hegt jedoch Zweifel und beginnt auf eigene Faust zu ermitteln. Er stößt dabei auf allerlei Seltsames, Geheimnisvolles und Übles.

Das Cover zeigt sehr gut passend die Komponenten des Buches: eine geheimnisvolle Frau, einen Mann, der ihr folgt, sie quasi beschattet, das Ganze umrahmt wie ein Filmstreifen. Das Buch erschien 2024. Die Handlung spielt 1929. Der Roman gliedert sich in kurze Kapitel, jeweils übertitelt, jedoch ohne Datums- oder Ortsangaben. Der Schreibstil ist flüssig, sprachlich jener Zeit angepasst und detailreich, ohne in Längen auszuufern. Sehr anschaulich wird das Geschehen sowohl am Filmset, als auch außerhalb, im Berlin der damaligen Zeit beschrieben: Glanz und Glamour, gepaart mit Dekadenz, einerseits, politisches Machtstreben und Unruhe andererseits. Man spürt generell, wie akribisch recherchiert wurde. Man erfährt von Theorien und wissenschaftlichen Ideen und Bestrebungen der damaligen Zeit, manches zukunftsweisend, manches fühlt sich abstrus und irregeleitet an, zeigt aber deutlich die Basis für jene politische Wendung, die noch bevorsteht. Abgerundet wird der Roman durch eine Personenliste der realen und fiktiven Persönlichkeiten sowie durch die aufrüttelnden Anmerkungen der Autorin zum Rechtsextremismus und zu den Parallelen zur heutigen Zeit.

Ich kannte bislang von der Autorin bereits die extrem fesselnden Thriller aus der Overkill-Reihe, musste mich daher erst darauf einstellen, dass ein historischer Roman nicht denselben Spannungsbogen haben kann. Dafür ist in diesem Buch unheimlich viel Atmosphäre dieser Zeit verpackt. Man spürt sehr deutlich das lauernde Böse zwischen den Zeilen, Bedrohliches, Unheilvolles, Unheimliches und Gruseliges. Es gibt Action und Gefahrenmomente, überraschende Wendungen. Die historischen Persönlichkeiten wirken erstaunlich und manchmal erschreckend lebendig. Man hat stets das Gefühl, Harry Schneiders Begegnungen live mitzuerleben, dass es wirklich so war, wie es hier beschrieben und nicht der Fantasie entsprungen ist.

Die Charaktere sind unwahrscheinlich authentisch und mit Leben erfüllt eingefangen, was mich besonders bei den realen Protagonisten faszinierte, egal ob es sich um Personen der Filmbranche, Wissenschaftler oder politisch tätige Menschen handelt. Noch einfühlsamer und umfassender sind die Wesenszüge von Lara, der zweiten Hauptperson neben Harry Schneider, gezeichnet, schillernd, erotisch, geheimnisumwittert, zerrissen. Harry Schneider ist inmitten all den Intrigen und bösen Schwingungen ein Lichtblick, die gute Seele des Romans. Ein sympathischer Held, der sich von den Bösen weder kaufen oder fehlleiten lässt. Er lässt sich nicht beirren, bis er Motiv und Täter ermittelt hat. Unerwartet, aber nachvollziehbar ist das Ende.

Ich bin durch den Roman „Schatten des Todes“ in eine mir völlig fremde Welt eingetaucht und eingesogen worden, habe sehr viel über die Hintergründe, damals grassierende Ideologien, seltsame Sekten und verrückt anmutende Theorien erfahren, nebenbei Harry Schneiders Suche nach der Wahrheit mitverfolgt und in seinem Beisein Bekanntschaft mit Menschen gemacht, deren Namen mir zwar bislang ein Begriff waren, denen durch diesen Roman nun aber irgendwie Leben eingehaucht wurde. Vor allem wird man sehr nachdenklich, zu vieles heutzutage ähnelt den damaligen Anfängen.
Ein Buch, das man unbedingt lesen sollte! 5 Sterne.