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Benutzername: 
Gela
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Niedersachsen
Über mich: 
Ob Krimi, Belletristik, Biografie oder Dokumentation. Ich mag Bücher und reise gerne mit ihnen in andere Welten.
Buchflüsterer: 

Bewertungen

Insgesamt 141 Bewertungen
Bewertung vom 05.11.2020
Das Tartarus-Projekt
Schilddorfer, Gerd

Das Tartarus-Projekt


sehr gut

Eine Einladung zu einem VIP-Event verändert das bisher beschauliche Leben des Schriftstellers und Redakteurs Michael Landorff schlagartig. Nicht nur, dass er unerwartet zu einer überaus agilen und motivierten Agentin kommt, die ihn in die Bestsellerlisten katapultieren will, sondern er stolpert förmlich von einem Gefahrennest ins nächste. Sein Gastgeber wird am Festabend brutal ermordet, für den Schriftsteller die Gelegenheit, einen Aufklärungsroman zu schreiben. Was dann geschieht, übersteigt aber bei weitem seine Vorstellungskraft.

Gerd Schilddorfer ist mit diesem Thriller ein aktuelles Thema angegangen. Vermeintlich harmlose Drohnen in falschen Händen entpuppen sich als zukünftige Kriegsmaschinen. Kritisch, mal augenzwinkernd und immer am Puls der Zeit beschreibt der Autor ein Szenario, dass einem die Nackenhaare hochfahren lässt. Dabei wird man sofort auf die Seite der anfänglich ahnungslosen Hauptfigur gezogen. Es macht Spaß, Landorff in aberwitzigen Situationen zu begleiten. An seiner Seite ein weiterer Gast der Abendveranstaltung, die Pokerspielerin Alexandra Buschmann, die sich auch nicht erklären kann, warum sie eingeladen wurde. Als Team passen die lebendig und glaubhaft wirkenden Protagonisten sehr gut zusammen.

Eine Verfolgungsjagd mit diversen Geheimdiensten von München nach Wien führt schließlich in ein Beinahefiasko. Geschickt werden vom Autor falsche Fährten gelegt und Puzzleteile verteilt, die erst am Ende ein Bild entstehen lassen. Trotz der rasanten Handlung nimmt sich der Autor Zeit für Details, was den besonderen Charme der Charaktere ausmacht und Lesevergnügen auslöst.

Bei aller guten Unterhaltung, die dieser Thriller bietet, kommt man aber doch ins Grübeln. Ich habe häufig parallel zum Buch im Internet recherchiert, wollte mehr über künstliche Intelligenz, Drohnen und Metamaterial wissen. Für dieses Interessewecken des Lesers mag ich die Romane von Gerd Schilddorfer sehr. Man wird neugierig über den Tellerrand zu schauen, Dinge zu hinterfragen, die sonst als Selbverständlichkeit hingenommen werden.

Auf das nächste Buch bin ich schon sehr gespannt.

Bewertung vom 01.10.2020
Vaters Wort und Mutters Liebe
Wähä, Nina

Vaters Wort und Mutters Liebe


sehr gut

Es ist Weihnachten im finnischen Tornedal und alle Mitglieder der Großfamilie Toimi finden sich im heimischen Bauernhof ein. Von einer herzlichen warmen Atmosphäre fehlt aber jede Spur. Zu groß ist die Angst vor dem despotischen Vater Pentti. Auch wenn Mutter Siri versucht, die Familie zusammen zu halten, geht doch jeder seinen eigenen Weg, auch wenn er mit den anderen eng verbunden ist.

Die Familie wird als Rattenkönig beschrieben. Verknotete Schwänze, die eine Trennung unmöglich erscheinen lassen. Nina Wähä ist es hervorragend gelungen, den Knoten zu lösen. Annie, Lauri, Esko, Buckel, Helmi, Onni, Arto, Siri, Pentti, Tarmo, Lahja, Valo, Hirvo und Voitto werden in einzelnen Abschnitten beschrieben, lebendig, eigenständig.

Was als ein Knäuel Menschen beginnt, endet in einer Geschichte vieler Einzelschicksale, die durch ein enges Familienband miteinander verbunden sind. Der besondere Erzählstil lässt die Protagonisten sehr glaubwürdig erscheinen. Nichts wird geschönt oder verharmlost. Ein Erzähler holt den Leser immer wieder ab, spricht ihn direkt an, so fühlt man sich mit der Geschichte verbunden.

Geografisch findet man sich in einer düsteren finnischen Gegend wieder. Die Landschaft scheint aufs Gemüt zu schlagen, die Menschen sind schweigsam, in sich gekehrt. Einen Wohlfühlroman findet man hier nicht. Aber die Geschichte besitzt eine hohe Anziehungskraft. Man möchte wissen, was und wann etwas passiert. Denn das etwas passiert, wird vorweg angekündigt.

"Jemand wird sterben. Und jemand anders wird schuldig sein.
Wir müssen versuchen herauszufinden, wer."

Es klingt nach, muss wirken, beschert aber einen hohen Lesegenuss und macht neugierig auf einen neuen Roman aus der Feder von Nina Wähä

Bewertung vom 03.08.2020
Die Marschallin
Del Buono, Zora;Del Buono, Zora

Die Marschallin


sehr gut

Die überzeugte Kommunistin Zora del Buona lebt in der gutbetuchten Welt der Reichen in Bari. Ihr Mann, ein Radiologe, führt mit ihr ein großes Haus, das ganz im Widerspruch zum Kommunismus steht. Für Zora stellt dies aber kein Problem dar.

Die Autorin erzählt in wechselnden Perspektiven in der Zeit zwischen 1919 bis 1980 von Kriegsschauplätzen zwischen Slowenien und Italien. Man erfährt, wie es war unter Mussolinis Diktatur zu leben. Sloweniens Geschichte in dieser Zeit war mir bis dahin, wenig bekannt. Dank dem Roman, habe ich einiges dazu gelernt. Auch wenn manche Passagen ein wenig lang und schwerfällig erschienen. Dank der vielen Dialoge kann man den Protagonisten gut folgen, erlebt sie lebendig. Viele kleine Details lassen Bilder beim Lesen entstehen.

Spannend finde ich das Frauenbild dieser Zeit. Der Wandel an Rechten und Pflichten und besonders die Person der Zora del Buona macht den Roman interessant und lesenswert.

Lediglich das Ende ist für mich nicht ganz schlüssig und vielleicht auch enttäuschend, weil man es anders erwartet hat.
Lesenswert ist dieser Roman auf jeden Fall.

Bewertung vom 09.06.2020
Niemandsstadt
Goldfarb, Tobias

Niemandsstadt


sehr gut

Moderne "unendliche Geschichte"

Josefine hat ein besonderes Talent: Sie kann in eine andere Welt gelangen. In der Niemandsstadt gibt es Drachen, Feen, Zwerge, zum Teil bissige Wesen. Doch wie genau es ihr gelingt und warum nur sie in diese Stadt springen kann, weiß sie nicht. Als Außenseiterin in der Gegenwart genießt sie die Abenteuer in der Niemandsstadt. Doch plötzlich wird aus den einzelnen Sprüngen ein längerer Aufenthalt und Josefine weiß nicht, wie sie wieder zurückkehren soll. Ihre einzige Freundin Elisabeth setzt alles daran, Josefine zu retten.

Tobias Goldfarb setzt auf kurze knappe Kapitel in flüssigem Schreibstil. Man wechselt zwischen den Protagonistinnen Josefine und Elisabeth, gut erkennbar durch eine andere Schriftart. Hauptfigur Josefine lebt in einer Welt, die durch Social Media geprägt ist. Wer sich ausgrenzt, wird nicht akzeptiert. Elisabeth, viel beliebte Magick-Influenzerin, nähert sich Josefine, als diese die dunklen Träume von ihr deuten kann. Langsam werden die beiden gegensätzlichen Mädchen Freundinnen. XX

Der Einstieg in die Geschichte ist etwas zäh und gerade die Sprünge zwischen der Niemandsstadt und der Gegenwart wirken verwirrend. Man findet nur schwer Zugang zur Geschichte. Erst nach und nach wird klar, worum es eigentlich geht. Warum Josefine so leicht hin- und herspringen kann. Mich erinnert dieser Roman sehr an eine moderne Version der "Die unendliche Geschichte" von Michael Ende. XX

Zwar ist Josefine die Hauptfigur, doch beeindruckt hat mich Elisabeth. Sie nutzt die Sozialen Medien, um Geld zu verdienen. Ihre Online-Gestalt ist perfekt gestylt, weiß genau, was ihre Follower interessiert und neugierig macht. Doch hinter dieser Kunstfigur steckt ein kluges, beeindruckendes Mädchen. Eine Kriegerin. XX

Ein Jugendbuch, das erst auf den zweiten Blick seinen tieferen Inhalt preisgibt. Wacht auf, lasst euch nicht in die Welt des Konsums ziehen und bleibt euch selbst treu. Wäre der Anfang nicht so zäh gewesen, würde ich die volle Punktzahl vergeben.

Bewertung vom 25.02.2020
Der Empfänger
Lenze, Ulla

Der Empfänger


sehr gut

Im Winter 1925 wandert Josef Klein aus Neuss nach New York aus. Durch einen Zufall findet er Arbeit in einer Druckerei, bekommt einen amerikanischen Passs und ein Zuhause im quirligen East Harlem. Die Zeichen für seinen neuen Lebensabschnitt stehen gut, bis die deutschen Schatten 1939 auch in den USA aktiv werden und auf den Hoppyfunker aufmerksam werden. Der ahnungslose Joe (Josef) lässt sich darauf ein, Zahlencodes nach Deutschland zu senden. Obwohl er langsam ahnt, mit wem er sich eingelassen hat, findet er keinen Ausweg. Bestärkt durch seine Freundin, wehrt er sich gegen die Nationalsozialisten und wendet sich an das FBI. Vor der jahrelangen Haftstrafe in den USA und die anschließende Ausweisung, rettet ihn das aber nicht mehr. Zurück in Deutschland ist er ein Fremder, der sich nirgendwo Zuhause fühlt. Es zieht ihn 1949 weiter bis nach Südamerika, wo ihn schon wieder alte Bekannte erwarten.

Ulla Lenze erzählt anhand einer fiktiven Romanfigur, die Geschichte ihres Großonkels. Rückblickend erzählt der Protagonist seine Erlebnisse. Er springt zwischen den Zeitebenen, 30 Jahre verschwimmen chronologisch ungeordnet. Das passt sehr gut zur Hauptfigur Josef Klein. Er findet einfach keinen Halt, möchte so gerne Amerikaner sein, doch die Zeit der Nationasozialisten lässt ihm keine Chance. Egal auf welche Seite er sich schlängt, er wird angefeindet, für sein Sein angegriffen. Beinahe emotionslos schlägt sich Josef durchs Leben, erst die Tränen beim Abschied vom jüngeren Bruder lassen ihn lebendig erscheinen.
Beängstigend ruhig wird geschildert, wie Josef in den Sog der Geheimagenten gerät. Erst arglos und unpolitisch, dann immer mehr im bewussten Handeln, hin- und hergerissen zwischen Zwang und Ausweglosigkeit. Gekonnt zeichnet die Autorin ein Bild von den manipulativen Fähigkeiten der Geheimagenten. Nicht die Beschreibung der Personen, sondern ihr Handeln steht im Vordergrund.

Was in den Jahren 1939 - 1950 in den USA für Meinungsbilder über das Hitlerregime herrschten, war mir bisher nicht bewusst. Ein interessantes Thema, das mich sicherlich noch eine Weile beschäftigen wird. Hilfreich ist hier eine Auflistung der Materialien, die die Autorin gesammelt hat.

Mir hat dieser melancholische, nachdenklich stimmende Roman gefallen.

Bewertung vom 06.01.2020
Happy End für zwei
Winters, Rachel

Happy End für zwei


gut

Allein die Aussicht auf eine Beförderung lässt die Filmagentur-Assistentin Evie den Kampf mit Drehbuchautor Ezra aufnehmen. Dieser hat das längst überfällige Drehbuch immer noch nicht abgeliefert, glaubt er doch nicht an die romantische Liebe und weigert sich, darüber zu schreiben.
Evie stellt sich als Versuchsperson zur Verfügung und stellt filmische magische Momente nach, um Ezra davon zu überzeugen, dass es schicksalhafte Begegnungen auch im wahren Leben gibt. Falls sie Recht behält, muss Ezra das Drehbuch schreiben. Doch so einfach kann man Liebe eben doch nicht erwecken.

Rachel Winters hat einen klassischen Herz-Schmerz-Roman a`la Hollywood geschrieben. Zwei Handlungsstränge laufen aufeinander zu. Evie, die händeringend einen magischen Moment herbeisehnt und die anstehende Hochzeit ihrer besten Freundin. Leider schwächelt der Part rund um die Hochzeit. Hier wird nichts erzählt, was man nicht schon irgendwo gelesen hat. Peinliche Brautjungfernkleider, Junggesellinenfeiern, die anders geplant waren, Kappeleien unter den Brautjungfern. Allein Evie, die jede noch so kleine Möglichkeit nutzt, um einen magischen Moment zu erzeugen, glänzt ein wenig. Jede Menge Missgeschicke der Protagonistin würzen die nicht allzu überraschende Handlung. Der reiche Schönling überrascht genauso wenig, wie der grummelige Witwer mit der süßen Tochter. Wer gerne romantische Komödien schaut, wird die ein oder andere leicht abgewandelte Szene entdecken. Dennoch liest sich der Roman flott und unterhaltsam.

Kapiteleinleitungen im Drehbuchstil und Shortmessage-Dialoge sprechen sicherlich eine jüngere Leserschaft an. Mich haben die Dialoge zwischen Evie und ihren Freunden eher von der Handlung abgelenkt.

Eine Leseempfehlung für alle, die gern kurzweilig unterhalten werden und nicht allzu viel Tiefgang erwarten.

Bewertung vom 20.08.2019
Das Haus der Verlassenen
Gunnis, Emily

Das Haus der Verlassenen


sehr gut

Schwanger, diese Nachricht bedeutet glücklich über einen neuen Erdenbürger zu sein. Mutter zu werden. Doch 1956 ist Ivy alles andere als glücklich. Ihr Geliebter wendet sich von ihr ab und antwortet nicht auf ihre verzweifelten Briefe. Ihr Stiefvater schickt sie in ein Heim für ledige Mütter. Und hier in St. Magaret tut sich die Hölle für Ivy auf.

Emily Gunnis hat ein schreckliches Kapitel der Vergangenheit geöffnet. Schonungslos, detailliert und emotional schildert sie Ivys verzweifelten Überlebenskampf unter dem Regime grausamer Nonnen. Ärzte, Beamte alle verschließen den Blick und unterstützen somit die Behandlung der jungen Mädchen. Sklavenähnlich gehalten, ihrer Kinder beraubt, gibt es für diese Menschen keinen Lichtblick mehr.

Parallel zur Vergangenheit schildert ein Erzählstrang im Jahr 2017 wie die Journalistin Sam in der Wohnung ihrer Großmutter alte Briefe findet. In den Briefen schreibt Ivy ihrem Geliebten, fleht ihn an, ihr zu helfen. Sam wird neugierig und beginnt zu recherchieren. Die Gegenwart gleicht eher einem Krimi mit undurchsichtigen Gestalten, schillernden Persönlichkeiten und persönlichen Beziehungen.

So ganz wollen Vergangenheit und Gegenwart nicht miteinander harmonisieren. Mir waren die Sprünge zu unvorhersehbar und der Plot am Ende hätte nicht sein müssen. Ivys Geschichte hätte allein für einen bewegenden Roman ausgereicht.

3 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 02.04.2019
Geheimnisse / Prinzessin undercover Bd.1
Glynn, Connie

Geheimnisse / Prinzessin undercover Bd.1


sehr gut

Durch eine Verwechselung halten die Schüler des Eliteinternats Rosewood Hall die bescheidene neue Schülerin Lottie für eine inkognito auftretende Prinzessin. Als sich herausstellt, das eigentlich ihre neue Zimmergenossin Elli diese Prinzessin ist, tauschen sie kurzerhand die Rollen. Lottis größter Wunsch einmal Prinzessin zu sein, geht in Erfüllung und auch Ellie freut sich darauf, endlich einmal als normales Mädchen auftreten zu können. Was als Spaß anfängt, entwickelt sich schnell zu einem gefährlichen Spiel.

"Prinzessin undercover" ist ein Reihenauftakt empfohlen für die Altersgruppe ab 12 Jahren. Rollentausch ist keine neue Idee, aber es macht Spaß zu sehen, wie es ist, in eine neue Rolle zu schlüpfen. Die Autorin versteht es, gerade die angesprochene Altersgruppe in eine andere Welt zu entführen. Zwei Mädchen, die unterschiedlicher nicht sein könnten, entwickeln eine Freundschaft, die anfangs auf wackeligen Beinen steht und erst durch einschneidene Erlebnisse gefestigt wird. Lotti erzählt hauptsächlich aus ihrer Perspektive, so dass man sich ihr sehr nah fühlt. Man muss sie einfach mögen. Ellie hat einen sehr starken Wesenszug und führt sich gar nicht prinzessinnenhaft auf, man merkt wie wichtig es für sie ist, aus ihrem goldenen Käfig auszubrechen. Doch gerade als beide sich in ihren Rollen wohlfühlen, taucht Jamie, Ellies Leibwächter auf, um zu verhindern, dass das Rollenspiel außer Kontrolle gerät.

Der Spannungsbogen wird schnell aufgebaut und merkt spürt,dass es um geheime Ränkespiele geht, Gut und Böse sind nicht einfach zu erkennen. Einige Charaktere scheinen anfangs klar und deutlich skizziert, entwickeln aber im Laufe der Zeit düstere Züge.
Auch wenn einige Passagen etwas überzogen dargestellt werden, geht es hauptsächlich um Vertrauen, Freundschaft, sich selbst zu vertrauen und zu mögen und natürlich auch um die Liebe. Es macht Lust auf den zweiten Band.

Bewertung vom 22.07.2018
Wahrheit gegen Wahrheit
Cleveland, Karen

Wahrheit gegen Wahrheit


gut

Als Spionageabwehr-Analystin steht Vivian Miller kurz vor einem revolutionärem beruflichen Erfolg. Ihr ist es gelungen, einen russischen Agentenführer per PC-Zugriff ausfindig zu machen. Die auf dem Rechner befindlichen Fotos zeigen sogenannte Schläfer, die in den USA auf ihren Einsatz warten. Ein Bild zeigt einen Mann, den Vivian vermeintlich seit vielen Jahren gut kennt. Doch ist ihr Mann Matt, der liebevolle Vater und Ehemann, der er zu sein scheint?

Karen Cleveland verspricht einen spannenden Thriller, doch die anfängliche Dramatik ebbt nach den ersten Seiten schnell ab. Statt die Spannung zu halten und den Konflikt zwischen Familie und Beruf herauszuarbeiten, werden Rückblicke eingeflochten, die den Spannungsbogen zerreissen. Dabei würde die Romanhandlung durchaus genügend Stoff für einen hevorragenden Thriller liefern. Leider verliert sich die Autorin zu oft in harmlosen Schilderungen, z.B. wie es zu den Schwangerschaften kam, die Reaktion von Matt darauf und all das fast neutral beschrieben.
Vivian mag unter Schock stehen, aber man hat nicht das Gefühl, dass die Hauptprotagonistin wirklich mit Herz und wachem Verstand agiert. Hier geht es um ihre Familie, den Mann, den sie über alles liebt, die in Gefahr schwebenden Kinder und trotzdem möchte man sie an einigen Stellen rütteln und ihr mehr Leben einhauchen.
Das Drama nimmt seinen Lauf, als klar wird, dass die Russen nicht einfach klein beigeben werden. Am Ende gibt es eine unvorhersehbare Wendung, die den Leser tatsächlich überrascht. Das Ende lässt Fragen offen und könnte auf eine Fortsetzung hinweisen.

Mir fehlte für einen Thriller die notwendige Spannung. Ein interessantes Spionage-Thema aus Frauensicht betrachtet und mehr ins Genre Drama passend.

Bewertung vom 05.03.2018
Der Schein
Blix, Ella

Der Schein


sehr gut

Ein Internat ohne Handyempfang mitten im Nichts einer kleinen Ostseeinsel, was kann es Schlimmeres für einen Teenager geben. Genauso sieht es die 16-jährige Alina, als ihr Vater sie für sechs Monate ins Internat Hoge Zand schickt. Fern vom Großstadtleben hadert sie mit ihrem Schicksal, bis sie ein geheimnisvolles schwarzes Schiff am Horizont entdeckt. Niemand scheint etwas Genaueres darüber zu wissen oder schweigt absichtlich. Alina macht sich allein an die Lösung des Rätsels und wagt sich in das verbotene Naturschutzgebiet.

Das Autorenduo Antje Wagner und Tania Witte, die das Pseudonym Ella Blix für diesen Jugendroman verwendet haben, hat eine Mischung aus Fantasy, Humor und Science-Fiction für die Zielgruppe ab 12 Jahren geschaffen. Erzählt in der Ich-Perspektive begleitet der Leser Alina zuerst bei der Anreise per Schiff, die sehr unterhaltsam und locker ausfällt. Abwechslungsreich wie der Schreibstil ist auch die Handlung. Wer denkt, schon wieder eine Internatsgeschichte, der liegt falsch. Hier stehen die Charaktere im Vordergrund. Besonders der kauzige Kioskbetreiber Mühlstetter mit einem besonderen Geheimnis ist besonders gelungen.

Alina ist schnell dabei, Menschen in Schubladen zu stecken. Die Einheimische Cara wird von ihr, wegen derer Leidenschaft für Rosa und ihrer vollen Körperformen sofort als einfältig und unsportlich eingestuft. Ihre Zimmergenossin landet in der Schublade "Pflanzenfreak" und wird von Alina ignoriert. Auch die über das Wochenende verbleibenden Schüler, die sich selbst "Lonelies" nennen, scheinen vor Alina keine Gnade zu finden. Erst als Alina sich für das Geheimnis des Schwarzen Schiffes interessiert und bei ihrer gefährlichen Suche im Naturschutzgebiet Unterstützung benötigt, lernt sie, wie sehr sie sich in den Menschen getäuscht hat. "Die Schubladen in meinem Hirn klapperten hilflos auf und zu".

Im Naturschutzgebiet, das sie eigentlich gar nicht betreten darf, begegnet Alina der geheimnisvollen Tinka. Irgendetwas verbindet die beiden unterschiedlichen Mädchen. Doch bevor sie sich richtig kennenlernen, verlieren sie sich auch schon wieder aus den Augen. Anhand von Tagebucheinträgen kann man Alinas Gedankenwelt gut folgen. Obwohl sie nach außen sehr tough wirkt, ist sie sehr verletzlich und leidet unter schlimmen Träumen. Sie vermisst ihre Mutter, die spurlos verschwand. Man spürt, dass hier durch geschickt eingeflochtene Spuren ein Geheimnis gelüftet werden wird.

Der Spannungsbogen wird gekonnt aufgebaut, bis es zu einer entscheidenden Fahrt aufs Meer kommt, die mehr als lebensgefährlich wird. Am Ende überschlagen sich die Ereignisse und die überraschende Lösung wird sicherlich nicht jeden überzeugen, ist aber dennoch in sich schlüssig und gelungen.

Nicht nur Jugendliche werden hier gut und fesselnd unterhalten.