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Benutzername: 
Dreamworx
Wohnort: 
Berlin

Bewertungen

Insgesamt 1361 Bewertungen
Bewertung vom 14.05.2023
Wenn ein neuer Tag anbricht
Turansky, Carrie

Wenn ein neuer Tag anbricht


ausgezeichnet

Gott würfelt nicht! – Albert Einstein
1903 England. Seitdem ihre Eltern und ihre ältere Schwester bei einem Bootunglück ums Leben kamen, hadert Maggie Lounsbury mit dem Schicksal, denn sie fühlt sich von Bekannten und Freunden verlassen, zudem zweifelt sie an der Geschichte eines Bootsunfalls. Mit ihrer jüngeren Schwester Violet lebt sie bei ihrer Großmutter und unterstützt diese auch in deren Hutgeschäft. Als ihr Freund aus Kindertagen, Nathaniel Harcourt, nach dem Tod seines Vaters nach Morningside zurückkehrt, um als Erbe die Verantwortung für die Firma und das Gut zu übernehmen, steht Maggie seinem Auftauchen sehr befremdet gegenüber, denn seit dem Tod ihrer Eltern fühlt sie sich von ihm im Stich gelassen. Während Nathaniel sich in der Fabrik großen Widerständen ausgesetzt sieht, versucht Maggie, mehr über das Bootsunglück herauszufinden, was andere allerdings mit aller Macht zu verhindern suchen…
Carrie Turansky hat mit „Wenn ein neuer Tag anbricht“ einen sehr spannenden und unterhaltsamen historischen Roman vorgelegt, der neben einer traurigen Familiengeschichte auch kriminalistische Elemente enthält sowie eine gefühlvolle Liebesgeschichte. Der flüssige, bildhafte und emotionale Erzählstil nimmt den Leser mit ins England des vergangenen Jahrhunderts, wo er nicht nur wunderbar gestaltete Protagonisten kennenlernt, sondern auch mit Maggie auf Spurensuche geht, um die wahren Umstände aufzuklären, die zum Tod ihrer Eltern und ihrer älteren Schwester führten. Maggie ist aufgrund des Schicksalsschlags, der inzwischen vier Jahre zurückliegt, innerlich so zerrissen, dass sie nicht nur ihren Glauben verloren hat, sondern auch nicht gerade eine Sympathieträgerin ist. Einzig die warmherzige Fürsorge ihrer jüngeren Schwester gegenüber lässt sie menschliche Züge zeigen. Die tiefgläubige Großmutter gibt sowohl Maggie als auch Violet ein liebevolles Zuhause, während sie gleichzeitig der ausgleichende Pol zu Maggies Verzweiflung ist. Auch Nate hat einige Baustellen abzuarbeiten, zum einen ist das einst freundschaftliche Verhältnis zu Maggie gestört, dazu muss er den Tod seines Vaters verarbeiten sowie sich irgendwie gegen die Machenschaften in der Firma durchsetzen. Die Autorin beschreibt die zwischenmenschlichen Beziehungen ihrer Protagonisten untereinander auf sehr natürliche und gefühlvolle Art, so dass der Leser alles gut nachvollziehen kann. Der Leser wird aufgrund der sich immer weiter aufbauenden Spannung rund um die Auflösung des Bootsunglückes mehr und mehr in die Handlung hineingezogen. Der christliche Aspekt wurde wunderbar unaufdringlich in die Handlung eingewoben, der von Gottvertrauen, Vergebung und Verzeihen handelt.
Die Charaktere sind glaubwürdig gestaltet und mit sehr menschlichen Zügen ausgestattet, die sie dem Leser schnell ans Herz wachsen lassen. Maggie ist zu Beginn mit ihrer nachtragenden, sturen Art fast unsympathisch, ihre liebevolle Art gegenüber ihrer Schwester Violet zeichnet dann ein ganz anderes Bild von ihr. Sie ist zutiefst verletzt und versucht mit aller Macht, ihrem Leben wieder Struktur zu geben. Violet ist ein zauberhaftes, fröhliches Mädchen, das allen an der Seele rührt. Maggies Großmutter ist der Fels in der Brandung, zart und doch kraftvoll mit unglaublicher Weisheit. Nate ist ein ehrlicher Mann, auf den man sich in allen Lebenslagen verlassen kann. Er ist vertrauensvoll und empathisch, während Helen eine Natter ist, der man nicht den Rücken zukehren darf.
„Wenn ein neuer Tag anbricht“ überzeugt nicht nur mit einer atmosphärisch-dicht gewebten Handlung, die mit kriminalistischen Elementen die Spannung konstant auf hohem Level hält, sondern neben traurigen Lebenswegen der Protagonisten auch eine Liebesgeschichte enthält, die aus einer alten Freundschaft erwächst. Absolute Leseempfehlung für einen tiefgründigen und sehr unterhaltsamen Roman!

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 14.05.2023
Der Salon am Rosenplatz
Jansen, Caroline

Der Salon am Rosenplatz


sehr gut

Die Familie ist die Heimat des Herzens. - Giuseppe Mazzini
1966 Bremen. Nach dem Tod des Vaters erbt Gisela als älteste Tochter den familieneigenen Friseursalon Fellbach, in dem auch ihre Geschwister, Bruder Kurt und die 15 Jahre jüngere Schwester Ruth, mitarbeiten. Der Salon lebt allerdings nur noch von der alten Stammkundschaft, denn immer mehr modernere Friseurläden öffnen in Bremen ihre Tore, die mehr zu bieten haben. Gisela ist nach dem Tod ihres Mannes in ihrer Trauer gefangen und hat kaum noch Interesse an dem Geschäft, während Schwester Ruth gern viele neue Ideen ausprobieren würde. Als Giselas Tochter Marianne als Fotomodell entdeckt wird und nach London zieht, gibt Gisela Ruth die Schuld an deren Weggang und entlässt sie aus dem Salon. Ruth findet schnell eine neue Stelle bei einem der modernen Konkurrenten, wo sie sich bald gut einlebt. Als der alte Friseursalon eines Tages buchstäblich in Rauch aufgeht, kommen vor allem bei den Schwestern Gisela und Ruth endlich viele Dinge an die Oberfläche, über die Jahre geschwiegen wurde…
Caroline Jansen hat mit „Frauen wie wir“ einen unterhaltsamen Auftaktband für ihre „Salon am Rosenplatz“-Serie vorgelegt, der den Leser nicht nur auf eine Zeitreise in die späten 60er des vergangenen Jahrhunderts einlädt, sondern auch eine typische Familiengeschichte der damaligen Generation erzählt. Der flüssige und farbenfrohe Erzählstil lässt den Leser nicht nur in die Vergangenheit reisen, sondern zaubert während der Lektüre auch lebhafte Bilder vor das innere Auge. Schnell schlüpft er an die Seite von Ruth, um sich im alten Friseursalon Fellbach umzusehen, die alten Waschbecken und Trockenhauben in Augenschein zu nehmen sowie gleichzeitig einen ersten Eindruck über das Verhältnis der Geschwister untereinander zu erhalten. Ruth ist als Nachzüglerin 15 bzw. 14 Jahre jünger als ihre ältere Schwester und ihr Bruder. Nach dem Tod der Mutter wuchs Ruth bei Gisela und ihrer Familie auf, was das Verhältnis zwischen Gisela und ihr veränderte. Während Ruth und Giselas Tochter Marianne eher wie Freundinnen miteinander umgehen, ist die Beziehung zwischen Ruth und Gisela eher schwierig. Der Tod ihres Ehemannes stürzt Gisela in Depressionen und Apathie, sie sitzt in ihrem Trauerkokon fest, verschließt sich dem Fortschritt völlig und ertränkt ihre Einsamkeit mit Alkohol. Tochter Marianne macht ihre eigenen Erfahrungen als Fotomodell in London, während Ruth in einem neuen Salon endlich aufblüht und vielleicht auch ihre große Liebe findet. Sogar Kurt ist mutig genug, etwas Neues zu wagen. Die Autorin hat die 60er Jahre sehr schön wieder aufleben lassen, aber auch ihren Protagonisten Gesichter gegeben, die für viele Menschen der damaligen Zeit stehen. Manchen konnte der Fortschritt nicht schnell genug gehen, andere kamen mit den Veränderungen nicht so gut zurecht. Auch die innerfamiliären Konflikte werden gut und nachvollziehbar beschrieben und dringen erst an die Oberfläche, als der alte Salon einem Brand zum Opfer fällt.
Die Charaktere sind lebendig und glaubwürdig in Szene gesetzt, mit ihren menschlichen Ecken und Kanten nehmen sie den Leser schnell für sich ein, der ihnen gern über die Schulter schaut. Ruth ist eine modern denkende junge Frau, die ihre Arbeit als Friseurin liebt und gern Neues ausprobieren würde. Sie ist liebenswert, hilfsbereit und offen. Schwester Gisela ist das genaue Gegenteil, wirkt eher verschlossen, uninspiriert, unterkühlt und ertrinkt schon fast in Selbstmitleid. Sie will, dass alle nach ihrer Pfeife tanzen und ist gegenüber allen Argumenten verschlossen. Kurt ist ein stiller, in sich gekehrter Mann, der erst am Ende zu überraschen weiß. Marianne ist abenteuerlustig und mutig, auch wenn sie dabei Lehrgeld wird zahlen müssen.
„Frauen wie wir“ spiegelt das Gesellschaftsbild der 60er Jahre sehr schön wieder. Unterhaltsam und gefühlvoll lässt die Autorin die alte Zeit wieder aufleben und zeichnet gleichzeitig eine interessante Familiengeschichte auf. Kurzweilige Lektüre für entspannte Lesestunden. Verdiente Empfehlung!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 01.05.2023
Zeit der Sehnsucht / Das Kaufhaus Bd.1
Berg, Susanne von

Zeit der Sehnsucht / Das Kaufhaus Bd.1


sehr gut

Qualität ist, wenn der Kunde zurückkommt, aber nicht das Produkt. (Hermann Tietze)
1879 Stralsund. Mit ihrem Verlobten Leonhard Tietz hat sich Flora in Stralsund niedergelassen, um sich dort eine gemeinsame Zukunft aufzubauen. Als Flora für ihr Brautkleid das geeignete Material sucht, wird sie in dem Textilgeschäft von Alfred Holst fündig, das schon bessere Tage gesehen hat und kurz vor dem Ruin steht. Alfred hat seit dem Tod seiner Frau nicht mehr Fuß fassen können und Schulden angehäuft, die ihm nun das Wasser bis zum Hals stehen lassen. Flora, die nicht nur mit Alfred Mitleid hat, sondern auch von dem Laden angetan ist, springt Alfred zur Seite und hilft ihm, den Laden etwas auf Vordermann zu bringen. Währenddessen kündigt Leonhard seine Beteiligung an einer Textilwarenfirma und geht auf Geschäftsreise, um sich von seinen alten Kunden zu verabschieden. Als Flora ihm nach seiner Rückkehr von ihrem Einsatz bei Holst erzählt, keimt in Leonhard eine Idee auf, die er mit Hilfe von Flora schon bald in die Tat umsetzt…
Susanne von Berg hat mit „Zeit der Sehnsucht“ den Auftaktband ihrer Kaufhaus-Trilogie vorgelegt, deren Handlung die Entstehungs- und Erfolgsgeschichte des Hertie-Konzerns wiederspiegelt. Der flüssige, farbenfrohe und gefühlvolle Erzählstil erlaubt dem Leser eine Zeitreise zurück ins 19. Jahrhundert, wo er neben Flora und Leonhard auch Floras Bruder Sally sowie Alfred Holst kennenlernt. Flora und Leonhard leben verlobt, jedoch unverheiratet, gemeinsam in einer Wohnung, was zur damaligen Zeit unüblich war. Jedoch liegt die Hochzeit nicht mehr fern, und Flora möchte sich ihr Kleid selber schneidern. Während Leonhard auf Geschäftsreise ist, wird Floras Besuch in Alfred Holsts Textilgeschäft der schicksalhafte Moment, dem die Begründung des eigenen Kaufhausunternehmens zugrunde liegt. Flora ist eine moderne Frau, die selbst mitanpackt und in Leonhard einen Partner hat, der sie in allem unterstützt. So nimmt sie ihren Bruder Sally auf, der aufgrund seiner Flausen im Kopf von zuhause getürmt ist und nun sein Glück im Hafen sucht, was ihm aber nicht so gut bekommt. Alfred Holst seit dem Tod seiner Frau kein glückliches Händchen fürs eigene Geschäft, dazu lässt ihn sein eigener Sohn Julius im Stich. Die Autorin beschreibt nicht nur die zwischenmenschlichen Beziehungen der Protagonisten untereinander warmherzig und nachvollziehbar, sondern lässt den Leser auch intensiv an der Modernisierung des neuen Ladens teilhaben. Bodentiefe Schaufenster sowie Schaufensterpuppen sollen den Kauflustigen die Ware schmackhaft machen, ebenso sind feste Preise, Umtauschrecht und Barzahlung neu. Die Kunden dürfen den Laden betreten und sich umsehen, ohne zum Kauf genötigt zu werden. Die neuen Ideen von Leonhard und Flora sind revolutionär und lassen den größten Konkurrenten Wertheim aufhorchen. Auch wenn es kaum Spannungsmomente in der Geschichte gibt, ist die Story doch recht kurzweilig.
Die Charaktere wurden liebevoll in Szene gesetzt und überzeugen mit glaubwürdigen menschlichen Eigenschaften. Der Leser heftet sich schnell an ihre Fersen und schaut ihnen bei ihren Unternehmungen über die Schulter. Flora ist eine liebevolle Frau, die das Herz am rechten Fleck trägt. Sie ist mitfühlend und hilfsbereit, packt mit an und ist sich für nichts zu schade. Leonhard ist ein feiner Kerl, der bedacht handelt und viele Ideen im Kopf hat. Sally ist anfangs ein Windhund, doch mausert er sich zu einem vertrauenswürdigen jungen Mann. Alfred Holst ist ein alter Herr, der sich fast seinem Schicksal ergeben hätte und nun wieder Licht am Ende des Tunnels sieht. Alfred Wagner ist ein Mistkerl, der nur seinen Vorteil im Sinn hat und über Leichen geht.
„Zeit der Sehnsucht“ ist ein Mix aus Familiengeschichte, Unternehmensgründung, Frauenpower sowie Liebesgeschichte vor historischem Hintergrund. Die ersten Grundschritte zur Entstehung des Hertie-Kaufhauskonzerns werden dem Leser hier sehr lebhaft vor Augen geführt. Verdiente Leseempfehlung für eine kurzweilige Lektüre!

2 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 16.04.2023
Mein wildes, mutiges Herz
Rivers, Francine

Mein wildes, mutiges Herz


ausgezeichnet

Mut steht am Anfang des Handelns, Glück am Ende. (Friedrich Halm)
1875 Kalifornien. Als Kathryn Walsh nach dem Tod ihres Onkels Casey dessen angestaubte Zeitung „Voice“ und eine unberührte Mine erbt, lässt sie in Boston alles hinter sich und macht sich auf nach Calvada/Sierra Nevada, wo sie sich alsbald in einem Umfeld aus Bordellen und Saloons wiederfindet und sich nicht nur erstmal einen Überblick über ihr Erbe verschaffen, sondern auch als Fremde und Freigeist mit den Stadtbewohnern zurechtkommen muss. Schon bald eckt sie mit ihren offenen Zeitungsartikeln an, in denen sie die Zustände und mangelnden Rechte von Frauen vor Ort anprangert, dabei stößt sie auch Saloon-Eigentümer Matthias Beck vors Knie. Der möchte sich als Bürgermeister aufstellen lassen und hat in Minenbesitzer Morgan Sanders einen harten Konkurrenten. Beide Männer buhlen um Kathryns Gunst, doch Kathryn hat gar nicht die Absicht, einen von ihnen zu erhören, zu sehr ist sie mit ihrer Zeitung beschäftigt. Doch als es für sie brenzlig wird, unterstützt sie ausgerechnet Matthias…
Francine Rivers hat mit „Mein wildes, mutiges Herz“ einen wunderschönen Roman vorgelegt, der vor der historischen Kulisse des Wilden Westens spielt und eine starke junge Frau in den Vordergrund rückt. Der flüssige, bildhafte und gefühlvolle Erzählstil nimmt den Leser mit auf Zeitreise ins 19. Jahrhundert, um dort auf Kathryn zu treffen, die aus eine gutsituierten Familie stammt, sich aber dem gesellschaftlichen Korsett, das diese ihr auferlegt, nicht fügen will. Das Erbe ihres verstorbenen Onkels eröffnet ihr eine Möglichkeit, sich endlich selbst zu verwirklichen und den Zwängen ihrer Familie, vor allem ihres Stiefvaters, zu entfliehen und sich auf eigene Beine zu stellen. Im Bergarbeiterstädtchen Calvada warten Gesetzeslosigkeit und raue Sitten auf Kathryn, die sich davon allerdings nicht einschüchtern lässt. Schon bald prangert sie mutig die Rechtlosigkeit der Frauen und die Zustände im Ort an, was schnell Widersacher auf den Plan ruft und sie ein ums andere Mal in Gefahr bringt. Die Autorin weiß nicht nur mit spritzigen, humorigen Dialogen zu punkten und eine schöne Liebesgeschichte zu spinnen, sondern auch sehr farbenfrohen Landschaftsbeschreibungen zu Papier zu bringen, so dass beim Leser während der Lektüre schnell das Kopfkino einschaltet. Der christliche Aspekt wurde von Rivers wunderbar in die Geschichte mit eingeflochten, es geht um Mitmenschlichkeit, Vertrauen in Gott, Mut und Hilfsbereitschaft.
Die Charaktere sind lebendig und facettiert ausgestaltet und überzeugen den Leser mit ihren authentischen Eigenheiten. Kathryn ist ein Freigeist: mutig, selbstbewusst, mit dem Herz auf der Zunge, temperamentvoll und sehr offen mit ihrer Kritik. Sie lässt sich nicht verbiegen und geht zielstrebig ihren Weg, was ihre Widersacher schnell auf den Plan ruft. Matthias Beck ist ein ehemaliger Soldat, der nun als Saloon- und Hotelbesitzer auftritt. Durch seine ehrliche Art ist er bei den Ortsbewohnern sehr beliebt, insgeheim kämpft er mit seinen eigenen Dämonen. Bei Kathryn offenbart sich sein Temperament, was er sonst gut zu kaschieren weiß. Cafébesitzerin Ronya ist eine gute Seele, die Kathryn immer unterstützt. Aber auch Scribe, Morgan Sander sowie weitere Protagonisten tragen zur Unterhaltung der Handlung bei.
„Mein wildes, mutiges Herz“ ist ein wunderschöner historischer Roman mit einem Mix aus Wildem Western, Familiengeschichte und Romantik sowie über den Weg einer starken jungen Frau, die mit ihrem mutigen Handeln den Weg für ein besseres Leben für Frauen ebnet. Absolute Leseempfehlung für wunderbar spannende Lesestunden!

4 von 5 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 16.04.2023
Fräuleinwunder
Wolff, Stephanie von

Fräuleinwunder


ausgezeichnet

Der Sinn von TV ist nicht Aufklärung, sondern Zerstreuung. (Helmut Thoma)
1955 Hamburg. Elly Bothsen stammt aus einer Fabrikantenfamilie, die sie aufgrund einer Karriere beim Fernsehsender NWDR hinter sich gelassen hat. Mittlerweile ist Elli seit 2 Jahren beruflich erfolgreich und bekommt nun bald ihre eigene Talkshow, denn ihr Chef Paul Winterstein ist von ihrem Talent schon lange überzeugt. Während Elly nebst Assistentin Stupsi mit der Entwicklung einer neuen Abendunterhaltungsshow mit Peter Frankenfeld und der Gästeauswahl für ihre eigene Talkshow alle Hände voll zu tun hat, erreicht sie die Nachricht, dass der Vater ihrer kleinen Tochter Marie, ihre große Liebe Peter, auf einer Schiffsreise schwer krank wurde und nicht klar ist, ob er diese überlebt. Gleichzeitig bezichtigen neidische Kollegen sie des Ideenklaus und durch eine anonyme Anzeige beim Jugendamt wird Elly ihre kleine Tochter weggenommen. Doch Elly lässt sich nicht unterkriegen und bekommt Unterstützung von lieben Kollegen…
Stephanie von Wolff hat mit „Damenwahl“ den zweiten Teil ihrer historischen Fräuleinwunder-Serie vorgelegt, der in punkto Unterhaltungswert dem Vorgänger in keiner Weise nachsteht. Der flüssige, farbenfrohe und gefühlige Erzählstil lässt den Leser in die 50er Jahre des letzten Jahrhunderts reisen, um sich erneut an Ellys Fersen zu heften und mit ihr nicht nur beim Sender, sondern auch privat so einiges zu erleben. Elly schlägt sich als alleinerziehende Mutter durch, während ihr Liebster auf den Weltmeeren sein Geld verdient und über Monate nicht bei ihr ist. Sie teilt sich mit ihrer kleinen Tochter und ihrer Mutter Magda eine Wohnung. Schwester Kari lebt in einer lesbischen Beziehung in Berlin, während ihr Bruder York sich zum drogensüchtigen Spieler entwickelt hat, der das Familienunternehmen an die Wand fährt, wogegen der Vater sich kaum noch wehren kann. Im Sender wird Elly von Paul Wintersteins Assistentin Stupsi in allen Belangen unterstützt. Die Entwicklung der Fernsehshow „1:0 für Sie“ mit Newcomer Peter Frankenfeld wird ebenso unterhaltsam geschildert wie die Begegnung mit Romy Schneider als ersten Stargast für die Talkshow oder der Auftritt von Curt Jürgens mit seiner Geliebten. Im Hintergrund agieren zwei Kollegen sehr intrigant, streuen Gerüchte und stiften jede Menge Unheil, weil eine Frau erfolgreicher ist als sie. Elly hat so manchen denkwürdigen Auftritt, besonders vor dem Sendervorstand, den man als Leser so schnell nicht vergisst und sich wünscht, selbst einmal so mutig zu sein. Von Wolff versteht es wunderbar, mit vielen kleinen Nebenschauplätzen einen großen Unterhaltungswert zu schaffen, der die Buchseiten durch des Lesers Hand nur so fliegen lässt.
Die Charaktere sind lebensnah und glaubwürdig in Szene gesetzt. Sie nehmen den Leser mit ihren menschlichen Ecken und Kanten sofort für sich ein, der ihre Unternehmungen nur zu gern verfolgt. Elly ist eine liebenswerte und positiv eingestellte Frau, die mit ihren Ideen überzeugen kann. Ihre offene, selbstbewusste Art ruft leider auch Neider hervor. Stupsi ist der Knaller schlechthin, ihre Pitbull-Fähigkeiten bei Konrad Adenauer sind unübertroffen, dazu ist sie verlässlich und immer Optimistin. Paul Winterfeld ist ein Chef, wie man ihn sich nur wünschen kann. Ellys Mutter ist eine Seele von Mensch, aber auch Bruder York, Bärchen sowie einige andere Kollegen sorgen mit ihren Auftritten für einiges an Aufregung und Unterhaltung.
„Damenwahl“ nimmt den Leser mit in die 50er Jahre des vergangenen Jahrhunderts, verbindet die Anfänge des Fernsehens mit Familiengeschichte, Historie und Zeitgeschichte und unterhält mit bekannten Namen und starken Protagonisten. Sehr kurzweilige Lektüre mit absoluter Leseempfehlung!

3 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 16.04.2023
Mit den Augen des Opfers / Max Bischoff - Mörderfinder Bd.3
Strobel, Arno

Mit den Augen des Opfers / Max Bischoff - Mörderfinder Bd.3


gut

Strobels schwächelt bei Bischoffs 3. Fall
Inzwischen ist Fallanalytiker Max Bischoff ausschließlich als Privatdetektiv und Dozent tätig. Nicht nur deshalb wundert er sich über die Anfrage des K11 Düsseldorf, seiner ehemaligen Wirkungsstätte, die ausgerechnet von seiner ehemaligen Vorgesetzten Eslem Keskin an ihn gerichtet wird, mit der ihn ein sehr gespaltenes Verhältnis verbindet. Bischoff soll in einem dem kleinen Ort Klotten an der Mosel in einem 22 Jahre alten ungelösten Vermisstenfall ermitteln, zu dem Keskin einen persönlichen Bezug hat. Kaum ist Max vor Ort, wird die Leiche der Tochter von Keskins verstorbener Freundin in den Weinbergen gefunden – ermordet. Die eingeschworene Dorfgemeinschaft hüllt sich beharrlich in Schweigen und scheint kein Interesse daran zu haben, dass der alte Fall endlich aufgeklärt wird. Bei ihnen hat Max mit seinen Ermittlungen keinen Erfolg. Wird es ihm trotzdem gelingen, den Vermisstenfall aufzuklären?
Arno Strobel hat mit „Mit den Augen des Opfers“ den dritten Fall um seinen Mörderfinder Max Bischoff vorgelegt, der sich um die Aufklärung eines Cold Case dreht und eindeutig zu den schwächsten Romanen des Autors gehört, dessen Romane normalerweise immer Nervenkitzel schenken. Diesmal könnte man die Geschichte allenfalls als Krimi bezeichnen. Der flüssige und bildhafte Erzählstil bringt den Leser sofort in die Geschichte hinein, der in einem lebendigen, düster gehaltenen Setting Max Bischoff und seinen Mitstreitern auf Schritt und Tritt folgt und über die Schulter sieht. Das kleine Winzerdorf Klotten ist anschaulich beschrieben, so dass man als Leser alles gut vor Augen hat. Bischoffs Spurensuche, das Mauern der Ortsbewohner, die Differenzen mit der Ortspolizei sowie die immer wieder zwischendurch eingefügt Perspektive des Täters soll den Spannungslevel hochschrauben, das gelingt leider nicht. Der Fall selbst ist verworren und die Aufklärung schwierig, wozu auch unvorhergesehene Wendungen beitragen. Aber alte Krimihasen finden sich schon schnell auf der Fährte des Täters wieder, was das Lesevergnügen zusätzlich schmälert.
Die Charaktere sind glaubwürdig in Szene gesetzt, doch kommt der Leser kaum an sie heran und findet sich deshalb in der Statistenrolle wieder. Max Bischoff, sonst eher ein Hansdampf in allen Gassen, bleibt diesmal außergewöhnlich farblos. Er ist ein brillanter Kopf und besitzt die Fähigkeit, sich in den Täter hineinzuversetzen. Psychologe Marvin Wagner läuft Max in diesem Buch den Rang ab und erntet mit seiner frischen, lockeren Art einige Sympathiepunkte. Aber auch Jana Brosius, Horst Böhmer sowie Eslem Keskin bringen sich in der Handlung ein und sorgen für Unterhaltung.
„Mit den Augen des Opfers“ ist Max Bischoffs dritter und schwächster Fall. Wer die Psychothriller des Autors liebt, wird diesmal enttäuscht sein, denn handelt sich hier nur um einen mittelmäßigen Krimi, der oftmals die Spannung vermissen lässt und eingefleischte Spürhunde schon bald auf die Fährte des Täters setzt. Leider nur eine eingeschränkte Empfehlung, schade!

3 von 4 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 02.04.2023
Ein Cowboy für die Ewigkeit
Witemeyer, Karen

Ein Cowboy für die Ewigkeit


ausgezeichnet

Die Hoffnung hilft uns leben. (Johann Wolfgang v. Goethe)
1896. Nachdem immer wieder Rinderdiebstahl und Vandalismus überhand nehmen, nimmt Luke Davenport, Mitglied der Hanger’s Horsemen, den Auftrag eines Viehbesitzers an, diese Vorgänge zu untersuchen und möglichst aufzuklären. Schnell gerät der auffällig gewordene 14-jährige Nachbarssohn Nate in Verdacht, der nach dem Mord an seinem Vaters Douglas nun bei seiner Tante Damaris Baxter lebt. Der leichtsinnige Teenager hat nichts anderes im Sinn, als sich selbst auf Mördersuche zu begeben, was nicht nur ihn, sondern auch Luke in große Gefahr bringt…
Karen Witemeyer hat mit „Ein Cowboy für die Ewigkeit“ den dritten und gleichzeitig letzten Teil ihrer historischen Hanger’s Horsemen-Trilogie vorgelegt, der den Leser in das 19. Jahrhundert zurückreisen lässt, um dort dem rechtschaffenden Cowboy Luke Davenport bei seinem Auftrag über die Schulter zu sehen und nicht nur eine Romanze, sondern auch einen spannenden Krimi mitzuerleben. Der flüssige, farbenfrohe und gefühlvolle Erzählstil zaubert sofort ein lebhaftes Kopfkino vor dem inneren Auge des Lesers, während dieser nicht nur auf Luke trifft, sondern auch Damaris Baxter kennenlernt, die nach dem Mord an ihrem Bruder ihren Neffen ohne Vorbehalte bei sich aufnimmt. Dass ihr persönlich doch noch die große Liebe begegnen wird, daran glaubt Damaris nicht mehr. Umso mehr setzt sie sich nun für ihren Neffen Nate ein und versucht, ihm Geborgenheit und Sicherheit zu geben, da es seine verstorbenen Eltern nicht mehr können. Nate sinnt auf Rache und will unbedingt den Mörder seines Vaters finden. Dabei hält er nicht nur seine Tante Damaris in Atem, sondern bringt auch Luke dabei in Gefahr, so dass er schwer verletzt wird. Während Damaris sich aufopferungsvoll um Lukes Genesung kümmert, kommen sich die beiden schnell näher. Beide haben bereits einige Schicksalsschläge verkraften müssen und setzen sich für andere ein, wobei ihnen ihr Glaube eine große Quelle der Hoffnung ist. Die Autorin hat ein besonderes Geschick, nicht nur die Örtlichkeiten sehr bildhaft zu beschreiben, sondern auch die Spannung innerhalb der Handlung immer weiter zu steigern. Der Leser steht an Lukes Seite und versucht gemeinsam mit ihm, die Übeltäter zu finden. Der christliche Aspekt kommt in der Geschichte sehr gut zum Tragen, geht es doch um Hoffnung, Mitmenschlichkeit und Nächstenliebe.
Die Charaktere sind authentisch gezeichnet und können den Leser mit ihren menschlichen Eigenheiten sowie ihrer Lebendigkeit sofort für sich einnehmen, der sich ihnen nur zu gern auf Schritt und Tritt folgt, um mit ihnen ein Abenteuer zu erleben. Damaris ist eine liebenswerte, zurückhaltende Frau. Von ihren eigenen Träumen hat sie sich schon lange verabschiedet, wirkt aber keineswegs verbittert, sondern öffnet für ihren verwaisten Neffen ihr Haus und ihr großes Herz, um sich selbstlos um ihn zu kümmern. Luke, der in seiner Vergangenheit so einiges ertragen musste, kann die Trauer und Wut von Nate gut nachvollziehen. Er ist ein in sich gefestigter Mann, der sich insgeheim nach einem Zuhause sehnt, dass er selbst nie gehabt hat. Luke ist hilfsbereit und kämpft für die Werte, die ihm wichtig sind. Nate ist ein Teenager, der seine Trauer und Wut kaum bändigen kann und oftmals um sich schlägt oder Dinge in Angriff nimmt, ohne darüber nachzudenken.
„Ein Cowboy für die Ewigkeit“ beschert einen wunderbaren Ausflug ins vergangene Jahrhundert und wird alle begeistern, die einen Handlungsmix aus Romanze und Krimi vor historischer Kulisse lieben. Witemeyer erzählt nicht nur farbenfroh und tiefgründig, sondern auch mit dem nötigen Gefühl und einer Botschaft. Absolute Leseempfehlung für eine herrliche Lektüre mit kostenlosem Kopfkino!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 02.04.2023
Zwischen den Zeilen / Die Repoterin Bd.1
Simon, Teresa

Zwischen den Zeilen / Die Repoterin Bd.1


ausgezeichnet

Alle Träume können wahr werden, wenn wir den Mut haben, ihnen zu folgen. (Walt Disney)
1962 München. Marie Graf ist ihren Eltern eine folgsame Tochter, aber statt nach dem Pharmaziestudium in die Drogerie der Familie einzusteigen, träumt sie heimlich von einem Leben als Reporterin, immer am Puls der Zeit, um ihre Leser auf den neuesten Stand zu bringen. Das Angebot für ein Praktikum bei einer neu erscheinenden Zeitung bringt Marie dazu, ihr bisher behütetes Leben auf den Kopf zu stellen, mit ihren Eltern zu brechen, um endlich auf eigenen Beinen zu stehen. Marie, die sich als Malou neu erfindet, kämpft für ihren Lebenstraum und muss auf dem Weg zum Ziel so einige Stolpersteine überwinden. Dabei erwirbt sie sich nicht nur berufliche Anerkennung und Respekt, sondern auch mehr Selbstvertrauen als Gesellschaftskolumnistin, bei der die Stars ins Plaudern kommen. Aber wer hoch steigt, kann auch tief fallen, denn ein tief vergrabenes Familiengeheimnis droht Maries erkämpften Traum zerplatzen zu lassen…
Teresa Simon hat mit „Zwischen den Zeilen“ den ersten Teil ihrer historischen Reporterin-Dilogie vorgelegt, der neben einer mitreißend erzählten Handlung auch einen hervorragend recherchierten Hintergrund zu bieten hat und den Leser schon mit wenigen Zeilen in die 60er Jahre des vergangenen Jahrhunderts katapultiert. Flüssig-leicht und emotional und farbenprächtig landet der Leser im Jahr 1962 an Maries Seite, die sich bisher den Wünschen ihrer Eltern fügt, obwohl sie innerlich nach ganz anderem strebt. Drogerie und Eintönigkeit sind so gar nicht ihr Ding, lieber der Geruch von Druckerschwärze und der Geräuschpegel wuselnder Reporter, die der nächsten Schlagzeile hinterherjagen. Marie ergreift mutig die einzige Chance, die sich ihr auftut und kämpft sich über den Sportresort die Karriereleiter hinauf, wobei sie oftmals belächelt wird und so mancher Kollege ihr ein Bein stellt. Doch am Ende ist als Gesellschaftskolumnistin im schreibenden Olymp angekommen mithilfe einiger Förderer, die ihr Potential erkannt haben. Simon lässt nicht nur den historischen Hintergrund mit Kuba-Krise, den Beatles und vielen damals bekannten Berühmtheiten für den Leser wieder lebendig werden, sondern zeigt auch ein Abbild der damaligen Gesellschaft auf, in der die Rolle der Frau klar definiert war. Während Maries Eltern Teil der gebeutelten Kriegsgeneration sind und nur das Beste für ihr Kind wollen, können sie mit dem Freiheitsdrang und dem Wunsch nach Selbstbestimmung ihrer Tochter aber nichts anfangen. Marie befreit sich von dem engen Korsett, dass ihre Eltern ihr auferlegt haben, und ist fortan für sich selbst verantwortlich.
Die Charaktere sprühen vor Lebendigkeit und überzeugen mit glaubwürdigen Ecken und Kanten, die den Leser sofort in ihren Bann ziehen und dieser ihnen fortan nicht mehr von der Seite weicht. Marie ist wohlbehütet aufgewachsen und mit Anfang 20 eine recht naive Träumerin. Sie ist liebenswert, wagt sich mutig in die Eigenständigkeit, die sich als harte Schule fürs Leben erweist und Marie an ihren Lehren wachsen lässt. Freundin Roxy ist flippig, unberechenbar und neben Onkel Julius ihre größte Unterstützerin. Oft genug gibt sie Marie einen Tritt, damit diese endlich wach wird und ihr Wünsche in die Tat umsetzt. Ebenso spielen Freddy Krenkl und Viktor Bárthoy wichtige Rollen in Maries Karriere und in dieser Geschichte.
„Zwischen den Zeilen“ spendiert mit einer fesselnden Handlung vor historischem Hintergrund eine Traumlektüre nebst farbenfrohem Kopfkino. Mit einem unwiderstehlichen Mix aus Freundschaft, Familiengeheimnis, Liebe, Neid und Karrierekampf sowie starken Protagonisten schafft es die Autorin, den Leser von A-Z an die Seiten zu fesseln und dabei die 60er Jahre mit all seinen Facetten mitzuerleben. Absolute Leseempfehlung für ein Highlight 2023!

10 von 10 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 26.03.2023
Die Erbin des Bernsteinzimmers
Büchle, Elisabeth

Die Erbin des Bernsteinzimmers


ausgezeichnet

Wenn du ein Geheimnis bewahren willst, musst du es auch vor dir verstecken. (George Orwell)
Ein Pflegeheim ist die Endstation für Josefines todkranken 98-jährigen Großvater Johannes, der als einziger von ihrer Familie übrig ist. Während einer ihrer Besuche trifft sie dort auf ihren ehemaligen Schulkameraden Fynn, der sich inzwischen einen Namen als Schatzsucher gemacht hat. Fynn glaubt fest daran, dass Josefines Großvater den Verbleib des Bernsteinzimmers kennt, das im zweiten Weltkrieg von den Nazis geraubt und versteckt wurde. Fynn hofft darauf, einige persönliche Informationen zu bekommen, wo sich eine Suche für ihn lohnen würde. Josefine ist wie vor den Kopf geschlagen ob all dieser Erkenntnis und traut ihren Ohren kaum, als ihr Großvater ihnen tatsächlich einige Hinweise offenbart, bevor er für immer die Augen schließt. Josefines Neugier ist entfacht, zumal ihr Großvater auch an alte Kindheitserinnerungen in ihr geweckt hat. Sie schließt sich Fynn und seinem Freund Paul an, um den Hinweisen nachzugehen und das in der Vergangenheit verschollene Bernsteinzimmer wieder ans Tageslicht der Gegenwart zu holen…
Elisabeth Büchle hat mit „Die Erbin des Bernsteinzimmers“ einen sehr unterhaltsamen Roman vorgelegt, der den Leser nicht nur mit einer spannenden Schatzsuche in der Gegenwart unterhält, sondern auch ihn auch in die Vergangenheit abtauchen lässt, um sich während des 2. Weltkrieges an die Fersen von Josefines Großvater zu heften. Der flüssige, farbenprächtige und gefühlvolle Erzählstil katapultiert den Leser schon mit wenigen Worten in die Geschichte hinein, wo er Josefine auf ihren schweren Gang ins Pflegeheim zu einem Besuch bei ihrem Großvater begleitet und dort auch auf Fynn trifft, der regelrecht auf sie gewartet hat, um über sie an Johannes zu kommen. Josefine umweht die Angst, ihren letzten Familienangehörigen zu verlieren. Während Fynns Informationen sie noch den Kopf schütteln lassen, lauscht sie ungläubig, als ihr Großvater einiges aus der Vergangenheit preisgibt, denn sie hat das Gefühl, ihre Familie auf einmal nicht mehr zu kennen. Die gemeinsame Spurensuche mit Fynn und dessen Freund Paul in der Gegenwart 2018 wechselt sich ab mit der Vergangenheit, wo der Leser die Geschichte von Johannes und dessen Sohn Helmut, Josefines Onkel, kennenlernt, die sich im Jahr 1941 in Königsberg ereignet hat. Helmut war in Russland an der Kriegsfront und ist seitdem ein gebrochener Mann, denn nicht nur die Taten der SS sind spurlos an ihm vorübergegangen. Bildgewaltig lässt die Autorin die Unmenschlichkeit des Krieges, den regelrechten Raub an der Bevölkerung Königsbergs sowie die Abgebrühtheit der Nazis in ihrem Wirken vor dem Auge des Lesers lebendig werden. Ständig wechselnde Perspektivwechsel geben dem Leser die Möglichkeit, nicht nur die Sicht von Josefine, Fynn und Paul zu erfahren, sondern auch von Helmut, Johannes und einigen anderen wichtigen Protagonisten. Dadurch steigert sich der Spannungswechsel enorm und der Leser darf nicht nur miträtseln, sondern bekommt während der Lektüre dazu ein wunderbares Kopfkino spendiert.
Die Charaktere sprühen vor Leben und überzeugen durch ihre menschlichen Ecken und Kanten. Der Leser fühlt sich sofort als unsichtbarer Teil von ihnen, fiebert mit Josefine und Fynn, leidet mit Helmut, Johannes und vielen anderen. Josefine ist nach außen eine eher pragmatische, zurückhaltende Person, aber innerlich ist sie fast ängstlich zu nennen, denn mit dem Tod ihres Großvaters hat sie keine Familie mehr. Sie besitzt eine gesunde Neugier und während der Suche mit Fynn und Paul entwickelt sie mehr Selbstvertrauen und kommt aus sich heraus. Fynn ist ein liebenswerter Abenteurer, ein Hansdampf mit dem Herz am rechten Fleck. Paul ist immer für einen Spruch zu haben und ebenfalls sehr sympathisch. Aber auch Johannes, Helmut, Charlotte und einige andere tragen viel zu der Handlung bei.
„Die Erbin des Bernsteinzimmers“ ist ein wunderbar fesselnder Roman, der Familiengeschichte, Geheimnisse, akribisch recherchierten historischen Hintergrund sowie eine sich abzeichnende Romanze in sich vereint. Ein wahrer Leckerbissen für alle, die ausgezeichnet miteinander verwobene Zeitebenen zu schätzen wissen und sich gern in Geschichten verlieren. Absolute Leseempfehlung für ein Highlight 2023 – Chapeau!!!

4 von 4 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 26.03.2023
Hinter dem falschen Glanz / Schloss Liebenberg Bd.2
Caspian, Hanna

Hinter dem falschen Glanz / Schloss Liebenberg Bd.2


sehr gut

Schnelle Rach' und jäher Zorn haben manch gut Spiel verlor'n. (Sprichwort)
20. Jh. Brandenburg. Der Tod ihrer Mutter ist für Adelheid ein herber Schlag, denn nicht nur der persönliche Verlust macht ihr zu schaffen, sondern einmal mehr kommt es nun auf sie an, die Familie durch ihre Anstellung auf Schloss Liebenberg zu versorgen. Die Arbeit im Schloss fällt Adelheid zusehends schwerer, zu groß ist ihre Wut auf die Fürstin, der sie den Tod der Mutter anlastet. Ein halbverkohlter Brieffund im Kamin spielt Adelheids Rachegelüste in die Hände. Sie nutzt die Gunst der Stunde, um daraus Profit zu ziehen, um ihre Familie zu unterstützen. Doch dann muss Adelheid selbst feststellen, dass sie mit ihrer Aktion selbst zwischen die Fronten geraten ist und nichts ist, wie es scheint…
Hanna Caspian hat mit „Hinter dem falschen Glanz“ den zweiten Band ihrer Schloss Liebenberg-Trilogie vorgelegt, der nahtlos an den ersten Teil anschließt und dem Leser erneut Einlass in den Dienstbotentrakt der adligen Herrschaften von Eulenberg gewährt, wo er sich unter sie mischen darf und dabei allerlei Intrigen, Geheimnisse und Gehässigkeiten miterlebt. Der farbenfrohe, flüssig-leichte und packende Erzählstil lässt den Leser schnell ins vergangene Jahrhundert zurückreisen, um als unsichtbarer Schatten Adelheid über die Schulter zu sehen. Adelheids Wut über die Fürstin ist auch für den Leser spürbar, ihr Sinnen nach Rache völlig verständlich, jedoch ist dies nie ein guter Ratgeber. So tappt Adelheid auch schnell bei der Aussicht, die Versorgung ihrer Familie zu sichern und gleichzeitig Vergeltung zu üben, in die Falle, die ihr Gewissen am Ende noch mehr plagen wird. Während die Autorin die historisch belegte Eulenburg-Affäre sehr gut mit ihrer Handlung verbindet, erlebt der Leser ein adliges Haus in Aufruhr, denn hier geht es nicht nur um verbotene Beziehungen, sondern auch um geschickt gestreute Gerüchte und bösartige Intrigen, die so manchen die Reputation kosten. Aber nicht nur der Ruf der adligen Herrschaften ist in Gefahr, auch unter den Dienstboten graben sie sich gegenseitig das Wasser ab. Jeder ist sich selbst der nächste und um bestmöglich Profit zu machen, müssen andere dafür herhalten. Wechselnde Perspektiven geben nicht nur einen guten Rundum- und Einblick verschiedenster Protagonisten, sondern steigern gleichzeitig die Spannung der Geschichte, weshalb sich der Leser kaum von den Seiten lösen kann, welche ihm ein buntes Kopfkino bescheren.
Die Charaktere wurden weiter entwickelt, wirken auf den Leser lebendig und authentisch, was es ihm leicht macht, sich an ihre Fersen zu heften. Adelheids anfängliche Naivität ist durch den Tod der Mutter fast verschwunden, vielmehr wirkt sie erwachsener, ihre Rachegelüste treiben sie allerdings an und lassen sie verschlagen wirken. Fast kann sie sich messen mit einigen ihrer gewieften Kollegen. Hedda ist ihr eine gute und ehrliche Freundin geworden, ihre Ratschläge sind für Adelheid Gold wert, ist sie doch clever und gewitzt, sich ihre eigenen Vorteile zu verschaffen. Lydia ist eine intrigante Person, der man baldmöglichst mal die Giftzähne ziehen müsste. Aber auch der leider etwas farblose Viktor, der widerliche Opitz, aber auch der vergnügungssüchtige, verantwortungslose Fürst sowie einige andere Protagonisten mischen die Handlung auf.
„Hinter dem falschen Glanz“ unterhält mit Geheimnissen, Intrigen, Rachegelüsten sowie einem Skandal. Hier ist wirklich nicht alles Gold, was glänzt, denn hinter den Schlossmauern knallt es ganz gewaltig. Fesselnde Lektüre aus der Sicht der Dienstboten mit fundierter historischer Hintergrundrecherche, die den Leser das Buch kaum aus der Hand legen lässt. Verdiente Leseempfehlung!

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