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Leserin

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Insgesamt 177 Bewertungen
Bewertung vom 26.01.2021
Das Windsor-Komplott / Die Fälle Ihrer Majestät Bd.1
Bennett, S J

Das Windsor-Komplott / Die Fälle Ihrer Majestät Bd.1


gut

„Man hatte genug Ärger mit der eigenen Familie“.

Sophia Bennett ist primär als Jugendbuchautorin bekannt. Als SJ Bennett wagt sie mit „Das Windsor Komplott“ den Genrewechsel – Biographische Fiktion meets Cosy Crime!
Worum geht’s?
Großbritannien, 2016:
Auf Schloss Windsor feiert die Königin von England ihren 90. Geburtstag. Anwesend ist die Crème de la Crème: Der Erzbischof von Canterbury, Dame Helen Mirren, Sir David Attenborough. Am nächsten Morgen folgt jedoch ein böses Erwachen – der junge russische Pianist Max Brodsky wird in pikanter Pose tot im Kleiderschrank aufgefunden.
Als die britische Polizei und der MI5 bei den Ermittlungen auf Granit beißen (hat womöglich Wladimir Putin höchstpersönlich einen „Schläfer“ nach GB entsandt?) muss Königin Elizabeth II die Dinge selbst in die Hand nehmen. Gemeinsam mit ihrer Privatsekretärin Rozie versucht die Queen, Licht in’s Dunkel zu bringen…

„Das Windsor Komplott“ ist der Auftaktband zu einer neuen Reihe. Die königliche Familie steht im Fokus, der eigenwillige Humor von Prinz Philip kommt nicht zu kurz, wird dem Original jedoch nicht gerecht. Auch die weltweite (Polit)Prominenz wird genannt, der amerikanische Expräsident Barack Obama und seine Ehefrau Michelle spielen natürlich auch eine Rolle. Der Roman ist ein Schmankerl für Fans der Serie „The Crown“, aber man sollte nicht alles, was Teil der Geschichte ist, für bare Münze nehmen, die Autorin arbeitet teils mit Klischees. Es ist bekannt, dass Königin Elizabeth sehr tierlieb ist, es ist also nicht verwunderlich, dass die britische Regentin im Roman als passionierte Reiterin dargestellt wird. Es gibt nette Szenen in der Geschichte, vor der Lektüre hatte ich jedoch mit einer skurrilen, schwarzhumorigen story gerechnet. „Das Windsor Komplott“ ist nicht unbedingt ein Spannungskracher, und irgendwie waren mir manche Passagen zu „zeitgeistig“. Als Autorin hätte ich die Geschichte definitiv gestrafft.
Ich finde es auch schade, dass in der deutschen Übersetzung die Implikationen des englischen Originaltitels verloren gehen. Eine Krawatte spielt eine nicht unerhebliche Rolle im Krimi, außerdem ist diplomatisches Fingerspitzengefühl gefragt, um „den Knoten zu lösen“. Meines Erachtens werden die Feinheiten des Titels “The Windsor Knot“ durch die deutsche Übersetzung („Das Windsor Komplott“) nicht tradiert.

Fazit:

„Das Windsor Komplott“ von SJ Bennett ist ein solider, durchaus unterhaltsamer Auftaktband zu einer neuen Reihe.

Bewertung vom 04.01.2021
Miss Bensons Reise
Joyce, Rachel

Miss Bensons Reise


sehr gut

"Ich würde den Käfer gern nach meinem Vater benennen. Bensons Käfer. Dicranolaius bensoni.“



England, 1950.

Der Zweite Weltkrieg hat tiefe Wunden geschlagen. Margery Benson hat nicht nur ihre Brüder im Krieg verloren; auch ihr Vater ist auf tragische Art und Weise um’s Leben gekommen, da er den Verlust seiner Söhne nie verwunden hat. Die Mutter starb eines natürlichen Todes.

Die einsame Mittvierzigerin arbeitet in Großbritannien als Lehrerin und fristet ein recht tristes Dasein. Ein unerfreulicher Vorfall wirkt jedoch wie ein Weckruf auf den Single – fünf Jahre nach Ende des WK II beschließt sie, endlich einen langgehegten Traum zu verwirklichen: In Neukaledonien hofft sie, den goldenen Käfer zu finden. Ihr Vater hatte ihn ihr einst in einem Naturkundebuch gezeigt. Im Nachkriegsengland gilt es für eine Frau als unschicklich, allein zu reisen, und so beschließt die Protagonistin, dass eine Reisebegleitung gefunden werden muss. Es meldet sich ausgerechnet Enid Pretty, ein Jayne – Mansfield – Verschnitt, dessen Mundwerk nie still zu stehen scheint. Das hatte sich „Miss Benson“ ganz anders vorgestellt! Die junge Enid ist nicht die distinguierte Akademikerin, die die alleinstehende (selbsternannte) Naturforscherin im Sinn hatte. Ms Pretty ist jedoch „Erfroit zu akseptiren.“ Das ungleiche Paar tritt also die Reise auf einem Dampfer nach Australien an – nicht ahnend, dass die Expedition den Beginn einer wunderbaren Freundschaft markieren soll…



Ein auktorialer Erzähler führt durch „Miss Bensons Reise“. Der Roman ist spannend und abwechslungsreich, es gibt überraschende Wendungen. Auf humorvolle Art und Weise wird der Wert der Freundschaft beschworen; gemeinsam gelingt es den Frauen, über sich selbst hinauszuwachsen & ihre Träume zu verwirklichen. Es ist nie zu spät, um das Leben zu leben, das man (in diesem Fall frau) sich erträumt hat!



Rachel Joyce präsentiert mit „Miss Bensons Reise“ einen ganz besonderen Abenteuerroman: Zwei wackere Frauen stehen ihren Mann, wenn man so will; und obwohl die Autorin teils mit Tropen arbeitet, ist die Geschichte meines Erachtens nicht vorhersehbar.



Fazit:

Ich habe das Buch mit großem Vergnügen gelesen

- „Miss Bensons Reise“ von Rachel Joyce ist eine unglaublich unterhaltsame Geschichte nicht ohne Tiefgang, die ich gerne zur Lektüre empfehle.

Bewertung vom 11.12.2020
Kissing Chloe Brown / Brown Sisters Bd.1
Hibbert, Talia

Kissing Chloe Brown / Brown Sisters Bd.1


sehr gut

„Fünfundneunzig Kilo Frau“ – das ist die Brillenträgerin & Webdesignerin Chloe Sophia Brown. Die Afrobritin kommt aus einer wohlhabenden Familie. „Chlo“ ist chronisch krank, Fibromyalgie lautet die Diagnose, die sie nach einer Ärzte- Odyssee erhält. Als sie mit 31 Jahren einen Autounfall hat, wirkt dieses Ereignis wie ein Weckruf auf sie – sie beschließt, sich nicht mehr von ihrer Krankheit einschränken zu lassen, sondern das Leben in vollen Zügen zu genießen.
Daher erstellt sie eine To-Do – Liste. Erster Punkt auf der Liste – eine eigene Wohnung.
Redford Morgan ist Hausmeister in Chloes Wohnblock, zunächst hält er die abweisende Mieterin für eine verwöhnte Upper-Class-Göre. Als Chloe ein Kätzchen rettet, und „Red“ Morgan ihr zu Hilfe kommt, lernen die beiden sich kennen. Chloe will sich betrinken, Motorrad fahren, die Punkte auf ihrer Wunschliste für ein erfülltes, mutiges Leben abhaken. Der Biker Red willigt ein, ihr dabei zu helfen und verliebt sich dabei in die Frau, die er anfangs unausstehlich fand…
Die Autorin Talia Hibbert leidet selbst an einer chronischen Krankheit & sie gehört zur schwarzen community.
Mit „Kissing Chloe Brown“ (der englische Titel „Get a life, Chloe Brown“ gefällt mir viel besser) präsentiert sie daher keine Sick-Lit oder Inspiration Porn im Stil einer Jojo Moyes. Chloes Krankheit ist insofern kein Element, das dazu dienen soll, den potentiellen Leser aufzuwerten. Dies gefiel mir gut. Die Schilderung von Chloes Gesundheitszustand ist wohl realistisch, Hibbert zeigt auch auf, dass eine chronische Krankheit oft in’s soziale Abseits führt, leider versäumt sie es, zu zeigen, dass viele chronisch kranke Menschen neben gesundheitlichen Problemen oft auch mit einem finanziellen Abstieg zu kämpfen haben, der die Isolation verstärken kann. Chloes Familie ist angesehen & wohlhabend, sie selbst verdient als Webdesignerin sehr gut, kann sich ein Auto und eine Wohnung leisten. Chloes Familie unterstützt sie, es gibt die exzentrische Oma, die besorgte Mutter und die quietschfidelen Schwestern. Diese Figurenkonstellation hat mich etwas genervt, um ehrlich zu sein. Die Autorin arbeitet auch mit Tropen, die den Roman vorhersehbar machen. Wie oft hat man schon etwas über Protagonisten gelesen, die eine Wette abschließen, oder eine Liste abarbeiten (die sich im Verlauf der Geschichte als problematisch erweisen soll)?
Chloe ist eine klasse Protagonistin, eine Figur mit Ecken & Kanten. Red Morgan hingegen ist eine Figur, die fast zu gut ist, um wahr zu sein, solche Menschen gibt es in der Realität gar nicht. Er ist ein tätowierter Adonis, ein sensibler, einfühlsamer, hilfsbereiter Mensch; außerdem ein toller Liebhaber. Es ist seine Virilität, die Chloe anzieht, und sein unbedingter Wille, ihre Normalität auch als die seine zu akzeptieren. Die Anziehungskraft, die entsteht, wenn zwei Menschen auf einer Wellenlänge liegen, beschreibt die Autorin perfekt. Es ist gut, dass sie ihre Protagonistin nicht als asexuelles Wesen beschreibt, sondern ihrer Figur „erlaubt“, Lust zu empfinden & einen schönen Mann zu begehren. Chloes Überempfindlichkeit erweist sich in Liebesdingen nämlich als Pluspunkt, was nicht unplausibel ist. Aber es ist nicht ganz logisch, dass sie sich Red mehr oder weniger ohne Komplexe zeigen kann. Red findet Chloe heiß, er schwärmt von ihrem „Rokoko-Gesicht“. Es gibt sehr explizite Liebesszenen im Roman. Die Sprache in den Passagen (bzw. die deutsche Übersetzung) ist sicher Geschmackssache. Die Erotik trägt in gewisser Weise zur Figurenentwicklung bei, daher fand ich sie passend, auch wenn ich mich darüber wunderte, dass Chloe kein Problem mit Reizüberflutung zu haben schien.
Red, der auf Chloe sehr selbstbewusst wirkt, hat schlechte Erfahrungen gemacht ( es ist faszinierend, wie die Autorin Geschlechterstereotype in Reds Geschichte außer Kraft setzt), die ihn verletzlich machen.
Insgesamt hätte Talia Hibbert aber mehr aus der Geschichte machen können, die ich trotz stilistische Schwächen s

Bewertung vom 02.12.2020
Aus dem Schatten des Vergessens / Victor Lessard Bd.1
Michaud, Martin

Aus dem Schatten des Vergessens / Victor Lessard Bd.1


gut

„Aus dem Schatten des Vergessens“ von Martin Michaud ist eigentlich der dritte Teil einer Reihe, vor der Lektüre war mir das nicht klar, denn ich hatte Schwierigkeiten, in die Geschichte „einzusteigen“. Das passiert mir nicht oft. Dabei gibt es rein handwerklich nicht viel am Roman zu meckern, auch wenn ich mit den Figuren nicht wirklich warm geworden bin & den Plot zu Beginn als regelrecht „sperrig“ empfunden habe. Wie in vielen anderen Krimis gibt es auch hier ein Ermittlergespann: Sergent-Détective Victor Lessard und sidekick Jacinthe Taillon. Die Protagonisten sind konventionell - unkonventionell gezeichnet, Lessard ist der Cop mit Problemen, Taillon fast eine Karikatur.
Punkten kann die story mit ihrer frankokanadisch – kalten Atmosphäre & dem fein ziselierten Handlungsverlauf; Circa ab der Mitte kommt richtig Spannung auf. Der Mord an JFK ist immer für Spekulationen gut.

Das Grundgerüst der Geschehnisse in Kürze:
Schauplatz Montreal – die bekannte Psychologin Judith Harper wird am Tag vor ermordet. Zeitgleich verschwindet ein renommierter Anwalt (Nathan Lawson). Zuvor hatte er hektisch Dokumente auf einem Friedhof vergraben.
Im Mantel eines toten Clochards werden die Portemonnaies von Lawson & Harper gefunden, die Verwirrung ist jedoch perfekt, als der Polizei eine Tonbandaufnahme zugespielt wird, auf der die Stimme von Lee Harvey Oswald, dem (vermeintlichen) Kennedy-Mörder, zu hören ist…

Als Leser/in sollte man für den Thriller aus Michauds Feder etwas Geduld mitbringen, denn es dauert, bis die story richtig in Fahrt kommt. Dann wird es aber spannend und komplex. Die winterliche Atmosphäre spiegelt sozusagen die menschliche Kälte wider; Abgründe tun sich auf. Über mangelnde Raffinesse konnte ich mich nach gewissen Anlaufschwierigkeiten glücklicherweise nicht beklagen.

Fazit:
Ich vergebe drei von insgesamt 5 möglichen Sternen.
In der deutschen Übersetzung wird aus Band drei der erste Band einer Reihe; zwei Folgebände auf Deutsch sind schon in Planung.
„Aus dem Schatten des Vergessens“ ist ein solider Thriller, ich bin jedoch nicht sicher, ob ich die anderen Teile der Reihe auch lesen werde.

Bewertung vom 19.11.2020
Teatime mit Lilibet
Holden, Wendy

Teatime mit Lilibet


sehr gut

England, 1932.
Die Schottin Marion Crawford möchte als Lehrerin die Welt verbessern, sie begeistert sich für sozialistische Ideen, daher möchte sie vor allem Kindern aus Slums helfen. Doch es kommt anders – sie wird zur Hauslehrerin der englischen Prinzessinnen Margaret und Elizabeth. Die engagierte junge Frau möchte den blaublütigen Mädchen das wahre Leben zeigen, sie besucht mit ihnen ein öffentliches Schwimmbad, sie fährt mit den Mädchen Bahn und sie nimmt sie mit ins Kaufhaus. „Crawfie“ soll insgesamt sechzehn Jahre am englischen Hof verbringen. Dabei bleiben ihre eigenen Wünsche auf der Strecke – sie bleibt unverheiratet und kinderlos …

Wendy Holdens Roman basiert auf Crawfords Publikation „Little Princesses“. Die Autorin vermengt Fakten mit Phantasie, wie es eben im Genre Biographische Fiktion üblich ist. Daher sollte man nicht alles, was in „Teatime mit Lilibet“ überliefert ist, für bare Münze nehmen.
Das Leben von Königin Elizabeth II fasziniert viele Menschen, die Netflix-Serie “The Crown“ umfasst bereits vier Staffeln, der Film “The Queen“ war im Jahr 2006 ein Erfolg, auch der Film „A Royal Night Out – Ein königliches Vergnügen (2015)“ stellt Elizabeth & Margaret in den Mittelpunkt.
Zwar steht in Holdens Roman eine Gouvernante im Fokus, aber man erhascht als Leser dennoch einen Blick hinter die Palastmauern, erfährt vor allem etwas über die Kindheit der britischen Regentin. Manches ist nicht unbedingt neu – Margaret wird natürlich als temperamentvolle Exzentrikerin porträtiert, Queen Mum als willensstarke, gar halsstarrige Matriarchin gezeigt. Die Angestellte Crawford wird quasi von heute auf morgen ausgemustert - der Hof verlangte schon in den 1930er Jahren absolute Loyalität von seinen Angestellten, heute müssen sie wohl NDAs unterzeichnen.
„Teatime mit Lilibet“ dürfte nicht nur Royalisten begeistern; ich muss jedoch anmerken, dass ich Wendy Holdens Stil recht einfach und fast etwas hölzern fand. Formal ist der Roman in vier Teile gegliedert, die Kapitel sind kurz und erleichtern so die Lektüre.

Fazit:
„Teatime mit Lilibet“ ist ein unterhaltsamer Mix aus Fakten & Fiktion.
Eine interessante Zeitreise auf den Spuren des britischen Hochadels. Im Fokus steht jedoch eine Frau aus dem Volk – Marion Crawford. Insofern ist der Originaltitel (“A Royal Governess“) passender.

Bewertung vom 17.11.2020
Aller guten Dinge sind zwei
McFarlane, Mhairi

Aller guten Dinge sind zwei


gut

RomCom in Buchform

Die 36jährige Laurie „Loz“ Watkinson fällt aus allen Wolken, als ihr Partner Dan ihr nach 18 Jahren Beziehung den Laufpass gibt. Dabei hatte die Juristin, die ihre biologische Uhr schon ticken hörte, sich ein Kind von dem Heiratsmuffel gewünscht. Zu allem Überfluss arbeiten Dan und Laurie beide in einer Kanzlei in Manchester. Laurie will das Feld nicht kampflos räumen, zumal ihr Ex bereits eine neue (schwangere!) Freundin hat. Also geht sie zum Schein eine Beziehung mit dem gutaussehenden Casanova Jamie ein, der das Ganze als Karriere-Booster nutzen will – Laurie ist eines der besten Pferde im Stall von Salter & Rowson, ihr guter Ruf kann für den Kollegen nur von Vorteil sein. Doch die Dinge entwickeln sich anders als erwartet …

„Aller guten Dinge sind zwei“ ist die perfekte Lektüre für die U-Bahn. Die Kapitel sind kurz, der Stil ist einfach, aufgelockert wird das Ganze durch Textnachrichten und Ähnliches, was einerseits bewirkt, dass man das Gefühl hat, mittendrin statt nur dabei zu sein. Da es keine Ich-Erzählerin gibt, wird andererseits eine gewisse Distanz zum Leser aufgebaut. Die Autorin hat aber ein Händchen für alltägliche Situationen und lebensnahe Dialoge. Die Figurenzeichnung hätte dennoch einen Tick mehr Tiefgang vertragen; teilweise wirkt der Roman auf mich wie am Reißbrett entworfen, natürlich ist jede fiktionale Geschichte ein Stück weit konstruiert, bei einem guten Buch fällt das allerdings nicht auf. In McFarlanes story gibt es die verrückte beste Freundin, den treulosen Ex und den arroganten Schönling. Mir ist natürlich klar, dass stereotype Erzählelemente keine Seltenheit in diesem Genre sind, über ein wenig mehr Raffinesse (und Romantik!) hätte ich mich dennoch gefreut. Die Vorhersehbarkeit der Handlung störte mich jedoch nicht. Die Diversität der Figuren ist das große Plus des Romans, sie bildet sehr schön die Realität moderner Großstädte ab, Lauries Kollege Bharat etwa ist ein Sikh, ich frage mich jedoch, ob die weiße Autorin die Erfahrungen afrobritischer Frauen wirklich nachvollziehen kann (Laurie hat eine schwarze Mutter & einen weißen Vater).
Die Erzählung bietet gute Unterhaltung, als Autorin hätte ich die Geschichte jedoch etwas gestrafft.

Fazit:

Chick-Lit mit kleinen Schwächen. „Aller guten Dinge sind zwei“ von Mhairi McFarlane ist eine locker-leichte Lektüre für Zwischendurch.

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Bewertung vom 06.11.2020
Die Romanfabrik von Paris
Husemann, Dirk

Die Romanfabrik von Paris


ausgezeichnet

Toller Schmöker


Paris 1850.

Anna Gräfin von Dorn (geborene Moll) aus Karlsruhe sucht in der französischen Metropole eine Anstellung als Hauslehrerin. Als ihr im Haus ihrer Arbeitgeber eine Zeitung mit den Fortsetzungsgeschichten von Alexandre Dumas in die Hände fällt, ist sie entsetzt. Die Geschichten sind der der sittenstrengen Frau zu freizügig. Dumas betreibt eine „Romanfabrik“, in welcher Lohnschreiber die Gedanken des Meisters zu Papier bringen, und da Anna mit Hilfe von Zensurbeamten das Schlösschen des beliebten Künstlers räumen lassen will, ist der Lebemann Dumas alles andere als begeistert. Als jedoch ein Scharlatan mit dem sprechenden Namen „Lemaitre“ in Frankreich sein Unwesen zu treiben beginnt, müssen Anna und Alexandre ihre Differenzen beilegen, um dem gemeinsamen Feind das Handwerk zu legen. Doch das ist leichter gesagt als getan, und so führt eine wilde Jagd die Protagonisten von Paris über London bis nach Sankt Petersburg…

„Die Romanfabrik von Paris“ (was für ein toller Titel!) ist ein historischer Roman, in welchem Dirk Husemann -wie die meisten Autoren dieses Genres- Fakten mit Fiktion vermengt. Die Lektüre hat mir viel Freude bereitet, weil die Figuren ihrer Zeit angemessen sprechen und handeln, anders als in anderen Romanen werden hier nicht Menschen mit Wertvorstellungen des 21. Jahrhunderts in die Vergangenheit „verpflanzt“. Die Handlung ist spannend und abwechslungsreich, ich habe mich beim Lesen keine Sekunde lang gelangweilt (meines Erachtens gibt es keine Längen in der Erzählung).

Anna ist eine gelähmte Frau, die sich einerseits nicht die Butter von Brot nehmen lässt, andererseits aber auch keine „Superheldin“ ohne charakterliche Schwächen ist, dies gefiel mir ausgesprochen gut. Dumas wird als liebenswerter Filou mit einem Hang zum Größenwahn porträtiert. Die Figurenzeichnung ließ mich oft schmunzeln - der Autor nähert sich der Legende Dumas mit Herz und Humor. Auch die Nebenfiguren sind gut ausgearbeitet. Man kann richtig in die story eintauchen und en passant auch etwas lernen, obwohl man den Roman aufgrund der historischen Freiheiten, die sich der Autor nimmt, nicht als geschichtswissenschaftliche Quelle verwenden sollte. Trotz seiner Popularität war Dumas aufgrund seiner dunklen Hautfarbe zu Lebzeiten ein Außenseiter in der französischen Gesellschaft, eine Aufnahme in die Académie Française wurde ihm zunächst verweigert. Den historischen Begriff „un nègre“ verwendet Dirk Husemann korrekt, und er erklärt die Verwendung des Terminus, ihm gelingt es so meines Erachtens, Unterhaltung auf hohem Niveau zu bieten, die sich eben nicht nur an frankophile (und frankophone) Literaturliebhaber und an ein akademisches Publikum wendet, sondern auch an Otto Normal, das finde ich klasse.

„Die Romanfabrik von Paris“ ist auch formal perfekt gegliedert, nur der Schlussteil wurde für mein Empfinden zu schnell abgehandelt. Glücklicherweise wird auf Kitsch und Pathos verzichtet, was mich angenehm überrascht hat.

Fazit:

Ich vergebe viereinhalb von fünf möglichen Sternen für die Geschichte. Dirk Husemanns Roman ist ein richtig schöner Schmöker, den ich gerne zur Lektüre empfehle. Auch das Nachwort ist ausgesprochen lesenswert!

Bewertung vom 03.11.2020
Zwischen Ruhm und Ehre liegt die Nacht
Petkovic, Andrea

Zwischen Ruhm und Ehre liegt die Nacht


sehr gut

Wenn man vom Kapitel „New York“ einmal absieht, werden hier im Kern die Erinnerungen eines Tennisprofis heraufbeschworen, dabei ist die Autorin noch jung. In nicht – linearer Weise werden episodenhafte Begebenheiten präsentiert. Das Buch ist unheimlich unterhaltsam und spannend, ich hatte es in wenigen Tagen ausgelesen und mich keine Sekunde lang gelangweilt. Teilweise berichtet Petković mit einer großen Portion Pathos, geht in Zimmer, die so „dunkel wie die Seele des Fausts“ sind. Meines Erachtens dominiert dieser Duktus im Buch aber nicht, auch wenn mich das Ceca – Songtext-Zitat irritierte.Vieles fand ich sehr hellsichtig und klug, wenn es etwa um die wahren Privilegien der Privilegierten ging. Andreas Wunsch nach Akzeptanz in der deutschen Gesellschaft werden viele Migrantenkinder nachvollziehen können. Die erste Hälfte der Publikation las sich meiner Meinung nach wie eine Rechtfertigung gegenüber Kritikern, dabei hat Andrea das gar nicht nötig, vor ihren Leistungen kann man nur den Hut ziehen. Ich fand es interessant, dass sich Andrea eher mit ihren serbischen als mit ihren bosnischen Wurzeln identifiziert (im Nachwort wird klar, dass sie sich eine jugoslawisch/deutsche Identität zuschreibt). Zwischen den Zeilen glaubte ich herauszulesen zu können, dass die Sportlerin den Aufsteigertraum ihrer Eltern Realität werden liess; bezeichnenderweise schreibt sie über anderer Leute Tennisväter.
Mit Sport habe ich eigentlich nichts am Hut, daher fand ich die Einblicke in die Tenniswelt spannend, auch wenn nicht immer Tacheles geredet und Manches eher angedeutet wird. Prominente Figuren wie Barbara Rittner, Angelique Kerber oder Rafael Nadal (Petković scheint ein großer Fan des Spaniers zu sein) tauchen auf. Wirklich beeindruckt war ich aber von Danica, einer Kollegin Andreas mit einem Herzen aus Gold, die den Sprung zum Tennisprofi wohl leider nicht geschafft hat, und von Rado, bei dem Andrea eine Reha absolvierte. Jeder, der glaubt, über aufgetakelte Russinnen oder aufgedonnerte Südosteuropäerinnen (wie Vojka) urteilen zu können, sollte Petkovićs Publikation lesen, da der wahrhaft feministische Ansatz der Autorin glaubwürdig ist. Sie zeigt auf, dass auch „westliche“ Frauen, egal wie erfolgreich sie in ihrem Metier auch sein mögen, einem strengen Schönheitsdiktat unterworfen sind, und dass auch im Sport puppenhaft aussehende Frauen Vorteile haben. Der gender pay gap wird thematisiert, das heiße Eisen „Transfrauen im Damensport“ wird aber nicht angefasst, dabei hätte mich die Meinung der Autorin dazu wirklich interessiert; Martina Navratilova wurde ungerechterweise für ihre klare Haltung kritisiert. Auch der angenehme finanzielle Aspekt des Spitzensports wird weitgehend ausgeblendet, die Autorin betont, sich alles hart erarbeitet zu haben, man erfährt jedoch, dass man als Promi besser behandelt wird, was erfrischend ehrlich ist. Petković berichtet von (psychischen und physischen) Krisen und Selbstzweifeln, als Leserin möchte man ihr zurufen, dass sensible Menschen (egal in welcher Branche) es leider generell schwerer haben als diejenigen, die über eine Roßnatur verfügen. Betroffen machten mich die Berichte über Ermüdungsbrüche und Verletzungspech.
Im Buch geht es aber nicht nur um Sport, auch Kunst und Literatur, Freundschaft, Herkunft und Liebe spielen eine Rolle. Die Ortswechsel (Australien, China, Amerika – you name it) machen Spaß, und obwohl Andrea behauptet, ein großes „Ego“ zu haben, wirkt sie sympathisch (obschon mir ihr Unwille, sich Reha – Geschichten von anderen Patienten anzuhören, suspekt war). Seit Erfindung des „Petko-Dance“ halte ich sie für eine Meisterin der Selbstvermarktung.
Das surreal wirkende Abschlußkapitel „New York“ liest sich wie ein Versatzstück aus einem Saša -Stanišić – Roman und soll wohl dazu dienen, die Publikation auch künstlerisch wertvoll wirken zu lassen, ich fand es redundant, da mich das Buch auch so überzeugt hat.
Ich vergebe 4,5 von insgesamt fünf möglichen Sternen und spreche eine Les

Bewertung vom 30.10.2020
Baskische Tragödie / Luc Verlain Bd.4
Oetker, Alexander

Baskische Tragödie / Luc Verlain Bd.4


gut

Auf der Flucht

„Doch das weiße Pulver schmeckte nicht süß. […] Es schmeckte nach fast nichts. Leicht bitter, irgendwie chemisch.“

„Baskische Tragödie“ von Alexander Oetker ist der vierte Teil einer Reihe rund um einen französischen Polizisten, Luc Verlain.
Die optische Aufmachung der Reihe mag ich sehr gern, ich fühle mich bei dem Blick auf’s Cover an mein altes Französischlehrbuch erinnert, die französischen Einsprengsel im Text machen auch Sinn.
Alexander Oetker war Frankreichkorrespondent, er kennt also die Grande Nation recht gut.

Worum geht’s?

Luc Verlain wähnt sich am Ziel seiner Träume: Seine Traumfrau (und Kollegin) Anouk erwartet ein Kind von ihm, das Leben könnte nicht schöner sein, das Paar malt sich eine rosige Zukunft aus.
Doch als ein kleiner Junge aufgrund von Drogen an einem Strand in der Aquitaine zu Tode kommt, ist es mit der Idylle vorbei. Immer neue Päckchen werden angespült; außerdem geht Luc einer Spur nach, die ins Baskenland führt. Doch dies erweist sich als schwerer Fehler: Verlaine wird des Drogenschmuggels bezichtigt und als Mörder festgenommen. Doch ihm gelingt die Flucht, und es beginnt ein Wettlauf gegen die Zeit…
„Baskische Tragödie“ ist ein spannender, temporeicher Frankreichkrimi. Obwohl es sich bei dem Band bereits um den vierten Teil einer Serie handelt, kann man den Roman auch gut als stand alone lesen (natürlich kann es auch nicht schaden, zuerst den Auftaktband „Retour“ und die folgenden Bände zu lesen). Man kann aus dem Text Rückschlüsse ziehen. Ich fühlte mich gut unterhalten, ich muss aber sagen, dass mir die Raffinesse einer Fred Vargas fehlte, oder (was fast noch wichtiger ist) die literarische Qualität der Krimis von Bernard Minier (ich denke an „Schwestern im Tod“). Manche Formulierungen in „Baskische Tragödie“ waren mir persönlich definitiv zu kitschig, sodass ich das Ganze fast ein wenig seicht fand („Ihre unglaublichen Beine, schlank und muskulös“).

Davon abgesehen ist „Baskische Tragödie“ aber ein solider Krimi.

Bewertung vom 30.10.2020
Mord in Highgate / Hawthorne ermittelt Bd.2
Horowitz, Anthony

Mord in Highgate / Hawthorne ermittelt Bd.2


ausgezeichnet

„Ich glaubte ihm kein Wort. Hawthorne war der Prototyp eines Einzelkämpfers.“

Ich liebe Metafiktion! Daher ist „Mord in Highgate“ genau das Richtige für mich. Der Privatdetektiv Daniel Hawthorne ermittelt wieder, zum zweiten Mal.


Worum geht’s?

Als der Promianwalt Richard Pryce tot in seinem Haus aufgefunden wird, scheint der Fall klar:
Die Tatwaffe? Eine Weinflasche (verwunderlich, wenn man bedenkt, dass Pryce Abstinenzler war), und die Tat wurde sogar in fiktionalisierter Form angekündigt, hatte doch die feministische Autorin Akira Anno seit ihrer Scheidung ein Hühnchen mit dem Opfer zu rupfen. Doch ein weiteres Verbrechen lässt die Ermittler bald zweifeln…

Ich habe bereits den ersten Teil der Reihe- „Ein perfider Plan“ - sehr gerne gelesen. Anthony Horowitz spielt bewusst mit den Erwartungen der Leser – Daniel Hawthorne ist ein Ex-Polizist, Holmes & Watson, Star und Sidekick, das kennt man bereits, die Protagonisten sind mitnichten best buddies, auch die Form ist altbewährt: Whodunit! Aber es gibt auch frische Figuren, etwa DI Cara Grunshaw.

Neu ist die metatextuelle Ebene, man muss dies als Leser jedoch mögen. Der Ich-Erzähler, ein True – Crime - Autor mischt kräftig mit, das Ganze ist auch eine Hommage an den guten alten englischen Krimi, ein augenzwinkernder Verweis auf die Literaturgeschichte, ein Seitenhieb gegen den Literaturbetrieb, gemixt mit etwas (immerhin selbstironischer) Koketterie. Keine der Figuren ist ein Sympathieträger, dies gefiel mir gut. Der Roman ist trotz seiner popkulturellen Bezüge völlig frei von Kitsch. Hawthorne benimmt sich sogar wie der sprichwörtliche Elefant im Porzellanladen und auch Frauen sind nicht die besseren Menschen. Manchmal ist das Ganze ein ironischer Kommentar zum Zeitgeist. London ist der (mehr oder weniger) heimliche Star der Geschichte.
Es gibt skurrile Szenen und den bösen britischen Humor. Dichtung und Wahrheit, ist alles Konstruktion? Über den eigentlichen Handlungsverlauf will ich an dieser Stelle nicht viel verraten, um potentiellen Lesern den Spass nicht zu verderben. „Mord in Highgate“ ist aber definitiv ein Roman zum Mitfiebern! Des Rätsels Lösung liegt, wie so oft, in der Vergangenheit. Alles wird schlüssig erklärt.


Fazit:

„Mord in Highgate“ ist ein spannender, clever geplotteter Krimi.

Trotz gewisser Längen hat mich „Mord in Highgate“ von Anthony Horowitz bestens unterhalten. Der Ich – Erzähler ist mit all seinen (fiktiven und realen) Facetten präsent, die literarischen Querverweise und die Situationskomik machen einfach Spaß! Ich freue mich schon auf den dritten Teil der Reihe!