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Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
Fannie
Wohnort: 
Oelsnitz/Erzgebirge

Bewertungen

Insgesamt 142 Bewertungen
Bewertung vom 04.04.2015
Mordsommer
Jagusch, Rudolf

Mordsommer


sehr gut

Gruselatmosphäre pur

Nina Lehmann hat ein Geheimnis. Eines, das ihr auf dem Karrieresprung zur Oberstaatsanwältin, zu dem sie gerade ansetzt, gefährlich werden könnte. Schlimmes hat sich 1992 ereignet. Seither lastet eine schwere Schuld auf Nina und ihren früheren Freunden. Mit ihrer damaligen Clique hat Nina vereinbart, für immer Stillschweigen über die Geschehnisse von einst zu wahren. Dann erhält sie über zwanzig Jahre später plötzlich ein mysteriöses Schreiben, in dem sie aufgefordert wird, in das Eifel-Dorf Mauel zu kommen. Auch ihre ehemaligen Freunde haben einen solchen Brief empfangen. Vor Ort werden sie alle auf dramatische Weise von ihrer Vergangenheit eingeholt. Und schließlich steht ihnen die schrecklichste Nacht ihres Lebens bevor…

Die Geschichte in “Mordsommer” ist nicht neu, aber verdammt gut erzählt. Der im Rheinland lebende Autor Rudi Jagusch bedient sich in seinem aktuellen Thriller erfolgreich der Zutaten, die es für einen richtig schönen Gruselabend auf dem Sofa braucht. Man nehme: Ein verlassenes Dorf ohne Handyempfang mit einem der Sage nach dort spukenden Geist, ein tosendes Unwetter, eine alte Kapelle, mehrere Leichen und die panische Angst vor einem wahnsinnigen Killer, der Nina und Co. dicht auf den Fersen ist. Über die insgesamt 83 Kapitel hinweg, die recht knackig gehalten sind, entpuppt sich Rudi Jagusch als Meister des Cliffhangers. Oft enden die einzelnen Kapitel so spannend, dass man gar nicht anders kann als weiterzulesen. Die äußerst angenehme Schreibe des Autors tut dazu ihr Übriges. “Mordsommer” wird aus zwei verschiedenen Perspektiven erzählt und spielt abwechselnd in den Jahren 1991/1992 und heute. Das verlassene Dörfchen Staudenhof, das ein Ortsteil der Gemeinde Mauel ist, existiert übrigens tatsächlich. Im Einband des Buches ist eine Karte abgedruckt, die es dem Leser ermöglicht, sich dieses vergessene Fleckchen Erde noch besser vorzustellen.

Das Szenario von einer Gruppe von Freunden, die im Nirgendwo von einem Killer verfolgt wird, wurde in Literatur und Film schon oft bemüht. Dennoch machen Geheimnisse, die sich dem Leser erst nach und nach erschließen, die gespenstische Atmosphäre und das Ende, das nicht vorhersehbar ist, “Mordsommer” zu einer spannenden Lektüre für alle, die eine gepflegte Gänsehaut zu schätzen wissen.

Bewertung vom 24.03.2015
Töte und lebe! / Marie & Daniel Zucker Bd.3
Wulff, Laura

Töte und lebe! / Marie & Daniel Zucker Bd.3


sehr gut

Atmosphärischer und vielschichtiger Thriller um einen ganz besonderen Ermittler

Köln: In einem Park neben einer Industrieruine wird eine männliche Leiche entdeckt. Der Körper des Toten weist massive Verletzungen auf, die auf Folter schließen lassen. Das Opfer litt am Down-Syndrom. Wer hat den geistig behinderten jungen Mann derart bestialisch umgebracht? Ermittler Daniel Zucker, der seit einem Freizeitunfall an den Rollstuhl gefesselt ist, muss und will den Mörder schnellstens fassen. Der Druck steigt, als eine zweite Leiche gefunden wird…

“Töte und lebe!” von Laura Wulff ist nach “Leiden sollst du” und “Nr. 13″ bereits der dritte Band der Thriller-Reihe mit Rollstuhl-Kommissar Daniel Zucker in der Hauptrolle. Viel Positives hatte ich im Vorfeld über diese Bücher gelesen. Mit “Töte und lebe!” konnte ich mir nun ein eigenes Bild machen. Die beiden Vorgängerbände kannte ich nicht. Auch wenn es sich jeweils um abgeschlossene Fälle handelt, bin ich der Meinung, dass man den ersten und den zweiten Fall gelesen haben sollte, denn hin und wieder nimmt Laura Wulff Bezug auf frühere Geschehnisse – vor allem, was das Privatleben der Zuckers betrifft. Das spielt übrigens neben den Mordfällen eine große Rolle. Die Autorin bringt die Schwierigkeiten in der Ehe der Zuckers sowie die vielen kleinen Hindernisse, aber auch die großen Hürden, mit denen Daniel als Rollstuhlfahrer Tag für Tag zu kämpfen hat, sehr direkt und ohne Umschweife auf den Punkt.

Beeindruckt hat mich, wie abwechslungsreich Laura Wulff die Geschichte erzählt. Mitunter hatte ich sogar das Gefühl, ich lese verschiedene Bücher, so intensiv und unterschiedlich sind die drei Perspektiven, aus denen die Story beleuchtet wird. Daniel und sein Team fahnden mit Hochdruck nach dem Mörder, seine Frau Marie wird von ihrer tragischen Vergangenheit eingeholt, während ihr Cousin Ben, der bei den Zuckers lebt, in eine alternative Welt, die ihren eigenen Gesetzen folgt, eintaucht.

Neben den Einblicken in das private Umfeld des Ermittlers verursacht die Thrillerhandlung mit ihrer düsteren Atmosphäre Gänsehaut. Laura Wulff hat mit den schrecklichen Verbrechen an Menschen mit Behinderung nicht nur ein Tabu-Thema aufs Tapet gebracht, sondern außerdem einen wirklich wahnsinnigen Killer erschaffen, dessen Identität erst am Ende gelüftet wird.

Apropos Ende: Eine Szene zum Schluss erschien mir unglaubwürdig und nahezu hollywoodreif. Das war eindeutig zuviel des Guten. Davon abgesehen ist “Töte und lebe!” ein atmosphärischer und vielschichtiger Thriller, der mit grausigen Szenen nicht geizt und in dessen Mittelpunkt ein ganz besonderer Ermittler steht.

Bewertung vom 11.03.2015
Kellerkind / Kommissar Waechter Bd.1
Neubauer, Nicole

Kellerkind / Kommissar Waechter Bd.1


ausgezeichnet

Großartiges Krimi-Debüt!

In einem Münchner Nobelviertel wird in einer enormen Blutlache liegend die Leiche der Anwältin Rose Benninghoff entdeckt. Die Frau lebte sehr zurückgezogen; niemand schien sie wirklich zu kennen. Kurz darauf finden die Ermittler im Keller des Hauses einen verstörten 14-jährigen Jungen vor, an dessen Händen Blut klebt. Sein Körper weist außerdem massive Verletzungen auf. Hat er Rose Benninghoff getötet? Der Junge kann sich an nichts erinnern. Kommissar Waechter und sein Team tun alles, um das Verbrechen aufzuklären. Dabei werden sie mit abscheulichen Geschehnissen konfrontiert…

Der Kriminalroman “Kellerkind” ist das Debüt der in München lebenden Schriftstellerin Nicole Neubauer – und zwar ein absolut großartiges! Die Autorin wartet mit einem tollen Ermittler-Team auf, bestehend aus Hauptkommissar Michael Waechter und seinen Kollegen Hannes und Elli. Nicole Neubauers Figuren haben Charakter, ihre ganz eigene Geschichte und verfügen über eine ungewöhnliche Tiefe. “Kellerkind” ist ein ruhiger Krimi – wobei ruhig um Himmels willen nicht mit langweilig verwechselt werden darf! Es hechtet nur nicht alle paar Minuten ein Polizist mit gezückter Waffe durch die Kapitel, noch stapeln sich die Todesopfer. Dieser Kriminalroman ist anders als die unzähligen Storys über Serienkiller und Ritualmörder – und das ist gut so. Der Mordfall glänzt durch Spannung bis zum Ende und dessen Auflösung ist ebenso schlüssig wie erschütternd. Mitunter hat das Buch sogar echte Psychothriller-Anleihen. Jeder, der einen bodenständigen und gut gemachten “Tatort” zu schätzen weiß, wird “Kellerkind” lieben. Apropos Tatort: Der gutmütige Michael Waechter hat mich ein wenig an den TV-Kommissar Bienzle aus Stuttgart erinnert. Das Ermittler-Team grantelt gern freundschaftlich unter- und miteinander. Damit streut Nicole Neubauer in manche Dialoge eine feine Nuance Humor ein. Das kommt der ansonsten sehr ernsten Geschichte zu Gute.

Abschließend bleibt mir nur zu sagen: Dieser Krimi hat mich wirklich begeistert! Deshalb freue ich mich auch schon sehr auf “Moorfeuer”, den Nachfolgeband von “Kellerkind”, und das Wiedersehen mit Waechter und Co. – ein Ensemble, das sich mühelos und völlig zu Recht einen festen Platz in meinem Leserherzen gesichert hat.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 11.03.2015
Fuckin Sushi
Degens, Marc

Fuckin Sushi


ausgezeichnet

Weltfrieden und Dosenbier: Originelle Geschichte über eine aufstrebende Band

“Das Bonner Nachtleben […] findet am Hauptbahnhof an Gleis 1 statt. Von da fahren die Züge nach Köln.” (“Fuckin Sushi”, Seite 2:67) Eine Liebeserklärung an die ehemalige Bundeshauptstadt klingt anders. Dennoch spiegelt diese Aussage ziemlich genau das wieder, was Niels Dannenfeld – gemeinsam mit seinen Eltern frisch aus dem Ruhrpott an den Rhein gezogen – von seiner neuen Heimat hält: Nämlich nicht übermäßig viel. Bewegung in sein tristes Schülerdasein kommt erst, als er gemeinsam mit seinem Kumpel René eine Band gründet. Später stoßen Lloyd und Nino dazu. Als Fuckin Sushi gelangt das Quartett via Youtube zu Ruhm. Doch der hat bekanntlich auch seine Schattenseiten, wie Niels schließlich feststellen muss.

“Coming of Age” sagt man heutzutage zu Büchern wie “Fuckin Sushi”, in denen es um das Erwachsenwerden geht. Ich persönlich bezeichne diesen Roman lieber als eine wunderbar-witzige Geschichte über die unbeschwerte Zeit, bevor der Ernst des Lebens an die Tür klopft und in der man noch hochfliegende Träume hat. Niels, der Erzähler im Buch, lebt seinen Traum an der Bassgitarre aus. Es sind herrlich verrückte Tage und Nächte, die Niels mit seinen Freunden erlebt – und der Leser ist hautnah dabei. Autor Marc Degens hat für die Band einen ganz besonderen Proberaum ausgewählt: Einen leerstehenden Turm mit Flachdach in einem stillgelegten Industriegebiet. Dieser atmosphärische Ort wird zum Sinnbild für Freiheit und Unbeschwertheit, wenn die Band an lauen Sommerabenden hoch oben ihr geschätztes Dosenbier trinkt, sich dabei die Lichter der Stadt besieht oder man – wie Niels – sein erstes Mal an einem so exotischen Punkt verlebt.

Beim Lesen dieses Buches habe ich sehr oft lauthals gelacht. Anlässe dafür bietet “Fuckin Sushi” zur Genüge: Brüllend komische Situationen, beispielsweise beim Konzertdebüt von Niels und René in Bad Münstereifel, spritzige Dialoge und natürlich die unverwechselbaren Charaktere der Geschichte, die allesamt echte Typen sind.

Genauso gut wie die humorvollen Szenen gelingen Marc Degens die ernsten Töne, die “Fuckin Sushi” ebenfalls enthält. Langweilig wird es in keinem der 52 Kapitel. Im Gegenteil: In nur zwei Tagen hatte ich die insgesamt 320 Seiten regelrecht inhaliert. Das ist bei dem locker-fluffigen Schreibstil des Autors und der fantastischen Story allerdings auch nicht verwunderlich.

Eine kleine Besonderheit hat mir außerdem ein Schmunzeln entlockt: Die Seitenzahlen sind wie Zeitangaben auf einer Musik-CD gestaltet – Seite 267 wird zu 2:67.

“Fuckin Sushi” ist ein Roman mit einer unglaublich positiven Ausstrahlung – unverzichtbar für Träumer, Musikfans und alle, die sich gern gute Geschichten erzählen lassen.

Bewertung vom 10.02.2015
Die Kalte Sofie / Rechtsmedizinerin Sofie Rosenhuth Bd.1
Gruber, Felicitas

Die Kalte Sofie / Rechtsmedizinerin Sofie Rosenhuth Bd.1


ausgezeichnet

Pfundiger Krimi aus der Weltstadt mit Herz

Die aus München stammende Rechtsmedizinerin Dr. Sofie Rosenhuth kehrt ihrer Wahlheimat Berlin nach nur zwei Jahren den Rücken. Zurück in heimischen Gefilden tritt sie eine Halbtagsstelle in der Gerichtsmedizin an. Dadurch kommt sie nicht umhin, mit ihrem Ex-Mann, dem flotten Kripo-Beamten Joe Lederer, zusammenzuarbeiten. Ihrer Tante Vroni, die Sofie unter Vortäuschung falscher Tatsachen zurück nach München gelockt hat, ist das nur allzu recht. Denn Joe und Sofie gehören ihrer Meinung nach einfach zusammen. Doch zunächst einmal werden die geschiedenen Leut’ von mysteriösen Todesfällen und einigen vergifteten Leckereien gehörig auf Trab gehalten…

“Die Kalte Sofie” ist der erste Band einer Krimi-Reihe um die Rechtsmedizinerin und ehemalige Polizistin Dr. Sofie Rosenhuth. Kalt ist die Hauptdarstellerin aber keineswegs – bei Sofie handelt es sich um eine warmherzige Person, die ein wenig schusselig und herrlich unperfekt ist. So nimmt sie sich fast täglich aufs Neue vor, endlich dem leidigen Hüftgold zu Leibe zu rücken. Die Anzahl der guten Vorsätze deckt sich allerdings mit der der gescheiterten Versuche.

Felicitas Gruber hat sich mit “Die Kalte Sofie” einen humorvollen München-Krimi ausgedacht. Dabei rückt sie allerdings nicht die strahlenden Seiten der bayerischen Landeshauptstadt in den Mittelpunkt. Das Herz der Autorin schlägt unverkennbar für den Stadtteil Giesing, das ehemalige Viertel der kleinen Leute, das sich bis heute seinen beinahe dörflichen Charakter bewahrt hat.

Alles an der Geschichte ist ausgesprochen lebendig: Die Figuren, die Dialoge – die auch für Menschen jenseits des Weißwurst-Äquators gut verständlich sind – und die herrlichen Bilder von München im Frühling.

Die Krimihandlung besteht aus zwei parallel verlaufenden Fällen. Sie birgt Spannung und spornt zum Miträtseln an. Die Autorin beeindruckt außerdem mit fundierten Fakten aus der Rechtsmedizin, die das umfangreiche Aufgabenspektrum dieser Berufsgruppe widerspiegeln. Denn Rechtsmediziner befassen sich nicht nur mit den Toten. Unterstützt wurde Felicitas Gruber bei ihrer Recherche von Fachleuten auf dem Gebiet der Rechtsmedizin.

In “Die Kalte Sofie” schnürt die Gruberin ein Paket, das Humor, Spannung, Münchner Lokalkolorit und viel Wissenswertes beinhaltet. Kurzum: Dieses Buch macht einfach Spaß!

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 30.01.2015
Todesruhe / Julia Wagner Bd.2
Noy, Tanja

Todesruhe / Julia Wagner Bd.2


sehr gut

Mord in der Psychiatrie

Julia Wagner wäre fast einem wahnsinnigen Mörder zum Opfer gefallen. Die beiden Schüsse, die er auf sie abgefeuert hatte, waren zum Glück nicht tödlich. Tag für Tag erinnern sie die Narben auf ihrem Oberkörper an die schrecklichen Geschehnisse – auch ihre Seele leidet. Deshalb ist sie in einer geschlossenen Psychiatrie untergebracht. Doch Julia kommt dort nicht zur Ruhe: Sie entdeckt die Leiche eines pädophilen Mitpatienten. Ihm wurden die Augen herausgerissen. Allerdings wird es nicht bei einem Toten bleiben…

Tanja Noy hat mit “Todesruhe” den zweiten Band ihrer Thriller-Reihe um Julia Wagner vorgelegt – eine Ex-Polizistin mit einer erdrückenden Vergangenheit, deren Auswirkungen bis in die Gegenwart reichen. Man sollte sich beim Lesen unbedingt an die Reihenfolge halten, da “Todesruhe” unmittelbar an den ersten Band “Teufelsmord” anknüpft. Wer – wie ich – mit “Todesruhe” beginnt, ohne Teil eins zu kennen, kommt sich gerade am Anfang ein wenig verloren vor. Nach und nach erschließt sich einem zwar die Vorgeschichte, doch das Gefühl, etwas verpasst zu haben, begleitete mich das ganze Buch hindurch.

“Todesruhe” ist ein Thriller mit vielen gruseligen Zutaten. Schon der Handlungsort sorgt für Gänsehaut, denn die Psychiatrie befindet sich in einem ehemaligen Kloster, das auf eine schaurige Vergangenheit zurückblickt. Auf dem weitläufigen Gelände befindet sich außerdem ein Friedhof. Dort liegt Annegret Lepelja begraben, eine Kindsmörderin, die im späten 19. Jahrhundert ihr Unwesen getrieben hat und deren Geist noch heute in den alten Klostermauern spuken soll. Bei mir hat all dieses Unheimliche dafür gesorgt, dass mir so mancher Schauer über den Rücken lief.

Beeindruckend fand ich, wie glaubwürdig Tanja Noy die unterschiedlichen Gründe für einen Aufenthalt in der geschlossenen Psychiatrie in lebendige Figuren kleidet: Da ist der alkoholabhängige Karl Waffenschmied, Viktor Rosenkranz – ein alter Mann, der an Demenz leidet, der gewaltbereite Robert Campuzano, vor dem die ganze Station zittert, und eben die schwer traumatisierte Julia Wagner. Zugegeben, Julia Wagner wirkte auf mich persönlich wenig sympathisch. Dafür eroberten ihr ehemaliger Kollege Zander und die ermittelnde Kommissarin Charlotte Gärtner mein Leserherz auf Anhieb. Die schlagfertigen Wortwechsel der beiden lockern die bedrückende Atmosphäre in der Psychiatrie wohltuend auf.

In “Todesruhe” erzählt Tanja Noy auf 416 Seiten eine schaurige Gruselstory mit klassischen Thriller-Elementen, die mit einem ebenso unerwarteten wie schlüssigen Ende überrascht.

Bewertung vom 30.01.2015
Das Dorf
Strobel, Arno

Das Dorf


sehr gut

Wahn oder Wahrheit?

Eines Vormittags weckt das Klingeln des Telefons den Journalisten Bastian Thanner unsanft. Am anderen Ende der Leitung hört er die panische Stimme seiner Ex-Freundin Anna. Sie wird in einem kleinen Ort an der Müritz gefangen gehalten. Bastian schaltet die Polizei ein, recherchiert im Internet und gemeinsam mit seinem Freund Safi macht er sich schließlich auf den Weg in das entlegene Dorf. Dort trifft er auf seltsame Menschen und eine Mauer des Schweigens. Er ist nicht gefasst auf die schrecklichen Dinge, die bald passieren werden…

Arno Strobel spielt längst in der Champions League der deutschen Thriller-Autoren. Mit Spannung wurde deshalb von seinen Fans sein neues Buch “Das Dorf” erwartet, das am 18. Dezember 2014 erschien. Die Geschichte handelt in einem abgelegenen Dorf Mecklenburg-Vorpommerns, in dem nicht nur die maroden und verfallenen Häuser, sondern auch deren Bewohner gespenstisch wirken. Diese gruselige Szenerie bildet die passende Bühne, auf der sich mysteriöse Begebenheiten ereignen. Geschickt malt Arno Strobel mit Worten ein düsteres Bild von einem Ort, dem man scheinbar nicht entrinnen kann. Die Bezeichnung Psychothriller trifft den Nagel auf den Kopf, denn ebenso wie Bastian Thanner kann auch der Leser oft den Unterschied zwischen Wahn und Wahrheit nicht ausmachen. Das verleiht dem Buch eine ganz besondere Würze, das allerdings auch Schwachstellen aufweist: Die Story an sich wirkt sehr konstruiert, wenn nicht sogar unglaublich – speziell am Ende. In der Realität würde sich das so wohl nicht zutragen. Zudem ist Bastian Thanner ein farbloser Hauptdarsteller, mit dem ich nicht warm geworden bin. Eine interessante Nebenfigur ist allerdings sein Freund Safi, der an einer Zwangskrankheit leidet. Dessen Charakter wurde bei einer Aktion des Autors von einer seiner Leserinnen erfunden.

Unterm Strich empfehle ich “Das Dorf” trotz seiner Mankos allen Liebhabern des Psychothrillers. Arno Strobel hält die Spannung konstant hoch und den Leser mit schaurigen, unheimlichen Szenen bei der Stange. Es ist nicht der stärkste Strobel, sorgt aber durchaus für fesselnde Lesemomente.

Bewertung vom 05.01.2015
Blutspuren (eBook, ePUB)
Girod, Hans

Blutspuren (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Härter als jeder Krimi

Etwa 15 Jahre ist es her, dass ich mit “Das Ekel von Rahnsdorf” das erste Buch von Hans Girod regelrecht verschlungen habe. Diese Sammlung von authentischen DDR-Mordfällen, von denen die Öffentlichkeit einst so gut wie nichts erfuhr, fesselte mich vom ersten Satz an. Auch Girods Bücher “Der Würger von Plauen”, “Der Kreuzworträtselmord” und “Der Kannibale” habe ich mit ungebrochenem Interesse gelesen.

Der 1937 geborene Jurist war bis zum Jahr 1994 an der Humboldt-Universität in Berlin als Dozent für Spezielle Kriminalistik tätig. In “Blutspuren” berichtet der Experte erneut über Gräueltaten, die sich in der ehemaligen DDR zugetragen haben.

Insgesamt acht Mordfälle stellt Hans Girod in “Blutspuren” einzeln vor. Er erzählt nüchtern, in sachlichem Ton und niemals sensationslüstern. Ganz im Gegenteil: Mit interessanten Fakten rund um Ermittlungsmethoden, die Arbeit der Volkspolizei, die DDR-Kriminalstatistik und die damals vorherrschende Rechtslage ergänzt er seine bildhaft beschriebenen Darstellungen, die nichts für zartbesaitete Gemüter sind – schon allein deshalb, weil es sich bei der Hälfte der wiedergegebenen Fälle um Morde an Kindern handelt.

Tatortfotos, Auszüge aus Vernehmungsprotokollen sowie Zeitungsartikel verleihen den furchtbaren Taten eine zusätzliche Authenzität und machen sie damit für den Leser noch greifbarer.

Darüber hinaus fängt Hans Girod in seinen Schilderungen eindrucksvoll den Zeitgeist und den Alltag in der DDR ein. Insofern dokumentieren seine Bücher nicht ausschließlich Mordfälle, sondern auch ein Stück Zeitgeschichte. Der Autor thematisiert die Haftbedingungen im einstigen Arbeiter- und Bauernstaat ebenso wie die Todesstrafe, die bis 1987 in der DDR gesetzlich verankert war.

Inzwischen gibt es zahlreiche Autoren, die sich den authentischen DDR-Mordfällen im wahrsten Sinne des Wortes verschrieben haben. Hans Girod war der Pionier auf diesem Gebiet, an dessen Stil keiner der übrigen Schriftsteller, deren Bücher ich bisher zu diesem Thema gelesen habe, heranreicht.

Bewertung vom 31.12.2014
Engelsgleich / Kommissar Kalkbrenner Bd.4
Krist, Martin

Engelsgleich / Kommissar Kalkbrenner Bd.4


sehr gut

Hart, krass, brutal – die unverkennbare Handschrift von Martin Krist

Auf dem Gelände einer ehemaligen Fabrik in Berlin-Schulzendorf wurde ein junges Mädchen erschossen. Im Zuge der Spurensicherung folgt schon bald die nächste grausige Entdeckung: In den angrenzenden Kloakebecken werden mehrere Kinderleichen gefunden. Harter Tobak für Hauptkommissar Paul Kalkbrenner und seine Kollegin Sera Muth, die mit wütender Entschlossenheit sofort ihre Ermittlungen beginnen und dabei in bodenlose Abgründe blicken müssen…

Der Autor Martin Krist lebt seit 1998 in Berlin und reißt mit seinem aktuellen Thriller “Engelsgleich” einmal mehr die schicke Fassade ein, die die widerlichen Seiten der deutschen Hauptstadt verbergen soll. Mit Themen wie Pädophilie, Folter, Menschenhandel, Prostitution und Drogen sorgt er für so manchen Kloß im Hals des Lesers.

Wer sein Buch “Drecksspiel” kennt, wird feststellen, dass Martin Krist seinem Stil auch in “Engelsgleich” treu bleibt: Er schont seine Leser nicht, geht keine Kompromisse ein. Hart, krass, brutal – das ist die unverkennbare Handschrift von Martin Krist. Außerdem gibt es in “Engelsgleich” ein Wiedersehen mit einigen Personen aus “Drecksspiel”. Letzteres muss man jedoch nicht zwingend vorher gelesen haben.

In bewährter Weise erzählt er die Geschichte in Form von verschiedenen Handlungssträngen, die zunächst nichts miteinander zu tun haben – scheinbar. Virtuos führt Martin Krist die Fäden schließlich Stück für Stück zusammen, nachvollziehbar, schlüssig. Doch damit lässt er sich Zeit und der Leser muss Geduld aufbringen, was mir – zugegeben – auch nicht immer leichtfiel. Irgendwann kommt allerdings der Point of no Return, an dem man das Buch nicht mehr aus der Hand legt. Zum Ende hin zieht Martin Krist in puncto Spannung dann nochmal gewaltig an und die Seiten fliegen dem Leser regelrecht um die Ohren.

Eine Sache hat mich über die insgesamt 576 Seiten hinweg allerdings gestört: Die unzähligen Dialoge mit unbeendeten Sätzen und die Gespräche, in denen sich die Protagonisten ständig gegenseitig ins Wort fallen. Es wäre schön, wenn die Darsteller im nächsten Buch ausreden dürften.

Insgesamt hat mich “Engelsgleich” trotz der Geduldsprobe zu Anfang und des Umstands, dass Martin Krist seinen Figuren so oft das Wort abschneidet, mitgerissen. Erbarmungslos und aufrüttelnd öffnet der Autor damit eine Tür von Berlin, die für Otto Normalverbraucher hoffentlich verschlossen bleibt.

Bewertung vom 27.12.2014
Bluttänzer / Maja Heuberger Bd.1
Fürst, Eva

Bluttänzer / Maja Heuberger Bd.1


sehr gut

Gelungener Auftakt einer neuen deutschen Thriller-Reihe

Das Erzgebirge war bislang auf der Krimi- und Thriller-Landkarte eher ein weißer Fleck. Geändert hat das glücklicherweise die sächsische Schriftstellerin Eva Fürst mit ihrem Psychothriller “Bluttänzer”. Eindrucksvoll stellt sie damit unter Beweis, dass das Böse auch vor der Heimat von Räuchermännchen und Schwibbögen keinen Halt macht.

In der erzgebirgischen Kleinstadt Schwarzenberg entdeckt man die Leiche einer jungen Frau. Mitten auf dem Marktplatz wurde sie nackt an einen Baum genagelt. Die in Zwickau lebende Rechtsmedizinerin Dr. Maja Heuberger wird an den Fundort gerufen und macht später bei der Obduktion eine verstörende Entdeckung. Das bestialische Morden geht indes weiter. Bereits am folgenden Wochenende schlägt der “Kreuzigungs-Mörder” erneut zu…

“Bluttänzer” ist der erste Band einer Thriller-Reihe. Im Vordergrund stehen nicht die polizeilichen Ermittlungen, sondern die Geschichte wird aus dem Blickwinkel der Rechtsmedizin erzählt. Ein erfrischend anderer Ansatz für einen deutschen Thriller! Mit interessanten Fakten aus dem Bereich der Rechtsmedizin spickt Eva Fürst die über 416 Seiten hinweg durchgehend spannende Story. Wie der Titel schon erahnen lässt, wird es an so manchen Stellen blutig und brutal.

Der Erzählstil der Autorin ist – wie ihre Hauptfigur Dr. Maja Heuberger – klar und sachlich. Dennoch gelingt es Eva Fürst mit Leichtigkeit, deutliche Bilder von Orten und handelnden Personen im Kopf des Lesers entstehen zu lassen. Einzig die Dialoge hätten hin und wieder ein wenig Feinschliff vertragen können, um lebendiger zu wirken.

Der Thriller “Bluttänzer” fällt durch einen hervorragend durchdachten Plot auf. Stück für Stück lösen Dr. Maja Heuberger und ihr Bekannter Peter Holzing das Rätsel um die Identität des Mörders, der seinen Wirkungskreis im weiteren Verlauf auf Chemnitz, das Vogtland und Leipzig ausdehnt. Erst am Schluss enthüllt Eva Fürst, wer der Täter ist. Das Buch endet ziemlich abrupt – ein Umstand, der mir die bis dahin unentwegt fesselnden Lesestunden ein klein wenig vergällt hat.

Nichtsdestotrotz: “Bluttänzer” ist ein gelungener und schlüssiger Auftakt der Thriller-Reihe um die Rechtsmedizinerin Dr. Maja Heuberger. Mit “Der Mädchenflüsterer” erscheint am 17. August 2015 Band Nummer zwei, dem ich schon jetzt entgegenfiebere.

0 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.