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Benutzername: 
Fannie
Wohnort: 
Oelsnitz/Erzgebirge

Bewertungen

Insgesamt 136 Bewertungen
Bewertung vom 30.01.2015
Das Dorf
Strobel, Arno

Das Dorf


sehr gut

Wahn oder Wahrheit?

Eines Vormittags weckt das Klingeln des Telefons den Journalisten Bastian Thanner unsanft. Am anderen Ende der Leitung hört er die panische Stimme seiner Ex-Freundin Anna. Sie wird in einem kleinen Ort an der Müritz gefangen gehalten. Bastian schaltet die Polizei ein, recherchiert im Internet und gemeinsam mit seinem Freund Safi macht er sich schließlich auf den Weg in das entlegene Dorf. Dort trifft er auf seltsame Menschen und eine Mauer des Schweigens. Er ist nicht gefasst auf die schrecklichen Dinge, die bald passieren werden…

Arno Strobel spielt längst in der Champions League der deutschen Thriller-Autoren. Mit Spannung wurde deshalb von seinen Fans sein neues Buch “Das Dorf” erwartet, das am 18. Dezember 2014 erschien. Die Geschichte handelt in einem abgelegenen Dorf Mecklenburg-Vorpommerns, in dem nicht nur die maroden und verfallenen Häuser, sondern auch deren Bewohner gespenstisch wirken. Diese gruselige Szenerie bildet die passende Bühne, auf der sich mysteriöse Begebenheiten ereignen. Geschickt malt Arno Strobel mit Worten ein düsteres Bild von einem Ort, dem man scheinbar nicht entrinnen kann. Die Bezeichnung Psychothriller trifft den Nagel auf den Kopf, denn ebenso wie Bastian Thanner kann auch der Leser oft den Unterschied zwischen Wahn und Wahrheit nicht ausmachen. Das verleiht dem Buch eine ganz besondere Würze, das allerdings auch Schwachstellen aufweist: Die Story an sich wirkt sehr konstruiert, wenn nicht sogar unglaublich – speziell am Ende. In der Realität würde sich das so wohl nicht zutragen. Zudem ist Bastian Thanner ein farbloser Hauptdarsteller, mit dem ich nicht warm geworden bin. Eine interessante Nebenfigur ist allerdings sein Freund Safi, der an einer Zwangskrankheit leidet. Dessen Charakter wurde bei einer Aktion des Autors von einer seiner Leserinnen erfunden.

Unterm Strich empfehle ich “Das Dorf” trotz seiner Mankos allen Liebhabern des Psychothrillers. Arno Strobel hält die Spannung konstant hoch und den Leser mit schaurigen, unheimlichen Szenen bei der Stange. Es ist nicht der stärkste Strobel, sorgt aber durchaus für fesselnde Lesemomente.

Bewertung vom 05.01.2015
Blutspuren (eBook, ePUB)
Girod, Hans

Blutspuren (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Härter als jeder Krimi

Etwa 15 Jahre ist es her, dass ich mit “Das Ekel von Rahnsdorf” das erste Buch von Hans Girod regelrecht verschlungen habe. Diese Sammlung von authentischen DDR-Mordfällen, von denen die Öffentlichkeit einst so gut wie nichts erfuhr, fesselte mich vom ersten Satz an. Auch Girods Bücher “Der Würger von Plauen”, “Der Kreuzworträtselmord” und “Der Kannibale” habe ich mit ungebrochenem Interesse gelesen.

Der 1937 geborene Jurist war bis zum Jahr 1994 an der Humboldt-Universität in Berlin als Dozent für Spezielle Kriminalistik tätig. In “Blutspuren” berichtet der Experte erneut über Gräueltaten, die sich in der ehemaligen DDR zugetragen haben.

Insgesamt acht Mordfälle stellt Hans Girod in “Blutspuren” einzeln vor. Er erzählt nüchtern, in sachlichem Ton und niemals sensationslüstern. Ganz im Gegenteil: Mit interessanten Fakten rund um Ermittlungsmethoden, die Arbeit der Volkspolizei, die DDR-Kriminalstatistik und die damals vorherrschende Rechtslage ergänzt er seine bildhaft beschriebenen Darstellungen, die nichts für zartbesaitete Gemüter sind – schon allein deshalb, weil es sich bei der Hälfte der wiedergegebenen Fälle um Morde an Kindern handelt.

Tatortfotos, Auszüge aus Vernehmungsprotokollen sowie Zeitungsartikel verleihen den furchtbaren Taten eine zusätzliche Authenzität und machen sie damit für den Leser noch greifbarer.

Darüber hinaus fängt Hans Girod in seinen Schilderungen eindrucksvoll den Zeitgeist und den Alltag in der DDR ein. Insofern dokumentieren seine Bücher nicht ausschließlich Mordfälle, sondern auch ein Stück Zeitgeschichte. Der Autor thematisiert die Haftbedingungen im einstigen Arbeiter- und Bauernstaat ebenso wie die Todesstrafe, die bis 1987 in der DDR gesetzlich verankert war.

Inzwischen gibt es zahlreiche Autoren, die sich den authentischen DDR-Mordfällen im wahrsten Sinne des Wortes verschrieben haben. Hans Girod war der Pionier auf diesem Gebiet, an dessen Stil keiner der übrigen Schriftsteller, deren Bücher ich bisher zu diesem Thema gelesen habe, heranreicht.

Bewertung vom 31.12.2014
Engelsgleich / Kommissar Kalkbrenner Bd.4
Krist, Martin

Engelsgleich / Kommissar Kalkbrenner Bd.4


sehr gut

Hart, krass, brutal – die unverkennbare Handschrift von Martin Krist

Auf dem Gelände einer ehemaligen Fabrik in Berlin-Schulzendorf wurde ein junges Mädchen erschossen. Im Zuge der Spurensicherung folgt schon bald die nächste grausige Entdeckung: In den angrenzenden Kloakebecken werden mehrere Kinderleichen gefunden. Harter Tobak für Hauptkommissar Paul Kalkbrenner und seine Kollegin Sera Muth, die mit wütender Entschlossenheit sofort ihre Ermittlungen beginnen und dabei in bodenlose Abgründe blicken müssen…

Der Autor Martin Krist lebt seit 1998 in Berlin und reißt mit seinem aktuellen Thriller “Engelsgleich” einmal mehr die schicke Fassade ein, die die widerlichen Seiten der deutschen Hauptstadt verbergen soll. Mit Themen wie Pädophilie, Folter, Menschenhandel, Prostitution und Drogen sorgt er für so manchen Kloß im Hals des Lesers.

Wer sein Buch “Drecksspiel” kennt, wird feststellen, dass Martin Krist seinem Stil auch in “Engelsgleich” treu bleibt: Er schont seine Leser nicht, geht keine Kompromisse ein. Hart, krass, brutal – das ist die unverkennbare Handschrift von Martin Krist. Außerdem gibt es in “Engelsgleich” ein Wiedersehen mit einigen Personen aus “Drecksspiel”. Letzteres muss man jedoch nicht zwingend vorher gelesen haben.

In bewährter Weise erzählt er die Geschichte in Form von verschiedenen Handlungssträngen, die zunächst nichts miteinander zu tun haben – scheinbar. Virtuos führt Martin Krist die Fäden schließlich Stück für Stück zusammen, nachvollziehbar, schlüssig. Doch damit lässt er sich Zeit und der Leser muss Geduld aufbringen, was mir – zugegeben – auch nicht immer leichtfiel. Irgendwann kommt allerdings der Point of no Return, an dem man das Buch nicht mehr aus der Hand legt. Zum Ende hin zieht Martin Krist in puncto Spannung dann nochmal gewaltig an und die Seiten fliegen dem Leser regelrecht um die Ohren.

Eine Sache hat mich über die insgesamt 576 Seiten hinweg allerdings gestört: Die unzähligen Dialoge mit unbeendeten Sätzen und die Gespräche, in denen sich die Protagonisten ständig gegenseitig ins Wort fallen. Es wäre schön, wenn die Darsteller im nächsten Buch ausreden dürften.

Insgesamt hat mich “Engelsgleich” trotz der Geduldsprobe zu Anfang und des Umstands, dass Martin Krist seinen Figuren so oft das Wort abschneidet, mitgerissen. Erbarmungslos und aufrüttelnd öffnet der Autor damit eine Tür von Berlin, die für Otto Normalverbraucher hoffentlich verschlossen bleibt.

Bewertung vom 27.12.2014
Bluttänzer / Maja Heuberger Bd.1
Fürst, Eva

Bluttänzer / Maja Heuberger Bd.1


sehr gut

Gelungener Auftakt einer neuen deutschen Thriller-Reihe

Das Erzgebirge war bislang auf der Krimi- und Thriller-Landkarte eher ein weißer Fleck. Geändert hat das glücklicherweise die sächsische Schriftstellerin Eva Fürst mit ihrem Psychothriller “Bluttänzer”. Eindrucksvoll stellt sie damit unter Beweis, dass das Böse auch vor der Heimat von Räuchermännchen und Schwibbögen keinen Halt macht.

In der erzgebirgischen Kleinstadt Schwarzenberg entdeckt man die Leiche einer jungen Frau. Mitten auf dem Marktplatz wurde sie nackt an einen Baum genagelt. Die in Zwickau lebende Rechtsmedizinerin Dr. Maja Heuberger wird an den Fundort gerufen und macht später bei der Obduktion eine verstörende Entdeckung. Das bestialische Morden geht indes weiter. Bereits am folgenden Wochenende schlägt der “Kreuzigungs-Mörder” erneut zu…

“Bluttänzer” ist der erste Band einer Thriller-Reihe. Im Vordergrund stehen nicht die polizeilichen Ermittlungen, sondern die Geschichte wird aus dem Blickwinkel der Rechtsmedizin erzählt. Ein erfrischend anderer Ansatz für einen deutschen Thriller! Mit interessanten Fakten aus dem Bereich der Rechtsmedizin spickt Eva Fürst die über 416 Seiten hinweg durchgehend spannende Story. Wie der Titel schon erahnen lässt, wird es an so manchen Stellen blutig und brutal.

Der Erzählstil der Autorin ist – wie ihre Hauptfigur Dr. Maja Heuberger – klar und sachlich. Dennoch gelingt es Eva Fürst mit Leichtigkeit, deutliche Bilder von Orten und handelnden Personen im Kopf des Lesers entstehen zu lassen. Einzig die Dialoge hätten hin und wieder ein wenig Feinschliff vertragen können, um lebendiger zu wirken.

Der Thriller “Bluttänzer” fällt durch einen hervorragend durchdachten Plot auf. Stück für Stück lösen Dr. Maja Heuberger und ihr Bekannter Peter Holzing das Rätsel um die Identität des Mörders, der seinen Wirkungskreis im weiteren Verlauf auf Chemnitz, das Vogtland und Leipzig ausdehnt. Erst am Schluss enthüllt Eva Fürst, wer der Täter ist. Das Buch endet ziemlich abrupt – ein Umstand, der mir die bis dahin unentwegt fesselnden Lesestunden ein klein wenig vergällt hat.

Nichtsdestotrotz: “Bluttänzer” ist ein gelungener und schlüssiger Auftakt der Thriller-Reihe um die Rechtsmedizinerin Dr. Maja Heuberger. Mit “Der Mädchenflüsterer” erscheint am 17. August 2015 Band Nummer zwei, dem ich schon jetzt entgegenfiebere.

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Bewertung vom 20.12.2014
Onkel Humbert guckt so komisch
Kanitz, Brigitte

Onkel Humbert guckt so komisch


ausgezeichnet

Familienroman mit hohem Spaßfaktor

Entgegen ihres verheißungsvollen Familiennamens ist Maja Glück ein echter Pechvogel: Ausgerechnet auf ihrer eigenen Geburtstagsparty zum Dreißigsten stolpert sie über einen Gartenzwerg, schlägt mit dem Kopf auf dem Tisch auf und findet sich schließlich im Krankenhaus wieder. Auch ansonsten hat ihr Leben einigen Optimierungsbedarf: Rund läuft es nämlich ausschließlich auf ihren Hüften. Ihr filmreifer Sturz bleibt jedenfalls nicht folgenlos. Noch am Krankenbett weiht sie ihr 92-jähriger Großonkel Humbert in ein beängstigendes Geheimnis ein: Maja kann ab jetzt Gedanken lesen. Sie erfährt außerdem, warum Onkel Humbert immer so komisch guckt…

Schon das Cover des Romans “Onkel Humbert guckt so komisch” von Brigitte Kanitz lässt keinen Zweifel daran, was den Leser erwartet: Nämlich 320 Seiten geballter Humor! Der Familienroman bietet jede Menge Tempo, urkomische Dialoge und skurrile Figuren mit ebenso skurrilen Namen. Die wirken übrigens so lebendig, dass sie jeden Moment den Buchseiten entsteigen könnten. Die Vorstellung, Gedanken lesen zu können, die Brigitte Kanitz zum Dreh- und Angelpunkt ihres Buches macht, ist ebenso faszinierend wie erschreckend – und von der Autorin brillant umgesetzt worden. Eine ausgesprochen spritzige Idee für einen Roman!

Apropos spritzig: Brigitte Kanitz geht während der ganzen Geschichte nicht ein Mal die Luft aus. Keine Sorge, über diesem Buch wird man nicht einschlafen! Aberwitzige Geschehnisse spielen sich im norddeutschen Kleinstädtchen Schaunbeck ab, die im wahren Leben sicher nicht passieren würden – dafür aber ungemein unterhaltsam sind.

“Onkel Humbert guckt so komisch” hat mir sehr, sehr vergnügliche Lesestunden beschert. Es ist das erste Buch, das ich von Brigitte Kanitz gelesen habe. Aber – und das steht felsenfest! – auf gar keinen Fall das letzte!

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Bewertung vom 16.12.2014
Sechs Jahre
Link, Charlotte

Sechs Jahre


ausgezeichnet

Dieses Buch wird keinen Leser unberührt lassen!

Charlotte Link ist die erfolgreichste Autorin Deutschlands in der Gegenwart. Zahlreiche Kriminalromane aus ihrer Feder wurden verfilmt, zuletzt ihr Bestseller “Das andere Kind”. Doch wie eng das gleißende Licht dieser Triumphe und der fürchterliche Verlust des von ihr am meisten geliebten Menschen beieinander liegen, wird in ihrem aktuellen Buch “Sechs Jahre – Der Abschied von meiner Schwester” nur allzu deutlich. Erstmals verlässt Charlotte Link damit das belletristische Terrain und erzählt autobiografisch die Geschichte vom Krebs-Tod ihrer gut eineinhalb Jahre jüngeren Schwester Franziska. Diese erkrankt an Lymphdrüsenkrebs, als sie gerade mal 23 ist. Der Krebs verschwindet nach überstandener Therapie, Franziska heiratet, bekommt zwei Kinder – alles scheint wunderbar zu verlaufen. Doch als sie 41 ist, kehrt der Krebs zurück. Sie erhält vernichtende Prognosen zu der ihr noch verbleibenden Lebenszeit. Es werden schließlich noch sechs Jahre sein. 2012 stirbt Franziska.

Die Redewendung “Kein Buch für schwache Nerven” liest man meist im Zusammenhang mit Thrillern, bei denen das Blut unaufhörlich fließt. Doch keine Beschreibung trifft “Sechs Jahre – Der Abschied von meiner Schwester” besser. Charlotte Link berichtet schonungslos vom Leiden ihrer geliebten kleinen Schwester und davon, welche Bewährungsprobe die Krankheit für die gesamte Familie darstellt. Dabei agiert die Autorin weder plakativ mit Franziskas Schicksal noch verfällt sie in Selbstmitleid. Sie erzählt sehr angenehm, meist sachlich-objektiv, wobei ihr Buch dennoch zutiefst bewegend ist und keinen Leser unberührt lassen wird. Beinah fühlt es sich beim Lesen an, als würde Charlotte Link in einem vertraulichen Gespräch neben einem sitzen.

Neben der Schilderung allen Leids und der Unverfrorenheit mancher Ärzte will Charlotte Link mit ihrem Buch aber auch Mut machen, den Blick von Kranken und ihren Angehörigen weiten. Dies tut sie, ohne sich in ärztliche Fachbegriffe zu versteigen. Sie schreibt aus der Sicht eines medizinischen Laien. Eine Tatsache, die dem Buch überaus gut tut.

Die Jahre 2006 bis 2012 waren für Charlotte Link und ihre Familie eine emotionale Achterbahnfahrt – dunkle Stunden voller Verzweiflung wurden von guten Nachrichten abgelöst – und umgekehrt. Faszinierend ist der Zusammenhalt der Familie, die der (oftmals innerlich bröckelnde) Fels in der Brandung ist, sich um alles kümmert und der todgeweihten Franziska bis zuletzt beisteht.

“Sechs Jahre – Der Abschied von meiner Schwester” ist alles andere als eine leichte Lektüre für zwischendurch. Dieser Bericht ist bedrückend, schockierend, unfassbar, macht sprachlos. Sobald ich die letzten Zeilen gelesen hatte, musste ich mehrmals tief durchatmen und war schlicht und ergreifend aus vollstem Herzen dankbar dafür, gesund zu sein. Dieses Buch bleibt mit Sicherheit noch sehr lange in meinem Kopf.

8 von 8 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 12.12.2014
Du oder sie oder beide
Stein, Maike

Du oder sie oder beide


sehr gut

Jugendroman mit Grusel-Garantie

Die Zwillingsschwestern Zoe und Lena ziehen an ihrem 16. Geburtstag in ein Internat. Das ehemalige Kloster liegt auf der kleinen Insel Sankt Katharinen inmitten des Werrowsees. Täglich trainieren die Mädchen in der Schwimmstaffel. Dabei übt der See eine ganz besondere Anziehungskraft auf sie aus. Schon bald gehen unheimliche Dinge vor sich und sie kommen einem erschütternden Geheimnis auf die Spur, das seit Jahrhunderten hinter den alten Klostermauern verborgen liegt…

“Du oder sie oder beide” ist am 19. September 2014 im unabhängigen Kinder- und Jugendbuchverlag Magellan erschienen. Das junge Bamberger Verlagshaus wirbt selbst für seine “schönen, abenteuerlichen, unwiderstehlichen Bücher” und nimmt im Fall von “Du oder sie oder beide” damit keinesfalls den Mund zu voll. Geschrieben wurde das Jugendbuch von der äußerst vielseitigen Autorin Maike Stein. Sicherlich kann kaum ein Schriftsteller von sich behaupten, Ausbildungen zum Clown, zur Betriebswirtin und zur Fremdsprachenkorrespondentin absolviert zu haben.

Maike Stein hat mit den Zwillingen Lena und Zoe zwei charakterstarke Hauptfiguren geschaffen, die sich einerseits – wie bei Zwillingen so üblich – unglaublich ähneln und dann doch wieder grundverschieden sind. Zoe und Lena kommen beide zu Wort – mal steht die eine, mal die andere Schwester im Mittelpunkt. Das einzige Manko des Romans ist, dass man gerade zu Beginn eines Kapitels nicht immer genau weiß, aus wessen Sicht die Geschehnisse wiedergegeben werden. Oft verwendet die Autorin einfach “sie” statt des jeweiligen Namens.

Mit ihrer Ausdrucksweise trifft die 1969 geborene Maike Stein den jugendlichen Ton sicher: Nicht zu rotzig, aber dennoch frech und mitunter rebellisch. Die Zielgruppe für dieses Buch sind aus meiner Sicht 14 – 18-Jjährige Teenager. Doch auch die Generation Ü 30 kann sich – wie in meinem Fall – problemlos in diesem fesselnden Jugendbuch verlieren.

Die Geschichte wird von Maike Stein mit einer so beeindruckenden Atmosphäre erzählt, die es dem Leser sofort ermöglicht, sich voll und ganz auf der kleinen Insel einzufinden. Ständig halten neue Ereignisse die Geschichte in einem beständigen Fluss – Langeweile hat in diesem Buch absolut keine Chance.

Besonders fasziniert hat mich an “Du oder sie oder beide” die durchweg gruselige Stimmung, die insbesondere an geheimnisvollen Orten wie einem verlassenen Friedhof oder einer Krypta ihre volle Wirkung entfaltet. Die gekonnte Verknüpfung der Gegenwart mit den Jahrhunderte zurückliegenden grausigen Ereignissen tut ihr Übriges dazu.

“Du oder sie oder beide” ist eine beeindruckende Mischung aus Mystery, Gruselgeschichte, historischer Erzählung und einer einfühlsamen Beschreibung von Freundschaft und erster Liebe. Dieses Buch ist ein bemerkenswerter Jugendroman, in den man kopfüber eintaucht und dessen Intensität man nicht so schnell entkommt.

Bewertung vom 04.10.2014
If you leave - Niemals getrennt / Beautifully Broken Bd.2
Cole, Courtney

If you leave - Niemals getrennt / Beautifully Broken Bd.2


gut

Liebe, Sex und Emotionen in Angel Bay, die Zweite

Madison Hill führt das Restaurant ihrer verstorbenen Eltern im beschaulichen Angel Bay weiter, wohnt in deren Haus – in dem es immer noch genauso aussieht wie an jenem schrecklichen Tag, als sie bei einem Verkehrsunfall ums Leben kamen – und kümmert sich um ihre jüngere Schwester Mila. All die Verantwortung, die auf Madisons Schultern lastet, erlaubt es ihr kaum, Spaß zu haben geschweige denn eine Beziehung zu führen. Dann tritt ein hinreißender Kerl in ihr Leben: Gabriel Vincent. Doch der Abend des Kennenlernens endet in einem Desaster. Ist der Typ ein Psychopath? Welches dunkle Geheimnis verbirgt Gabriel, der Madison trotz seines beängstigenden Verhaltens magisch anzieht?

Mit “If you leave – Niemals getrennt” erschien vor gut drei Monaten der zweite Band aus der Young-Adult-Reihe um die beiden Schwestern Mila und Madison Hill. Während sich in in “If you stay – Füreinander bestimmt” alles um Mila drehte, steht im Nachfolgeband ihre große Schwester Madison im Mittelpunkt der Ereignisse. Parallelen zwischen den Büchern lassen sich nicht von der Hand weisen – geht es doch in beiden um die wahrhaftige Liebe, komplizierte Beziehungen und Menschen, denen vom Schicksal übel mitgespielt wurde. Doch während Mila mir im ersten Buch als echter Sonnenschein ans Herz gewachsen ist, kommt Madison sehr unterkühlt daher. Große Sympathie konnte ich ihr nicht entgegenbringen, doch Autorin Courtney Cole scheint den reservierten Charakter Madisons ganz bewusst geformt zu haben, damit die Last, die jahrelang auf ihr – der Älteren – lag, deutlich wird. Umso mehr habe ich mich über das “Wiedersehen” mit Mila gefreut.

Die Geschichte benötigt eine gewisse Anlaufzeit, bis sie in Fahrt kommt. Mit unvorhersehbaren Schicksalsschlägen und traumatischen Ereignissen hält Courtney Cole die Story dann aber konstant spannend. Ungewöhnlich viel Zeit lässt sich die Autorin diesmal mit den Sexszenen, die dafür gewohnt detailreich dargestellt werden und durch Leidenschaft und Niveau glänzen. Kurze Sätze und ein knackiger Schreibstil führen zu leichter Lesbarkeit. Jedoch kommen unzählige “Verdammt”s im Sprachgebrauch der handelnden Figuren vor – zu gewollt amerikanisch für meine Begriffe. Hier wäre weniger mehr gewesen.

Alles in allem ist “If you leave – Niemals getrennt” ein vielseitiger Roman, der vor ernsten Themen wie Tod und Krieg nicht Halt macht. Mitunter rutscht die Autorin allerdings ins Kitschige ab, was – bei allen Emotionen – teilweise einfach zuviel des Guten ist. Obwohl “If you leave – Niemals getrennt” eine lesenswerte erotische Liebesgeschichte mit vielen Wendungen ist, reicht sie leider nicht an den ersten Teil heran.

Bewertung vom 10.09.2014
Waidmannstod / Kommissar Voss Bd.1
Leo, Maxim

Waidmannstod / Kommissar Voss Bd.1


ausgezeichnet

Einzigartiger Herbst-Krimi

Die Mark Brandenburg gehörte bislang zu den eher weißen Flecken auf der Krimi-Landkarte. Doch nun hat dieser Landstrich mit Daniel Voss, seines Zeichens Leiter der Mordkommission Bad Freienwalde, und seinen Kollegen ein markantes Ermittlerteam, das Fans der Kriminalliteratur begeistern wird. Daniel Voss ist gebürtiger Brandenburger und kehrt seiner Wahlheimat Stuttgart den Rücken, als sein Vater stirbt. Die polnische Pflegerin Maja hilft Voss, sich um die kranke Mutter zu kümmern.

Der erste Mord lässt im vergleichsweise dünn besiedelten Landkreis Märkisch-Oderland dann nicht lange auf sich warten: Ein Jäger wird während einer Treibjagd im Sternekorper Forst erschossen und wie ein erlegtes Wildtier ausstaffiert. Voss’ Befürchtungen, er würde sich auf dem platten Land langweilen, bestätigen sich nicht im Geringsten…

Der Journalist und Autor Maxim Leo legt mit “Waidmannstod” einen unverwechselbaren Debüt-Krimi vor. Unaufgeregt, vielschichtig und sachlich erzählt er von der Suche nach einem Mörder, der sich in Jagdkreisen bestens auszukennen scheint. Die Atmosphäre dieses Krimis ist einzigartig und macht dieses Buch zu etwas ganz Besonderem. Maxim Leo fängt den Herbstwald so gekonnt ein, dass man das feuchte Laub beinah unter den Füßen spürt. Auch die Beschreibung der umliegenden Orte lässt mühelos klare Bilder im Kopf des Lesers entstehen.

“Waidmannstod” transportiert eine ganz eigene Stimmung – eine gelungene Mischung aus Wehmut, Melancholie und Stille. Die raue Herzlichkeit der Bewohner der Mark Brandenburg, die Vergangenheit – insbesondere zu DDR-Zeiten – und aktuelle Probleme greift Maxim Leo auf sehr reale Weise auf. Die Figuren sind interessant, unterhaltsam und würzen die Story – auch (oder vielmehr gerade) wegen ihrer Besonderheiten, die vor allem Hauptkommissar Daniel Voss vorweist.

“Waidmannstod” ist eine Geschichte, die mit Spannung und einer Vielzahl an potenziellen Tätern den Rätsel-Instinkt des Lesers herausfordert und außerdem weit über den Tellerrand des eigentlichen Kriminalfalls hinausblickt. Maxim Leo kommt dabei vollständig ohne Längen aus, die beim Publikum für Ermüdungserscheinungen sorgen könnten. Letztlich sind die 288 Seiten viel zu schnell gelesen. Doch es besteht Hoffnung auf weitere Morde in der Mark Brandenburg (Natürlich nur literarisch!): Der Untertitel des Buches: “Der erste Fall für Kommissar Voss” deutet darauf hin, dass weitere folgen werden. Hoffentlich!