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nessabo

Bewertungen

Insgesamt 85 Bewertungen
Bewertung vom 15.06.2024
Beat vor der Eins
Helmig, Alexandra

Beat vor der Eins


sehr gut

Gelungene Einblicke in die innere Zerrissenheit eines Teenagers

Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Besonders Menschen, die sich gerade aus einer Leseflaute retten müssen (wie ich 😅), empfehle ich es von Herzen. Durch die sehr kurzen Kapitel wird mensch in das Buch und die Gedanken von Ina hineingesogen. Der Schreibstil ist fragmentarisch und direkt, genau das macht es für mich so authentisch.

Was Ina alles erleben muss, ist schwer und teilweise traumatisch. An der Stelle hätte ich mir Inhaltswarnungen gewünscht und ergänze sie am Ende meiner Rezension.
Doch abgesehen davon mochte ich die rasante Schreibweise, die bruchstückhaften Erzählungen und die spürbare innere Zerrissenheit eines Teenagers. Am Ende wollte ich Ina gern einfach sagen, dass es besser wird. 💚

Rundum ein wirklich gelungenes Buch!


(TW: sexueller Missbrauch, Angst vor Schwangerschaft, Abwertung des eigenen Körpers)

Bewertung vom 12.06.2024
Yours Truly
Jimenez, Abby

Yours Truly


ausgezeichnet

Wunderschöne Romance mit liebenswerten Charakteren, die wichtige Themen rund um Mental Health anspricht

Das Buch hat mir einfach richtig gut gefallen und ich bin nur so durchgeflogen. Ich war rückblickend etwas verwirrt, weil es ja streng genommen der zweite Teil einer Reihe ist und der erste in der Übersetzung erst noch erscheinen wird. Auch, wenn die Teile separat voneinander gelesen werden können, finde ich das eine eigenartige Verlagsentscheidung.

Aber abgesehen davon mochte ich den Perspektivenwechsel, die Figuren und das Setting total gern. Briana und Jacob sind unfassbar liebenswert, respektvoll und erstaunlich vielschichtig. Die Beziehung zwischen den beiden beginnt turbulent, wird dann aber schnell nah und das mochte ich sehr. Endlich wurde über ein Missverständnis einfach gleich zu Beginn gesprochen! 💚 Im Laufe der Handlung gibt es dann natürlich trotzdem noch einige Stellen, an denen ich mir schneller ein direktes Ansprechen gewünscht hätte. Besonders im letzten Drittel hatte das manchmal seine Längen, aber ich konnte trotzdem gut damit leben.

Vor allem die angesprochenen Themen verdienen meiner Meinung nach ganz viel Lob. Mental Health spielt mehrmals eine Rolle und das auch recht detailliert, sodass mensch beim Lesen ein gutes Gefühl für die Erkrankung(en) bekommen kann. Auch Organspende wird thematisiert und die Autorin erklärt im Nachwort auch, warum ihr das persönlich so wichtig war. 🥺

Am Ende war es mir einen Ticken zu pathetisch, aber das ist alles Jammern auf sehr hohem Niveau. Dafür, dass die Autorin psychische Erkrankungen und queere Beziehungen als eine Normalität des Lebens in die Handlung einflicht, gebe ich dem Buch trotzdem volle 5 Sterne! Eine dicke Empfehlung für alle, die z. B. „Happy Place“ von Emily Henry gern gelesen haben. 🫶🏻

Bewertung vom 03.06.2024
Der ehrliche Finder
Spit, Lize

Der ehrliche Finder


ausgezeichnet

Unfassbar intensive Erzählung - in ihrer Kürze voller Dichte und Emotionen

Das Buch war ein echtes Highlight und ich bin nach der Lektüre noch immer ganz angespannt. Es war mein erstes Buch von Lize Spit und ich war unschlüssig, ob eine Kurzgeschichte mich emotional wirklich ergreifen kann. Naja, und wie sie das konnte! Die Autorin hat ein unglaubliches Talent für sprachliche Feinheiten und liefert mit „Der ehrliche Finder“ ein so dichtes Werk, dass es lange nachhallt. Die Geschichte ist von einer wahren Begebenheit aus Belgien inspiriert und ich weiß nicht, ob es das jetzt besser oder schlimmer macht.. ❤️‍🩹

Wir erleben eine Geschichte über Freundschaft aus der Sicht von Jimmy, der nicht erst durch die Scheidung seiner Eltern viel Einsamkeit ertragen muss. Mobbing in der Schule ist an der Tagesordnung und so flieht er in seinen Job als „ehrlicher Finder“. In diesem sammelt er mit leidenschaftlicher Präzision Flippos - kleine Sammelmarken aus Chipspackungen. Dann tritt aber Tristan in sein Leben, der mit seiner Familie vor dem Krieg im Kosovo geflohen ist und eine traumatische Fluchterfahrung hinter sich hat. Als der Abschiebebescheid eintrifft, schmiedet Tristan mit seiner Schwester einen Plan, der die Abschiebung verhindern soll - und Jimmy soll dabei eine entscheidende Rolle spielen.

Lize Spit schafft es für mich phänomenal, die Sprache des 10-jährigen Jimmys in ihrer kindlichen Zugewandtheit abzubilden. Der Text ist damit leicht zugänglich und die Lesenden können gar nicht umhin, in die Sichtweise des Protagonisten einzutauchen. Seine Sicht auf die Welt ist so kindlich optimistisch wie ernsthaft, an keiner Stelle wirken seine Schilderungen lächerlich. Die Traumata der Familie Ibrahimi werden an wenigen Stellen angeschnitten und obwohl das eher nebenbei passiert, trifft es eine*n ins Mark!

Die Geschichte ist eine perfekte Balance zwischen Zartheit sowie bedingungsloser Liebe und einer Dunkelheit rund um Hass gegen Geflüchtete, Traumata und Einsamkeit. Sie hat mich emotional komplett auf links gedreht und wirkt sehr lang nach. Das Ende hat mir das Herz herausgerissen und ich wollte vor lauter Unrecht schreien. 💔

Lest dieses Buch mit seinen zarten 125 Seiten, mehr kann ich echt nicht sagen. 🥺

Bewertung vom 02.06.2024
Das Lied der Biene
Groß, Gabriela

Das Lied der Biene


weniger gut

Leichte Geschichte, deren Figuren ich emotional jedoch zu wenig greifen konnte

„Das Lied der Biene“ lässt sich als Geschichte dank der sehr kurzen Kapitel wirklich gut und schnell lesen. Sie passte trotzdem einfach nicht zu mir persönlich, weil ich mich mit den Figuren nicht wirklich identifizieren konnte. Die Handlung fühlte sich an vielen Stellen zu vorhersehbar und seicht an, an anderen Stellen konnte ich die Handlungen der Figuren nicht gut nachvollziehen.

Mit Margas unsicherer und zurückhaltender Art konnte ich nicht so viel anfangen, sie hat mich an einer unangenehmen Stelle getroffen. Die Figur hatte aber durchaus eine spürbare Entwicklung im Buch, das fand ich schön zu begleiten. Die Beziehungen der Figuren zueinander konnte ich vielmals nicht richtig greifen, ebenso ihre jeweiligen Gefühlswelten. Am ehesten ist mir das noch bei den jüngeren Charakteren (Inga und Conny) gelungen. Das veranlasst mich auch zu dem Schluss, dass ich für die Geschichte und ihre Sprache vielleicht schlicht zu jung bin - und das meine ich in keine Richtung abwertend! 🫶🏻 Geschmäcker sind ja super verschieden und „Das Lied der Biene“ hat einfach nicht zu meinem aktuellen Leben gepasst.

Es war schon spürbar, dass die Charaktere Liebe füreinander empfinden - egal ob platonisch oder romantisch. Manche Beziehungen entstehen erst im Laufe der Handlung, andere dürfen mit der Zeit wachsen und/oder heilen. Es schien mir nur jeweils eher an der Oberfläche zu bleiben und ich hätte mir oft mehr Tiefe in den jeweiligen Szenen gewünscht. Im letzten Drittel gab es dann doch einige Szenen, die mich emotional auch ergriffen haben.

Mich konnte das Buch somit nicht überzeugen, weil ich Geschichten mit deutlich ambivalenteren Figuren, die ich auch intensiver in ihren Gefühlen begleiten darf, einfach lieber mag.

Bewertung vom 30.05.2024
Experienced. Die Liebe bietet unbegrenzte Möglichkeiten
Young, Kate

Experienced. Die Liebe bietet unbegrenzte Möglichkeiten


sehr gut

Liebevolle queere Romance über Freund*innenschaft und das Finden der eigenen Sexualität

Kate Youngs Debüt hat mir richtig gut gefallen. Bette ist recht frisch als lesbisch geoutet und in ihrer ersten Beziehung mit einer Frau - Mei. Trotz des vermeintlichen Glücks schlägt Mei eine Beziehungspause von 3 Monaten vor, damit Bette sich noch einmal ausprobieren und dann ganz sicher sein kann, dass sie sich auch wirklich an Mei binden will.

Der Aufhänger ist so absurd wie originell und bietet den perfekten Einstieg in eine Geschichte rund um Selbstfindung und Zusammenhalt. Obwohl Bette mir am Anfang einfach schrecklich leid tat und ich Meis Vorschlag unmöglich bevormundend finde, wird schnell klar, dass er durchaus auch legitime Elemente enthält.

Das Thema rund um ein spätes Outing und das damit verbundene Suchen der eigenen Präferenzen, vor allem im Bereich Sexualität, fand ich extrem sensibel und nachvollziehbar dargestellt. Bette ist super sympathisch und eine Figur mit Tiefe. Als sie im Zuge ihres ersten lesbischen Online-Datings Ruth kennenlernt, entsteht ein zarter Raum für neue Verbindungen.

Was die Handlung für mich wirklich wunderschön gemacht hat, sind die vielen Menschen ins Bettes und Ruths Leben. Viele sind ebenfalls queer, manche aber auch nicht, und das Miteinander ist geprägt von so viel Respekt und bedingungsloser Liebe, dass ich mich richtig umarmt gefühlt habe. 🥹 Auch die Beschreibung von Körpern empfand ich als unendlich heilsam und liebevoll. Gerade in einer Welt, in der Körper permanent bewertet werden, hat Kate Young hier einen Weg gefunden, genau das auf zärtliche Weise eben nicht zu tun. Zudem sind die Romanfiguren recht divers, ohne auf diesem Punkt herumzureiten. Dadurch entsteht eine sehr angenehme Normalität.

Einen Stern gebe ich Abzug, weil das Buch an manchen Stellen seine Längen hatte und ein bisschen kürzer hätte sein können. Auch die spicy Szenen hätten für meinen Geschmack noch etwas ausführlicher beschrieben sein können. 😇

Insgesamt aber ein wirklich tolles Debüt mit viel Liebe für alle, die sich manchmal einsam fühlen in dieser Welt. ❤️

Bewertung vom 24.05.2024
Komm schon, Baby!
Berg, Ellen

Komm schon, Baby!


gut

Kurzweiliges Leseerlebnis, jedoch nicht ganz mein Geschmack

„Komm schon, Baby“ ist mein erstes Buch von Ellen Berg. Ich mag farbenfrohe Cover, deshalb ist mir dieser Roman auch initial ins Auge gefallen. Die Gestaltung reiht sich gut in die anderen Bücher der Autorin ein. Trotzdem könnte es je nach Betrachter*in auch als etwas altbacken gelesen werden. Ich bin da ein wenig hin- und hergerissen. 🙈

Der Roman selbst dreht sich um Hebamme Juli, ihre eigene Schwangerschaft und den Vater dazu - der aber anderweitig verpflichtet scheint. 🥴Von ihrem ersten Wiedersehen an ist eigentlich klar, dass hier ordentlich Anziehung da ist und das setzt sich auch bis zum Schluss fort. Doch Matteo scheint den väterlichen Verpflichtungen seiner ebenfalls schwangeren Partnerin Emily gegenüber nachkommen zu wollen, wodurch Einiges an Gefühlschaos entsteht. Und das alles in einem Zeitraum von lediglich einer Woche! Bei all dem Chaos ist der Epilog dann wieder was für’s Herz. 😉

Ich fand die kurzen Kapitel schnell und gut zu lesen. Der Ton ist leicht, humorvoll und der Text mit einigen Informationen rund um die Arbeit der Hebammen sowie Geburten allgemein gespickt. Hier zeigt sich, dass die Autorin wirklich viel recherchiert hat. Die meisten Figuren sind liebenswert, eine ganz besondere Sympathieträgerin ist dabei natürlich Oma Hilde, die mein Herz ganz klar gewonnen hat. 💚

Einige Schwierigkeiten hatte ich aber mit dem gewählten Humor. Ich empfand ihn stellenweise als eher platt, da auch öfter mit Klischees gearbeitet wurde. Da wurde mein persönlicher Humor einfach nicht getroffen. Manche Handlungsentwicklungen kamen mir zu plötzlich und damit unrealistisch vor. Dadurch bin im beim Lesen dann doch immer mal ins Stocken geraten. Auch, dass manche Figuren recht streng als bösartig und falsch gezeichnet wurden, hat mir nicht gefallen. Ich mag ambivalente Charaktere und hätte mir hier noch mehr Tiefe gewünscht.

Das Ende ist natürlich irgendwie vorhersehbar und das empfinde ich nicht als schlimm bei dieser Art Romane. Mir war die Geschichte insgesamt nur nicht rund genug und ich konnte mich auch nicht so wirklich mit den Figuren identifizieren. Wenn letzteres gegeben ist, fällt der Lesegenuss sicherlich viel leichter.

Wer also nach einem leichten Leseerlebnis sucht, sich für Schwangerschaft & Geburten interessiert und irgendwie immer wissen will, wohin die Reise geht, wird hier bestimmt Spaß beim Lesen haben.

Bewertung vom 20.05.2024
Funny Story
Henry, Emily

Funny Story


ausgezeichnet

Wundervoll amüsantes und liebevolles Buch!

"Funny Story" war mein zweites Buch von Emily Henry und es hat mich auf ganzer Strecke überzeugt. Es ist eine perfekte Geschichte für alle, die RomComs mit gutem Humor mögen und einfach mal wieder ein Buch verschlingen wollen. 🙂

Die Ausgangslage finde ich schon tragisch-komisch: Daphne wurde von ihrem Verlobten Peter für dessen beste Freundin Petra (😂) verlassen. Letztere verlässt dafür wiederum ihren Partner Miles. Daphne zieht aus der Not heraus zu Miles, der zu Beginn verpeilt-chaotisch wirkt und sich später zu einem wirklich liebenswerten Menschen mausert. Und was aus einer solchen WG-Situation entstehen kann, erfahren wir auf den folgenden 450 Seiten...

Sicherlich ist bei RomComs allen klar, wie die Geschichte am Ende ausgeht. 🤭 Emily Henry schafft in "Funny Story" für mich aber einen grandiosen Balanceakt zwischen sarkastischem Humor sowie viel Situationskomik und ernsten, lebensnahen Themen. Hierbei erfahren wir vor allem viel über die Auswirkungen davon, wenn Menschen sich innerhalb einer Partnerschaft isolieren, und über die Konsequenzen schwieriger Eltern. 💔
Dabei wachsen die beiden Protagonist*innen in meinen Augen sehr glaubwürdig und lehrreich an ihren Erfahrungen.

Neben den wirklich netten Hauptcharakteren hab ich auch die Nebenfiguren sehr gemocht. Sie sind nicht nur Beiwerk, sondern runden die Handlung perfekt ab. Auch, dass z. B. nicht-weiße Figuren und queere Eltern einfach so vorkommen dürfen, fand ich richtig toll. Und die Liebe der Hauptfigur Daphne für ihre Arbeit in einer Bibliothek hat mein Herz als Buchliebhaberin richtig gewärmt. 💚

Der Schreibstil ist locker und leicht, an manchen Stellen ist die Übersetzung eventuell etwas holprig, aber das kann ich immer nicht so gut einschätzen. Ich habe an vielen Stellen wirklich gelacht, auch wenn es in der zweiten Hälfte weniger lustig wird. Das Buch hat kaum irgendwelche Längen, ich habe es verschlungen und nur für die Leserunde immer mal pausiert. Emily Henry versorgt uns auch mit ein paar spicy Szenen, die dem Ganzen natürlich ordentlich Schwung geben. 😅🥵

Der wie immer nicht problematisierte Alkoholkonsum der Figuren hat mich schon etwas gestört, führt für mich im Gesamten aber nicht zu Punktabzug. Petra und Peter fand ich persönlich im Rückblick ziemlich unnötig und charakterlich flach, so als hätte sich die Handlung beim Schreiben einfach in eine andere Richtung entwickelt. Der Aufhänger der Story bleibt auch wirklich nur ein Aufhänger. Das ist aber auch nichts, was ich mit Punktabzug bestrafen würde.

Ein richtig tolles Buch, das ich von Herzen empfehle! 💚

Bewertung vom 17.05.2024
Und alle so still
Fallwickl, Mareike

Und alle so still


gut

Großartige Idee, textlich und charakterlich aber mit Schwächen umgesetzt

Da ich die beiden Vorgängerbücher von Mareike Fallwickl ziemlich gut fand, wollte ich natürlich auch den neuen Roman lesen. Bekommen habe ich zwar wie erwartet ein Buch voller Wut und Frustration, in meinen Gedanken dazu bin ich aber alles andere als klar.

Wie offenbar viele weitere Menschen habe ich sehr ambivalente Gefühle zum Inhalt und zur Umsetzung. Die Idee eines Care-Streiks finde ich großartig - was hätten (überwiegend) Frauen für eine Macht, wenn sie sich der unbezahlten und/oder schlecht bezahlten Arbeit einfach verweigern würden! Der Protest der Frauen ist ein stiller, sie legen sich einfach an öffentlichen Orten nieder und schweigen. Dabei begleiten wir die Protagonist*innen Elin (Influencerin, ihr wurde [eventuell] Gewalt angetan), Nuri (ein migrantischer, armutsbetroffener, mutmaßlich queerer Mann) und Ruth (eine Frau mittleren Alters, die in der völlig überlasteten Krankenpflege arbeitet). Alle Figuren sind miteinander verbunden, was sich erst mit fortlaufender Handlung zeigt. Solche Erzählstrukturen mag ich sehr gern und ich finde sie auch hier gut umgesetzt. Nuris Perspektive finde ich aus Intersektionalitätsgründen total wichtig und bei Ruths Gedanken zur Vereinsamung von Eltern behinderter Kinder habe ich mich ertappt gefühlt. Lediglich Elin konnte ich als Charakter nicht wirklich greifen.

Sprachlich fand ich das Buch wiederum echt herausfordernd. Es gibt super wenige Dialoge, die Erzählweise ist irgendwie abgehackt und mir persönlich manchmal zu ausschweifend. Die Protagonist*innen verlieren sich für meinen Geschmack etwas zu sehr in ihren Gedanken. Die Leben der Figuren fand ich außerdem schwer auszuhalten, das ist jedoch keine Kritik am Buch. Das Elend der verbalen Gewalt auf Social Media, die Ausbeutung der Menschen im Niedriglohnsektor und die Überforderung des Pflegepersonals sind so real wie unerträglich. Mareike Fallwickl drückt hier wirklich bis zum Gehtnichtmehr in den Wunden herum. Und das ist wichtig, allerdings fehlt mir einfach der Motivationsmoment in der ganzen Handlung. Alles ist so resigniert, ungeplant, langatmig und grauenvoll, dass ich einfach nur pessimistisch gestimmt war. Das kann gewollt sein und vielleicht bewirkt es bei den richtigen Menschen auch etwas, aber für mich war zu wenig Aufschwung da.

Die solidarischen Momente zwischen den Frauen sind liebevoll, manche Nebencharaktere fand ich super (Looking at you, Charlie.. 👀), aber auch den Part hätte ich mir ausführlicher gewünscht. Und dann erst die Gewalt… Wie schon bei allen Vorgängern finde ich Inhaltswarnungen für mehr als angebracht und wünsche mir, dass das in Zukunft Standard wird! Manche Stellen der Handlung fand ich persönlich auch zu überspitzt und unglaubwürdig. Die gehäuften Verletzungen bei den zurückgelassenen Männern? Also, ich weiß ja nicht! Das passte für mich irgendwie nicht zum ernsten Ton der Geschichte.

Geliebt habe ich die kurzen Zwischenkapitel von Pistole, Gebärmutter und Berichterstattung. Die fand ich sehr innovativ und tatsächlich das beste am ganzen Buch, weil sie für mich maßgeblich einen Spannungsmoment aufrechterhalten haben.

Insgesamt habe ich irgendwie das Gefühl, die Handlung hätte auch auf 200 Seiten reduziert werden können. Und ich befürchte einfach, dass Lesende auf dem Weg aufhören und die wichtigen Botschaften im Text verlorengehen. Ich hatte manchmal den Eindruck, einen sachbuchähnlichen Text zu lesen, der seine Längen hatte und dessen Figuren tiefer hätten sein können. Sicherlich sind meine Erwartungen aber auch einfach hoch gewesen und ich möchte nicht sagen, dass „Und alle so still“ ein schlechtes Buch wäre. Für mich ist es einfach nicht ganz rund.

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Inhaltswarnungen, die Spoiler enthalten können:

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Stealthing, sexualisierte Gewalt, Tod, Ableismus, Abtreibung, Polizeigewalt, physische Gewalt gegen Frauen, Mord, Misogynie

Bewertung vom 15.05.2024
Das Gegenteil von Erfolg
Thomas, Eleanor Elliott

Das Gegenteil von Erfolg


gut

Etwas schleppender als erwartet, jedoch durchaus unterhaltsam und thematisch vielfältig

Das Cover hat mich vom Stil her direkt angesprochen und das Thema rund um ein Leben zwischen Karriere, Familie und Kapitalismuskritik erst recht. Der Klappentext versprach ja Einiges an Chaos - und das wurde auch erfüllt, jedoch etwas schleppender als gedacht. Grundsätzlich mochte ich das Buch und die behandelten Themen. Die Zielkonflikte der beiden Protagonistinnen sind spannend und tragen maßgeblich zum Chaos der Geschichte bei. Der zugrundeliegende Humor und eine gewisse Leichtigkeit sorgen für ein gutes Lesevergnügen.

Trotzdem habe ich ein paar Kritikpunkte:

Fast die komplette Geschichte erstreckt sich auf einen einzigen Tag, von ein paar Rückblenden und dem Epilog mal abgesehen. Ich denke, prinzipiell ist das auch kein Problem, es hat bei mir aber für ambivalente Gefühle beim Lesen gesorgt. Einerseits zog sich die Handlung an einigen Stellen recht in die Länge, andererseits passierte dann auf einmal total viel. Manchmal hat mir seitenlang die Tiefe in den Figuren gefehlt, dann wurde das später wieder nachgeholt. Das hat bei mir zu einem ungewohnten Lesefluss geführt, den ich nicht so richtig abschließend bewerten kann. An sich fand ich, dass sich der Text sehr gut lesen lässt, aber da den Charakteren für mein Empfinden eher spät Tiefe verliehen wurde, gab es bei mir auch immer mal ein Stolpern. Vielleicht liegt das aber auch an der Übersetzung?!

Ein Punkt, der für mich kein Abzug, wohl aber erwähnenswert ist: Der Bereich Kapitalismuskritik kommt kürzer als von mir erwartet, dafür gibt es einige weitere Felder der Gesellschaftskritik, die tiefer behandelt werden. Vor allem die (internalisierte) Dick_Fettfeindlichkeit hat mich extrem getroffen. Für sowas hätte ich mir eine Inhaltswarnung gewünscht. Nichtsdestotrotz finde ich es total klasse, dass dieses Thema aufgegriffen wird. Leistungsdruck, Elternschaft und Umweltzerstörung empfand ich als vertreten wie versprochen. Ehrlicherweise war ich von der angekündigten Affäre Alex’ recht enttäuscht. Die Beziehung und deren Darstellung habe ich persönlich nicht gefühlt.

Schließlich, und das irritiert mich schon deutlich mehr, verstehe ich die Wahl der Coverperson nicht. Warum wurde sich nicht für eine dick_fette Person entschieden, obwohl das ja doch eindeutig der Protagonistin entspricht? Das englische Cover finde ich dahingehend besser. Außerdem löst sich die Goldschrift hinten super schnell ab, wenn dort beim Lesen die Finger liegen. Das hab ich auch schon an den Verlag gemeldet, sodass es hoffentlich überarbeitet werden kann.

Abschließend gesagt, hätte ich mir das Buch noch ein wenig lustiger und leichtgängiger vorgestellt. Ich hatte einige Irritationsmomente, die nicht hätten sein müssen. Ab der Hälfte nimmt die Geschichte Fahrt auf, was wahrscheinlich auch an der Figurentiefe liegt, die dann erreicht wurde. Das Buch halte ich für eine unterhaltsame Lektüre für alle, die sich von den behandelten Themen angesprochen fühlen. Denn Identifikationsmöglichkeiten liefert es allerhand. Die Themen sind so vielfältig wie wichtig und genau deshalb wünsche ich dem Buch viele Leser*innen.

Bewertung vom 12.05.2024
Die Blumentöchter Bd.1
Collins, Tessa

Die Blumentöchter Bd.1


gut

Seichte, leicht zu lesende Geschichte mit wenig Tiefe

Erst einmal finde ich den Farbschnitt mit seinem perfekten Übergang vom Cover zur Seite richtig gut gelungen! Die Storyline mit den vielen Familienmitgliedern und dem angedeuteten Geheimnis hat mich auch interessiert - ich mag Familiengeschichten. Toll fand ich auch den Stammbaum am Anfang.

Insgesamt lässt sich der Roman extrem flüssig lesen. Das halte ich für positiv, sehe jedoch auch, dass das zumindest für mich an der mangelnden Tiefe des Textes lag. Die Familienmitglieder wurden zu Beginn ein wenig hastig eingeführt und spielten dann keine große Rolle mehr. Das kam mir zu gewollt vor.
Auch mit Dalia wurde ich einfach nicht so recht warm. Ihre Gedanken und Gefühle kamen mir sehr repetitiv und nicht richtig glaubwürdig vor. Manchmal war ich davon regelrecht genervt. Alle anderen Charaktere sind auch eigentlich einfach nur nett. So sehr ich auch liebevolle Beziehungen in Geschichten mag, fehlten mir hier schlicht ambivalente Figuren.

Auch die eher unkritische Basis des Romans entspricht einfach nicht meinem persönlichen Geschmack. Es wird zumindest kurz auf die Armut Mexikos sowie die Unterschiede zwischen Weißen und Indigenen eingegangen, die Autorin schien aber auch kein Problem damit zu haben, die „bedeutsamen Werke der Kolonialkunst“ unkommentiert zu bewundern. Auch die extrem repetitiven Lobpreisungen der schönen Umgebung sowie des leckeren Essens waren für meinen Geschmack einfach zu viel.

Ich denke, für alle, die einen Roman ohne Überraschungen suchen, der z. B. im Urlaub problemlos weggelesen werden kann, ist das hier eine gute Wahl. Mich interessieren an sich auch die Geschichten der anderen Cousinen in den kommenden 4 Bänden. Weil mir der erste Band aber zu wenig Tiefe und Konsistenz hatte, werde ich sie wohl eher nicht lesen.