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Benutzername: 
Lilli33
Buchflüsterer: 

Bewertungen

Insgesamt 481 Bewertungen
Bewertung vom 01.11.2023
Glutspur / Liv Jensen Bd.1
Engberg, Katrine

Glutspur / Liv Jensen Bd.1


gut

Sehr komplex, aber auch etwas langatmig

Inhalt:
1 Selbstmord, 3 Morde und jede Menge kaputte Menschen und Familien.

Meine Meinung:
„Glutspur“ ist der 1. Band einer Reihe um die Ex-Polizistin Liv Jensen, die nach dem eher unfreiwilligen Ausscheiden aus dem Polizeidienst in Aalborg nun in Kopenhagen als Privatdetektivin arbeitet. Dass sie für einen befreundeten Polizeikollegen, der einen ungeklärten Mordfall nach über drei Jahren zu den Akten legen muss, unbezahlte Ermittlungsarbeit übernimmt, zeigt, wie sehr sie für ihren Beruf als Polizistin brennt.

Von Katrine Engberg habe ich schon viel Gutes gehört, bislang aber nichts von ihr gelesen bis auf die Leseprobe von „Glutspur“, die mich begeistern konnte. Entsprechend hoch war meine Motivation am Anfang dieses Buchs. Sehr schnell musste ich jedoch feststellen, dass es mich auf Dauer nicht uneingeschränkt fesseln konnte. Zwar weist die Story einige spannende Elemente auf und die Komplexität mit vielen verschiedenen Figuren und Handlungsfäden fordert aufmerksames Lesen, was mich normalerweise tief in eine Geschichte hineinzieht, doch hier war das leider nicht so. Ich hatte keine Probleme damit, das Buch zwischendurch aus der Hand zu legen; ich musste nicht dringend wissen, wie es weitergeht. Aber ich musste mich auch nicht zum Weiterlesen zwingen, sondern habe das trotz allem gerne gemacht.

Neben den spannenden Szenen gibt es doch etliche ruhige Passagen, die ich als ziemlich langatmig empfand. Hier hätte man einiges kürzen bzw. ganz weglassen können, da es sowieso nichts zur Handlung beiträgt.

Dass so gut wie alle vorkommenden Charaktere ihr Päckchen aus Trauer, Wut, PTBS oder sonstigem zu tragen haben, war mir zu viel. Das ist schon fast unglaubwürdig.

Hinzu kommt die Übersetzung, die manchmal etwas holprig wirkt.

Fazit:
Die Handlung ist gut durchdacht und sehr komplex, aber in der Ausführung gibt es durchaus Luft nach oben.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 30.10.2023
Bandscheiben-Akut-Training
Froböse, Ingo

Bandscheiben-Akut-Training


ausgezeichnet

Informatives Werk mit vielen praktischen Übungen

Nach ein wenig Theorie in für Laien angenehmer Sprache findet man in diesem Buch vor allem praktische Übungen, die verständlich beschrieben und mit Bildern veranschaulicht werden.

Im theoretischen Teil geht es hauptsächlich um Funktion und Zusammenspiel von Wirbelsäule, Muskeln und Bändern, die Entstehung von Schmerz und was Ernährung und Bewegung(smangel) damit zu haben.

Im praktischen Teil werden Übungen für die einzelnen Abschnitte der Wirbelsäule sowie für den ganzen Rücken gezeigt. Hier wird jeweils erläutert, was sie bewirken und für wen sie besonders geeignet sind.

Am Schluss sind noch vier kurze Übungsprogramme zusammengestellt, die man per QR-Code auch als Video ansehen kann.

Alles in allem fand ich dieses Buch sehr lohnenswert. Einige Übungen daraus haben mir im Akutfall sehr geholfen. Ich werde manche der Übungen auf jeden Fall auch weiter in meinen Alltag einbauen, um meinen Rücken zu stärken, und bin guter Dinge, dass er mir das danken wird. ;-)

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 21.10.2023
Unfollow Stella
Dunne, Ellen

Unfollow Stella


ausgezeichnet

Erfrischend anders

Inhalt:
Die Deutsch-Irin Patsy Logan hat sich bei der Kripo München beurlauben lassen und ist für eine längere Auszeit in Dublin. Als die junge Wienerin Stella Schatz verschwindet, bittet der Polizeiattaché der Österreichischen Botschaft, Sam Feurstein, Patsy um inoffizielle Hilfe. Gemeinsam tauchen sie in die Social Media-Sümpfe ein, wo Stella als Content-Moderatorin arbeitete.

Meine Meinung:
„Unfollow Stella“ ist der 4. Band der Patsy Logan-Reihe. Der Kriminalfall ist in sich abgeschlossen, das Drumherum nicht. Man braucht nicht unbedingt Vorkenntnisse, diese erhöhen aber das Lesevergnügen noch, weil man sich mit dem Beziehungsgeflecht und Patsys Charakter etwas leichter tut.

Es geht hier um ein sehr aktuelles Thema, nämlich um Social Media und die unangemessenen Inhalte, die dort gerne veröffentlicht werden. Zum Glück gibt es die Content-Moderatoren, die die schlimmsten Hassreden, Gewaltfilme und Ähnliches löschen. Was sie dabei alles zu sehen bekommen und psychisch verarbeiten müssen, möchte ich gar nicht wissen. Ellen Dunne verschafft uns mit ihrem neuen Kriminalroman einen guten Einblick in die Branche.

Dabei erzählt sie unheimlich fesselnd und atmosphärisch in einer oft flapsigen Sprache, die Patsys innere Zerrissenheit widerspiegelt. Aufgelockert wird der Text durch Chat-Verläufe, Sprachnachrichten und Ähnliches sowie durch fein dosierte Ironie und Sarkasmus.

Nach einer schockierenden Anfangsszene dürfen die Lesenden erst mal wieder durchschnaufen. Nun wird die Spannung nach und nach aufgebaut. Zum Schluss will man das Buch gar nicht mehr aus der Hand legen, weil man endlich die Zusammenhänge verstehen will.

Mich konnte Ellen Dunne mit diesem 4. Band um Patsy Logan total begeistern. Es ist meiner Meinung nach der beste Band bisher, und ich bin schon ganz gespannt, wie es mit Patsy nun beruflich und privat weitergeht.

Die Patsy Logan-Reihe:
1. Harte Landung
2. Schwarze Seele
3. Boom Town Blues
4. Unfollow Stella

Triggerwarnung (bei Bedarf bitte rückwärts lesen):
HCUARBSSIMSEDNIK TLAWEG ELLEUXES

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 16.10.2023
Das Nachthaus
Nesbø, Jo

Das Nachthaus


sehr gut

Spannende Horrorgeschichte

Inhalt:
Nach dem Tod seiner Eltern wird der Teenager Richard von Frank und Jenny adoptiert. In der kleinen Stadt Ballantyne fällt es ihm schwer, Fuß zu fassen und Freunde zu finden. Als dann ein Mitschüler spurlos verschwindet, glaubt keiner Richard die haarsträubende Geschichte, die er erzählt …

Meine Meinung:
Jo Nesbø kennt man vor allem durch seine Harry-Hole- und andere Krimis. So ist es kein Wunder, dass man auch hier einen Krimi erwartet, zumal der Klappentext dies meiner Meinung nach suggeriert. Doch weit gefehlt!

Ich empfand den Roman als Horrorgeschichte mit leichtem Gruselfaktor. Allerdings war er durchaus spannend erzählt und so hatte ich trotz falscher Erwartungen kein negatives Leseerlebnis. Ein bisschen zu abstrus fand ich es allerdings schon.

Der erste Teil des Buchs wird aus der Sicht des jugendlichen Richard wiedergegeben. Mit den Gedanken des Jungen und einem entsprechenden Schreibstil wirkt es dann eher wie ein Jugendbuch. Das ist vielleicht nicht jedermanns Sache. Teil II spielt dann fünfzehn Jahre später und rückt die vorherigen Ereignisse in ein neues Licht, bis Teil III dann alles auflöst - oder doch nicht?

Der Roman lebt von seiner schaurigen Atmosphäre, von der Ungewissheit über das Geschehen, auf die die Lesenden sich einlassen müssen und von vielen gruseligen und auch irgendwie witzigen Ideen des Autors.

Fazit:
Ganz anders als Harry Hole und auch kein Krimi, trotzdem unterhaltsam und spannend.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 14.10.2023
Ein Fluss so rot und schwarz
Ryan, Anthony

Ein Fluss so rot und schwarz


gut

Konnte mich nicht erreichen

Inhalt:
Als der Mann erwacht, fehlen ihm jegliche Erinnerungen. Wie kam er auf dieses Boot? Wo befindet es sich? Und wer sind die anderen Menschen, die bei ihm sind? Warum hat einer von ihnen sich erschossen? Es beginnt eine ferngesteuerte Odyssee voller Gewalt und Misstrauen, deren Ziel und Zweck erst spät offenbar wird.

Meine Meinung:
Leider konnte Anthony Ryan mich mit seinem Thriller überhaupt nicht erreichen. Die Story an sich ist zwar einigermaßen interessant und spannend, aber die Umsetzung gefiel mir nicht. Es wird viel zu distanziert erzählt. Ich konnte mich mit keiner der Figuren identifizieren oder anfreunden und mich auch nicht immer gut in sie hineinversetzen. Es ist auch nicht wirklich viel Entwicklung bei den Protagonist*innen festzustellen. In der Handlung wiederholt sich das ein oder andere Detail immer wieder, was bei dürftigen 272 Seiten die Story noch karger erscheinen lässt.

Als Actionfilm könnte ich mir die Geschichte dagegen gut vorstellen. Im Roman wünsche ich mir aber mehr Tiefgang und mehr Vielschichtigkeit.

Da ich mich regelrecht zum Weiterlesen zwingen musste, ich aber davon überzeugt bin, dass das Buch sicher seine Leser finden kann, schwanke ich zwischen 2 und 3 Sternen und runde daher wohlwollend auf.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 10.10.2023
Wie Sterben geht
Pflüger, Andreas

Wie Sterben geht


ausgezeichnet

Eine Agentin mit Herz und Verstand

Inhalt:
1983 soll auf der Glienicker Brücke ein spektakulärer Agentenaustausch stattfinden. Der KGB-Offizier Rem Kukura, der für den BND spionierte, wird von der Agentin Nina Winter sehnsüchtig erwartet. Da sie die Einzige ist, die Rem identifizieren kann, muss sie mit auf die Brücke. Doch dann geht die Sache gnadenlos schief …

Meine Meinung:
Andreas Pflüger konnte mich schon mit seiner Trilogie um die blinde Jenny Aaron begeistern. Auch sein neues Werk, „Wie Sterben geht“, hat mich sofort in seinen Bann gezogen. Pflüger versteht es, die beschriebene Atmosphäre aufleben und die Lesenden hautnah am Geschehen teilhaben zu lassen. Ganz dicht an der Seite der Protagonistin Nina Winter wird man durch eine spannende Story geführt, die bis zum Ende immer wieder kleine oder größere Überraschungen bereithält.

Nach dem spektakulären Beginn geht die Reise erst mal drei Jahre zurück in die Vergangenheit und die Geschichte wird von dort aus aufgerollt. Wie Nina zur Agentin wurde, wie sie die Bekanntschaft Rem Kukuras machte, was sie in Moskau Schönes und vor allem weniger Schönes erlebte und wie sie sich immer wieder behauptete, wird unheimlich fesselnd erzählt, entbehrt aber vor allem in den Dialogen nicht eines gewissen Humors. Nina ist eine wahnsinnig toughe und zähe Frau mit Herz und Verstand.

Wie es in der Spionagebranche nun mal so ist, weiß auch Nina nie, wem sie wirklich vertrauen kann. Das baut Spannung auf und sorgt für Überraschungen. Da kann ich auch ein Auge zudrücken, obwohl sie fast schon ein bisschen zu superwomanmäßig wirkt, wobei sie aber auch den ein oder anderen Fehler macht, also nicht ganz perfekt ist.

„Wie Sterben geht“ ist ein gut recherchierter Spionagethriller, der uns in die Zeit des kalten Krieges zurückwirft. Auch wenn der Autor sich die ein oder andere Freiheit genommen hat, was die Fakten betrifft, ist der Roman doch sehr realitätsnah und für einige unterhaltsame und lehrreiche Lesestunden gut.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 06.10.2023
Love Will Tear Us Apart / The Stranger Times Bd.3
McDonnell, C. K.

Love Will Tear Us Apart / The Stranger Times Bd.3


ausgezeichnet

Bisher mein Lieblingsband aus der Reihe

Inhalt:
Hannah Willis hat überraschend ihren Job als stellvertretende Chefredakteurin bei The Stranger Times gekündigt und zieht sich in das sektenähnliche Pinter-Institut zurück …
Vincent Banecroft lässt alles stehen und liegen, um seine Frau Charlotte zu retten, obwohl sie quasi sicher tot ist …
Und Reggie und Ox suchen nach einem Mysterium unter der Stadt …

Meine Meinung:
Dies ist bereits der 3. Band dieser Reihe. Ich denke, man sollte die Vorgänger kennen, bevor man sich daran wagt, da immer wieder Anspielungen auf Vergangenes eingestreut sind, die man sonst vielleicht nicht verstehen kann. Teilweise wird die in Band 1 und 2 begonnene Handlung hier weitergeführt.

Hatte ich bei Band 2 anfangs noch Probleme, die verschiedenen Handlungsstränge auseinander zu halten und zu sortieren, sind sie diesmal klarer geordnet und daher leichter zu lesen.

Neben den bereits bekannten Personen werden hier auch neue eingeführt, von denen mir die resolute Betty am besten gefiel. Sie wirkt mysteriös, aber unheimlich tatkräftig und nimmt sich vor allem Stellas an, die immer noch nicht so richtig weiß, wer sie eigentlich ist. Besonders gefreut habe ich mich über ein Wiedersehen mit Cogs und dem sprechenden „Hund“ Zeke. Diese beiden sind einfach der Knaller. Aber auch sonst kommt der schwarze Humor wieder mal aus allen Löchern gesprungen. Ich liebe diese verschrobenen und skurrilen Dialoge und kann die Reihe nur mit einem Dauergrinsen im Gesicht lesen.

Einige Handlungsfäden werden in diesem Band abgeschlossen, andere bleiben weiterhin offen und werden dann hoffentlich in Band 4 zu einem Ende geführt.

Die Reihe:
1. The Stranger Times
2. This Charming Man
3. Love Will Tear Us Apart
4. Relight My Fire (erscheint voraussichtlich im Januar 2024 auf Englisch)

Bewertung vom 29.09.2023
Tief im Schatten / Hanna Ahlander Bd.2
Sten, Viveca

Tief im Schatten / Hanna Ahlander Bd.2


ausgezeichnet

Ein eiskalter und hammerharter Krimi

Inhalt:
Die aus Stockholm stammende Hanna Ahlander hat sich mittlerweile gut in dem nordschwedischen Skiort Åre eingelebt und arbeitet super im Team mit Daniel Lindskog zusammen. Doch der Mord an dem früheren Skifahrer und allseits beliebten Johan Andersson stellt die beiden Polizisten vor eine große Herausforderung. Vor allem Daniels Lebensgefährtin macht Druck, weil Daniel so selten zu Hause ist.

Meine Meinung:
„Tief im Schatten“ ist der 2. Band dieser Reihe, kann aber problemlos ohne Vorkenntnisse gelesen werden. Aber Vorsicht: Wahrscheinlich erweckt das Buch den Wunsch, auch den Vorgänger kennen zu lernen ;-)

Mich konnte schon der 1. Band begeistern, und der 2. übertrifft diesen fast noch. Ich bin wirklich rundum zufrieden mit diesem Kriminalroman. Viveca Sten schreibt hier super spannend und atmosphärisch. Man spürt die eisige Kälte am Polarkreis bis auf die eigenen Knochen - und das bei zur Zeit 25°C.

Geht es zunächst nur um den Mordfall an Johan, müssen die Polizisten bald auch noch nach einer verschwundenen jungen Frau suchen. Das Bangen um die junge Rebecka bzw. die Suche nach Johans Mörder lassen einen angespannt Seite um Seite umblättern. Die kurzen Kapitel animieren dabei perfekt zum Weiterlesen, denn ein paar Seiten gehen immer noch, auch wenn man eigentlich gar keine Zeit mehr hat oder müde ist. Das Buch aus der Hand zu legen, fällt schwer, weil die Kapitelenden häufig mit kleinen Cliffhangern gespickt sind und man natürlich unbedingt wissen möchte, was es damit auf sich hat.

Kapitel, die die mühsame Polizeiarbeit beschreiben und Kapitel aus Sicht der jungen Rebecka, die einer sektenähnlichen freikirchlichen Gemeinschaft angehört, wechseln sich ab. So weiß man als Leser*in zwar immer etwas mehr als die Polizei, beim Rätseln um den Täter hat mir das aber auch nicht wirklich geholfen. Zu geschickt hat die Autorin falsche Fährten gelegt und mich immer wieder in die Irre geführt. Dass man einige Szenen aus Rebeckas Sicht miterlebt, macht die Sache sogar noch spannender, weil man hautnah erfährt, in welcher Gefahr sie sich befindet.

Fazit:
Viveca Sten konnte mich mit ihrem neuesten Werk wieder voll überzeugen. Es ist super spannend, atmosphärisch und ziemlich realitätsnah.

Die Reihe:
1. Kalt und still
2. Tief im Schatten

Triggerwarnung (bei Bedarf bitte rückwärts lesen):
TLAWEG EHCILSUÄH

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 28.09.2023
Vom Mond aus betrachtet, spielt das alles keine Rolle
Freytag, Anne

Vom Mond aus betrachtet, spielt das alles keine Rolle


ausgezeichnet

Ein berührendes und wichtiges Jugendbuch

Inhalt:
Corona-Lockdown. Die neunzehnjährige Sally hängt mit ihrer unkonventionellen Familie zu Hause fest. Die beste Freundin ist weggezogen, ihr Freund Felix hat mit Sally Schluss gemacht, und wie es jetzt nach dem Abitur weitergehen soll, steht in den Sternen. Da zieht Leni bei ihnen ein und für Sally ändert sich alles …

Meine Meinung:
Ich liebe die Bücher von Anne Freytag, egal ob sie für Jugendliche oder für Erwachsene geschrieben wurden. Der Schreibstil gefällt mir vor allem bei Anne Freytags Jugendbüchern immer total gut. Er ist so erfrischend, dynamisch, humorvoll, gespickt mit genialen Vergleichen und Wortspielen. So auch hier. Die Figuren wirken lebendig und lebensnah. Dadurch konnte ich ihre Handlungsweisen immer gut nachvollziehen.

Zunächst wird aus Sallys Ich-Perspektive erzählt, später kommt noch Lenis Sicht dazu. Dadurch kann man sich natürlich besonders gut in diese beiden Charaktere hineinversetzen, zumal sie auch recht sympathisch sind. Von Sallys Mutter Marianne kann man das „leider“ nicht sagen. Sie ist ziemlich krass drauf, aber auch irgendwie cool, nur eben sympathisch nicht.

Sallys Leben bestand bisher darin, anderen zu gefallen. Ihrem Freund, ihrer Mutter usw. Durch die Auseinandersetzung mit ihrer Mutter, mit Leni und ihren Geschwistern während des Lockdowns beginnt Sally sich selbst zu finden, ihren eigenen Weg zu gehen und sich durchzusetzen. Diese Entwicklung habe ich als sehr authentisch empfunden.

Besonders begeistert hat mich mal wieder Anne Freytags Gabe, uns Lesende intensiv an den Gefühlen der Protagonistinnen teilhaben zu lassen. Es gibt so manchen Dialog und manche Szene, die praktisch nur aus der Beschreibung von Blicken besteht, und mir mit aller Wucht unter die Haut ging. Das im Großen und Ganzen sehr ernste Thema wird durch etliche witzige Momente aufgelockert, sodass man das Lesen wirklich als Vergnügen bezeichnen kann.

Bewertung vom 21.09.2023
Die Regeln des Spiels
Whitehead, Colson

Die Regeln des Spiels


sehr gut

Realitätsnah, eindrücklich und bewegend

„Es war ein herrlicher Junimorgen. Die Sonne schien, die Vögel sangen, die Rettungswagen heulten, und das Tageslicht, das auf die Tatorte der vergangenen Nacht fiel, ließ das Blut glitzern wie Tau in einem grünen Himmel.“ (S. 255)

Colson Whitehead entführt uns in die 1970er Jahre nach New York, genauer nach Harlem, das hauptsächlich von Afroamerikanern bevölkert wurde und wird und sich zu der Zeit durch Gewalt und Korruption hervortat.

In drei Episoden (1971, 1973, 1976) schildert er fiktive Ereignisse im Leben seiner kriminellen Protagonisten, die aber auch Freund und Familienvater sind. Mit seinem unnachahmlichen Schreibstil stellt Whitehead eine geballte Normalität, gepaart mit brutaler Gewalt und ihren Folgen dar - so typisch für Harlem in den Siebzigern. Dabei könnten sich diese Ereignisse durchaus genau so abgespielt haben.

„Die Regeln des Spiels“ ist die Fortsetzung von „Harlem Shuffle“, kann jedoch auch ohne Vorkenntnisse gelesen werden. Viele Figuren sind aus dem Vorgängerband bekannt und für die treuen Leser*innen ist es natürlich ein gelungenes Wiedersehen, während sich Neueinsteiger wie ich mit den unzähligen Namen von (fiktiven und realen) Personen und Organisationen etwas schwertun könnten. Wer viel Zeit investieren kann, tut gut daran, das ein oder andere Stichwort zu googeln, um die Hintergründe besser zu erfassen. Ich habe die Zeit leider nicht.

Trotzdem fand ich das Buch sehr beeindruckend, wenngleich es durch die manchmal zu ausschweifende Erzählung auch hin und wieder Längen aufweist. Colson Whitehead hat diese Story aus scheinbar unendlich vielen Details gebildet, die sich wie bei einem Kaleidoskop immer wieder anders zusammensetzen, wenn man daran dreht bzw. die Sache von einer anderen Seite betrachtet. Das ist schon gut gemacht.