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meany
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Seligenstadt

Bewertungen

Insgesamt 125 Bewertungen
Bewertung vom 05.09.2023
Skorpion / David Keller Bd.1
Basanisi, Matt;Schneider, Gerd

Skorpion / David Keller Bd.1


ausgezeichnet

Das hässliche Gesicht wahrer Macht

Wenn sich ein Schweizer Finanzhai in die Fänge der sizilianischen und der mexikanischen Drogenmafia verstrickt, ihm die Staatsanwaltschaft seines Heimatlandes auf die Schliche kommt, sich sowohl der US- als auch der Eidgenössische Geheimdienst seiner als Informanten bemächtigt und sich in diese Gemengelage auch noch ad hoc das FBI einschaltet, kann es schnell unübersichtlich und chaotisch werden. Die Autoren behalten das ganz gut im Griff, indem sie Actionszenen mit Verhandlungen zwischen den Behörden, erhellenden Rückblenden und Charakteristika der Akteure abwechslungsreich ineinander mischen.

Kaum zu glauben, dass schließlich noch eine weitere kriminelle Vereinigung ins Spiel kommt, aber laut Aussagen der Verfasser soll die Story "inspiriert sein durch tatsächliche Ereignisse". Wird das Weltgeschehen, das uns alle betrifft, denn durch solche Interaktionen gelenkt? Da sind Maulwürfe und Doppelagenten aktiv, niemandem kann man vertrauen. Nach einem atemberaubenden Showdown mündet das Ganze noch in einen geschichtsphilosophischen Diskurs, der das Geschehene reflektiert im Kreuzfeuer zwischen Justiz und Politik.

Erstaunlich, wie das Autorengespann gemeinschaftlich ein Werk wie aus einem Guss geschaffen hat. Sehr erhellend finde ich deshalb auch das Interview mit den beiden über diesen Prozess.

Den unterhaltsamen Agententhriller mit viel Hintergrundinformation kann ich allen Fans von John LeCarré und Don Winslow wärmstens empfehlen.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 05.09.2023
Der Fluch der magischen Pfote / Cosmo Zauberkater Bd. 1
Rosslow, Barbara

Der Fluch der magischen Pfote / Cosmo Zauberkater Bd. 1


sehr gut

Glühendes Hexenfeuer und eisiger Zauberblitz

Man nehme: einen magischen Hut, eine Schule für Zauberei, die Bedrohung durch schwarze Magie, sehr unterschiedliche Lehrkräfte, Cliquenbildung unter den Schülern - das alles durcheinandergerührt kann eine spannende Fantasyerzählung werden. Manche Elemente kommen mir schon ein bisschen bekannt vor. Sympathisch finde ich die Idee, den Zauberschülern tierische Freunde beizugesellen. Auch das gibt es bereits bei Harry Potter, aber hier sind die Tiere mehr im Vordergrund und aktiver, indem sie ebenfalls eigens geschult werden.

Auch die ursprüngliche Abneigung der beiden Protagonisten und ihre Wandlung zu tiefer Freundschaft, die sich meiner Ansicht nach aber etwas weniger plötzlich und nachvollziehbarer hätte entwickeln können, ist ein Identifikationsfaktor für junge Leser. Die logischen Brüche fallen für mich nicht so ins Gewicht, und der Autorin gelingen durchaus packende Passagen mit originellen Wendungen.

Für Kinder ab 10 würde ich das Buch durchaus als lohnende Lektüre empfehlen.

Bewertung vom 14.08.2023
Memora Castle oder Das Rätsel der vertauschten Zeit
Pfeiffer, Marikka

Memora Castle oder Das Rätsel der vertauschten Zeit


gut

Im Gewirr der Zeitlinien

Rätsel über Rätsel übermannen Holly, ohnehin verwaist nach dem Tod der Mutter und mit dem ständig abwesenden Vater, als sie Zuflucht sucht in Tante Claires Villa. Dass diese plötzlich spurlos verschwunden ist und sich lauter komische Leute in dem Haus herumtreiben, irritiert sie sehr, bis sie Verstärkung erfährt durch ihre jungen Verwandten Ilana und Janko. Mit Hilfe eines magischen Vogels entdeckt Holly eine Zeitmaschine, und von da ab wird es kompliziert, der Abfolge in den Zeitebenen zu folgen.

Bestimmte Gegenstände üben eine Schlüsselfunktion aus, und sehr suspekt erscheint der zwielichtige Kendrik. Am Ende liegt es an Holly, dieses Durcheinander zu entwirren, denn sie besitzt aufgrund ihrer Geburt die magische Gabe. Nach einem kurzen spannenden Intermezzo enthüllt sich der Hintergrund aller Interessenkonflikte, aber so ganz organisch hergeleitet scheint mir das nicht.

Ich bin mir nicht sicher, ob 10jährige dieser Logik folgen können. Aus zahlreichen guten Ideen ist leider kein überzeugend rundes Ganzes geworden.

Bewertung vom 07.08.2023
Sekunden der Gnade
Lehane, Dennis

Sekunden der Gnade


ausgezeichnet

Im falschen Viertel

Trotz all der enthaltenen Krimielemente, bei denen es auch ganz schön zur Sache geht, nennt sich dieses Buch schlichtweg "Roman", denn im Eigentlichen handelt es sich hier um eine ganz fundierte Milieustudie mit einem subtilen Psychogramm.

Die Suche einer verzweifelten Mutter nach ihrer unter dubiosen Umständen verschwundenen Tochter gründet sich auf das Urvertrauen, dass die Gemeinschaft des Viertels füreinander einsteht. Diese ist umso geschlossener, als sie nicht dazu Gehörige unter Aufbietung von grenzenloser Gewalt ausschließt. Eindrucksvoll, wie Lehane hier an Einzelfällen die Wurzeln der Rassensegregation darstellt, so fest in den Menschen verankert, dass sie niemand mehr hinterfragt. Es ist lebensgefährlich, sich in ein Viertel der anderen Hautfarbe zu verirren.

Als Mary Pat immer mehr Hintergründe aufdeckt und mehr und mehr das Vertrauen zu den mit ihr vernetzten Leuten verliert, geht sie vor wie Tisiphone, die finstere Rachegöttin. Sie kann mit Einbruchswerkzeugen umgehen und hat keine Skrupel, Männer k.o. zu schlagen. Einen Kandidaten nach dem anderen nimmt sie sich vor, um Informationen aus ihnen herauszuquetschen, die ihr schließlich den Boden unter den Füßen wegziehen.

Historisch gut belegt, aber zeitlos in der Aussage mit authentischen Dialogen entlarvt dieser Roman die Geisteshaltung der Rassisten schonungslos und deckt auf, dass am Ende doch wirtschaftliche Interessen und Profitgier alles andere dominieren. Lehane ist hiermit wieder einmal ein atemberaubender Titel mit tiefgründiger Substanz gelungen.

Bewertung vom 31.07.2023
Kontur eines Lebens
Robben, Jaap

Kontur eines Lebens


ausgezeichnet

Ich habe zwei Füße gesehen

Die Erzählung von Frieda beginnt sachte und unspektakulär. Ähnliches hat man ja bereits gelesen vom Umzug Hochbetagter ins Heim, anlässlich dessen sie ihr Leben noch einmal rekapitulieren. Das Resultat davon wird dem Leser in den Rückblenden offenbar, die gleich zu Anfang einen gewaltigen Kontrast abbilden zwischen den beiden Friedas.

Als junge Frau nimmt sie uns für sich ein, fröhlich und beherzt ihr Leben in die Hand nehmend und sich unbefangen verliebend, leider in einen verheirateten Mann. Die bildhaften Naturschilderungen stimmen mich ein auf eine leidenschaftliche Liebe, glaubhaft durch explizite Sexdarstellungen, die jedoch nie ins Geschmacklose abdriften.

Übellaunig und abweisend sogar ihrem Sohn gegenüber erscheint die alte Frieda mit oft erschreckenden und unverständlichen Reaktionen - alles andere als eine Sympathieträgerin. Es muss also einen Bruch gegeben haben in ihrem Leben, kein Wunder angesichts der problematischen Konstellation. Stück für Stück decken das die Rückblicke auf, und ganz allmählich entfaltet sich eine Spannung, als´man die verstörenden Vorkommnisse in der Verschränkung mit dem Vergangenen versteht und die Erschütterung spürt.

Unglaublich, wie man mit Frauen damals umging. Hier erfahren wir authentisch, was Traumata in Menschen verursachen können - bis ins hohe Alter hinein, wenn sie nicht durch fachliche Hilfe bewältigt werden.

Ganz am Ende wird klar, dass die heutigen Regelungen und Errungenschaften im Zusammenhang mit Geburt und Tod aus unerträglich schmerzhaften Erfahrungen wie der hier erzählten resultieren und deshalb unbedingt ernst genommen werden müssen. Dieser in den Charakteren außerordentlich differenzierte Roman führt uns das überzeugend vor Augen durch ein Crescendo zum Schluss hin bis zum nachhallenden finalen Paukenschlag.

Bewertung vom 26.07.2023
Der Pakt / Schatten Bd.1
Parvela, Timo

Der Pakt / Schatten Bd.1


sehr gut

Nach Lappland, Rentiere streicheln

Über dieses Buch habe ich mich schon vor allem wegen der überaus edlen Optik und Haptik gefreut: die Seiten sind gebunden, nicht wie üblich geklebt, und die Illustrationen sind voll der Hammer!

Rätselhafte Vorgänge spielen sich ab in zwei verschiedenen Welten: der realen von Pete und der Märchenwelt von Uudit, wobei letztere auf die erste übergreift und dort Unheil verursacht. Es dreht sich um den Weihnachtsmann oder den Allerältesten und ein geheimnisvolles Glöckchen, das den Bann lösen kann. Wichtel und Gnome verbinden die Sphären. Das Übel greift um sich, überall verbreitet sich Hass und Krankheit, und der Weltfrieden ist ernsthaft bedroht.

Die jungen Leute fallen aus unterschiedlichen Gründen auf die Verlockungen des Bösen herein: manche wegen teurer Schuhe oder Handys, manche, um ihre Lieben vor großem Ungemach zu retten.

Die Handlung schreitet fort in Form kurzer kompakter Szenen, die für mich nicht verständlich genug miteinander verknüpft sind. Gerade bei Fantasyliteratur lege ich Wert auf eine innere Logik, damit sie nicht völlig willkürlich im Ungewissen schwebt.

Wahrscheinlich wird der Folgeband weitere Aufklärung bieten, aber damit bin ich auch schon bei dieser sich immer mehr durchsetzenden Strategie der Verlage, den Kauf weiterer Titel zu erzwingen mit Hilfe solcher Kniffe: ein Cliffhanger zum Schluss und am Ende gleich die Leseprobe für Band zwei. Michael Ende hatte so etwas nicht nötig.

Bewertung vom 25.07.2023
Die Spur der Aale / Ein Fall für Greta Vogelsang Bd.1
Wacker, Florian

Die Spur der Aale / Ein Fall für Greta Vogelsang Bd.1


sehr gut

Der Hort des Bösen

An Städtekrimis gehe ich normalerweise mit einer gewissen Skepsis heran, denn oft sind die Fälle an den Haaren herbeigezogen, um das Lokalkolorit zu transportieren. Außerdem: was soll gerade an Aalen so interessant sein?

Dieses Buch hat mich eines Besseren belehrt. Straff erzählt, glaubwürdig im Ablauf, mit lebendigen Personen ohne nervende Ticks - so schreitet die Lektüre mühelos voran.

Im kriminellen Getriebe haben die kleinen Rädchen immer die schlechte Karte. Aus einer persönlichen Notlage heraus verstricken sie sich in die Machenschaften und sind der Konfrontation mit den Ermittlern ausgeliefert. Geht etwas schief, halten sie ihren Kopf hin, so oder so. Ein Menschenleben ist da nicht viel wert.

Nachvollziehbar schildert Wacker die Entscheidungsverläufe im Polizeiapparat, die oft nicht gut aufeinander abgestimmt sind. So ganz mainstream ist Greta Vogelsang nicht mit ihrer Vorgeschichte in Genua, aber als Staatsanwältin einwandfrei straight. Auf den zweiten Band bin ich schon gespannt.

Bewertung vom 23.07.2023
Porträt auf grüner Wandfarbe
Sandmann, Elisabeth

Porträt auf grüner Wandfarbe


sehr gut

Die Lügen verlieren an Kraft mit den Jahren

Bei all den in Romanen aufzuklärenden Familiengeheimnissen, die von der Beliebtheit des Sujets seitens der Leserschaft zeugen, ist es für Vielleser nicht einfach, den Überblick zu behalten - deshalb sollte man sein Augenmerk auf die Besonderheiten des jeweiligen Werks richten.

In diesem Fall spannt sich der geographische Bogen von Westpreußen mit Danzig über die britischen Universitätsstädte bis nach Chile, der zeitliche etwa vom Ersten Weltkrieg bis in die Achtzigerjahre.

Mit ungekünstelter Sprache auch in der Rahmenhandlung springt die Autorin zwischen den Zeitebenen, wobei die Recherchen in der Vergangenheit durch Tagebücher, Briefe und Interviews mit überlebenden Zeitgenossen gelingen. Das impliziert auch eine Provenienzforschung ererbter Kunstwerke.

Dreh- und Angelpunkt der Dramaturgie stellt der Kontrast zwischen der resoluten Ella und der mondänen Ilsabé dar. Die generationsübergreifenden Verwicklungen sind immens und haben wie bei vielen Geschichten aus dem nationalsozialistischen Deutschland mit der Judenverfolgung zu tun. Es entsteht das Bild Ilsabés als das einer skrupellosen, egoistischen Frau, die ihre Tochter Marga von Hand zu Hand reicht, anstatt sich um sie zu kümmern, und Ellas als der Verschmähten, die immer wieder den Karren aus dem Dreck zieht.

Anfangs hatte ich Schwierigkeiten, mich in den Ablauf hineinzufinden, aber mit fortschreitenden Erkenntnissen gewinnt die Geschichte an Profil und Dynamik. Voller Spannung erwartet man schließlich neue Ergebnisse der Ermittlungen und Aussagen von Zeitzeugen, je mehr die Puzzleteile ein Bild ergeben.

Bei all den chaotischen Zeitläuften erfolgen die Verwicklungen hauptsächlich durch die Besonderheiten der Charaktere, die Sandmann in ihren Eigenarten glaubwürdig beschreibt. Gegen Ende spitzen sich die Erkenntnisse wie in einem Krimi zu, es wird noch richtig spannend. Als diffenzierter Einblick in die Frauenpsyche ohne Schwarzweiß-Malerei vor dem Hintergrund historisch bedingter Herausforderungen ist das ein hochinteressantes Buch.

Bewertung vom 10.07.2023
Elternhaus
Mank, Ute

Elternhaus


sehr gut

Das Maklerschild

Drei Schwestern, Sanne, Petra und Gitti, wie man sie sich unterschiedlicher nicht denken könnte, geprägt von angeborenem Temperament und ihrer Position in der Geschwisterreihe. Und dabei mit derart frappierenden Gemeinsamkeiten, wie sie sich nur im gemeinsamen Aufwachsen entwickeln. Wie so oft kümmert sich die Älteste, Sanne, um die Eltern, die immer gebrechlicher werden: verantwortungsbewusst und dominant. So quartiert sie ohne große Diskussionen Mutter und Vater in eine kleinere Wohnung um und bietet das Haus zum Verkauf an.

Petra, diejenige mit der besten Ausbildung, der lukrativsten beruflichen Stellung und der weitesten räumlichen Distanz, hält sich wieder mal raus, ihrer grundsätzlichen Bindungsunwilligkeit entsprechend. Gitti beurteilt die Lage emotional, bringt sich aber nicht aktiv ein.

Sobald alle merken, dass sich die Familie auflöst, weil man ihr das Elternhaus als den Kern nimmt, reagieren sie panisch und der Konflikt eskaliert. Im Endeffekt müssen die Figuren erkennen, wie brüchig ihr jeweiliger Lebensentwurf auf Dauer war und dass sie niemals alleine aus der Malaise herausfinden können.

Binsenweisheiten eigentlich und gar nichts Besonderes in der heutigen Zeit, aber von Ute Mank authentisch, überzeugend und einfühlsam dargestellt. Sensationelles und Spektakuläres wird man in diesem Familienroman nicht finden, doch man kann anhand der geschilderten exemplarischen Schicksale sehr gut seine Empathie schulen - aus diesem Grund lese ich überhaupt gerne Romane. Verstehen kann man alle drei, man möchte ihnen am liebsten helfen, gerade wenn sie wieder einmal Zuflucht in erhöhtem Genuss von Alkohol suchen.

Ute Mank ist mit "Elternhaus" ein sehr wahres Buch gelungen mit einem Thema, das die meisten von uns früher oder später angeht.

Bewertung vom 05.07.2023
Träumer
Janssen, Mark

Träumer


ausgezeichnet

Du bist so still

Das ist ein Buch für die Introvertierten, bei denen das reiche Innenleben nicht von einer grellen Fassade verdeckt wird. Wie gut, wenn ein solches Kind so einen Vater sein eigen nennen darf.

Die Bilder wie weichgezeichnete Fotos und die ruhigen einfühlsamen Worte des Vaters verbreiten eine innige, beruhigende Atmosphäre, bis sich beides in einer Explosion von Farben und Lauten entlädt: eine beinahe synästhetische Darbietung, kulminierend in dem Ausruf: "Sie sind was ganz Besonderes."

Die Sinne ansprechend ist das ein Mutmachbuch: für die Kinder, sich in ihrer Besonderheit zu akzeptieren und zu entwickeln, aber auch ganz besonders für die Eltern, die dieses Buch hoffentlich bewusst und aufmerksam vorlesen, dass sie ihren Kindern sowohl Wurzeln als auch Flügel schenken sollen. Die lange Liste der Träumer im Laufe der Weltgeschichte im Anhang des Buchs ist in ihrer ganzen Vielfalt ein Beleg für die Daseinsberechtigung und die Bedeutung der Kreativen.