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Renas Wortwelt

Bewertungen

Insgesamt 148 Bewertungen
Bewertung vom 03.07.2024
Die englische Scheidung
Kennedy, Margaret

Die englische Scheidung


sehr gut

Einen Klassiker zu rezensieren, ist zweischneidig. Würde man ihn doch in der Zeit, als er erschien, ganz anders gelesen, anders rezipiert haben als heute. Heute blickt man mit der aktuellen Brille auf den Roman, beeinflusst von dem heute üblichen Stil, dem Duktus und den Handlungstypen, die man gewöhnt ist, die man täglich liest.
Daher kann die Besprechung eines Romans, der im Original zuerst im Jahr 1936 erschien, nur mit Vorsicht und Bedacht formuliert werden. So ist schon allein die damals gebräuchliche auktoriale Erzählperspektive heute eher ungewöhnlich. Im vorliegenden Roman der 1896 geborenen Autorin, die mit mehr als 15 Romanen erfolgreich war, passt dieser Erzählstil aber perfekt, erlaubt er doch einen Blick in die Gedankenwelt aller Protagonisten.
In diesem Spiegel der sogenannten guten englischen Gesellschaft geht es um das Ehepaar Alec und Betsy Canning. Sie haben drei Kinder, sind einigermaßen gut situiert, doch in ihre Ehe ist Langeweile eingekehrt. Betsy fühlt sich unverstanden, ausgenutzt, während Alec, ein eher träger Mensch, am liebsten seine Ruhe hat. Alec schreibt Librettos zur Musik seines Freundes Johnnie, Betsy hingegen reibt sich auf zwischen der Kindererziehung, der Pflege des Haushalts, der Anleitung der Dienstboten sowie der weiteren Familie.
Da sind vor allem die Mütter der Beiden. Insbesondere Alecs Mutter Emily Canning mischt sich gerne und auf sehr subtile Weise in das Leben ihres Sohnes und seiner Familie ein. Als sie nun von Betsys Mutter erfährt, dass Alec und Betsy beschlossen haben, sich scheiden zu lassen, und zwar in absolut freundschaftlicher Weise, will sie das unbedingt verhindern.
Und nicht nur sie, auch andere mischen sich ein, Freunde, Personal, Verwandte und sogar die Familie Bloch. Die deutschen Juden sind nach England geflohen und Alec hatte ihnen Unterschlupf gewährt in einem Haus auf seinem Grundstück, sehr zum Verdruss seiner Frau.
Alle haben eine Meinung, alle halten mal zu dem einen Ehepartner, mal zum anderen, wechseln auch schon mal die Seiten. Dass Alec eine Affäre mit einem der Dienstmädchen beginnt, sorgt zusätzlich für Aufruhr, auch darüber wird in der Gesellschaft natürlich heftig diskutiert. Dazu kommen dann noch die Kinder Eliza, Kenneth und die Jüngste, Daphne, die selbstverständlich am meisten betroffen sind und jeweils Stellung beziehen.
All das wird erzählt auf eine sehr fesselnde Weise. Mit spitzer Feder, hintergründigem Humor und liebevollem Verständnis seziert die Autorin die Beziehungen innerhalb einer Familie, die Verflechtungen und die Reaktionen in der englischen Gesellschaft. Mal mittels einer langen Unterhaltung der beiden Mütter des Paares, mal in Form einer heftigen Diskussion unter den Kindern und mal als ein ganzes Kapitel in Form von diversen Briefen, die zwischen den Freunden und Verwandten der Familie Canning hin und her gehen – und dabei einiges offenbaren und erzählen.
Die bereits erwähnte auktoriale Erzählperspektive bringt es dabei mit sich, dass man beispielsweise mal „im Kopf“ der Tochter Eliza ist und im nächsten Absatz verfolgt man die Gedanken Kenneths. Das wechselt häufig, vor allem während eines Dialogs, manchmal gar innerhalb eines Satzes. Das sorgt für Dynamik und obwohl man es heute nicht mehr sehr gewöhnt ist, passt es hier hervorragend und bringt Spannung und Tempo in den Roman.
Auf der anderen Seite wirken die etwas langatmigen Beschreibungen heute eher langweilig, zäh. Sie bremsen die Handlung manchmal etwas aus. Dennoch ist der Roman, nicht nur für Liebhaber englischer Sittengemälde, ein empfehlenswertes Buch, auf dessen Stil man sich aber einlassen wollen muss.
Margaret Kennedy - Die englische Scheidung
aus dem Englischen von Petra Post und Andrea von Struve
Schöffling & Co., Mai 2024
Gebundene Ausgabe, 395 Seiten, 24,00 €

Bewertung vom 28.06.2024
Der kleine Kompass fürs Leben
Fisher, Helen

Der kleine Kompass fürs Leben


ausgezeichnet

Es scheint ein wenig von einer Schwemme, die derzeitige hohe Zahl an Romanen mit autistischen Hauptfiguren. Die meist sehr liebenswert sind und deren Geschichte oft mit großem Einfühlungsvermögen erzählt wird.
Das gilt uneingeschränkt auch für dieses Buch der in England lebenden Autorin. Ihre Hauptfigur ist Joe-Nathan. Er lebt mit seiner Mutter allein, seit der geliebte Vater vor einiger Zeit starb. Janet, seine Mutter, ist bereits recht alt, war sie doch schon fast fünfzig, als Joe-Nathan geboren wurde.
Ihm sind Rituale und Regeln ungemein wichtig. Er tritt nie auf die Spalten zwischen den Gehweg-Platten, sein Lunchpaket muss immer gleich gepackt sein und jeden Freitag geht er mit seiner Mutter ins Pub. Samstags besuchen sie Friedhöfe, denn Joe liest gerne die Grabinschriften und macht sich darüber seine Gedanken.
Er arbeitet im Supermarkt und liebt es, die Dinge an ihren angestammten Platz zu räumen. Die Dosensuppen alle mit dem Etikett nach vorne auszurichten, die Rückläufer wieder in die richtigen Regale zu bringen. Hugo, der Chef, ist voller Verständnis, die Kollegen Charlie und Owen jedoch hänseln und tyrannisieren Joe immer wieder.
Doch es gibt auch Chloe und Pip, die beiden Kolleginnen, die auf Joe achten. Besonders Chloe, die nicht mit Schimpfwörtern geizt und auch mal zuschlägt, wenn jemand unfreundlich zu Joe ist, ist immer sehr besorgt um ihn. Und es gibt noch Hazel und Angus, die Nachbarn, die ebenfalls auf Joe-Nathan achten, das versprechen sie auch Janet, seiner Mutter.
Dann geschieht etwas, das Joe völlig aus der Bahn wirft. Er muss mit vielem neuem in seinem Leben klarkommen, muss neue Regeln lernen. Dabei helfen ihm das blaue und das gelbe Buch. Darin hat seine Mutter alles notiert, was ihm beim Bewältigen alltäglicher Probleme und Fragen helfen soll. Was tut man, wenn man jemanden besuchen möchte, wie gestaltet man eine Geburtstagsparty, was kann man wem schenken und vieles mehr. Dazu stehen darin Kochrezepte, die Orte, wo er was im Haus findet und allerlei anderes nützliches. Voller Liebe stecken diese Tipps und Hinweise, die Janet über Jahre aufgeschrieben hat. Für Joe werden diese Ratgeber zu einer Art Bibel, immer wieder zieht er sie zurate.
Besonders, als er möchte, dass Charlie sein Freund wird und er diesem helfen, ihm ein Geschenk machen will und ihn immer wieder besucht, braucht Joe diese Ratschläge. Stellen ihn doch gerade diese Besuche und das, was er dort erlebt, vor enorme Herausforderungen. So muss er neue Gesichtsausdrücke lesen lernen, muss Zurückweisung überwinden und sich Widerspruch entgegenstellen. Daran wächst der junge Mann über sich selbst heraus.
Der Höhepunkt kommt, als Joe, Chloe und Pip an einem vom Arbeitgeber organisierten Quiz teilnehmen.
Es dauert ein wenig, bis die Handlung wirklich Fahrt aufnimmt. Zuerst verliert sich die Geschichte etwas im Alltäglichen, schildert ein bisschen sehr ausführlich die Ausgangssituation. Dann aber ergreift sie, zieht in ihren Bann. Die Spannung erhöht sich, die Figuren sind es vor allem, die bei der Lektüre dafür sorgen, dass man der Handlung folgen muss, ohne das Buch aus der Hand legen zu können.
Auch wenn die Schilderungen nicht ganz klischeefrei bleiben, sowohl Joe wie auch Chloe oder Charlie keine noch nie dagewesenen Charaktere sind, so fesselt der Roman dennoch. Denn die Erzählung ist voller Emotion, ohne kitschig oder rührselig zu werden. Immer liegt in den Sätzen ein leiser, warmer Humor, viel Verständnis für die Eigenarten der Menschen. Dabei wird besonders deutlich, dass eben genau jeder Mensch solche Eigenarten hat, ganz egal, ob sie krankhaft oder „normal“ sind. Und die Geschichte zeigt, dass Vertrauen, Freundschaft und der Glaube, dass auch in allem Traurigen schöne Momente liegen können, viele Hürden überwinden helfen.
Ein sehr berührender Roman, unbedingt zu empfehlen.
Helen Fisher - Der kleine Kompass fürs Leben
aus dem Englischen von Charlotte Breuer und Norbert Möllemann
Droemer, Juni 2024
Gebundene Ausgabe, 367 Seiten, 22,00 €

Bewertung vom 26.06.2024
Seltsame Sally Diamond
Nugent, Liz

Seltsame Sally Diamond


ausgezeichnet

Sally Diamond wächst bei Adoptiveltern auf. Die Mutter ist bereits verstorben, nun erliegt auch der Adoptivvater seiner Krankheit. So wie er es gewünscht hat, verfrachtet sie seine Leiche in die Mülltonne und verbrennt ihn.
So beginnt dieser Roman, der einen dermaßen in seinen Bann zieht, dass man ihn geradezu verschlingt und vor allem diese beeindruckende Figur der Sally, die sich selbst als „sozial defizitär“ bezeichnet, so schnell nicht wieder vergessen wird.
Natürlich sorgt dieses Vorgehen der ohnehin im Ort bereits als extrem verschroben geltenden Frau für ziemliches Aufsehen, die Polizei ermittelt und Sallys Leben wird nicht einfacher. Sie ist Anfang Vierzig, wurde zuhause von den Eltern beschult und hat noch nie gearbeitet. Im Ort galt sie als taub, das half ihr, so zu tun, als höre sie nicht, was die Menschen über sie sagten.
Doch nun ändert sich alles. Denn nicht nur muss sie nach und nach die Briefe lesen, die der Adoptivvater ihr hinterließ, sie muss sich plötzlich allein im Leben zurechtfinden. Dabei stehen ihr die Ärztin Angela, eine frühere Freundin und Kollegin von Sallys Mutter, und deren Frau Nadine bei, sowie ihre Tante, die allerdings in Dublin wohnt.
Sally lernt neue Menschen kennen, schließt Freundschaften, manchmal erlebt sie auch Enttäuschungen, Ablehnung oder wird gar mit Vorurteilen und Rassismus konfrontiert, als sie sich mit zwei farbigen Kindern und deren Eltern anfreundet.
Nach und nach, in kleinen Schritten, klärt sich auf, was mit ihr geschah, als sie ein Kind war, wer ihre Mutter, wer ihr Vater war. Dieser Teil der Geschichte ist unglaublich erschütternd, an mancher Stelle möchte man nicht weiterlesen, möchte rufen, einschreiten. Was geschehen ist und welche Folgen das hatte, kann man in einer Rezension nicht erwähnen, ohne zu spoilern. Aber es erinnert an authentische Fälle, von denen man gelesen hat.
Erzählt wird der Roman vorrangig aus Sallys Perspektive in Ich-Form, doch im zweiten Teil tritt ein zweiter Protagonist auf, der ebenfalls in Ich-Form seine Geschichte erzählt. Auch dieser Part, dieser Anteil am Roman ist nicht minder erschütternd, nicht minder fesselnd, nicht minder interessant. Mehr möchte ich darüber hier nicht verraten.
Dabei biegt die Handlung um so viele Ecken, schlägt unendlich viele Haken, nimmt immer neue Wendungen, bleibt dabei auf höchstem Niveau hochspannend.
Der neue Roman von Liz Nugent, von deren vorigen Büchern ich bereits absolut begeistert war, ist ein Meisterwerk der Darstellung einer gequälten, geschundenen Seele, eines abscheulichen Verbrechens. Er schildert die Folgen anschaulich, nachvollziehbar, empathisch, voller Emotion, ohne jemals auf die Tränendrüse zu drücken. Der Schreibstil dieser irischen Autorin ist unübertrefflich, man dringt tief ein in ihre Figuren, fühlt, leidet mit ihnen, spürt ihre Zerrissenheit, ihre Verzweiflung bis unter die eigene Haut.
Ein Roman, den man nur empfehlen kann, wenngleich man gute Nerven benötigt bei der Lektüre. Ein absolutes Highlight auf dem Büchermarkt.
Liz Nugent - Seltsame Sally Diamond
aus dem Englischen von Kathrin Razum
Steidl Verlag, Mai 2024
Gebundene Ausgabe, 391 Seiten, 26,00 €

Bewertung vom 24.06.2024
Blutroter Main
Wermescher, Christina

Blutroter Main


sehr gut

Ein neuer Fall für die sympathische Hauptkommissarin Mira Streitberg und ihren Praktikanten Philipp in Bayreuth. Es beginnt mit der Vergiftung mehrere Stadträte durch angeblich von Stadtrat Märker gespendete Krapfen.
Märker ist ein absoluter Unsympath, der nach Höherem strebt. Er will Oberbürgermeister werden. Da passt ihm ein solcher Vorfall überhaupt nicht in den Kram, gerät er doch zuerst tatsächlich in Verdacht. Dann wird auch noch sein Auto durch Vandalismus beschädigt. Dass Mira und Philipp imstande wären, das alles zu seinen Gunsten aufzuklären, daran glaubt er jedoch nicht.
Als dann auch noch ein Mord geschieht, gerät Märker immer mehr unter Druck. Mira, deren Beziehung zu ihrem Chef Nils sich mehr und mehr festigt, so dass die Beiden sogar darüber nachdenken, zusammen zu ziehen, schießt sich auf Märker als Hauptverdächtigen ein. Doch es gibt auch weitere verwickelte Spuren, denen sie nachgehen muss, insbesondere, als es tatsächlich einen zweiten Todesfall gibt.
Der Roman ist durchaus spannend, der Plot ist solide und gut strukturiert, die Polizeiarbeit wird anschaulich und glaubhaft realistisch geschildert. Wieder, wie auch im Vorgängerband, der mir ebenfalls sehr gefiel, gelingt es Christina Wermescher, die Ermittlerin zwar privat zu zeigen, dies aber nicht zu überstrapazieren, sondern durchaus ausgewogen darzustellen.
Auch die Gefühle der Ermittlerin bei ihren Recherchen sind plastisch und nachvollziehbar beschrieben, ihr Frust, wenn sich eine Spur als Sackgasse herausstellt, ihre Emotionen bei der Überbringung der Todesnachricht an die Angehörigen, all das kann die Autorin mit Empathie und Verständnis in Worte fassen.
Die Auflösung, die Überführung des Täters ist dann allerdings sehr überraschend, wenn aber auch durchaus schlüssig dargestellt. Ein solider, fesselnder Kriminalroman mit sympathischen und vor allem realistischen Charakteren. Gerne mehr davon.
Christina Wermescher - Blutroter Main
emons, Mai 2024
Taschenbuch, 255 Seiten, 13,00 €

Bewertung vom 17.06.2024
Der Mordclub von Shaftesbury - Nur die Toten kommen in den Garten / Penelope St. James ermittelt Bd.3
Winston, Emily

Der Mordclub von Shaftesbury - Nur die Toten kommen in den Garten / Penelope St. James ermittelt Bd.3


ausgezeichnet

Die sich mit einem englischen Pseudonym schmückende deutsche Autorin schafft es, mit jedem Band dieser losen Krimireihe besser zu werden. Zwar ist auch diesmal nicht alles wirklich logisch und auch diesmal schwirrt einem beim Lesen der Kopf von den vielen Figuren – aber das hohe Tempo, der Humor und die Skurrilität der Dorfbewohner machen großen Spaß.
In dieser dritten Folge geht es vor allem um eine Schatzsuche. Nach dem Tod der über hundertjährigen Olive Ogilvie versammeln sich allerlei merkwürdige Gestalten in Shaftesbury. Und alle finden einen Vorwand, um im Herrenhaus der Verstorbenen aufzutauchen und dort so ganz unauffällig nach etwas zu suchen.
Natürlich wird wieder einmal Penelope St. James, die eigentlich eine Partnervermittlung betreibt, von der Gemeindeversammlung, insbesondere aber vom örtlichen Briefträger mit etlichen Aufgaben betraut. So soll sie, in Erinnerung und Würdigung der berühmten Stickkünste von Olive Ogilvie einen Stickwettbewerb organisieren sowie gleichzeitig eine Führung durch besagtes Herrenhaus und außerdem noch den Testamentsvollstrecker bei seiner Arbeit zu unterstützen.
Damit nicht genug, ist auch Penelopes Privatleben gewohnt turbulent. Zwar haben sie und Tierarzt Sam sich inzwischen ganz offiziell gefunden, doch das getrennte Wohnen sorgt für Probleme, also muss nach einem neuen gemeinsamen Haus gesucht werden – worin sich selbstverständlich und natürlich zu Penelopes schwachem Entsetzen auch etliche Tiere einfinden werden. Dafür sorgt schon Sams Tochter Lilly, die in meinen Augen auch diesmal der Star des Romans ist. Zusammen mit Arnold, der Schildkröte, die allerdings erst später ihren Auftritt hat.
Die Geschichte ist rasant, ungemein witzig, die Ereignisse überschlagen sich, mehrere Todesfälle sind zu beklagen, Verdächtige gibt es reichlich, wovon allerdings einige dann selbst das Zeitliche segnen – für Aufregung im Dorf und den entsprechenden Tratsch ist also gesorgt.
Das Ganze ist kein literarisches Highlight, aber diesen Anspruch erhebt der Roman sicher auch gar nicht. Dafür ist er herrlich unterhaltsam, auf gewisse Weise spannend (denn man ahnt erst recht spät, wer der Urheber der verschiedenen Todesfälle sein könnte) und vor allem die Dialoge sind wunderbar komisch. Dafür sorgen wieder einmal auch Lillys altkluge und absurde Sprüche und ihr Wunsch, alles zu Ende zu diskutieren. Die leichten Fehler, die immer wieder mal auftreten, übersieht man dann gerne.
Ein großer Spaß, der schon jetzt Vorfreude auf den nächsten Band weckt, den es hoffentlich geben wird.
Emily Winston – Der Mordclub von Shaftesbury: Nur die Toten kommen in den Garten
aufbaut aschenbuch, Mai 2024
Taschenbuch, 379 Seiten, 14,00 €

Bewertung vom 17.06.2024
Das Haus der Lügen / Kajsa Coren Bd.7
Teige, Trude

Das Haus der Lügen / Kajsa Coren Bd.7


sehr gut

Die norwegische Autorin, die ich bisher nur aus ihren eher psychologischen Romanen über Ereignisse im zweiten Weltkrieg kenne, legt mit diesem Buch einen weiteren Krimi mit der Journalistin Kajsa Coren im Mittelpunkt vor. Die Vorgängerbände kenne ich daher nicht, das braucht es auch nicht zum Verständnis dieses in sich abgeschlossenen Kriminalromans.
Es ist ein konventionell gestrickter Krimi, der sich insbesondere mit mehreren Fällen von Vergewaltigung beschäftigt. Kajsa frühere Freundin Anki wurde nachts in ihrem eigenen Haus überfallen und ist seither traumatisiert. Dabei war sie bereits vorher durch verschiedene Ereignisse in ihrer Vergangenheit, die nach und nach zutage treten, psychisch und physisch sehr stark beeinträchtigt.
Kajsa beginnt auf Ankis Wunsch, einen Dokumentarfilm über diese zu drehen und fängt dadurch immer mehr an, an deren bisherigen Erzählungen über ihre Familie und ihr Leben zu zweifeln.
Kajsas Lebensgefährte Karsten ist zufälligerweise in diesen Fällen der leitende Ermittler. Zu seinem Team gehören noch Beth Ross und Tom Lohne, deren Privatleben nur nebenbei erwähnt wird und so nicht das eigentliche Thema des Romans überdeckt, was mir wiederum ganz gut gefiel. Doch das ändert sich gewissermaßen, als auch Toms Freundin nachts überfallen und vergewaltigt wird. Dazu kommen noch zwei Vermisstenfälle, die plötzlich wieder akut werden, als man in einer Gegend eine bereits skelettierte Leiche findet.
Dass diese Fälle irgendwie zusammenhängen könnten, beschäftigt dann die Ermittler und auch Kajsa bei ihren Recherchen. Zwischen die Szenen aus Sicht von Kajsa oder Karsten oder auch Beth sind leider wieder einmal einzelne Gedankenszenen aus Sicht des Täters eingefügt. Wie immer hätte ich auf diese gerne verzichtet, lassen sie doch leider arg früh Rückschlüsse zu und bremsen so ein wenig die Spannung. Daher sollte man diese Abschnitte eventuell nur überfliegen.
Der Roman liest sich flott, der Handlungsaufbau ist konventionell mit dem üblichen Spannungshöhepunkt gegen Ende, der allerdings eher ein wenig flach ausfällt, da sich hier alles etwas arg schnell und geschmeidig aufklärt. Die Figuren sind einigermaßen ausgefeilt, mit dem nötigen Hintergrund und ihre Emotionen kommen gut rüber, vor allem Anki ist präzise geschildert. Dass sie dennoch eher auf Distanz bleiben, liegt wohl eher am Genre generell und auch am grundsätzlich etwas distanzierten Schreibstil von Trude Teige.
Trude Teige - Das Haus der Lügen
aus dem Norwegischen von Gabriele Haefs und Andreas Brunstermann
aufbau Taschenbuch, Mai 2024
Taschenbuch, 284 Seiten, 12,00 €

Bewertung vom 12.06.2024
Der Sommer zu Hause
Patchett, Ann

Der Sommer zu Hause


ausgezeichnet

Er ist nicht spannend, er zeigt keine Action, keine Dramatik, es gibt keine romantische Liebe und kein Happy End. Aber trotzdem oder vielleicht gerade deswegen ist dieser Roman etwas ganz Besonderes, etwas ganz besonders Schönes.
Ann Patchett erzählt behutsam, mit Humor und Melancholie, mit Einfühlsamkeit und Präzision von einem Sommer auf dem Land, auf einer Kirschplantage in Michigan, während der Pandemie. Und sie erzählt von einer toxischen Beziehung, von Schauspielern. Von Freundschaft und Familienglück, von Ehrlichkeit und von Träumen, von solchen, die wahr werden und anderen, die verborgen bleiben.
Im Sommer der Pandemie kommen die drei Töchter von Lara nach Hause auf die Kirschfarm der Eltern. Abgeschieden von anderen Menschen und ohne die sonst üblichen Hilfskräfte muss die Familie nahezu allein die Kirschernte bewältigen. Unterbrochen wird die viele und harte Arbeit durch Laras Erzählung ihres Lebens. Die Töchter, Emily, die Älteste, die einmal den Hof übernehmen wird, Maisie, die Mittlere, angehende Tierärztin, und Nell, das Nesthäkchen, das davon träumt, Schauspielerin zu werden. So, wie ihre Mutter das einmal war.
Davon also, angefeuert durch immer mehr Fragen der Töchter, berichtet Lara. Nüchtern, ehrlich, und ohne ihr Leben als junges Mädchen und junge Frau zu beschönigen. Dabei dreht sich vor allem alles um ihre Bekanntschaft, ihre damalige Beziehung zum Filmstar Peter Duke, von dem sich Emily als pubertierender Teenager wünschte, er wäre ihr Vater.
Lara, die als Schülerin die Emily in „Unsere kleine Stadt“ in ihrer kleinen Stadt spielt, kommt auf diese Weise zur Schauspielerei, dreht sogar einen Film in Kalifornien und wird dann nach Tom Lake eingeladen, einem winzigen Städtchen mit Sommertheater. In diesem einen Sommer begegnet sie Duke zum ersten Mal, es geschieht so viel und gleichzeitig eigentlich so wenig in dieser kleinen, überschaubaren Welt und dieser begrenzten Zeit.
Dabei stehen neben Lara, aus deren Sicht der gesamte Roman in Ich-Form geschrieben ist, vor allem eben Peter Duke, sein Bruder Sebastian und Pallas, eine Tänzerin und Schauspielerin in der Truppe, im Mittelpunkt.
Geschickt verwebt Ann Patchett dabei die aktuelle Romanhandlung, während der die vier Frauen unentwegt Kirschen ernten, mit der Erzählung Laras. Immer wieder stellen die drei Mädchen ihrer Mutter kritische Fragen, drängen sie dazu, mehr zu erzählen, als sie je getan hat. Dazwischen spielt auch immer ihr Vater Joe eine große Rolle, der Laras Geschichte schon damals ab einem gewissen Zeitpunkt miterlebte und daher vieles weiß.
Der gesamte Roman ist einfach nur schön, es fällt schwer, auszudrücken, wie er wirkt, man muss ihn einfach lesen. Die Familie, so sehr es nach kitschiger heiler Welt klingt, weil sie so harmonisch sind, so sehr wirkt es dennoch authentisch.
Es ist kein Pageturner, sondern eine warmherzige, mit zartem, leisem Humor und sehr viel Empathie erzählter Roman, in leichtfüßiger, unprätentiöser Sprache. Er erzählt von herrlich normalen Menschen – wenn man von Peter Duke einmal absieht, dafür aber ist er ein typisches Schauspieler-Abbild. Von einer Familie voller Liebe und Verständnis. Und so langweilig das klingt, so wenig langweilig ist das Buch.
Ann Patchett ist eine so präzise Beobachterin, winzige Gesten, Blicke, Manierismen, sie schildert das so, dass man es vor sich sieht. Und ganz nebenbei lernt man einiges über das Schauspielerleben, das Filmgeschäft und das Kirschenernten.
Uneingeschränkte Leseempfehlung für diesen Diamanten unter den Büchern. Man muss ihn lesen und genießen, langsam, Wort für Wort, Satz für Satz. Und seine Freunde daran haben. So wie schon „Das Holländerhaus“ von Ann Patchett, so ist auch dieser Roman eine große Lesefreude.
Ann Patchett - Der Sommer zu Hause
aus dem Englischen von Ulrike Thiesmeyer
Berlin Verlag, Mai 2024
Gebundene Ausgabe, 399 Seiten, 26,00 €

Bewertung vom 10.06.2024
Das Baumhaus
Buck, Vera

Das Baumhaus


sehr gut

Der Roman um nicht nur ein verschwundenes Kind in den schwedischen Wäldern hat durchaus ein hohes Spannungspotential, das allerdings wenig subtil, dafür umso mehr mühsam konstruiert wirkt. Dazu gibt es zu viele Erzählebenen und -stränge, die verwirren und ablenken.
Die Ehe von Henrik und Nora ist nicht mehr die allerbeste, als sie beschließen, nach Nordschweden zu reisen, in das von Hendriks Familie ererbte Holzhaus, mitten im Wald. Ihr fünfjähriger Sohn Fynn genießt die Zeit mit beiden Eltern, ist doch vor allem Nora sonst stark in ihren Beruf eingebunden. Henrik ist Schriftsteller und, was ihm nicht nur Nora immer wieder zum Vorwurf macht, mit einer großen Fantasie begabt.
Diese führt dazu, dass Nora ihm nicht immer alles glaubt, was er erzählt. So erging es ihm schon als Kind, als sein Vater ihm nie glaubte, Henrik daher besonders an seinem Großvater hing. In der Erinnerung, die immer wieder aufblitzt, hatte Henrik ein sehr schlechtes Verhältnis zu seinen Eltern.
Schon bei der Ankunft im Haus scheint es so, als habe es etwas zu verbergen. Als wäre jemand darin gewesen, als gäbe es Geheimnisse. Als Fynn schließlich verschwindet und Henrik von einem Baumhaus erzählt, dass er im Wald entdeckt haben will, glaubt ihm Nora nicht. Stattdessen macht sie ihn für Fynns Verschwinden verantwortlich, war er doch mit ihm zusammen gewesen, während sie einkaufen war.
Diese Geschehnisse werden abwechselnd aus den Perspektiven von Nora und Henrik erzählt. So erfahren wir auch, dass Nora von einem Stalker bedroht wird, den sie nun der Entführung Fynns beschuldigt.
Ein weitere Erzählperspektive ist Rosa. Sie ist forensische Forscherin, untersucht die Auswirkung von toten Lebewesen auf das Wachstum von Bäumen. Bei ihren Untersuchungen im Wald findet sie das Skelett eines Kindes und wird dann aufgrund ihrer Kenntnisse von der Polizei um Mithilfe gebeten bei der Suche nach Fynn. Rosa ist gegen ihren Willen nach Hause gekommen, um ihren Bruder, der seit einem Unfall gelähmt ist, zu pflegen, zusammen mit ihrem Vater. Dieser hält gar nichts von ihrem Beruf und so kämpft sie nicht nur mit ihren eigenen Dämonen, sondern auch gegen die Missachtung und die Erinnerungen an ihre von Qualen und Demütigungen geprägte Kindheit.
Und schließlich gibt es eine weitere Perspektive. Das ist Marla, von der man am Anfang nicht weiß, wer sie ist, wann ihre Geschichte sich zuträgt und wie das mit den anderen Geschehnissen zusammenhängt. Dies klärt sich erst sehr spät und ziemlich überraschend auf.
Überhaupt ist das Ende, so wie schon die gesamte Geschichte, sehr konstruiert, die Aufklärung der Zusammenhänge und die Hintergründe müssen erzählt werden, statt dass sie sich, wie es besser gewesen wäre, im Laufe der Handlung ergeben. Ähnliches gilt für die gesamte Handlung, vieles wird zu sehr auserzählt, viele Spannungsmomente sind zu deutlich auf eben diese hin geschaffen, zu mühsam herbeigeführt, wirken nicht aus der Handlung, aus den Figuren entstanden. Von den Charakteren berühren nur Rosa und Marla, die Figuren von Nora und Henrik wirken zu schablonenhaft, sie agieren zu vorhersehbar, zu sehr, wie man es in einem Thriller erwarten würde. Sie erwecken kein Mitgefühl, kein Mitfiebern, außer eben, zumindest ansatzweise, die Figuren von Rosa, wegen ihrer vergangenen Erfahrungen vor allem, und Marla, insbesondere zu Beginn ihrer Geschichte.
Alles in allem ein seriöser, thrillerartiger Roman, der aber, verglichen beispielsweise mit dem letztjährigen uneingeschränkten Highlight einer anderen deutschen Autorin, „Acht Wölfe“ von Ulla Scheler, seine Mängel hat.
Vera Buck - Das Baumhaus
Rowohlt Polaris, Mai 2024
Klappenbroschur, 396 Seiten,17,00 €

Bewertung vom 03.06.2024
In den Augen meiner Mutter
Leevers, Jo

In den Augen meiner Mutter


gut

Wieder einmal ein Roman um die Beziehung von Müttern zu Töchtern, von Kindern zu Eltern, ein Roman um eine Familie voller Probleme, voller Drama.
Der erste Roman, den ich von Jo Leevers gelesen habe, hat mir ausgenommen gut gefallen. Er war gefühlvoll ohne rührselig zu sein, er zeigte einen leisen Humor und die Figuren waren authentisch und sympathisch. Vor allem war er optimistisch und hell.
Leider hat mich dieser neuer Roman dagegen etwas enttäuscht. Er ist eher düster und zäh, die Handlung ist überfrachtet und die Charaktere haben kein Mitempfinden wecken können.
Im Mittelpunkt der Handlung steht Georgie, hochschwanger, deren Lebensgefährte unverhofft dienstlich verreisen musste. Sie hat einiges aus ihrer Vergangenheit, aus ihrer Familiengeschichte vor ihm verschwiegen. So erzählt sie ihm auch nicht, dass sie, nachdem sie plötzlich ein Foto ihrer seit vielen Jahren verschwundenen Mutter in der Zeitung sieht, aufbricht, um diese zu suchen. Sie bittet ihren Bruder Dan, zu dem ihre Beziehung auch seit zwei Jahren unterbrochen war, um Hilfe und gemeinsam begeben sich beide auf die Reise.
Unterwegs kommen sich Georgie und Dan wieder näher, können über das Ereignis, das sie trennte – den Tod eines gemeinsamen Freundes – erstmals offen reden. Doch die Reise bringt erst einmal keinen Erfolg, denn Nancy, ihre Mutter, ist von dort, wo sie war, bereits wieder verschwunden.
In vielen Rückblicken, bis zu Nancys Kindheit, über ihre Studienzeit, ihre Ehe und die Geburt der Kinder, erfahren wir, was damals vorfiel und wieso Nancy die Familie verlassen musste. In weiteren Rückschauen wird auch Georgies Geschichte erzählt, wie sie als Kind und Teenager mit dem Verschwinden der Mutter und der gleichzeitigen Gleichgültigkeit des Vaters ihr gegenüber fertig werden musste, wie sie Finn, Dans besten Freund kennen und lieben lernte und wie es schließlich zur Katastrophe kam.
Dazwischen wiederum sind Szenen aus Nancys Perspektive eingefügt in der aktuellen Handlung. Sie reist per Anhalter mit ihrer Hündin Bree, um weiter im Verborgenen leben zu können.
Am Ende, das darf man ohne zu spoilern verraten, begegnen sich Nancy und ihre Kinder und es gelingt, sich auszusprechen, all die vergangenen und gegenwärtigen Schwierigkeiten aufzuarbeiten und auszuräumen.
So fesselnd die Handlung in der Zusammenfassung klingen mag, so wenig konnte sie mich fesseln. Zum einen verhindern die häufigen Zeit- und Perspektivwechsel, dass man überhaupt richtig in die Handlung, in die Geschichte eintauchen kann, dass man eine Beziehung zu den Figuren aufbauen kann. Zum anderen sind es mir einfach zu viele Probleme, die diese Familie getroffen hat. Das ist überdramatisiert, überfrachtet und wirkt dadurch zu konstruiert. So hätte es meines Erachtens den gesamten Handlungsstrang um den Tod des Freundes Finn gar nicht gebraucht.
Hinzu kommen noch der eine oder andere Logikfehler, so wie die unendliche Fahrt von Georgie und Dan, deren Navi, auch nachdem sie mehrere Stunden gefahren sind, immer nur eine oder sogar weniger von der genannten Fahrtzeit abzieht. Das passte dann leider hinten und vorne nicht.
Dazu ist vieles recht klischeehaft, so ist der Bösewicht der Geschichte zu böse gezeichnet, so dass er fast ein wenig wie eine Karikatur wirkt. Die Gefühle der Figuren sind oft zu dick aufgetragen, um zu überzeugen. Einzig die Beschreibungen von Nancy in der Jetztzeit erzeugen eine gewisse Empathie und Mitleiden.
Der Schreibstil von Jo Leevers ist nicht schlechter als in „Café Leben“, aber diesmal konnte er mir dennoch den Roman nicht näherbringen. Schade.
Jo Leevers - In den Augen meiner Mutter
Originaltitel: The Last Time I Saw You
aus dem Englischen von Maria Hochsieder
Droemer, Mai 2024
Gebundene Ausgabe, 352 Seiten, 23,00 €

Bewertung vom 31.05.2024
Der rote Spatz
Huwyler, Marcel

Der rote Spatz


ausgezeichnet

Er ist einfach ein Garant für gute Unterhaltung, dieser Schweizer Autor. Seine beiden weiblichen Serien-Heldinnen sind mir inzwischen richtig ans Herz gewachsen. Daher ist auch das Erscheinen dieses neuen Romans eine große Freude.
Eliza Roth-Schild, laut ihrer Visitenkarte Expertin in Business Research, wird von einem fulminant reichen Österreicher gebeten, in der Schweiz diverse Internate zu begutachten, damit er dann eines auswählen kann für seinen Sohn. Dieser ist in den Augen des Vaters ein verwöhntes Muttersöhnchen und muss daher den Armen eben dieser Mutter entrissen und in einem strengen Internat zu einem wahren Mann gemacht werden.
Nachdem Eliza auch diesen Auftrag natürlich wieder mit Bravour – und Unterstützung ihres Taxi fahrenden Mitarbeiters Herrn Wälti – abgeschlossen hat, wird sie anderntags jedoch von der Polizei sehr brutal verhaftet und zum Verhör mitgenommen. Der Vorwurf: Ebendiesen Sohn des Unternehmers entführt zu haben.
Zum Glück kann dieser Verdacht schnell ausgeräumt werden und Eliza bekommt als Entschädigung einen weiteren Auftrag des Vaters, sie soll seinen Sohn finden. Also macht sie sich zusammen mit Wälti daran, die Entführung aufzuklären. Dass sie dabei natürlich andere und bessere Spuren als die Polizei verfolgt, ist selbstverständlich. Ebenso, dass sie auch diesen Fall schnell, unkonventionell und sehr smart erledigt.
Elizas Mitbewohner Fabio verfolgt indessen andere Spuren, nämlich die in die Vergangenheit seiner Familie. Er hat interessante Briefe seines verstorbenen Großvaters gefunden und sucht nun die Absenderin dieser Korrespondenz. Selbstredend begegnet er auch diesmal wieder der „Frau seiner Träume“, doch wie immer bleibt ihm am Ende nur der Liebeskummer.
Wieder ist Marcel Huwyler ein ganz besonders flotter, wendungsreicher und sehr unterhaltsamer Roman gelungen. Man zögert zwar, es einen Krimi zu nennen, zu offensichtlich und zu schnell ist erkennbar, was geschehen ist mit dem verschwundenen Söhnchen. Ungemeinen Spaß macht die Lektüre dennoch. Die Szenen um Fabio und seine Recherchen sind dagegen ein wenig dröger, da auch hier die Ereignisse recht erwartbar sind.
Aber es sind die herrliche Sprache, der witzige Stil und die pfeilgenau treffende Wortwahl, es sind die mit Liebe und Empathie, mit Humor und viel Eigenart gezeichneten Figuren, die diese Romane auszeichnen. Auch wenn ich Violetta Morgenstern aus der gleichnamigen Reihe von Huwyler doch lieber mag als Eliza, so ist mir diese inzwischen auch sehr ans Herz gewachsen. Also hoffe ich für beide Damen auf noch etliche Fortsetzungen.
Marcel Huwyler - Der rote Spatz
atlantis, April 2024
Taschenbuch, 253 Seiten, 18,90 €