Benutzer
Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
dark_angel
Wohnort: 
Ulm

Bewertungen

Insgesamt 162 Bewertungen
Bewertung vom 14.03.2012
Zerfleischt
Curran, Tim

Zerfleischt


sehr gut

Am Freitag - den Dreizehnten - hört die Welt, wie wir sie bis dahin kannten, auf zu existieren. Mitten im Spätsommer zerfällt die Kleinstadtidylle Greenlawns Stück für Stück. Louis Shears, der sich gerade ein paar saftige Steaks gekauft hat und auf das Wochenende freut, kann seinen eigenen Augen nicht trauen, als auf offener Strasse der Zeitungsjunge zu Tode geprügelt wird. Niemand scheint etwas gesehen oder bemerkt zu haben. Die Bewohner von Greenlawn mähen weiter ihren Rasen oder waschen ihr Auto in der Einfahrt. Und als schließlich die Polizei auftaucht, zeigt sich, dass man den Männern in Uniform nicht trauen kann. Nur schnell weg von all dem Irrsinn. Doch es gibt kein Entkommen. Die Menschheit verändert sich rapide und das nicht nur in Greenlawn. Wird Louis als Nicht-Veränderter überleben können?

Die Menschheit verändert sich in Tim Currans "Zerfleischt". Aber um die Spannung nicht zu zerstören, werde ich nicht auf die genaue Ursache der Veränderung eingehen oder aufklären, woher diese Bedrohung stammt.
Tim Curran wird zurecht als neuer Star am Horror-Himmel gefeiert. Denn er versteht es meisterhaft, eine gute (Horror-)Geschichte zu erzählen und dabei gleichzeitig eine ernste Botschaft zu übermitteln. Es geht also nicht nur um die pure Unterhaltung und Brutalität von Mord, Vergewaltigung oder Kannibalismus. Natürlich mangelt es nicht an Gewaltszenen, denn sonst wäre es kein Horror-Thriller. Erfreulicherweise besitzen die Charaktere sogar Glaubwürdigkeit und Tiefe. Sie sind nicht nur Marionetten, die vielleicht auf der nächsten Seite gleich um die Ecke gebracht werden - obwohl man das nicht so genau vorhersehen kann. Es sind normale Menschen, mit denen man bisher Tür an Tür gewohnt hat. Der freundliche Nachbar von nebenan, der sich plötzlich als Monster entpuppt. Und nichts ist mehr so, wie es einmal war. Akkurat, raffiniert und ausführlich schildert Tim Curran den Untergang der Menschheit und lässt den Leser dabei kaum zu Atem kommen.

An dieser Stelle möchte ich noch ausdrücklich darauf hinweisen: Es ist keine leichte Kost.
Die Gewaltszenen werden von Tim Curran sehr detailliert beschrieben und sind daher nichts für Zartbesaitete. Wer beispielsweise "Beutezeit" von Jack Ketchum bereits heftig fand, sollte von "Zerfleischt" lieber die Finger lassen. Denn hier wird noch mal ein Zahn zugelegt.
Wer sich vorher eine Kostprobe von Tim Curran holen möchte, dem schlage ich die Kurzgeschichtensammlung "Kannibalen. Menschenfleisch - sittlich und moralisch tabu" (ISBN 9783865521262) vor. Dort findet sich nämlich die Kurzgeschichte "Maden" des Autors.

Bei der Bewertung schwanke ich zwischen 4 und 5 Sternen. "Zerfleischt" ist eine tolle Unterhaltung voller Spannung, Bösartigkeit und Gewalt sowie einer Botschaft, die den Leser sogar zum Nachdenken bringt und auch lange danach nicht loslässt. Einziger Kritikpunkt, der mich dann doch zu 4 Sternen verleitet, ist die Tatsache, dass ich schon fast "übersättigt" war von den zahlreichen Beschreibungen von Gewalt und Brutalität. Ein paar Szenen weniger bzw. dass der Autor eher zum Punkt kommt, hätte ich für eine volle 5-Sterne-Bewertung vorgezogen.
Nichtsdestotrotz, lasst euch von der Lektüre nicht abhalten. Es lohnt sich wirklich, dem Autor die Treue zu halten und nach weiteren Werken von ihm Ausschau zu halten.

13 von 14 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 05.03.2012
Bitteres Blut
Voss, Willi

Bitteres Blut


sehr gut

Kriminalobermeister Lorinser wurde in die ländliche Idylle am Dümmer See versetzt. Als er zu seinem ersten Mord gerufen wird, ist die angebliche Leiche von Thorsten Böse verschwunden. Der Zeuge, der ihn angeblich an einer Stele aufgehängt gefunden hat, schwört steif und fest, den unbeliebten Kleinstadt-Casanova dort gesehen zu haben. Keine Leiche - keine Ermittlung. Doch irgendetwas ist faul, denn der vermeintliche Tote ist nirgends auffindbar und es scheint sich niemand Sorgen zu machen. Sogar auf seiner Dienststelle machen sich die Kollegen über "Lorinsers verschwundene Leiche" lustig. Doch so schnell gibt Lorinser nicht auf...

Dem Autor Willi Voss ist ein spannender einheimischer Krimi gelungen, der in der niedersächsischen Gegend des Dümmer Sees spielt. Damit beweist er, dass unterhaltsame Krimis nicht immer im Ausland spielen müssen. Die Charaktere sind allesamt glaubwürdig gezeichnet und auch die Beschreibung der Umgebung mitsamt der norddeutschen Sprache wirken auf den Leser, als würde man sich mitten am Dümmer See befinden.
Gemeinsam mit Kriminalobermeister Lorinser darf der Leser seinen neuen Wohnsitz und deren Einwohner näher unter die Lupe nehmen und gemeinsam ermitteln, was es mit der verschwundenen Leiche so auf sich hat.
Das Buch lässt sich sehr gut lesen und verliert nicht an Spannung. Der Autor hat jedoch die Angewohnheit, viele verschachtelte Sätze zu bilden, die den Lesefluss oftmals stören. Denn so mancher Satz ist derart mit vielen Informationen verpackt, dass der Leser eine Weile braucht, um ihn in seiner Gänze zu verstehen, bevor er die Lektüre fortsetzen kann.

Fazit:
Ein solider, spannender deutscher Krimi mit viel Authentizität. Einzig die verschachtelten Sätze können zeitweise das Lesevergnügen trüben. Doch dies sollte den Leser nicht von einer Lektüre abhalten. Denn neben der Mordaufklärung wird der Leser mit einer überzeugenden Dorfgemeinschaft belohnt, in der es nicht an Fehden, Intrigen oder Vetternwirtschaft fehlt.

11 von 11 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 05.03.2012
Der Picassomörder. Huntinger und das Geheimnis des Bösen
Simon, Heinz-Joachim

Der Picassomörder. Huntinger und das Geheimnis des Bösen


sehr gut

Entsetzliche Morde halten die Kunstwelt in Atem. In den Galerien werden jeweils Frauen auf brutale Weise ermordet und ein kostbares Bild aus Picassos Minotaurus-Serie entwendet. Der Anfang scheint Berlin zu bilden, gefolgt von weiteren Galerien und Museen in Europa. Hauptkommissar Huntinger wird mit den Ermittlungen betraut und stösst kurz darauf auf einen weiteren Mord. Eine atemlose Jagd quer durch Deutschland und Frankreich beginnt, um den Mann zu stoppen, der sich selbst für den Minotaurus hält...

Wer hat nicht schon vom berühmten Maler Picasso gehört? Aber auch einen Krimi gelesen, in dem man einiges über den Künstler und seine Arbeiten erfährt? Mit "Der Picassomörder" bietet sich dem Leser gleich die Gelegenheit, zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen; einen spannenden Krimi mit Mörderjagd zu lesen und sich in Sachen Picasso weiter zu bilden.

Der Autor Heinz-Joachim Simon hat bereits mit vorangehenden Werken versucht, Deutschlands Vergangenheit zu beleuchten. In "Der Picassomörder" versucht der Autor nun auch der Frage nach dem Bösen auf den Grund zu gehen und wie die Erziehung und unmittelbare Umgebung eine Person formen kann, die schließlich zum Mörder wird.
Mit Hauptkommissar Huntinger hat der Autor einen Ermittler gezeichnet, der trotz all dem Bösen in der Welt, seine Menschlichkeit nicht verliert und glaubhaft rüberkommt, ohne klischeehaft zu wirken oder mit Action überladen zu sein.

Ein solider und spannender Krimi, in dem es aber auch um Menschlichkeit und psychologische Aspekte geht.

9 von 9 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 23.02.2012
Mord in Wien
Schimmer, Helga

Mord in Wien


ausgezeichnet

Das wahre Leben schreibt die schönsten Geschichten? In diesem Falle muss man den Spruch ändern in: Das wahre Leben schreibt die schauerlichsten und skurrilsten Geschichten. Denn in "Mord in Wien" geht es um wahre Kriminalfälle, die sich in Wien ereignet haben. Mit großer Sachkenntnis erzählt die Autorin Helga Schimmer von realen Verbrechen, die sich nicht nur in den letzten Jahrzehnten ereignet haben, sondern auch weit in die Vergangenheit reichen. Auch die Geschichte der Gräfin Báthory ist darunter zu finden, die wohl vielen Dracula-Lesern nicht gänzlich unbekannt sein dürfte.

Die Autorin hat die geschilderten Verbrechen dabei in fünf Hauptgruppen sortiert:
- Schnöder Mammon
- Schleichendes Gift
- Verfehlte Beziehungen
- Verbotene Gefühle
- Geistige Verirrungen

So kann der Leser sich nach Belieben aussuchen, welcher Art des Verbrechens er sich gerade widmen möchte. Darunter sind nicht nur spektakuläre Morde, sondern auch skurrile Verbrechen zu finden, die nun wirklich nicht alltäglich sind. Und wer sich tiefer einlesen möchte, der darf sich auf den Quellennachweis stürzen, der sich am Ende des Buches befindet.

Die Autorin versteht es, wahre Verbrechen literarisch aufzubereiten. In ihrem journalistisch knappen Stil berichtet sie auf unterhaltsame Art über die wahren Verbrechen, ohne voyeuristisch oder klischeehafte zu wirken. Dabei versucht sie auch, die Motive und Hintergründe sowie den Ablauf zu beleuchten.

11 von 11 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 23.02.2012
Eiskalte Ekstase
Lirot, Eva

Eiskalte Ekstase


gut

Übel zugerichtete Leichen tauchen in Frankfurt am Main auf. Zugleich kursieren im Internet Videos über pseudowissenschaftliche Experimente. Unter Anleitung foltert eine Versuchsperson eine andere Versuchsperson mit Stromschlägen, bis diese vor laufender Kamera stirbt. Hauptkommissar Jim Devcon und sein Team müssen hilflos mitansehen, wie sich diese Videos schlagartig übers Netz vermehren und angeklickt werden, während der wahre Mörder sein Spielchen mit der Polizei treibt und seine Versuchsreihe erweitert...

Mit "Eiskalte Ekstase" legt Eva Lirot den 3. Fall um den Hauptkommissar Jim Devcon vor, das sich auch ohne Vorkenntnisse der vorangehenden Teile gut lesen lässt. Die Autorin setzt dabei auf kurze Kapitel mit wechselnden Perspektiven.

Einen großen Teil nimmt dabei die Perspektive des Mörders ein, in der man jeweils live bei den Versuchsreihen bzw. den Morden dabei ist. Die Erzählweise ist dabei kühl und distanziert gehalten, ohne aber ihre Wirkung zu verfehlen oder an Spannung einzubüßen. Nachdem die Autorin dem Leser die eiskalte Psyche und Sichtweise des Mörders Einblick gewährt, wirkt meines Erachtens die ermittelnde Perspektive blass und lediglich als Hintergrundkulisse. Die ermittelnden Beamten wirken allesamt etwas oberflächlich. Die Autorin hält sich mit Beschreibungen und Ausschmückungen zurück und treibt die Handlung häufig nur durch Dialoge voran. Dadurch haben mir die Gedanken der Charaktere gefehlt, so dass ich mich mit keinem so recht anfreunden konnte oder ihre Taten nachvollziehen konnte.

Hier punktet ganz klar der eiskalte Serienmörder, dessen Treiben man sich nicht ohne Weiteres entziehen kann und gebannt weiterliest. Dies hat die Autorin sehr gut rübergebracht. Leider blieb das Ermittlungsteam und damit auch die Hauptperson um Jim Devcon ziemlich auf der Strecke. Ansonsten spannend und flüssig zu lesen. Gute Unterhaltung für zwischendurch mit einem interessanten Mörder.

9 von 9 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 16.02.2012
Moderholz
Schulz, Berndt

Moderholz


gut

Max Horner, Hauptkommissar a.D. und leidenschaftlicher Kleingärtner, verbringt viel Zeit im Frankfurter Bethmannpark. Er kann sich an der Schönheit und Vielfalt der Pflanzenwelt nicht satt sehen. Und auch die Besucher des Parks tragen zur besonderen Atmosphäre bei, deren Max Horner sich nicht entziehen kann. Doch eines Tages geschieht in seinem geliebten Park ein Mord. Der Gärtner ist immer der Mörder? Auf den ersten Blick scheint jeder dieser Meinung zu sein, denn die Hilfsgärtner sind allesamt entlassene Strafgefangene...

Mit "Moderholz" legt Berndt Schulz den Grundstein für eine neue Kimi-Reihe rund um den kauzigen Gartenliebhaber Max Horner, der trotz Pensionierung nicht die Finger von einer Ermittlung lassen kann. Es ist ein Garten-Krimi der besonderen Art. Der Einstieg in die Handlung vollzieht sich ohne große Einführung. Man befindet sich gleich mittendrin im Bethmannpark begleitet von Max Horner und seinem Hund Wallander. Die Charaktere bleiben ein wenig oberflächlich und distanziert, obwohl der Autor über Dialoge versucht, ihnen mehr Glaubwürdigkeit und Vergangenheit zu verleihen. Und auch der zu erwartende Mord geschieht erst sehr viel später, so dass die Ermittlungen erst ab der Mitte des Buches losgehen.

Das Augenmerk des Autors liegt ganz deutlich beim Park. Denn der Bethmannpark in Frankfurt am Main erwacht vor den Augen des Lesers zum Leben. Mit großer Hingabe und Detailreichtum wird dieser Park beschrieben. Es wirkt wie eine Liebeserklärung an den Bethmannpark, dem nicht nur der Ermittler Max Horner verfallen ist. Der Autor gibt auch viel zum Nachdenken mit, wenn er die Garten- und Pflanzenwelt mit dem Miteinander des Menschen zu vergleichen versucht.

Zudem wird der Leser mit kleinen Anekdoten und Tipps rund um Garten und Pflanzen versorgt, so dass der Krimi an sich fast in den Hintergrund gerät. Ist das schlimm? Nicht, wenn man sich selbst für die Pflanzenwelt und/oder den Bethmannpark interessiert. Möchte man am Ende noch einen kleinen Mord nebenbei lösen, so hat der Leser gleich zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen.

4 von 4 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 07.12.2011
Social Network. Die Bibliothek des Schicksals
Wagner, Chris M.

Social Network. Die Bibliothek des Schicksals


gut

Rosemarie von Wards wird bewusstlos im Keller ihres Hauses gefunden. Trotz Behandlung im Krankenhaus verstirbt die junge Frau. Ein Unfall? Aber wieso war der Keller abgeschlossen?
Daniel Lang, ihr Verlobter, will die Tragödie so schnell wie möglich hinter sich lassen und zieht nach München, um bei der IT-Firma FaTec anzufangen. Doch schon bald holt ihn die Vergangenheit ein. Nur knapp überlebt er einen Autounfall, bei dem der Taxifahrer erschossen wird. Als er eine Aussage bei der Polizei macht, glaubt ihm keiner. Es gibt auch keinen toten Taxifahrer. Ist Daniel verrückt oder zieht jemand im Hintergrund die Fäden seines Lebens?

Mit "Social Network" legt Chris M. Wagner sein Debüt als Autor vor. Hauptsächlich dreht sich der Mystery-Thriller um das Schicksal. Ist dieses bereits vorgegeben oder hat man vielleicht doch selbst in der Hand? Hinzu kommen eine Prise Verschwörungstheorien, Liebe und spannende Unterhaltung.

Leider fiel mir der Einstieg in die Lektüre nicht so leicht. Die ersten 40-50 Seiten waren fast schon eine Qual. Die ersten Kapiteln werden von verschiedenen Charakteren eingeleitet und man wird gleich mit mehreren offenen Handlungssträngen konfrontiert. An sich ist das nichts Schlechtes, doch die einzelnen Kapitel waren mir zu sprunghaft. Dadurch fiel es mir schwer, mit den vorkommenden Charakteren warm zu werden - einzige Ausnahme blieb der "schwarze Mann". Erst nach und nach ergaben sich die Zusammenhänge und ich hab so langsam in die Geschichte reingefunden. Durch die Komplexität der Handlung ist jedoch klar ersichtlich, dass sich der Autor intensiv mit seinen Charakteren und deren Geschichte auseinander gesetzt hat. Alles wirkt bis zum Ende durchdacht.

Da sich der Einstieg in die Geschichte etwas holprig gestaltet und die Handlung etwas komplex konstruiert ist, sollte man sich etwas Zeit nehmen, bevor man daran denkt, das Buch aufzugeben. Es lässt sich flüssig lesen, doch Konzentration ist gefragt, um die verschiedenen Zusammenhänge nicht aus den Augen zu verlieren. Insgesamt wird man mit interessanten Denkanstössen und einer spannenden Geschichte belohnt.

25 von 31 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.