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Urte Köhler

Bewertungen

Insgesamt 72 Bewertungen
Bewertung vom 16.02.2019
Der Garten der Düfte
Manning, Kirsty

Der Garten der Düfte


ausgezeichnet

Eine wunderbare Geschichte über zwei starke Frauen in zwei Jahrhunderten, die ihren Weg und ihren Platz im Leben suchen.
Verbunden sind die beiden Frauen - Pip und Artemisia - über ein Kochbuch, welches Artemisia im 15. Jahrhundert als Köchin eines Chateaus geschrieben hat.
Unter der teilweise sadistischen Fuchtel eines Abtes stehend, hat Artemisia keine Chance ein irgendwie geartetes "freies" Leben zu führen. Ihr einziger Freund ist ein junger Mann, der das Chateau regelmäßig mit Kräutern beliefert. Eine zarte Liebesbeziehung beginnt, streng geheim gehalten. Artemisias Klugheit und geistige Unabhängigkeit steht dabei im krassen Widerspruch zu der Person des Abtes, der sich u.a. bei der Lebensmittelbestellung (Artemisias Aufgabe) Eigenmächtigkeiten erlaubt hat und damit rechnen muss, von Artemisia beim Hausherren verraten zu werden. Entsprechend grausam und brutal behandelt der Abt die junge Frau.
Fünfhundert Jahre später lebt eine junge Meeresbiologin namens Pip in Australien und steht kurz davor ihre Doktorarbeit zu beenden. Ihre Pläne kollidieren mit denen ihres Verlobten, der nur das Beste will, dabei aber Pips Karriere eher zweitrangig behandelt. Die beiden trennen sich und gehen nach Europa. Der eine nach Italien, die andere zunächst nach Spanien und dann nach Frankreich. Ihre Wege kreuzen sich, die Gefühle sind immer noch da. Doch erst als Pip ihre Doktorarbeit abgeschlossen hat und die mysteriöse Geschichte hinter dem Kochbuch von Artemisia - welches sie in einem alten Kupferkochtopf gefunden hat - aufgedeckt hat, ist Pip am Ende ihres Weges angekommen. Artemisia gehört in Pips Stammbaum und von ihr hat sie die Leidenschaft für Kräuter geerbt - über die Jahrhunderte hinweg.

Mir hat das Buch sehr gut gefallen. Lebensechte Charaktere mit Fehlern und Schwächen ziehen den Leser in die Geschichte hinein und fesseln ihn.
Artemisias Schicksal wird durch den sadistischen Abt geprägt, der ihr das Leben so schwer wie möglich macht - letztlich weil er Angst vor ihr hat. Er nutzt seine Machtposition im Chateau weidlich aus und besiegelt Artemisias Schicksal auf Grund von Hass und Missgunst.
Pip im 21. Jahrhundert der westlichen Welt hat dagegen alle Möglichkeiten, die die Gleichberechtigung ihr über die Jahrhunderte geschaffen hat. Sie kann unabhängig von gesellschaftlichen Zwängen ihren Weg gehen und frei entscheiden, was sie machen will.

Eine Geschichte, die die gesellschaftliche Entwicklung der Gleichberechtigung von Frauen aufzeigt. Von Unterdrückung/Niederhaltung bis hin zur freien Entscheidung. Ein Riesenschritt.

Bewertung vom 15.01.2019
Mein Jahr mit Dir
Whelan, Julia

Mein Jahr mit Dir


ausgezeichnet

Auf Julia Whelans Buch "Mein Jahr mit dir" bin ich wegen des Titels/Titelbildes aufmerksam geworden. Beide versprechen eine romantische Geschichte, die jedoch aus noch unbekannten Gründen zeitlich begrenzt ist. Das weckt Spannung und Neugier auf das "Warum".

Um die Antwort auf dieses "Warum" zu erfahren, muss der Leser mehr als die Hälfte der 470 Seiten lesen.
Etwas, das leicht fällt und Freude bereitet, denn Julia Whelans Schreibstil ist federleicht zu lesen. Klare Sätze ohne Schnörkel und viel wörtliche Rede, die das Geschehen erlebbar macht.
Allerdings findet sich eine Reihe von fachspezifischen Fremdwörtern, die wunderbar in den Textzusammenhang passen - Ella studiert englische Literatur zwischen 1830 und 1914 in einem Aufbaustudium im englischen Oxford - das Textverständnis in dem Moment jedoch erschweren und den Lesefluss unterbrechen.

Die langsam aufkeimende Liebesbeziehung ohne Verpflichtungen zwischen dem Lehrenden Jamie Davenport und der amerikanischen Studentin Eleanor Durran nimmt gewaltig Fahrt auf, als Ella vom schweren Schicksal ihres Geliebten erfährt. Ab dem Zeitpunkt tritt die Schilderung universitären Alltagslebens, die die erste Hälfte des Buches dominiert, massiv in den Hintergrund und taucht nur noch in Form ihrer Studienfreunde und deren persönlichen Problemen auf. Die allerdings banal erscheinen verglichen mit dem traurigen Schicksal Jamies.
Seine Eltern bringen eine zusätzliche Dramatik in die Geschichte, da sie diese Situation schon erlebt haben, Jamies Bruder erlitt dasselbe Schicksal. Der Vater ist unfähig, damit umzugehen und übt enormen Druck auf Jamie aus, während die Mutter ein Kraftpaket an Haltung und Selbstdisziplin ist. Ella steht zwischen den Fronten und findet ihren Platz nur durch eiserne innere Stärke, hingebungsvolle Liebe zu Jamie und der hohen Wertschätzung durch seine Mutter.
Jamie erträgt sein Schicksal mit großer Kraft und holt durch die Liebe zu Ella wieder Hoffnung und Freude in sein Leben zurück, auch wenn dieses durch extreme körperliche Strapazen viele schlechte Tage hat. "Wir ziehen das durch" wird zum Leitsatz der beiden.

Doch Ellas Zeit in Oxford ist begrenzt. Zwei Semester, dann soll sie in die USA zurückkehren. Einen erfüllenden Job im Stab der möglichen nächsten US-Präsidentin in Aussicht, scheint Ellas Zukunft vorgezeichnet. Eine steile Karriere für ein ehrgeiziges Mädchen aus Ohio, aufgewachsen in einfachen Verhältnissen.

Die Liebe zu Jamie ist das beherrschende Element der zweiten Romanhälfte. Nur durch sie ist es Ella möglich, weitreichende Entscheidungen zu treffen. Sie öffnet Ella die Augen auf das, was wirklich wichtig ist.
Die Geschichte von Ella und Jamie ist ein wundervolles Plädoyer für das Leben und die Liebe.