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Alais

Bewertungen

Insgesamt 193 Bewertungen
Bewertung vom 09.04.2021
Das Geschenk eines Regentages
Shinkai, Makoto;Nagakawa, Naruki

Das Geschenk eines Regentages


ausgezeichnet

Ein Buch über Einsamkeit und Verletzungen, über Unsicherheit und Stärke, über Zusammenhalt und die Wunder, die entstehen können, wenn zwei Wesen einander beistehen …
Dieser Roman wirkt wie ein Blick durch ein buntes Kaleidoskop, in dem immer wieder eine neue Farbe, eine andere Figur in den Mittelpunkt gerückt wird. Durch diesen Aufbau erinnert er ein wenig an „Der Sprung“ von Simone Lappert – und ist doch ganz anders: ein kunstvoller Zusammenklang schlichter, poetischer Situationsbeschreibungen und der ergreifenden Geschichten einer Reihe von Katzen, Menschen und einem Hund, die sich miteinander zu einem bewegenden Roman verflechten. Diese besondere, bildreiche und sehr künstlerische Erzählform ist sicherlich auch der Tatsache geschuldet, dass dieser Roman von Anime-Künstlern geschrieben wurde und sich aus einem Kurzfilm heraus entwickelt hat, sodass in ihm gleich mehrere Kunstformen einander bereichern konnten.
Erzählt wird teils aus der Sicht der menschlichen Figuren, teils aus der Sicht der Katzen, wobei die Autoren sich nicht die Behauptung anmaßten, genau zu wissen, wie Katzen denken, und somit auch nicht in die üblichen Klischees verfielen, sondern den Katzen eine würdevolle Ausdrucksform gaben, die ein wenig an Fabeln erinnert.
Ein bisschen wie ein Fabelwesen wirkte auf mich auch John, der Hund, der voller Weisheit über sein Viertel und dessen Bewohner wacht. Wie John werden auch die Charaktere der Katzen und Menschen dem Leser mit erstaunlich wenigen Zeilen ausführlich beschrieben und ich war immer wieder voller Bewunderung, wie es den Autoren gelang, mein Herz für ein weiteres Wesen zu öffnen. Dabei gehen die Autoren mit all ihren Figuren sehr behutsam um, geradezu mit katzenhaftem Respekt.
Spannend war für mich, da ich leider noch nie in Japan war, natürlich auch der Einblick in das dortige Leben und gleichzeitig fühlte ich mich in dieser eindeutig von Katzenmenschen geschaffenen Erzählwelt sehr zuhause.
Ein Buch, von dem ich mich reich beschenkt fühlte – verzaubert und getröstet!

Bewertung vom 08.04.2021
Der Schneeleopard
Tesson, Sylvain

Der Schneeleopard


ausgezeichnet

Über das Warten und die vom Menschen bedrohten Wunder der Natur

„‚Der Mensch ist dem Menschen ein Wolf,‘ sagte ich. ‚Schön wär’s,‘ sagte er.“, S. 173
Mit drei Begleitern, dem Fotografen Vincent Munier, dessen Verlobten, der Tierfilmerin Marie, und Muniers Adjutanten Leo, bricht der französische Reiseschriftsteller Sylvain Tesson zu einer Reise in das kalte Tibet auf der Suche nach den wenigen verbliebenen Schneeleoparden auf … Traurig und für unsere Spezies beschämend: Für dieses Buch sah sich der Autor veranlasst, einige Ortsnamen zu ändern – zu groß wäre sonst die Gefahr, dass Jäger diesen Reisebericht als Wegbeschreibung nehmen würden …
Es passiert auf dieser Reise nicht viel, für actiongeladene Reiseabenteuer sind andere Bücher zuständig, dessen sollte man sich bewusst sein – Tierbeobachtung erfordert viel Geduld und einen guten Umgang mit langen Stunden des Wartens. Und dennoch erzählt Tesson so eindrucksvoll von ihren Begegnungen mit der Landschaft und den Tieren, dass ich dieses Buch regelrecht verschlungen habe. Tesson bringt den Augenblick zum Funkeln, öffnet und weitet den Blick für die Wunder der Natur.
Er hat einen wunderbar ruhigen, bildhaften Schreibstil und ist voller Bewunderung und Achtung für die Natur, aber es ist auch eine leichte Bitterkeit zu spüren, die wohl nicht ausbleibt, wenn man die Augen nicht vor dem Vernichtungsdrang des Menschen verschließt … und manchmal wird er auch sehr persönlich, bringt seine Traurigkeit zum Ausdruck, lässt eine tiefe Verletzung spüren – diesen kleinen Einblick in sein Privatleben hätte es meiner Meinung nach nicht gebraucht, aber Reisen machen das eben mit Menschen: Sie bringen sie dazu, sich mit ihrem Innenleben auseinanderzusetzen.
So bescheiden der Umfang dieses Buches ist, so spannend und reich ist sein Schatz an philosophischen Betrachtungen über die Menschen und ihre Beziehung zu ihrem Planeten, über Religionen und die bedrohte Wildnis. Und auch die Gestaltung setzt auf Qualität statt Quantität: Das elegante Dunkelblau des Covers findet sich auch bei dem praktischen Lesebändchen wieder und neben charmanten Kartenzeichnungen enthält das Buch auch zwei Fotografien, bei denen es sich lohnt, sie länger zu betrachten.
Ich habe diese ganz besondere Reise sehr genossen, auch wenn sie mich sehr traurig gemacht hat.

Bewertung vom 13.03.2021
Das Flüstern der Bienen
Segovia, Sofía

Das Flüstern der Bienen


ausgezeichnet

Ganz große Erzählkunst!
Ein außergewöhnliches, märchenhaftes Buch, das gleichzeitig wie direkt aus dem Leben gegriffen wirkt und anhand einer Familiensaga Einblick in die mexikanische Geschichte bietet: Eines Tages wird ein ausgesetztes, von Bienen umschwärmtes und bedecktes Baby gefunden. Die Familie eines Großgrundbesitzers nimmt den kleinen Jungen auf und zieht ihn liebevoll groß. Doch was sie nicht ahnen: Der kleine Junge, der aufgrund einer Lippen-Kiefer-Gaumenspalte nie so sprechen lernen wird, wie die Menschen in seiner Umgebung, verfügt mit den Bienen nicht nur über ungewöhnliche Freunde, sondern auch über ungewöhnliche Fähigkeiten …
So märchenhaft dieser Einstieg in eine mexikanische Familiensaga und die Figur des Jungen wirken, so realistisch wirkt hingegen die restliche Erzählung, für die sich die Autorin Segovia nicht nur von dem realen historischen Kontext Mexikos, sondern auch von den persönlichen Erlebnissen einiger Menschen inspirieren ließ. So erzählt sie vor dem historischen Hintergrund von Krieg, Revolution und der Spanischen Grippe auf einfühlsame, behutsame Weise eine Familiengeschichte, die mich verzauberte, die sich aber aufgrund der Geschehnisse im hinteren Teil fast schon zu einem Thriller entwickelt.
Mit besonderem Interesse las ich aufgrund der Parallelen zu der Zeit, die wir gerade durchleben, die Passagen über die Spanische Grippe, wobei es der Autorin gelang, trotz der Darstellung der Not, doch auch eine schöne Prise von schwarzem Humor einzustreuen und eindrucksvolle, wenn auch gruselige Bilder zu schaffen. Ebenfalls mit sehr viel Herzblut, jedoch auch leider mit eindeutiger Parteinahme, flicht sie die Landreform in die Geschichte ein. Das ist der einzige Makel, den dieser Roman für mich hat – die ein bisschen einseitig positive Darstellung des Landbesitzerpaares Francisco und Beatriz, stets edel, bemüht, selbstkritisch … Natürlich gab und gibt es durchaus auch solche Ausnahmemenschen, dennoch hätte ich mir einen etwas differenzierteren Blickwinkel gewünscht.
Völlig begeistert hat mich dafür der Schreibstil. Die Autorin zählt zu den Wortmagiern unter den Autoren, deren Sätze regelrecht „organisch“ wirken und die Geschichte und die Personen unfassbar lebendig erscheinen lassen. Wie bei dem Cover und der Geschichte selbst ist auch hier ein starker Bezug zur Natur spürbar.
Poetisch, dabei nie abgehoben, kraftvoll und doch zartfühlend – dieser Roman hat mich verzaubert!

Bewertung vom 31.01.2021
Killing November Bd.1
Mather, Adriana

Killing November Bd.1


gut

Wenn plötzlich alles anders ist …
November wird von ihrem Vater an einen unbekannten Ort geschickt, an dem sich ein vor aller Welt verborgenes Internat befindet. Draußen soll sie in Gefahr sein, doch ausgerechnet in diesem Internat, das ihr Schutz bieten soll, trifft November auf ein geradezu mörderisches Umfeld …
Adriana Mather hat eine ganz eigene Welt geschaffen und doch greift sie für ihren Roman nicht auf Fantasyelemente zurück, sondern entwirft eine Geheimgesellschaft, die es durchaus auch in der Realität geben könnte. Vieles an dieser Erzählung ist außergewöhnlich und dennoch meinte ich ständig Bezüge zu Harry Potter und die Tribute von Panem zu spüren, was gegenüber diesem Roman, der seine eigenen Wege geht, vielleicht etwas unfair ist.
In dem geheimnisvollen, altertümlich gestalteten Internat ohne Stromanschluss gelten strenge Regeln, werden drakonische Strafen verhängt und recht unübliche Fächer gelehrt - die Schüler lernen zu kämpfen, sich zu verstellen, einander zu überlisten ... November ist dies alles genauso fremd und ungewohnt wie mir als Leserin und die Autorin lässt uns lange Rätselraten, was sich hinter dieser geheimen Gesellschaft verbirgt.
Trotz dieser leider ziemlich unreflektierten Schwerpunktlegung auf Gewalt, ein Thema, das mich im Übrigen auch eher langweilt, waren für mich die Unterrichtsstunden absolute Highlights in diesem Roman, denn im eigentlichen Mittelpunkt stand dann doch etwas anderes: die vergangene und aktuelle Geschichte und deren Beeinflussung. Wobei aktuelle Themen wie Wahrnehmung, Manipulation, Framing berührt werden. Das wird von den Lehrern so spannend verpackt und mit faszinierenden Fakten untermalt, dass ich mich auf die Unterrichtsstunden immer besonders freute.
November fühlte ich mich sehr verbunden, obwohl wir sehr verschieden sind. Sie wird als mutig, vielleicht manchmal etwas aufdringlich, aber auch selbstkritisch dargestellt, das gefiel mir sehr. Leider empfand ich dafür die Beschreibung der meisten anderen Personen oft als zu oberflächlich. Nur bei wenigen Ausnahmen gelang es der Autorin, vielschichtige, lebendig wirkende Charaktere herauszuarbeiten (manche andere Autoren schaffen das ja selbst bei kleinen Nebenfiguren), was wahrscheinlich der Grund ist, warum mir das Interesse für die Haupthandlung streckenweise etwas verloren ging. Erst zum Ende hin packte mich die Erzählung wieder und ich freue mich, dass es der Autorin gelungen ist, diesen ersten Band am Ende mit einem spannenden Finale so abzurunden, dass zwar meine Neugier auf den zweiten Band und weiteren Verlauf definitiv geweckt ist, aber ich auch nicht mit einem zu quälerischen Cliffhanger konfrontiert wurde.
Ein lesenswertes Buch mit kleineren Schwächen, aber auch einer außergewöhnlichen und zugleich unheimlich real wirkenden Erzählwelt!

Bewertung vom 09.01.2021
Immer wieder vegan
Seiser, Katharina

Immer wieder vegan


ausgezeichnet

„Sehen Sie dieses Buch als Reiseführer ins Pflanzenreich, markieren Sie jene Orte/Rezepte, die Sie erkunden möchten und machen Sie sich vorfreudig auf den Weg.“
… schreibt die Autorin auf Seite 9 und dieser Einladung folgte ich gerne. Die positive Grundstimmung, die dieses Kochbuch ausstrahlt und zu der auch die frischen Farben der Gestaltung beitragen, verzauberte mich von der ersten Seite an und kann sicher auch Kochmuffel motivieren.
Die Rezepte stammen aus so spannenden Ländern wie zum Beispiel Vietnam, Italien, Kenia, Japan, USA, Korea ..., sodass man mit diesem Buch nicht nur durchs Pflanzenreich, sondern auch kulinarisch durch die Welt reisen kann. Die Gerichte sind überwiegend herzhaft, beispielsweise der mallorquinische Sommergemüseauflauf, es gibt aber auch süße Verlockungen wie ein Rote-Grütze-Rezept. Angeordnet sind die Gerichte nach Saison, sodass es leichter fällt, beim Einkauf auf saisonale Produkte zu achten, worin ich mich noch übe.
Die Länge der Zutatenlisten, bei den meisten anderen Kochbüchern für mich etwas problematisch, da ich mit kleinem Budget koche, ist für mich bei diesen Rezepten in den meisten Fällen genau richtig, zumal ich feststellte, dass ich einige Zutaten sowieso vorrätig habe bzw. regelmäßig kaufe. Überhaupt ist die Bandbreite der Gerichte in diesem Kochbuch sehr groß und je nach Kochlaune kann man sich komplexere oder einfachere Rezepte aussuchen. Vor den Rezepten werden nach Gruppen sortiert Lebensmittel vorgestellt und dabei bereits viele Tipps zur Aufbewahrung und Verwertung gegeben und auch unter den Rezepten finden sich immer wieder hilfreiche Tipps.
Äußerst praktisch und gerade bei Kochbüchern immer überaus wichtig ist für mich eine Ausstattung mit Lesebändchen, in diesem Fall kann man gleich zwei Lesebändchen nutzen, passend zum Cover in den Farben Grün und Gelb.
Zusammengefasst: Für mich ein Lieblingskochbuch, sympathisch gestaltet und mit vielen hilfreichen Informationen ausgestattet!

Bewertung vom 25.12.2020
Der Bruder
Katzenbach, John

Der Bruder


sehr gut

Nach dem Selbstmord ihrer Mutter, die eine rätselhafte Warnung hinterließ, erhält die junge angehende Architektin Sloane einen lukrativen ersten Auftrag von einem mysteriösen und offensichtlich sehr reichen Unbekannten: Sie bekommt eine Liste verstorbener Menschen, für die sie ein Denkmal errichten soll - warum und was das für Leute waren, soll sie anscheinend selbst recherchieren. Und schnell stellt sie fest: Keiner dieser Menschen starb an Altersschwäche ...
Das war für mich mal eine erfrischend andere Ausgangslage für einen Thriller und so gelang es Katzenbachs Roman, mich von Anfang an zu fesseln, obwohl mir Sloane leider auf Anhieb eher unsympathisch war und ich ihr Verhalten oft nicht nachvollziehen konnte. Das fängt schon mit der himmelschreienden Naivität an, mit der sie sich in den Auftrag stürzt, dabei müsste sie doch wissen, dass angesichts ihrer nicht vorhandenen Berufserfahrung und der übertrieben großzügigen Entlohnung irgendetwas hinter diesem Auftrag stecken muss, was sie noch nicht ganz versteht ... Es war für mich aber auch mal ganz interessant, einer Romanfigur zu folgen, über die ich immer wieder den Kopf schütteln musste.
Nahezu alle anderen von Katzenbach für diesen Roman geschaffenen Figuren wirken wunderbar geheimnisvoll und geben Anlass zu wilden Spekulationen – allen voran der charismatische Anwalt, über den Sloane den Auftrag erhält, und natürlich die Menschen auf der Liste zu ihrem Auftrag, die alle etwas zu verbergen hatten ... Selbst ihr Freund Roger, von dem sie sich trennen möchte (schließlich sieht sie, wie sie findet, "gar nicht übel aus" und "kann wahrlich etwas Besseres kriegen", S. 18), der sich aber leider zum uneinsichtigen Stalker entwickelt, gibt Rätsel auf und auch (scheinbare?) Nebenfiguren wirken suspekt ...
Ich glaube, dass die große Stärke von Katzenbachs Roman zugleich auch eine Schwäche ist: Er verleitet immer wieder zum Rätseln und Entwickeln der verrücktesten Theorien, sodass mich letztendlich das tatsächliche Ende ein wenig enttäuscht hat. Dabei bietet er durchaus immer wieder überraschende Wendungen und nebenbei gefielen mir auch Sloanes Gedanken zur Architektur und einer kreativen, gestalterischen Herangehensweise an das Leben.
Eine faszinierende Erzählung, vielleicht nicht ganz perfekt, aber auf jeden Fall lesenswert!

Bewertung vom 06.12.2020
Die Rabentochter
Dionne, Karen

Die Rabentochter


sehr gut

Der Psychothriller "Die Rabentochter" ist die Geschichte der jungen Frau Rachel, für die sich, nachdem sie sich jahrelang selbst in eine psychiatrische Anstalt verbannt hat, um für den Tod ihrer Eltern zu büßen, ein Fenster in die Vergangenheit öffnet, das sie dazu bringt, sich endlich auf die Suche nach den Gründen zu begeben, die zu der familiären Tragödie geführt haben ...
Was schnell vorhersehbar zu sein schien, bot für mich dennoch in der Auflösung schockierende Überraschungen. Das Geflecht aus Verantwortung, Schuld und Unschuld lässt sich hier nicht so eindeutig entwirren, wie es auf den ersten Blick wirkt. Dies unterstreichen auch die verschiedenen Zeitebenen und Perspektivwechseln, mit denen die Autorin ihre Geschichte aufbaut. Spannend fand ich als Leserin aber auch den Umgang mit einem bestimmten Wissen über einen anderen Menschen und die Frage, wie man selbst damit umgegangen wäre ...
Seine Stärke bezieht dieser Roman jedoch aus seinem Haupt-Handlungsort, dem Wald. Rachels Eltern waren Tierforscher und sie lebten zurückgezogen inmitten einer Natur, in der Begegnungen mit Wölfen oder Bären keine Seltenheit waren. Das Bild dieser zwei Gesichter des Waldes - auf der einen Seite der Wald als finsterer, gefährlicher Ort ungezähmter Wildnis und Quell von Urängsten und auf der anderen Seite der Wald als märchenhafter Ort des Lebens voller zauberhafter, faszinierender Wesen - zieht sich durch den ganzen Roman. Märchenhaft und gerade deshalb irgendwie passend für diese etwas andersartige Thrillererzählung ist auch Rachels Gabe, die Sprache der Tiere zu verstehen.
Ein ungewöhnlicher, leicht gruseliger Thriller, der besonders Tierfreunde erfreuen und zugleich aber auch entsetzen wird.

Bewertung vom 08.11.2020
Kann ich das essen - oder bringt mich das um?
Hecker, Katrin;Hecker, Frank

Kann ich das essen - oder bringt mich das um?


ausgezeichnet

Vollgepackt mit hilfreichen Informationen und reich bebildert

Wer gerne Agatha-Christie-Krimis liest, weiß wie viele Gefahren im so harmlos wirkenden Pflanzengewand in der Natur auf uns lauern – aber natürlich gibt es dort auch sehr viel Leckeres zu entdecken.
Den Autoren Katrin und Frank Hecker ist es gelungen, in dieses Buch erstaunlich viele Informationen zu packen, damit kulinarische Ausflüge in die Natur nicht übel, sondern genussvoll enden. Dafür, dass das Buch so kurz und prägnant gehalten ist, hat mich die Fülle der Rezepte und Tipps, was sich mit den jeweiligen Pflanzen anstellen lässt (Tee, Früchtepunsch, Öl etc.), beeindruckt. Auch an den, wie ich finde, überaus wichtigen Fotos der verschiedenen Pflanzen mangelt es nicht.
Die Auswahl der zum Sammeln empfohlenen Pflanzen wirkt auf mich sehr überzeugend, weil die Autoren einerseits bekannte und häufig anzutreffende Pflanzen wie die Brennnessel präsentieren, sodass man als Anfänger größere Chancen hat, wenigstens ein paar der Pflanzen auch zu finden, und andererseits Pflanzen, bei denen die Verwechslungsgefahr mit giftigen Doppelgängern zu groß ist, von vornherein ausgeschlossen haben. Die Unterscheidung finde ich dennoch bei einigen Pflanzen relativ schwierig und ich werde zur Sicherheit das Buch bei Sammelaktionen lieber mitnehmen, um Pflanzen mit den Abbildungen in diesem Buch vergleichen zu können. Hier kommt auch mein einziger Kritikpunkt: Das Format ist zwar nicht riesig, aber doch ein bisschen sperrig und passt zumindest nicht in die kleineren Büchertaschen, mit denen ich Bücher unterwegs gerne schütze – für Rucksäcke, auch für kleinere, ist es aber auf jeden Fall klein genug.
Gruppiert sind die verschiedenen Pflanzen nach den Jahreszeiten, in denen sie gepflückt bzw. gesammelt werden können, und ich habe mich sehr gefreut, dass sich sogar bis Dezember etwas Feines zum Sammeln und Genießen findet.
Ein schön gestaltetes und in dieser für Freiberufler wie mich neben der großen Angst um all die Menschen, die von Covid-19 besonders gefährdet sind, auch finanziell sehr schwierigen Zeit ein überaus nützliches und hilfreiches Buch.

Bewertung vom 01.11.2020
Wonderlands

Wonderlands


ausgezeichnet

Dieses Buch liebte ich von der ersten Seite an! Die vorgestellten „fantastischen Welten“ reichen von alten Mythen wie „Beowulf“ über Klassiker der Fantasy und Science-Fiction bis hin zu moderneren Werken wie „Die Tribute von Panem“ oder „1Q84“. Viele mir bekannte Schriftsteller sind in den insgesamt 100 Vorstellungen vertreten, aber auch viele mir völlig unbekannte. Auch die geographische Spannbreite ist fantastisch, auch wenn leider die westliche Literatur dominiert.
Die Vorstellungen sind in einem ansprechenden Schreibstil verfasst. Sie bieten eine große Fülle an Informationen und lesen sich dennoch angenehm und fesselten mich. Oft wird kurz die jeweilige Geschichte skizziert und dennoch wird nicht zuviel verraten. Die Hintergrundinformationen und Interpretationsansätze sorgen dafür, dass auch die Kapitel über Geschichten, die ich bereits kannte, spannend blieben.
Ich weiß, bei Büchern kommt es auf den Inhalt an, aber bei diesem möchte ich auch gerne die Gestaltung lobend herausstellen. Zunächst verzauberte mich die reiche und auch abwechslungsreiche Bebilderung – von Fotografien alter Schriften oder Gemälde mit vielen faszinierenden Details über Original-Illustrationen verschiedener Ausgaben der vorgestellten Werke bis hin zu Fotografien der Autoren und Bildern von Verfilmungen ... Hinzu kommt eine hochwertige und erstaunlich robuste Konstruktion, sodass das Buch bei mir schon mehrere Ausflüge mit meinem Katerchen in seinen geliebten Innenhof überstanden hat, obwohl mir das Katerchen nie genügend Zeit gibt, mein Lesematerial sicher zu verstauen und auch die Witterung zurzeit nicht die Beste ist.
Wenn das Buch einen Nachteil hat, dann sicher den, dass es den Leser zwar mit Informationen bereichert, gleichzeitig aber Begehrlichkeiten weckt und meine Liste der Bücher, die ich unbedingt einmal lesen oder noch einmal lesen möchte, wuchs und wuchs … Ein schönes Lesevergnügen für Freunde wundersamer Bücherwelten!

Bewertung vom 25.10.2020
Ostfriesische Mission / Rupert undercover Bd.1
Wolf, Klaus-Peter

Ostfriesische Mission / Rupert undercover Bd.1


ausgezeichnet

Wer schon einmal einen Band aus der ostfriesischen Krimireihe von Klaus-Peter Wolf gelesen hat, kennt Rupert als einen etwas speziellen, eigentlich total unmöglichen Charakter mit Macho-Sprüchen. Man gewinnt ihn frühestens auf den zweiten Blick, dafür dann aber erstaunlicherweise umso mehr lieb, sorgt er doch immer wieder für einen Lacher. Meine Vorfreude auf dieses Buch, dessen vordere Innenklappe mit Ruperts Sprüchen gestaltet ist und in dem er zum ersten Mal die Hauptrolle einnimmt, war entsprechend groß und ich wurde nicht enttäuscht – hinreißend komisch, wendungsreich und, vor allem zum Schluss hin, hochspannend!
Ein bisschen unglaubwürdig ist es allerdings schon, dass Rupert seine Undercover-Mission länger als eine Buchseite überlebt – soll er doch ohne jegliche Vorbereitung in die Rolle des Gangsterboss-Sohnes Frederico, eines intellektuellen Kunstkenners, Weinliebhabers und Vegetariers, drei Rupert völlig wesensfremde Welten, schlüpfen und sich mit hochgefährlichen Verbrechern unterhalten, von denen er nicht weiß, wie gut sie den echten Frederico kennen und wodurch er sich verraten könnte … Aber das fand ich nicht so wichtig, denn mir machten die Erzählung und die Schilderung von Ruperts unglaublichen Abenteuern einfach ganz viel Spaß. Schon der Kontrast zwischen dem so herrlich politisch unkorrekten Rupert und dem feingeistigen Frederico sorgt für Erheiterung. Und Rupert, der mit immer wieder neuen gefährlichen Situationen konfrontiert wird, kann in diesem Roman beweisen, dass er durchaus Heldenqualitäten hat …
Von den ersten Seiten an schwebt über dem Ermittlerteam neben der Sorge um Rupert und seine gefährliche Mission jedoch noch eine weitere Bedrohung, die kein bisschen amüsant ist. Und im hinteren Teil wurde dieses Buch so spannend, dass ich es kaum aus der Hand legen konnte ...
Ich empfehle, parallel dazu „Mein Ostfriesland“, das Klaus-Peter Wolf zusammen mit dem Journalisten Holger Bloem zu den Handlungsorten aus Wolfs Kriminalromanen geschrieben hat, zu lesen. Darin findet man beispielsweise ein schönes Foto vom Café Pudding und den Seehund-Statuen, die in „Rupert undercover“ erwähnt werden, Informationen über einige erwähnte Personen, die es auch im echten Leben gibt, und sogar ein Rezept für die erwähnte Ostfriesentorte.