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Giselas Lesehimmel
Wohnort: 
Landshut
Über mich: 
Bücher sind die schönste Unterhaltung

Bewertungen

Insgesamt 734 Bewertungen
Bewertung vom 22.03.2024
Yellowface
Kuang, R. F.

Yellowface


sehr gut

Meine Meinung:

Dieses Buch wurde ja von Anfang an sehr gehypt. Gefühlte 1000 mal ist es mir alleine schon auf Instagram begegnet. Bei mir war es der Klappentext, der mich zum Kauf überreden konnte. Eine berühmte Autorin stirbt. Ihr Autorenfreundin schnappt sich daraufhin ihr Manuskript, bearbeitet es und veröffentlicht es als ihr *eigenes* Buch. Kann das gutgehen, habe ich mich gefragt. Nein, habe ich mir gesagt. Sonst wäre doch das Buch, lange vom Erscheinungsdatum, nicht so ein Bestseller geworden. Ist denn der Hype gerechtfertigt, habe ich mich gefragt. Nein, habe ich mir gesagt. Es handelt sich hier um ein gutes Buch. Jedoch bei weitem nicht besser als manch anderes Buch, das ich gelesen habe. Bis auf das Ende gefiel es mir gut. Ich wollte einen größeren Knall!

Bei der Diebin handelt es sich um die erfolglose Autorin June Hayward. Geklaut hat sie das Manuskript von der qualvoll verstorbenen Athena Liu. Die erfolgreiche Halbchinesin wollte mit June einen schönen Abend verbringen.
Ich konnte die Kaltblütigkeit von June manchmal nicht mehr ertragen. Im Affekt stehlen! Soso. Athena und June galten in der Öffentlichkeit als beste Freundinnen. Was ich jedoch gelesen habe, erzählt etwas Anderes.
Die weiße Frau June wird jedoch schon bald von der Öffentlichkeit zerissen. Dies in einer Sprache, die Instagram und Co leider oftmals gerecht wird. Besonders auf Twitter bricht ein Shitstorm gegen sie aus, der jeden Menschen mit einem Hauch Gewissen zu einem verheulten Geständnis bringen würde. June nicht. Die verlogene Möchtegernautorin bringt zwar aus eigenem Antrieb keine passable Geschichte zustande, aber windet sich wie ein Aal aus den Beschuldigungen. Der Verlag spielt mit. Das ganze Theater sorgt für gigantische Verkaufszahlen.

Angeblicher Rassismus wird dem Buch der Verstorbenen Athena Liu Juniper Song ( Künstlername) vorgeworfen. Als kleines Zuckerle wird am Fließband gegendert: Autor*in.

Nach anfänglicher Beliebtheit bekommt June viel Zeit zum Nachdenken. Einladungen zu Lesungen usw bleiben aus. Ihre Nerven sind zum Zerreißen gespannt. Sie weint viel. Hat Angst; aber nicht so viel, dass es für ein Geständnis reichen würde. Mensch Mädel. Das kann doch nicht gut gehen, hab ich mir gesagt.

Fazit:

Ich habe diese Geschichte sehr gerne gelesen. Viel über die Literaturszene erfahren. Einen Blick in die Verlagswelt werfen dürfen. Mobbing im Internet miterlebt. Das meiste davon wusste ich schon. Hab ich mir doch selbst schon mal beim großen A ein Plagiat heruntergeladen, welches dann, nebst Autorin, auf einmal im Nirwana verschwunden ist. Ist so was richtig, habe ich mich gefragt. Nein, hab ich mir gesagt.

Eine Empfehlung von mir für Yellowface. Das Buch konnte mich von Anfang an mitnehmen. Okay, manchmal wurde ich richtig sauer. Aber bringt ja nichts, hab ich mir gesagt.

Danke Rebecca F. Kuang

Bewertung vom 20.03.2024
Lügen, die wir uns erzählen
Freytag, Anne

Lügen, die wir uns erzählen


ausgezeichnet

Meine Meinung:

Mitten aus dem Leben

Anne Freytag konnte mich schon immer mit ihren Worten abholen. So auch in dieser Familiengeschichte. Die Geschichte wird überwiegend aus der Sicht von der Autorin Helene erzählt. Im späteren Verlauf meldet sich ihre Tochter Anna zu Wort.

Helene und ihr Mann Georg leben schon seit Jahren nebeneinander her. Der Anwalt und die Krimiautorin geben in der Öffentlichkeit das perfekte Paar. Irgendwann waren sie das auch mal. Helene war nach zwei Fehlgeburten einfach nicht mehr die Gleiche. Liebe mit ihrem Mann artete zum Pflichtprogramm aus.

Anderswo starben Kinder an Hunger. In mir starben sie, bevor sie geboren wurden. (Zitat aus dem Buch)

Dazu noch die Erinnerung an ihre große Liebe Alex. Als Studentin in einer WG in Frankreich, hatte sie mit ihm eine sehr intensive Zeit erlebt.

In einer wunderschönen Sprache erzählt Anne Freytag von einem Ehepaar, das kein Ventil findet, um Emotionen heraus zu lassen. Beide hatten keine Eltern, von denen sie richtig angenommen wurden. Der große Kinderwunsch hatte sich zwar erfüllt, aber die Ehe blieb problematisch. Georg kann einfach nicht mit seinem Sohn umgehen. Seine Tochter ist sein ein und alles. Bei Helene ist es genau umgekehrt. Sie hat ein sehr gutes Verhältnis zu ihrem Sohn. Die Tochter entgleitet ihr immer mehr.

Eigentlich haben Helene und Georg alles was man zum glücklich sein braucht. Ein schönes Haus, zwei wohlgeratene Kinder und tolle Berufe. Helene merkt erst, als Georg sie für eine andere Frau verlässt, wie gerne sie ihn eigentlich noch hat. Der Schmerz, wenn sie ihn mit der anderen Frau sieht, ist gewaltig. Dabei hatte sie doch eigentlich mit dem Gedanken gespielt, ihn zu verlassen. Immer wieder an Alex gedacht ...

Ich hatte wirklich das Gefühl, Helene auf ihrem steinigen Weg zu begleiten. Wie sie mit der Trennung umgegangen ist, fand ich genial. Obwohl ich erst dachte, warum macht sie denn jetzt dies oder das. Was dabei heraus gekommen ist, hätte ich so nicht vermutet. Vor allem hatte es eine reinigende Wirkung für die gesamte Familie. Ich fand alle Personen total okay. Als ein Ventil gefunden wurde, sämtliche Emotionen zum Vorschein kamen, hatte auch ich feuchte Augen. Anne Freytag hat so viele Gefühle in die Geschichte gepackt. Wunderbare Zitate haben das Emotionale noch zusätzlich unterstrichen. Das alles gelingt der Autorin, ohne kitschig zu werden. Alles könnte wirklich so passiert sein.

Fazit:

Eine Familiengeschichte die zeigt, was ein liebloses Elternhaus anrichten kann, hat mir zwei spannende Nachmittage beschert. Die Personen kommen absolut authentisch daher. Ob mir das Ende gefallen hat? Ja! Ich mag Enden, die mich überraschen können.

Danke Anne Freytag. Ich habe jedes Wort genossen.

Bewertung vom 17.03.2024
Mein Name ist Estela
Trabucco Zerán, Alia

Mein Name ist Estela


ausgezeichnet

Meine Meinung:
Hallo? Ist hier jemand?

Da ist eine Frau, die auf mich Anfangs wie ein Mädchen gewirkt hat. Ihr Name ist Estela. Sie verlässt ihr heißgeliebte Mutter, um bei einer reichen Familie als Hausmädchen zu arbeiten. Die Senora bekommt ein ein Kind. Als Baby ist das kleine Mädchen glücklich. Estela kümmert sich um es und entwickelt eine Liebe zu der Kleinen, die von der Mutter nicht gerne gesehen wird. Wie der Klappentext schon verrät, stirbt das Mädchen im späteren Verlauf.
Wir erfahren die Geschichte aus der Sicht von Estela. Bei einem Verhör erzählt sie ausschweifend, was sie in den sieben Jahren bei der Familie erlebt hat. Endlich kann sie ihre Stimme gebrauchen. Bei ihrer Arbeit erhielt sie nur Anweisungen. Denn Menschen Estela hat keiner wahrgenommen.

Ich weiß gar nicht, wann mich das letzte Mal eine Protagonistin in einem Roman so berührt hat. Die Klassenunterschiede sind sehr deutlich zu erkennen. Estela vereinsamt mitten in einer Familie. Den Esstisch deckt sie stets für drei Personen. Sie muss alleine in der Küche essen. Ihre Schlafstatt befindet sich direkt neben der Küche. Getrennt mit einer Schiebetür aus Milchglas. Somit ist noch nicht mal ein kleines bisschen Privatsphäre gegeben.
Um das Mädchen kümmert sie sich sehr liebevoll. Estela muss mit ansehen, wie der Senor und die Senora aus dem glücklichen Baby ein unglückliches Kind machen. Es zu Höchstleistungen anspornen und dafür sorgen, dass ihr Kind stets der normalen Entwicklung voraus ist.

Ihr Verhör gleicht einem inneren Monolog. Auf eine Antwort wartet man vergeblich. Estela erzählt sehr ausschweifend, da man zu einem gerechten Urteil alles wissen muss. Der Schreibstil ist so detailliert, dass ich die Hitze Santiagos auf meiner Haut spüren konnte. Die viele Hausarbeit und die mangelnde Konversation mit Menschen, machen aus der einst glücklichen Estela eine tieftraurige Frau. Das haben Estela und das Kind gemeinsam. Für Estela ist das Kind ein Blick in den Spiegel.

Schritt für Schritt kommt man der Katastrophe näher. Es gibt so viele Situationen, die mich fassungslos machten. Wunderbare Zitate erhöhen den Lesegenuss.
Das Mädchen beisst sich seine Finger stets blutig. Zitat aus dem Buch:
Zum Nägel kauen muss man die Hände frei haben
Nicht mal dafür hätte Estela Zeit gehabt.
Das Ende ging mir durch Mark und Bein: Hallo? Hört ihr mich? Ist da wer?
Estela, ich habe dir zugehört. Mit mir auch viele Andere.

Fazit:

Von mir eine absolute Empfehlung, für dieses außergewöhnlich gute Buch.
Ein großes Dankeschön Alia Trabucco Zerán

Bewertung vom 16.03.2024
Nackt war ich am schönsten
Peters, Veronika

Nackt war ich am schönsten


gut

Meine Meinung

Nicht schlecht, aber mit Luft nach oben.

Der Titel und das Cover sind eine Sünde wert. Der Inhalt ist auch nicht zu verachten, jedoch mit ein paar Kritikpunkten.

Antonia kehrt nach 20 Jahren in ihre Heimat zurück. Irgendwie hat sich in dem Haus ihrer verstorbenen Oma und Mutter nichts geändert. Anderseits fehlt dem Haus ohne Oma die Seele. In dem kleinen oberhessischen Dorf begegnet man ihr nach so vielen Jahren erstmal mit etwas Abstand. Toni möchte schnellstmöglichst das Haus loswerden und wieder zurück in die Bretagne. Dort hat sie einen Ehemann und verdient ihr Geld als Restaurateurin. Alte beschädigte Dinge restaurieren ist ihre Passion.

Zu ihrer alkoholkranken Mutter hatte sie die letzten 20 Jahre keinen Kontakt mehr. Wohnte auch ihrer Beerdigung nicht bei. Die eigentliche Mutter war ihre Oma. Die Mutter war stets in der Scheune beim Malen oder trinken. Hat Toni nie richtig wahrgenommen. Eigentlich wäre Toni richtig einsam in dem alten Fachwerkhaus, wäre da nicht die verstorbene Baroness Elsa von Freytag-Loringhoven. (geb. 1874 - + 1927) Die Dame mit dem eigenwilligen Mode und Schmuckgeschmack, steht der etwas ratlosen Toni mit Rat und Tat zur Seite.

Ich habe diese Geschichte wirklich sehr gerne gelesen. Aber irgendwie erschließt sich mir nicht, warum den Geist der Baroness wirklich jeder sehen konnte. Die Idee mit der Toten fand ich richtig gut. Warum soll nicht eine längst verstorbene Baronesse als Ratgebertante agieren? Aber als Tote eine Art Berühmtheit im Dorf zu sein, war mir dann doch zu weit hergeholt. Ferner störten mich die häufig eingestreuten französischen Wörter und Sätze. In gesunden Maßen hätten sie Elsas Vergangenheit in Paris unterstrichen. So hatte ich das Gefühl, ich werde damit erschlagen. Elsa war einst eine Dada-Künstlerin. Ihre Art zu sprechen ist so speziell, wie ihre Bilder. Den einen oder anderen Satz musste ich zweimal lesen, damit sich mir der Sinn erschloss. Verstand ich Anfangs nicht, warum Toni keine Fragen über ihre Mutter stellte, so konnte ich ihr Verhalten im späteren Verlauf verstehen. Möchte sogar behaupten, ich hätte stellenweise genauso gehandelt.

Was mir besonders gut gefallen hat, wie Elsa per Gemälde Toni ihre verstorbene Mutter näher gebracht hatte. Toni fand ich eigentlich ganz okay. Jedoch verstand ich ihre Passivität in verschiedenen Dingen nicht.

Trotz der Kritikpunkte habe ich mich immer aufs Weiterlesen gefreut. Das dürfte der unkonventionellen Baronesse geschuldet sein. Widersprüchlich und doch irgendwie total charmant. Eine alte tote Frau, mit der Körperhaut eines jungen Mädchens. Nackt war sie wirklich am schönsten! Den Sinn, den die Baronesse in der Geschichte hatte, fand ich richtig raffiniert dargestellt.

Fazit:
Nicht alles in der Geschichte konnte mich überzeugen. Ich kann das Buch jedem empfehlen, der bereit ist ein paar Abstriche (aus meiner Sicht)zu machen.

Danke Veronika Peters.

Bewertung vom 10.03.2024
Marschlande (eBook, ePUB)
Kubsova, Jarka

Marschlande (eBook, ePUB)


sehr gut

Meine Meinung:

Spannend und tragisch

Die Geschichte spielt in zwei Zeitebenen. Einmal 1580, in der Abelke Bleken alleine einen Hof in den Marschlanden führt.

Einmal in der Gegenwart, in der Britta Stoever um ein selbstbestimmtes Leben kämpft. Obwohl durch Jahrhunderte voneinander getrennt, verspürt Britta eine starke Verbundenheit zu Abelke. Die Geografin recherchiert über Abelkes Leben und wird immer tiefer in deren Sog gezogen.

Mir hat besonders der Part in der Vergangenheit gefallen. Im Nachwort erklärt die Autorin, wie wenig ernsthafe Beachtung der Hexenverbrennung lange Zeit entgegengebracht wurde. Mir gingen daraufhin Hexenfeste durch den Kopf, die regelmäßig gefeiert werden. Kostümiert als Hexen, tanzen Frauen um ein Lagerfeuer. Die Besucher gönnen sich Bratwürste, Bier und andere Leckereien. Jetzt, wo ich dieses Buch gelesen habe, empfinde ich derlei Feste als reinen Spott.

Frauen wie Abelke wurden aufgrund von Lügen bei lebendigen Leib verbrannt. Abelke hatte alles getan, um nach einem Dammbruch ihr Land zu retten. Jedoch wurde ihr Hilfe, die ihr zugestanden hätte, nicht zuteil. Albeke ging mir sehr nahe. Ihr Scheitern mitzuerleben hat mich sehr bedrückt.

Die Gegenwart konnte mich nicht komplett überzeugen. Brittas Ehe scheitert und sie muss ihr Leben neu sortieren. Da hätte ich mir etwas mehr Tiefe gewünscht. Brittas Ehemann blieb mir zu blass. Von ihrem Sohn Ben habe ich auch kein klares Bild vor Augen. Der Tochter Mascha wurde mehr Aufmerksamkeit geschenkt. Das junge Mädchen mit ihren Problemen, hatte ich genau vor Augen. Bei Britta selbst bin ich mir nicht sich ganz sicher, ob ich ich sie mag. Bei Albeke spürte ich viel mehr Emotionen.

Eins haben beide Erzählstränge gemeinsam. Zwei Frauen müssen unter der Dominanz von Männern leiden. Sich behaupten um ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Von Albeke weiß man ja, dass es ihr nicht gelungen ist. Das Ende in der Gegenwart lässt genügend Raum für eigene Gedankengänge. Die Naturbeschreibungen haben mir sehr gut gefallen. Ich hatte das Gefühl durch Marschland zu spazieren. Weiß nun, was es mit dem Spruch *es regnet Frösche* auf sich hat. Nach anfänglichen Schwierigkeiten kann sich Britta für die raue und stellenweise karge Landschaft erwärmen. Vor allem die Nachforschungen um Albeke bieten ihrem Leben eine willkommene Abwechslung.

Fazit:
Eine spannende Geschichte um Hexenverbrennung und die Natur in Marschlande. Der Schreibstil liest sich wie Butter. Einzig der Part in der Gegenwart gefiel mir nicht komplett. Da hätte ich mir mehr Tiefe gewünscht.

Trotz dem einen Kritikpunkt habe ich diese spannende und traurige Geschichte sehr gerne gelesen.

Von mir eine Empfehlung. Danke Jarka Kubsova

Bewertung vom 09.03.2024
Der Donnerstagsmordclub oder Ein Teufel stirbt immer zuletzt / Die Mordclub-Serie Bd.4
Osman, Richard

Der Donnerstagsmordclub oder Ein Teufel stirbt immer zuletzt / Die Mordclub-Serie Bd.4


ausgezeichnet

Meine Meinung:

Herzlich und humorvoll

Ein Jahr ohne Mord? Da macht sich das einzigartige Quartett selbst was vor. Wäre doch viel zu langweilig für die quirlige Gruppe. Es weihnachtet sehr und die Geschenke im Donnerstagsmordclub sind nicht halb so ausgefallen, wie die Mordermittlungen der Senioren. Ein guter Freund von Elisabeths Ehepartner Stephen wird ermordet. Wie war das gleich wieder mit dem Wunsch nach Ruhe? Ohne Mord und Verbrecherjagd geht es doch wohl kaum, wenn ein guter Freund von Elisabeths Herzensmensch durch Fremdeinwirkung das Zeitliche segnet. Und das alles nur wegen einem hässlichen antiken Behältnis, (wahrscheinlich sogar eine Fälschung,) mit einem Beutelchen Heroin gefüllt.

Für mich war die Geschichte wie heimkommen. Die herzlichen alten Leutchen und ihre Dialoge sind einfach zu köstlich. Neben originellen Verbrecherermittlungen geht es dieses Mal auch ziemlich traurig zu. Ich habe tatsächlich feuchte Augen bekommen. Ein ernstes Thema, welches jeden von uns auf die eine oder andere Weise irgendwann betreffen könnte.

Die Art und Weise, wie die berüchtigten Vier mit Verbrechern und Mördern verhandeln, lässt die Lachmuskeln auf Hochtouren arbeiten. Auch sämtliche Nebencharaktere fügen sich harmonisch in die Geschichte ein. Besonders Mördern mit einer sozialen Ader nimmt man ihre Verbrechern irgendwie nicht krumm. Warum auch! Sie wollen doch alle nur das Gleiche. Viel viel Geld! Besonders bei den gemeinsamen Mittagessen, (mal mit, mal ohne Verbrecher,) habe ich den großen Wunsch verspürt, ein Teil des Donnerstagsmordclub zu sein. Ob ich ein Android oder IPhone habe? Puh, es steckt auf alle Fälle in einer blauen Hülle. Joyces Handy steckt in einer gelben Hülle. Ganz ehrlich, wie soll man da wissen was für eins?
Überhaupt trumpft Joyces jetzt ganz schön auf. Nimmt das Zepter in die Hand, weil Elisabeth aus persönlichen Gründen nicht mehr voll einsetzbar für Verbrecherjagden ist. Eine wirklich gute Stellvertreterin, die Joyce. Auch Ron und Ibrahim laufen wieder zu Hochtouren auf. Ibrahim verrät uns ein ganz intimes Geheimnis. Genug geplaudert
Lest das Buch. Ihr werdet es nicht bereuen.

Fazit:

Ich bin wieder daheim. Ich habe Coopers Chase nicht gerne verlassen. Aber, ohne momentanen Mordfall dort zu verweilen, würde mich das nicht verdächtig machen?
Von mir eine absolute Empfehlung für diesen Cosy Crime mit ganz viel Herz und Humor.
Ein großes Dankeschön an Richard Osman. Ich habe auch sehr gerne das Nachwort gelesen. Ich freue mich auf Band 5!

Bewertung vom 01.03.2024
Schwestern in einem anderen Leben
Wünsche, Christiane

Schwestern in einem anderen Leben


ausgezeichnet

Meine Meinung:
Familie ist da, wo man sich angenommen und geliebt fühlt.
Was für eine Geschichte! Zwischen totalem Unverständnis bis zu großer Traurigkeit war gefühlsmäßig alles für mich dabei. Ich konnte stellenweise das Handeln der Hauptprotagonistin Rebecca nicht nachvollziehen. Bei Nacht und Nebel verlässt sie ihre Familie. Die Geschichte spielt in den 70er Jahren bis in die Gegenwart. Der christliche Glaube und die ländliche Gegend in Niederbroich haben in meinen Augen das ganze Drama verursacht. Die Wahrheit durfte nicht offen ausgesprochen werden. Eine fünfköpfige Familie ist an einer großen Lüge zerbrochen. Der Grund dafür ist heutzutage in Deutschland gar nicht mehr vorstellbar.

In den 70ern erlebt man die Flower Power Zeit. Die RAF treibt ihr Unwesen. Einige Anhänger müssen untertauchen. Zwischen all diesen Geschehnissen versucht das junge Mädchen ihr Leben in den Griff zu bekommen. Sie interessiert sich nicht für Politik. Sie hat andere Probleme, denen sie sich nach vielen Jahren als betagte Frau stellen muss.

Beim Lesen hat sich bei mir das Gefühlskarussell gedreht. Ein Krimi könnte nicht spannender sein. Emotionale Szenen sind dermaßen gut transportiert, dass die Verzweiflung der Familie zur eigenen wird. Ich bin nicht ohne Taschentücher ausgekommen.

So viele Gewissensbisse begleiten Rebecca auf ihrem Weg. Wie viele davon letztendlich eine Berechtigung hatten, war für mich das Emotionalste an der Geschichte. Wobei klar erkennbar wird, dass viele Dinge zum Vorschein gekommen wären, auch ohne das tragische Verschwinden des jungen Mädchens. Ein großer Irrtum lässt die Familie endgültig zerbrechen. Es ist total interessant, wie verschieden Rebeccas Schwestern Ruth und Miriam mit der Situation umgehen.

Fazit:
Der unnachahmliche Schreibstil der Autorin hat aus diesem Buch ein besonderes Erlebnis gemacht. Angelehnt an wahren Begebenheiten verfügt das Familiendrama über unheimlich viel Spannung.Wie Rebecca immer wieder Menschen gefunden hat, die ihr die Familie ersetzt haben, war sehr berührend. Sie ist eine Kämpfernatur, deren Weg ich gerne begleitet habe. Von mir eine absolute Empfehlung. Danke Christiane Wünsche. Ich habe jedes einzelne Wort genossen.

Bewertung vom 25.02.2024
König von Albanien
Izquierdo, Andreas

König von Albanien


ausgezeichnet

Meine Meinung:
Dieses Buch sollte verfilmt werden
Schelmenroman ist die absolut richtige Bezeichnung für diese unterhaltsame Geschichte. Otto Witte ist wirklich ein Unikat. Ein Zauberer und Geschichtenerzähler vor dem Herrn. Mit seinem besten Freund dem Schwertschlucker Max erlebt er allerhand Abenteuer. Von Anfang an wurde ich in die Geschichte hineingezogen. Wollte wissen, wie der König 👑 von Albanien in eine Heilungsanstalt für Schwachsinnige gerät. Nun, ganz einfach. Indem der Titel erstunken und erlogen ist.

Die Salzburger Irrenanstalt hat der Geschichte eine besonders feine Note verpasst. Neben dem tragischen Umgang mit den Patienten, kommt man auch dort in den Genuss des falschen Königs. Ob als Regent oder Bewohner einer Irrenanstalt. Otto weiß jeden zu unterhalten. Dem jungen Assistenzarzt Schilchegger vermag er sogar neue Wege in der Medizin aufzuzeigen. Das mit solcher Raffinesse, dass es der angehende Arzt nicht gleich bemerkt. Vielmehr wächst seine Hochachtung zum falschen König gemächlich. Otto erzählt ihm seine Geschichte.

Dann gibt es da noch die Comtesse Fanny. Sie lernt Otto in Konstantinopel kennen. Durch einen klugen Schachzug, seitens Otto, gewinnt er das Herz der jungen schönen Frau. Selbst mit allen Wassern gewaschen, durchschaut die junge schöne Frau Otto sehr schnell. Ihre Wege sollen sich im späteren Verlauf noch einmal kreuzen.

Albanien sucht einen König. Otto hat von Politik keine Ahnung. Noch nicht einmal Interesse. Aber seine große Ähnlichkeit mit einem türkischen Prinzen bringt ihn auf die fatale Idee, selbst König von Albanien zu werden. Der Weg nach Albanien mutet abenteuerlich an. Elegant meistert Otto mit seinem Freund Max alle Hürden. Sein Einfallsreichtum kennt keine Grenzen.

Ich hatte die meiste Zeit ein Dauergrinsen im Gesicht. Konnte nicht umhin mich zu fragen, ob so ein Betrug auch heute noch funktionieren könnte. Das war es, was mich an der Geschichte so fasziniert hat. Ein Zauberer, der des Lesens und Schreibens nicht mächtig ist, wird König. Regiert ein Volk und soll das osmanische Reich retten. Sind seine Schachzüge wirklich von Intelligenz geprägt? Das ist die Frage. Um Antworten zu bekommen habe ich für ein paar Nachmittage eine abenteuerliche Reise erlebt.

Fazit:
Der bildhafte Schreibstil hat mir Orte und Personen klar vor Augen geführt. Geschichliche Fakten und Fiktion wurden harmonisch in das Geschehen integriert. Mir war wirklich keine Sekunde langweilig. Ob mir das Ende gefallen hat? Es war stellenweise anders als ich es erwartet habe. Ich hatte nicht nur Lachtränen vergossen. Es gibt zwei sehr emotionale Szenen. Von mir eine absolute Empfehlung.

Danke Andreas Izquierdo. Das war das zweite Buch, das ich von Ihnen gelesen habe. Mit Sicherheit nicht das Letzte.

Bewertung vom 21.02.2024
Gruß aus der Küche (eBook, ePUB)
Noll, Ingrid

Gruß aus der Küche (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Meine Meinung: (Gisela)

Ingrid Noll serviert dieses mal keinen Mord

Der Name Ingrid Noll ist eigentlich ein Garant für außergewöhnliche Krimis. Der Gruß aus der Küche ist jedoch keinesfalls tödlich. Vielmehr hat hier das Gemüse Aubergine seinen großen Auftritt. Mit dem leckeren Gemüse auch das Personal des vegetarischen Restaurants *Aubergine*! Irma ist die Inhaberin des Restaurants. Sie ist eine sehr kleine, mollige Frau mit einem riesengroßen Herzen. Ihr bestes Pferd im Stall ist Josch. Der Manager bedient und bringt sich auch ansonsten überall im Lokal ein. Irmas beste Freundin Nicole aus Schultagen bringt sich auch wunderbar in das Lokal ein. Was Männer betrifft ist sie ziemlich naiv. Aber sie mag Männer halt einfach zu gerne. Das Wort Verschwiegenheit hat eine Bedeutung, die Nicole irgendwie nicht geläufig erscheint. Lucy ist ein 17jähriges Mädchen, das für den Moment noch keine Vorstellungen hat, was sie aus ihrem Leben machen möchte. Die großherzige Irma lässt sie schwarz bei sich arbeiten. Das junge Mädchen, mit dem sonnigen Gemüt, passt gut in die Gemeinschaft. Dann gibt es noch den Gemüsemann. Ein alter Mann, der überglücklich ist, Gemüse schnippeln zu dürfen. Der schwerhörig und etwas senil rüberkommt.

Diese Geschichte kommt sehr humorvoll daher. Besonders die Vegetarier Witze, über die sogar Irma lachen konnte. Garniert mit einer Prise Denglisch. Bis auf ein paar Aushilfen durfte ich alle Personen genau kennenlernen. Eine kleine, zusammen gewürfelte Familie macht den Alltag in der Küche zu etwas besonderen. Die liebenswerten Menschen und ihre köstlichen Dialoge haben mir ein Dauergrinsen ins Gesicht gezaubert. Wie in jeder Familie gibt es auch mal ordentlich Streit. Was Irma überhaupt nicht vertragen kann, wenn jemand über den alten Gemüsemann lästert. Er kann es zwar nicht hören, dennoch verteidigt ihn die resolute kleine Frau. Neben der Arbeit im Lokal bekommt die Leserschaft auch Geheimnisse und Intrigen serviert. Hauptsächlich spielt die Geschichte in der Küche und im Gastraum. Eifersucht und Rache sind die besonderen Gewürze in der Handlung.

Fazit:
Dieses Buch hat meinen Geschmack genau getroffen. Der Schreibstil liest sich wie Butter. Das Setting spiegelt das vegetarische Lokal wider. Einst war es *Das Gasthaus zum Hirschen* mit jeder Menge Fleischgerichten. Gerne würde ich dort mal einkehren und von Irmas Kreationen kosten. Die authentischen Protas sind mir alle ans Herz gewachsen. Besonders der alte Gemüsemann konnte mich berühren und letztendlich überraschen. Am Ende habe ich doch tatsächlich ein paar Tränen vergossen.

Danke Ingrid Noll. Ein paar Rezepte im Anhang wären toll gewesen.

Bewertung vom 21.02.2024
Eine halbe Ewigkeit
Kürthy, Ildikó von

Eine halbe Ewigkeit


ausgezeichnet

Meine Meinung:
Ein wundervolles Wiedersehen mit jeder Menge Lebensfragen.
*Mondscheintarif* ist ein pfiffiger Roman, den ich vor knapp 25 Jahren gelesen habe. Die Geschichte um Cora Hübsch konnte mich gut unterhalten. Noch besser gefällt mir der Film dazu. Mit *Eine halbe Ewigkeit* erleben wir die 54 3/4 alte Cora.

Genuss pur war es für mich, die Fortsetzung zu lesen. Cora hat sich sehr- und wiederum nicht verändert. Auch als Fieftie ist sie noch eine zerrissene Persönlichkeit. Hat mit Unsicherheiten zu kämpfen. Ihren Fokus hat sie total auf ihre drei Kinder gerichtet. Zwei Söhne und eine Tochter. Der jüngste Sohn wird von ihrem Mann nach England gebracht. Alle drei Kinder sind nun ausgezogen. Cora mistet alte Dinge aus und stoßt beim hoffnungslos überfüllten Papiercontainer auf ihr Tagebuch *Mondscheintarif*! Schwelgt in Erinnerungen. Ach, wie war sie damals glücklich. Was ist aus Ihrer großen Liebe geworden? Ob der Arzt Daniel noch manchmal an sie denkt? Wäre sie mit ihm glücklicher geworden? Cora fühlt sich ohne ihre Kinder leer. Niemand mehr da, den sie umsorgen kann. Ihre Ehe ist schon lange nur noch Gewohnheit. Ihr Klamotten nicht mehr sexy. Praktisch und bequem ist angesagt. Die Körperwaage ist damals wie heute ihr größter Feind. Ihre heißgeliebten Vollbäder waren jahrelang ein Traum von gestern. Mit Kindern ist ein Bad kein Erholungsgebiet mehr. Vielmehr ein Tummelplatz mit Überschwemmungen. Als heulendes Elend am Papiercontainer hat sie eine Begegnung, die sie an die Ostsee führt. Dort soll sie bei einer Hochzeit fotografieren. Durch einen Zufall begegnet sie an der Ostsee nach 25 Jahren wieder Daniel.

Mir hat der Mix aus Humor und Ernsthaftigkeit sehr gut gefallen. Coras Gedanken sind erfrischend ehrlich. Ein Container ist nicht nur für Entsorgungen gut. Er beinhaltet viele Lebensgeschichten. In Coras Fall auch Begegnungen, die ihr Leben auf positive Weise aufpeppen. Sämtliche Protas wärmen einem das Herz. Ich durfte an der Ostsee Tränen lachen. Eine schwere Last aus Coras Vergangenheit hat mich total traurig gemacht. Ich konnte wirklich nicht fassen, was vor 25 Jahren passiert ist. Bleibt Cora bei ihrem Mann oder lebt sie nun da weiter, wo die Geschichte einst geendet hat. Wird sie mit Daniel endlich den Rest ihres Lebens glücklich verbringen, habe ich mich gefragt. Warum sie überhaupt mit ihm auseinander gegangen ist, war das große Rätsel in der Geschichte.

Cora hinterfragt ihr Leben, wie wohl fast alle Frauen in ihrem Alter. Ihre Kinder führen nun ihr eigenes Leben. Sie möchte auch noch einmal Kind sein und ihre Träume Wirklichkeit werden lassen.

Fazit:
Mit sehr viel Herzenswärme erzählt Cora Hübsch, was in den 25 Jahren nach dem Mondscheintarif in ihrem Leben passiert ist. Lässt uns an ihren Ängsten teilhaben. Zeigt uns die Vorteile des älter werdens. Als Leserin lässt man die eigenen letzten 25 Jahre Revue passieren. Es gibt viel zu lachen. Ich empfehle jedoch eine Packung Taschentücher bereit zu halten. Noch immer kann ich nicht fassen, was am Ende vom Mondscheintarif passiert ist. Und nun schaltet das Handy aus, stellt die Hausglocke ab und schmiert Euch ein Nutellabrot. Mit ein bisschen Butter darunter. Cora hat viel zu erzählen.

Danke Idikó von Kürthy. Über eine Verfilmung würde ich mich wahnsinnig freuen. Ich denke, auch alle anderen Fans dieser Geschichte.