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yellowdog

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Insgesamt 2029 Bewertungen
Bewertung vom 18.09.2021
Nichts als Gutes
Slupetzky, Stefan

Nichts als Gutes


sehr gut

Lauter Reden

Zuerst war ich ja skeptisch. Wie können Grabreden Literatur sein?
Aber schon mit der ersten Geschichte konnte der österreichische Schriftsteller Stefan Slupetzky mich überzeugen. Er macht natürlich Geschichten aus den Grabreden. Was da alles erzählt wird.
In der ersten Rede ist ausgerechnet ein Grabredner gestorben. Sein Kollege und Freund hält dann die Rede und es nimmt eine unerwartete Wende.

Wesentlich distanzierter zum Verstorbenen ist die zweite Rede, Mustermann.
Eher verehrend ist die Rede für einen Kommerzialrat.
Genial die Rede auf den ehemaligen Fußballer, der dann als Samenspender zum Schützenkönig wurde.
Zu meinen Lieblingsreden gehören die auf einen Schriftsteller und die von einem Autisten auf seine Tante, bei der er lebte.

Man merkt, die Geschichten sind doch unterschiedlicher als unerwartet, trotz gleichen Sujet. Aber fast immer ist eine nur manchmal verstecktem spöttische Ironie des Autors zu spüren. Zudem gibt er jeder Rede eine Einleitung. Das vereint die Geschichten dann wieder und macht sie zu einem Ganzen.

Bewertung vom 18.09.2021
Die tristen Tage von Coney Island
Crane, Stephen

Die tristen Tage von Coney Island


sehr gut

Der 1900 mit nur 28 Jahren verstorbene amerikanische Sxhriftsteller Stephen Crane verfügte über viel Ausdruck. Das beweist er in den Kurzgeschichten, die hier versammelt sind, z.B. schon bei der Titelgeschichte, die den Anfang macht oder bei Das Feuer. Da wird der Ausbruch eines Brandes beschrieben, überwiegend aus Sicht von Schaulustigen. Überhaupt haben mehrere Geschichten einen Reportagecharakter. Nicht selten ist etwas theatralisches an den Geschichten.Übertreibungen waren für Stephen Crane ein Mittel seiner Ironie.

Sehr gelungen ist auch das Nachwort von Wolfgang Hochbruck, der auch eine der Stories übersetzte.

Bewertung vom 17.09.2021
Vierunddreißigster September (eBook, ePUB)
Klüssendorf, Angelika

Vierunddreißigster September (eBook, ePUB)


gut

Ein Dorf im Osten

Der Roman Vierunddreißigster September ist relativ kurz, aber Angelika Klüssendorf Schaft es in Kürze eine dichte Atmosphäre aufzubauen, die ein Dorf im Osten nach der Wende zeigt, damit auch einen gewissen Stillstand.
Im Mittelpunkt steht zunächst ein älteres Paar, Walter und Hilde, die schon lange verheiratet sind.
Wie der Klappentext schon andeutet, wird der schwerkranke Walter von seiner Frau getötet. Das ist aber mehr nur ein Aufhänger durch einen rasch wechselnden Blick auf die Dorfbewohner deren Eigenheiten und Beziehungen zueinander zu erzählen. Dabei ist Walter sogar als Toter noch dabei.
Obwohl Angelika Klüssendorf in ihren frühen Romane Das Mädchen und April den Leser näher an die Hauptfigur kommen lässt, überzeugt Vierunddreißigster September stilistisch und wirkt kompakter als z.B. Juli Zehs Unterleuten.

Bewertung vom 17.09.2021
Lieben
Espedal, Tomas

Lieben


ausgezeichnet

Prosa wie Poesie

Der Roman ist überwiegend in der dritten Person erzählt, doch der Protagoinist heißt Ich. Ab und zu fällt der Text auch ins Du.
Es ist eine Methode, um eine gewisse Distanz aufrecht zu erhalten, gleichteitig wird es sehr intensiv.

Streckenweis liest es sich auch wie ein Essay, aber es ist sehr literarisch, also eine Mischung, die beim Leser etwas aufbrechen kann. Dafür muss man sicher etwas konzentrieren, aber es lohnt sich.

Es wird von alltäglichen Dingen erzählt, aber auch von Lieben und dem Verlust des Gefühls und sehr viel über den Tod. Dem Sterben drängt Ich hin, doch gleichzeitig liebt er das Leben und alles was damit zusammenhängt.

Der Norweger Tomas Espedal ist ein interessanter Schriftsteller.
Die Übersetzung von Lieben erfolgte durch Hinrich Schmidt-Henkel.

Bewertung vom 17.09.2021
Reise durch ein fremdes Land
Park, David

Reise durch ein fremdes Land


ausgezeichnet

Eine winterliche Reise zu den Erinnerungen

Der nordirische Schriftsteller David Park weiß, wie man Atmosphäre aufbaut.
Es wird ein winterlicher Roman, wie man ihn selten liest, obwohl es eigentlich viele Bücher mit winterlichen Setting gibt. Aber David Parks Text ist etwas besonderes.
Ein Mann fährt mit seinem Wagen durch die Winterlandschaft Großbritanniens. Es ist eine lange Fahrt auf vereisten Straßen. Tom will zu Weihnachten seinen Sohn Luke, der studiert, abholen. Dem Sohn geht es nicht gut, er hat Grippe, was seine Mutter sehr besorgt. Tom ist daher öfter mit seiner Familie am telefonieren.
Aber es gehen ihm auch viele Gedanken durch den Kopf. Dazu gehören auch düstere, wie die an seinen ältesten Sohn Daniel, mit dem es viele Probleme gab.

Durch diesen Mix an Erinnerungen, den Telefonaten und gegenwärtigen Ereignissen auf der Fahrt erschafft der Autor ein Gesamtbild der des emotionalen Zustands des Mannes. Das ist sehr geschickt gemacht und für mich wird gerade dadurch ein wirklich lesenswerter Roman.

Bewertung vom 15.09.2021
Blaue Frau (MP3-Download)
Strubel, Antje Rávik

Blaue Frau (MP3-Download)


sehr gut

Das Cover von Blaue Frau ist originellerweise rot und passt dennoch gut zum Buch, das auf der Longlist des Deutschen Buchpreis 2021 steht.
Ich habe mich für die Hörbuchversion entschieden, vor allen weil die Autorin Antje Rávik Strubel den Text selber einliest. So sorgfältig, wie sie schreibt spricht sie auch. Dabei ragen die Dialoge heraus, besonders die zwischen dem zeitweiligen Liebespaar Adina und Leonides.
Leonides neigt aber dazu, manchmal gestelzt zu sprechen. Adina ist eher zurückhaltend.
Es gibt zahlreiche detailreiche Beschreibungen.

Der komplexe Roman ist anspruchsvoll und mit 12 Stunden Laufzeit ist das Hörbuch streckenweise auch eine Herausforderung, auch wegen den vielen Rückblenden. Überwiegend hat es mir aber gut gefallen.

3 von 4 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 14.09.2021
Der Gesang der Berge
Que Mai, Nguyen, Phan

Der Gesang der Berge


ausgezeichnet

Guave und ihre Großmutter

Der Gesang der Berge ist ein wundervolles Buch, und ein schreckliches. Schrecklich weil es vom Krieg erzählt, den Ängsten und Verlusten.
Die Autorin arbeitet mit starken Bildern. Schon am Anfang ca. 1972 ist die erst 12jährige Erzählerin auf dem Rücken ihrer Großmutter auf der Flucht vor den Bomben der Amerikanern. Auch der Blick auf einen abgestürzten Piloten, der gefangen genommen wird, ist differenziert gehalten.
Das Mädchen Huong, liebevoll Guave genannt, erkennt, dass auch die Feinde Gefühle haben, besonders nachdem sie das Buch Unsere kleine Farm gelesen hat. Es wird auch von der Vergangenheit erzählt und die Zeitspanne bis Huong 16 Jahre alt ist.

Das Porträt der Großmutter ist stark. Sie und ihre Enkelin sind eng verbunden. Ihre Fürsorge für das Mädchen, dessen Eltern verschwunden sind, ist beschützend und sie ist eine Lehrerin. Als Intellektuelle hat sie vernünftige Ansichten und ist gegen Gewalt.
Aber auch nach dem Krieg wird das Leben in Vietnam nicht leicht.
Und immer intensiver forscht Huong dem Schicksal ihrer Eltern nach.

Sprachlich gefällt mir an dem Buch gut, dass es so viel Poesie hat, diese aber ungezwungen erscheint. Zweifellos ist der Roman von Nguyễn Phan Quế Mai gut durchgearbeitet. Hinzu kommt, dass der Roman durch Erlebnisse der Familie der Autorin inspiriert ist.

Bewertung vom 14.09.2021
Nacht wird es immer (eBook, ePUB)
Vlautin, Willy

Nacht wird es immer (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Willy Vlautins Sound

Willy Vlautin hat schon oft über das Leben und dem Alltag der einfachen Menschen, z.B. aus der Arbeiterschicht geschrieben. So macht er es auch hier und er geht ohne Pathos dabei vor.

Die 30jährige Lynette lebt mit ihrer Mutter zusammen, sie geht zum College und arbeitet und sie passt auf ihren geistig behinderten Bruder auf. Man kann sich gut vorstellen, wie zehrend das manchmal sein muss. Der Altrag ist anstrengend und manchmal trist.
Der Traum vom Kauf eines Hauses droht zu platzen und Lynette ist bereit, Risiken einzugehen, um das benötigte Geld aufzutrieben.
Als Leser folgt man ihren verzweifelten Weg in dieser Nacht und es werden auch ihre frühreren Erlebnisse erinnert.
Vlautin zeigt, wie es schwer es ist, von der Seite der Verlierer loszukommen und dass das Scheitern manchmal unvermeidlich ist. Dadurch ist Lynette für mich noch lange keine Looserin, aber sie hatte eine Menge Pech im Leben.
Der Roman ist sehr eindringlich, besonders in den starken Dialogen und hat ein genauso gutes Niveau wie Vlautins bisherigen Bücher.

Bewertung vom 13.09.2021
Althea Gibson - Gegen alle Widerstände. Die Geschichte einer vergessenen Heldin
Schoenfeld, Bruce

Althea Gibson - Gegen alle Widerstände. Die Geschichte einer vergessenen Heldin


sehr gut

Tennisspielerinnen der fünfziger Jahre

An diesem biografischen Sportbuch ist ungewöhnlich, das wahrscheinlich die wenigsten die 1927 geborene amerikanische Tennisspielerin Althea Gibson kennen.
Das Buch wird auch geprägt vom Prolog, den Althea Gibson gegen Ende ihres Lebens verarmt und verbittert war. Am Anfang ihrer Karriere musste sie sehr kämpfen, weil es Widerstände gegen schwarze Tennisspieler gab.
Ein wichtiger Aufhänger im Buch ist die Freundschaft zu ihrer Double-Partnerin Angela Buxton. Deren Leben war auch ziemlich aufregend und abwechslungsreich. Auch ein paar andere Tennisspielerinnen dieser Zeit werden erwähnt.
Eine gute Idee des Autors Bruce Schoenfeld, sich nicht nur auf eine Person zu konzentrieren.
Das Buch zeichnet sich außerdem durch das hochwertige Fotomaterial aus, das zwischen den Kapiteln zu bewundern ist.
Das Buch vermittelt das Bild einer erfolgreichen und selbstbewussten Sportlerin!

Bewertung vom 13.09.2021
Löwenherzen
Neitzel, Gesa

Löwenherzen


sehr gut

Auf der Schotterpiste

Gesa aus Berlin und Frank, der in Südafrika geboren ist, reisen gemeinsam durch Teile Afrikas und leiten gelegentlich Safaris. Das Buch schildert entspannt und locker über ihre Erlebnisse,

Gesa schreibt durchaus ehrlich über ihre Erfahrungen in Afrika, dazu gehörte auch, dass sie bei der Prüfung zum Safari-Guide in Afrika durchgefallen war
und dass ihr noch Erfahrungen fehlen.
Ebenso die Begegnung mit auch gefährlichen Tieren wie z.B. einer Schlange und Löwen. Und natürlich Elefanten, Hyänen, Fledermäuse, Flusspferde uva.

Es wird vor allen am Anfang ein wenig zu viel und störend gegendert im Buch. Da fehlt das Gefühl für das richtige Maß.
Dafür sind einige Beschreibungen der Landschaft und Tierwelt sowie den Lebensbedingungen detailliert und wirklich nicht schlecht gemacht.

Das Buch ist natürlich schon sehr harmlos, aber es erfüllt die Erwartungen und weckt Sehnsucht nach Afrika und seinen Tieren.