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yellowdog

Bewertungen

Insgesamt 2029 Bewertungen
Bewertung vom 12.09.2021
Jacob träumt nicht mehr
Gatzmaga, Clemens Bruno

Jacob träumt nicht mehr


sehr gut

Clemens Bruno Gatzmagas Debütroman zeigt den Zustand, den Menschen im modernen Arbeitsalltag geraten können. Der erfolgreiche Teamleiter Jakob, Ende Zwanzig, Workaholic und aufstrebende Führungskraft, arbeitet in einer Agentur, als er an einem Arbeitstag, an dem es ihm nicht gut ging, in die Krise gerät. Er musste eine Präsentation für einen wichtigen Auftrag bei einer Bank verlassen. Am Ende des Tages bricht er zusammen und wenig später kündigt er schließlich, weil er innerlich aus dem Tritt geraten ist. Wer auch nur einmal nicht funktioniert ist in der New Work nicht mehr zuverlässig.

Auf der Suche nach dem Normalzustand besucht er seinen Vater und seine Großmutter auf dem Land. Er denkt an seine Kindheit, bei der er früh seine Mutter verlor.

Gatzmaga hat den Arbeitsalltag einer Agentur treffend mit all seinen Begriffen und Gepflogenheiten dargestellt. Aber auch das imposante Finale des Buches ist nicht zu verachten.
Es ist immer wieder interessant, einen neuen Autoren mit Potenzial zu entdecken.

Bewertung vom 12.09.2021
Die Tote mit der roten Strähne
Kent, Kathleen

Die Tote mit der roten Strähne


sehr gut

Dallas-Police

Die Tote mit der roten Strähne ist ein unterhaltsamer Thriller, angesiedelt in Texas. Der Roman lebt von der Hauptfigur, Detective Betty Rhyzyk, einer Polizistin aus Brooklyn, die jetzt in Dallas Ermittlungen leitet.
Die Handlung wird stets aus ihrer Sicht gezeigt, entsprechend von ihren Gedanken kommentiert und gewertet. Sie ist ein schräger Charakter, die selbstbewusst ist und auch mal einen Spruch heraushaut. Das gefällt mir.
Betty lebt in einer lesbischen Beziehung, die ihr Kraft gibt.
Kathleen Kents Stärken neben dem Entwurf ihrer einzigartigen Protagonistin liegt in den kraftvollen Darstellen der Szenen. Auch der Polizeitalltag wird in Ansätzen gezeigt.
Den Gesamtplot mit der Jagd auf einen Drogenbaron halte ich für nicht so originell und mit der Zeit auch nicht besonders spannend. Die anfänglichen Passagen, die Bettys nicht gerade einfaches Einleben in die texanischen Gepflogenheiten haben mir besser gefallen. Kathlee Kent ist selbst in Texas aufgewachsen. Ich halte daher viele Beschreibungen des Texas-Ambiente für wirklich glaubhaft.

Bewertung vom 12.09.2021
Schöne Welt, wo bist du
Rooney, Sally

Schöne Welt, wo bist du


ausgezeichnet

Nach Gespräche mit Freunden und Normale Menschen erwartet man Sally Rooneys dritten Roman mit Spannung und wieder geht es um Beziehungen und Lebensgefühl der Generation, die jetzt Ende Zwanzig/Anfang 30 ist.

Der Roman beginnt mit einem Blind Date. Die Schriftstellerin Alice lernt Felix durch Tinder kennen, doch das Date läuft nicht besonders. Doch als sie sich zufällig wiedersehen, kommen sie sich näher. Aber sie sind auch sehr unterschiedlich und es wird nicht leicht.
Die Handlung spielt sich an der irischen Küste ab.
Eine weitere wichtige Figur ist Alice Freundin Eileen. Sie lebt in Dublin und ist auf ihren Jugendfreund Simon fixiert. Doch zwischen ihnen ist es wohl nicht ganz klar, ob es mehr als nur Freundschaft ist.

Es gibt viele Mails zwischen Alice und Eileen, die zeigen, dass ihnen ihre Freundschaft wichtig ist. Ihre Gespräche sind ein wichtiger Bestandteil des Romans.
An einigen Stellen wirkt es aber so, als würde die Autorin ihre eigene Meinung mit transportiieren. Zum Beispiel bei den Klagen über den Literaturbetrieb. Das halte ich für eine Schwäche des Buches.
Dafür sind die Dialoge eine große Stärke von Sally Rooney und die psychologische Note ist überzeugend. Das gipfelt in einer großen Aussprache der vier im Finale.

Bewertung vom 11.09.2021
Nil
Baar, Anna

Nil


sehr gut

Nil von Anne Baar ist ein rätselhaftes Buch, in der eine Autorin von Fortsetzungsromanen ein schnelles Ende finden muss.
Die Figuren nehmen Außenseiterpositionen ein, das gilt insbesondere für den Sonderling Sobek.
Mit ihm zusammen schreibt sie an ihrem Finale.
Aber darf man das geschilderte einfach glauben. Ich denke, nein, denn es gibt einige Widersprüchlichkeiten und in diesen Überlegungen liegt ein Teil des Reizes des Buches.

Sprachlich ist das herausfordernde Buch bemerkenswert, es gibt immer wieder Sätze, die man so noch nicht gelesen hat. Dieses Jahr sind einige ungewöhnliche Bücher beim Österreichischen Buchpreis nominiert und Nil gehört dazu.

Bewertung vom 09.09.2021
Lachen und Sterben
Schuh, Franz

Lachen und Sterben


ausgezeichnet

Ein Buch von Bedeutung

Ich habe den österreichischen Schriftsteller Franz Schuh erst jetzt mit diesem Buch entdeckt. Eine tolle Entdeckung! Da bin ich fast sauer auf mich selbst, dass ich ihn bisher übersehen habe. Aber in Deutschland ist er, glaube ich, nicht so bekannt wie in Ö. Als norddeutscher Leser verstehe ich auch nicht alles, was er an Schmäh etc. anspricht.
Franz Schuh, der schwer erkrankt ist, versammelt in diesem Buch eine Reihe von Texten, die zwischen Essay und Literatur schwanken, aber auf jeden Fall ist er immer originell, oft witzig und wirklich hellsichtig. Sein Urteil ist nie vorschnell getroffen und gerade dadurch glaubwürdig.

Einige bemerkenswerte Gedichte sind zwischen die Texte gestreut.

Interessant auch, worauf sich Franz Schuh so bezieht, da sind Karl Kraus wie Elias Canetti oder Helmut Quatlinger, Nestroy, nicht unkritisch Thomas Bernhard und viele andere Einflüsse.
Bemerkenswert was er in „Fragmente der Einsamkeit“ in 8 Abschnitten schreibt. Ähnliches gilt für den Abschnitt über Harald Schmidt.

Lachen und Sterben ist ein Buch, das viel bietet!

Bewertung vom 09.09.2021
Barbara stirbt nicht
Bronsky, Alina

Barbara stirbt nicht


ausgezeichnet

Herr Schmidts Erkenntnisse

Herr Schmidt erinnert nicht gerade wenig an einen Mann namnes Ove.

Herr Schmidts Frau Barabara wird plötzlich krank und Walter, der nie im Haushalt geholfen hat, muss Einkaufen und Kochen lernen.

Der Roman ist auf dem ersten Blick durch den knurrigen Protagonisten trotz des Themas witzig, aber schon bald zeigt sich, dass es in der langjährigen Ehe durchaus Probleme und Unstimmigkeiten gab.

Der Roman ist raffiniert gebaut, da der Leser lange nicht alles weiß und die Figur, die wir die ganze Zeit begleiten, entzieht sich manchen und will nicht wahrhaben, dass seine Frau Barbara ernsthaft krank ist.
Sein Weg, sich zu ändern wird als Prozess beschrieben, der darin gipfelt, dass er doch manches aus seinem Leben erkennt und sich dem stellt. Sogar seinen erwachsenen Kindern kommt er näher.
Das ist sehr geschickt gemacht und zeigt Alina Bronsky in ihrem ganzen Können.

Bewertung vom 08.09.2021
Revolver Christi
Albinus, Anna

Revolver Christi


sehr gut

Obwohl als Novelle konzipiert hat Revolver Christi einen komplexen Ansatz.
In einer Kathedrale im Jahr 2018 fällt ein Schuss!
Icherzähler ist ein Kommissar, damit wird es zum Teil zur Kriminalgeschichte.
Jedoch seine Familie scheint in die mysteriösen Vorfälle um eine Tatwaffe, die als Reliquie ausgestellt wird, involviert zu sein.

Die Novelle lebt von ihren spektakulären Ideen, die brisant genug sind und Glaube und Gewalt behandelt. Die Schriftstellerin Anna Albius ist Theologin und behandelt das Thema auf Niveau. Hinzu kommt eine stilistische Brillanz, die auffällt. Der Text enthüllt auch bis zuletzt nicht seine Rätselhaftigkeit.

Erschienen ist das Buch in der Edition.fotoTAPETA.

Bewertung vom 08.09.2021
Diese Frauen
Pochoda, Ivy

Diese Frauen


ausgezeichnet

Frauen in L.A.

Der Roman hat einen ungewöhnlichen Stil, der auch die Gedanken der Protagonistinnen transportiert und der so intensiv ist, dass er den Leser gleich in die Handlung reinzieht.

Dorian Pankhurst lebt in Los Angeles und betreibt einen Fischimbiss. Vor einigen Jahren wurde ihre Tochter ermordet. Sie war eins der Opfer aus einer Reihe von ermordeten jungen Frauen.
Weitere wichtige Stimmen im Buch sind die Prostituierte Feelia, die Künstlerin Marella und die Tänzerin Julianna sowie die Polizistin Essie Perry.

Neben den Frauen ist Los Angeles die Hauptfigur des Romans und die Stadt wird im positiven und negativen gezeigt. Es ist sicher oft nicht einfach, da zu leben. Die Unruhen von 1992, die durch den Vorfall mit Rodney King ausgelöst wurden, sind nicht vergessen. Viele Menschen leben in einem Alarmzustand.
Ivy Pochoda schafft es, Formulierungen zu finden, die ein Gefühl für die Umgebung vermittelt. Das erzeugt auch eine entsprechende, dichte Atmosphäre.
Und bei ihr wirken auch die Menschen real und in ihrem Verhalten glaubwüridig. Das ist anders als bei vielen US-Amerikanischen Thrillern, die mehr mit Klischees arbeiten. Deswegen ist Diese Frauen für mich nicht nur ein Thriller sondern ein zeitgenössisches Porträt einer Stadt und ihrer Menschen. Der Roman ist anspruchsvoll und sehr lesenswert.

Bewertung vom 08.09.2021
Wenn die Stille schreit
Klementovic, Roman

Wenn die Stille schreit


gut

Wenn die Stille schreit ist ein Kurzroman, der mit vielen wohlbekannten Zutaten spielt: Schneesturm, eine gefahrvolle Situation durch zwei aus dem Gefängnis entkommen Mörder und ein Mann auf der Suche nach seiner verschwundenen Frau. Aus dessen Perspektive wird der Roman überwiegend erzählt.
Der Reiz der Handlung liegt in dem Mix dieser Zutaten und so wird es ein ganz spannendes Buch, wenn auch kein Meisterwerk, da es schon viele Bücher dieser Art gab.
Den Autor Roman Klementovic kannte ich bisher nicht, aber ich kann mir gut vorstellen, mehr von ihm zu lesen.

Bewertung vom 07.09.2021
Waldeskälte
Krüger, Martin

Waldeskälte


ausgezeichnet

Thriller mit viel Atmosphäre

Plot und Szenerie entwickeln sofort eine hohe Atmosphäre von Schönheit aber auch Bedrohung der Umgebung. Das gelingt durch genaue und detaillierte Beschreibungen.
Die Ermittlerin Valeria Ravelli von der Interpol wurde von ihrem Jugendfreund Elias alarmiert. Sie reist in das Bergdorf ihrer alten Heimat und sucht nach verschwundenen Mädchen, aber sie ist auch persönlich beteiligt, da sie als Kind auch einmal in dieser Lage war. Sie wurde entführt, überlebte damals, aber ganz verarbeitet hat sie das innerlich nicht ganz.
Diese Vergangenheit verdichtet die Spannung der aktuellen Situation.
Die Vergangenheitsparts sind auch gut gemacht.
Aber ob der 20 Jahre alte Fall und der von heute in einem Zusammenhang stehen, ist zunächst unklar.
Von den Ermittlungen her ist der Plot konbentionell, aber doch spannend.
Martin Krüger kann stimmige Szenen mit starken Thrillerelementen aufbauen.
Ein Volltreffer ist der symbolträchige Schweizer Schauplatz in den Alpen, der mit seinen Bergen und Wäldern stark wirkt.