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bolie
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Langscheid

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Insgesamt 884 Bewertungen
Bewertung vom 27.03.2019
Der Honigbus (eBook, ePUB)
May, Meredith

Der Honigbus (eBook, ePUB)


sehr gut

#DerHonigbus ist ein Memoir von Meredith May. Sie beschreibt darin ihre traurige Kindheit, die nur durch die Honigbienen ihres Großvaters erträglich werden konnte. Frau May übernahm nach dem Tod des Großvaters die Versorgung seiner Bienen und gehört bereits zur fünften Generation der Imker in ihrer Familie. Sie lebt und arbeitet in San Francisco und ist Journalistin und Autorin. #DerHonigbus ist ein Buch, welches ab dem 14. Lebensjahr empfohlen wird und nach oben sind keine Grenzen gesetzt.


Es ist das Jahr 1975, als die 5jährige Meredith mitten in der Nacht geweckt und aus ihrem Zuhause gerissen wird. Gemeinsam mit Mutter und Bruder fliegt sie von Rhode Island nach Kalifornien. Im Buch #DerHonigbus beschreibt sie den Schmerz und das Gefühl des Verlassenseins sehr eindrücklich. Die Mutter versteckt sich hinter dem Schmerz und fällt in eine tiefe Depression. Sie überlässt ihre Kinder der strengen Hand ihrer eigenen Mutter. Zum Glück ist der Großvater das genaue Gegenteil und Meredith findet in ihm einen verlässlichen Freund.

Merediths Großvater ist nicht nur ein Imker im üblichen Sinn. Er beobachtet seine Honigbienen sehr genau und erklärt Meredith, wie wertvoll die kleinen Geschöpfe für die Menschheit sind. Er weiß, dass sie sprechen, tanzen und untereinander kommunizieren können. Jedes Tier eines Stockes kennt seine Aufgaben und Meredith sieht nach wenigen Tagen die Honigbienen mit anderen Augen. Selbst das unterschiedliche Summen hört sie und weiß daher, ob die Tiere sich wohlfühlen oder traurig sind.

Einen alten Bus hat der Großvater so umgestaltet, dass er dort drinnen den Honig schleudert und ihn in passende Gefäße umfüllen kann. Meredith darf erst dort hinein, als sie 6 Jahre alt ist. Vorher befand der Großvater, dass ihr Aufenthalt in dem Bus zu gefährlich sei. In der Schule bleibt Meredith eine Außenseiterin, bis, ja bis ihr Großvater sie zu einem besonderen Abend begleitet. Er trägt den versammelten Eltern und Schülern vor, was seine Honigbienen können und wie der Honig gewonnen wird. Das beeindruckt sowohl Lehrer als auch Klassenkameraden und Meredith hat danach einen ganz anderen Stand in der Klasse. Endlich wird sie akzeptiert. Viele Kinder möchten den Honigbus sehen und bestaunen.

Für alle, die sich für Bienen und deren Lebensweise interessiert, sollte #DerHonigbus eine Pflichtlektüre sein. Gleichzeitig zeigt das Buch aber auch, wie sehr Kinder unter der Scheidung ihrer Eltern leiden. Sehr negativ ist für mich das Verhalten von Großmutter und Mutter. Niemand darf das andere Elternteil gegenüber den Kindern schlecht machen. Das Memoir lässt sich gut lesen und die Sprache ist blumig. Für meinen Geschmack war es bei der Beschreibung der Bienen ein wenig zu viel der Worte. Das ist aber wirklich nur mein eigenes Empfinden.

Ein für mich bezeichnendes Zitat aus dem Buch: „Je mehr ich über Bienen lernte, umso mehr staunte ich über ihre soziale Kompetenz.“

Die sehr gute Arbeit der Übersetzerin Anette Gruber darf nicht unerwähnt bleiben. Es ist keineswegs selbstverständlich, dass ein Buch so akkurat in die eigene Muttersprache transkribiert wird. #NetGalleyDE

Bewertung vom 24.03.2019
Bella Ciao
Romagnolo, Raffaella

Bella Ciao


sehr gut

Bella Ciao ist ein Roman, in dem es zunächst um drei Hauptfiguren geht. Giulia, Pietro und Anita leben in einer Kleinstadt in Italien und sind seit Kindheitstagen befreundet. Die drei treffen sich regelmäßig zum Spielen und später gehen sie gemeinsam zum Tanzen. Allen ist klar, dass Giulia und Pietro heiraten. Die Verlobung fand bereits statt und Hochzeitspläne werden gemacht. Die beiden Frauen arbeiten in einer Fabrik, die Seide aus Raupen gewinnt und machen mit beim Streik. Wie alle Arbeiterinnen wollen sie mehr Geld und mehr Sozialleistungen. Bei einer Versammlung, die der Besitzer der Firma leitet, verrät Anita ihre beste Freundin Giulia zum ersten Mal. Sie geht zum Treffen, bei dem laut Giulia nur Streikbrecher zugegen sind. Dabei hatten sich beide geschworen, dass sie gemeinsam und bis zum bitteren Ende streiken würden.

Das endgültige Aus der Freundschaft fand am 14.02.1901 statt. An dem Tag sieht Giulia, wie ihr Verlobter und Anita gemeinsam einen Weg entlang kommen und sich zum Abschied küssen. Sofort erkennt sie, dass die beiden nicht nur ein Verhältnis haben, sie ist überzeugt davon, dass sie sich lieben. Nichts hält Giulia mehr in ihrem Heimatort. Zu ihrer Mutter hat sie kein gutes Verhältnis und der Vater ist tot. Völlig überstürzt packt sie ein paar Sachen sowie Geld und flüchtet zu Fuß zum nächsten Hafen. Von dort bucht sie eine Reise ohne Wiederkehr, sie immigriert nach Amerika.

45 Jahre nach der Flucht besucht Giulia mit ihrem Sohn Michael Europa, da dieser neue Geschäftskontakte knüpfen möchte. Sie selbst verlebt einige Tage in ihrem Heimatort Borgo di dentro. Eigentlich möchte sie ja erfahren, was aus ihren damaligen Freunden geworden ist. Sie ist hin- und hergerissen und ob sie tatsächlich mutig genug für diesen Schritt ist, bleibt spannend.

Die Autorin beschreibt in ihrem Buch Bella Ciao das Leben zur Zeit des ersten Weltkrieges an der Front und in der Heimat. Danach folgen Rezession und Geldentwertung und auch in Italien wächst der Faschismus. Erläutert wird ebenfalls, wie sich das Leben der Freunde sowohl in Italien als auch in Amerika entwickelt. Interessant war für mich auch die präzise Darstellung der Situation europäische Immigranten in Amerika. Bereits damals durften längst nicht alle in das vermeintlich „gelobte Land“ einreisen. Auch die Schwierigkeiten, denen die Juden dort ausgesetzt waren, sind deutlich zu erkennen.

Kein Buch zum nebenher schmökern. Der Leser muss schon aufpassen, damit er nicht den Faden verliert. Das war für mich anfangs schwierig, da die Autorin von Italien nach Amerika, dann wieder an die Front wechselt. Auch die Übergänge vom Jetzt zur Zeit des 1. Weltkrieges und dann wieder zu den Zuständen danach, machen das Lesen nicht leicht. Aber es lohnt sich dranzubleiben. Es ist keine übliche Saga sondern recht anspruchsvoll. Kurzum ein Buch, welches sich zu lesen lohnt.

Bewertung vom 20.03.2019
Die verborgenen Stimmen der Bücher (eBook, ePUB)
Collins, Bridget

Die verborgenen Stimmen der Bücher (eBook, ePUB)


sehr gut

Nein, es war nicht das, was ich unter einem Roman verstehe. Viele Elemente aus dem Bereich der Fantasie wurden hier von der Autorin Bridget Collins eingebunden. Bridget studierte in London an der Academy of Music and Dramatic Art und diese Grundlage wird beim Lesen des Buches #Die verborgenen Stimmen der Bücher deutlich.

Der junge Emmett Farmer ist fleißig und hilft seinen Eltern bei der Bewirtschaftung eines Bauernhofes. Mit seiner Schwester versteht er sich sehr gut. Bis, ja bis er sehr schwer erkrankt und wochenlang ans Bett gefesselt ist. Danach ist er nicht mehr derselbe und nicht nur ihm kommt sein Verhalten seltsam vor. Eines Tages kommt ein Brief ins Haus geflattert. Er stammt von Seredith, einer alten Buchbinderin, die Emmett als Lehrling bei sich haben möchte. Sie weiß, dass er an der Buchbinderkrankheit litt und aus dem Grund prädestiniert zum Erlernen dieses Berufes ist. Nur widerwillig lässt er zu, dass sein Vater ihn zum Haus der Dame fährt und dann ohne ein Wort des Abschieds wieder verschwindet.

Die Buchbinder, welche in dem Roman #Die verborgenen Stimmen der Bücher beschrieben werden, sind keine gewöhnlichen Vertreter ihres Standes. Sie binden Bücher, die aus den traumatischen Erinnerungen ihrer Kunden entstehen. Diese sind sehr emotional und verlangen beiden Parteien, also Kunden und Fachleuten, alles ab.

Das Buch ist in drei Teile gegliedert. Im ersten erfährt der Leser, wie Emmett zu seiner Lehrmeisterin kam und wie es ihm dort ging. Der zweite Teil beschreibt, welches die Gründe für den Zusammenbruch des Jungen sind und der dritte zeigt, wie die Story beendet wird.

Der Klappentext gibt nicht das wieder, was der interessierte Leser von dem Buch erwarten darf. Das Element der Fantasie wird hier nicht erwähnt, dabei ist es meiner Meinung nach äußerst wichtig. Von der Sprache war ich beeindruckt. Sie ist präzise und sehr bildhaft. Der Roman schildert besonders eindrücklich, was Homosexualität und übertriebene Strenge eines Vaters bewirken können. Wer sich auf #Die verborgenen Stimmen der Bücher einlässt, muss Zeit haben, da er sich beim Lesen vollkommen darauf einlassen und konzentrieren muss.

Bewertung vom 17.03.2019
Der Patriot (eBook, ePUB)
Engman, Pascal

Der Patriot (eBook, ePUB)


sehr gut

Pascal Engman ist der Autor des Thrillers #Der Patriot. Er war als Journalist tätig und gab seinen Job wegen massiver Anfeindungen auf. Diese kamen in der Regel von aggressiven Rechten, die selbst vor Morddrohungen nicht halt machten. #Der Patriot ist sein erster Thriller.

In dem Buch #Der Patriot wird deutlich, was Propaganda ausmachen kann. Junge Menschen werden zu Terroristen, weil sie sich gegenseitig aufhetzen. Sie stellen sich gegen „Flüchtlinge“ und „Asylschmarotzer“ und töten zunächst etliche Journalisten. Weil sie damit durch kommen und nicht erwischt werden, fühlen sie sich als Herren über Leben und Tod. Selbst vor Anschlägen auf ihre schwedischen Landsleute scheuen sie nicht zurück.

Mir gefiel der Thriller #Der Patriot sehr gut. Vor allen Dingen sind es die Gedanken der Terrorzelle und die Meinung ihrer Anhänger, welche Pascal Engmann bestens erfasste. Die Handlung ist zwar in Schweden angesiedelt, aber auch in Deutschland gibt es solche Verirrten. Ein Blick auf Facebook oder Twitter genügt, um dafür den Beweis zu haben. Es ist ein Buch welches aufrüttelt und von vielen gelesen werden sollte, die als „Gutmenschen“ abgekanzelt werden.

Was mir nicht so gut gefiel, das war die meiner Meinung nach zu hohe Zahl der Handlungsstränge. Hier wäre weniger mehr gewesen und hätte der Spannung keinen Abbruch getan. Diese war bis zum Schluss hoch und mit dem Ende habe ich nicht gerechnet. Ich wünsche mir, dass Herr Engman weitere Thriller zu diesem Thema schreiben und veröffentlichen wird.

#NetGalleyDE

Bewertung vom 16.03.2019
Die Akte Baader (eBook, PDF)
Schweizer, Stefan

Die Akte Baader (eBook, PDF)


ausgezeichnet

Der biographische Roman Die Akte Baader stammt aus der Feder von Stefan Schweizer. Das Buch zeichnet sich durch eine objektive Wahrnehmung sowie akribische Recherche aus.

Andreas Baader war ein Gründungsmitglied der RAF 1. Generation. Selbstverliebt und voller Egozentrik verstand er es, seine Umwelt so ganz nach seinem Geschmack zu manipulieren. Er wuchs bei seiner Mutter und Großmutter auf. Der Vater wurde im 2. Weltkrieg vermisst. Es gab keine Autoritätsperson, die ihm gewachsen war. Sachlich und ohne Vorurteile beschreibt Herr Schweizer den Werdegang Baaders. Es ist nicht unsere Aufgabe heute, nach so vielen Jahren zu entschlüsseln, warum er so geworden ist. Die Schuld der Mutter zu geben, ist zu einfach. Das Nachwort erläutert noch einmal, wie der Autor die Sache sieht und was er sich beim Schreiben dachte.

In meinen Augen war Baader war ein kranker Narzisst, aber wie die Anwälte zu dem Verein hielten und ihn und seine Anhänger sogar im Gefängnis unterstützten, das verstehe ich absolut nicht. Auch diese Tatsache muss stets ein Thema sein. Für mich unvorstellbar, dass Schily sogar Minister der Bundesrepublik werden konnte. Viele Tatsachen sind erst seit wenigen Jahren bekannt und wurden in dem Buch Die Akte Baader von Stefan Schweizer sachlich und ohne Pathos einbezogen.

Nach dem Lesen des Buches schaute ich mir eine Dokumentation an, die vor vielen Jahren im RBB ausgestrahlt wurde. Dort kam unter anderem ein Mann zu Wort, der über Gudrun Ensslin und ihre Eltern richtete. Ja, er richtete. Er war nämlich der Meinung, dass nur die Tatsache, dass Gudrun im Haushalt eines evangelischen Pfarrers aufwuchs, zu ihrer Radikalisierung führte. Für ihn war also ausschließlich die Zugehörigkeit zur evangelischen Religion der Grund für Mord und Totschlag. Es ist nicht zu fassen, wie krude die Gedanken einiger Leute sind.

Für mich ist das Buch Die Akte Baader ein Muss für alle, die sich für die deutsche Geschichte interessieren. Die RAF hielt nicht nur das „Volk“ sondern auch die Verantwortlichen der Regierung in Atem. Helmut Schmidt durchlebte seine schlimmsten Momente als Kanzler und die Passagiere der Landshut erholten sich nie von dem traumatischen Erlebnis.

Bewertung vom 15.03.2019
An den Ufern der Seine (eBook, ePUB)
Poirier, Agnès

An den Ufern der Seine (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Agnés Poirier lebt und arbeitet sowohl in London als auch in Paris. Mit ihrem Sachbuch #An den Ufern der Seine schrieb sie ein wichtiges Werk zur Geschichte Europas.

Die Berichte zur damaligen Zeit beginnen kurz vor der Besetzung durch Hitlerdeutschland. Frau Poirier beschreibt die Ängste der Menschen und auch die Deportationen einiger von ihnen. Wer konnte, floh nach Amerika oder verschwand im Untergrund. Denunziationen waren leider auch in Paris damaliger Zeit nicht selten. Nach der Befreiung durch die Alliierten normalisierte sich das Leben nur langsam. Lebensmittelknappheit und Wohnungsnot waren an der Tagesordnung und auch das Material zum Heizen bekam man nur auf Bezugsschein.

#An den Ufern der Seine belegt in eindrucksvoller Weise, wie Künstler mit den schrecklichen Ereignissen des Krieges umzugehen wussten. Sie leben so als gäbe es kein Morgen. Die Treue zum Partner spielte keine Rolle und niemand nahm Anstoß an gleichgeschlechtlichen Beziehungen. Autoren schrieben ihre Bücher und das häufig nur durch wenige Stunden Schlaf unterbrochen. Aufputschmittel gab es damals bereits und der Alkohol half dabei, den Kreislauf zu senken und wieder ruhiger zu werden.

Für mich war das Buch #An den Ufern der Seine ein weiteres Highlight. Ich habe sehr viel gelernt und erfuhr Dinge, die mir nicht präsent waren. Einige zähle ich auf, damit Sie sich ein Bild von dem umfangreichen Inhalt des Buches machen können:

- Werke aus dem Louvre wurden kurz vor dem Einmarsch der Nazis aus dem Louvre gerettet. Dafür sorgte Jacques Jaujard, der damalige Leiter des Museums mit etwa 1000 Helfern. Sie verteilten die Gemälde auf private Häuser und Schlösser und niemand wusste davon.
- Sartre war ein hilfsbereiter Mensch, der viele Freunde vor dem Hungertod bewahrte. Er spendierte seinen Schülerinnen auch das Geld, welches sie für Abtreibungen benötigten.
- Der Werdegang von Dior wird sehr detailliert beschrieben.
- Links der Seine lebten Künstler und ärmere Einwohner von Paris, rechts des Flusses nur Reiche.
- Amerikaner waren die „Hüter der großen Geldbörse“, und warum das so war, erfuhr ich in dem Buch.
- Der Prozess um Wiktor Krawtschenko fand 1949 in Paris statt und durch ihn wurde unter anderem bekannt, wie Gulag und Konzentrationslager funktionierten. Ja, dass es sie tatsächlich gab, war zu dem Zeitpunkt nicht allen Menschen klar.

Zu erwähnen ist ebenfalls die sehr gute Arbeit von Monika Köpfer. Sie übersetzte das Buch so, dass es sich nicht vom Original unterscheidet. Das ist keineswegs selbstverständlich.

#An den Ufern der Seine muss konzentriert gelesen werden. Es birgt so viel Wissen in sich, dass es wertvoller Bestandteil für die Literatur zur Geschichte Europas ist.
#NetGalleyDE

Bewertung vom 13.03.2019
Kein Erbe ohne Tod (eBook, ePUB)
Wysn, Agatha van

Kein Erbe ohne Tod (eBook, ePUB)


sehr gut

Kein Erbe ohne Tod ist der zweite Krimi von Agatha van Wysn. Wie in ihrem Debüt Morgenmuffel spielt auch hier Kommissar Oder eine wichtige Rolle.

Frisch von der Lebe weg schreibt Agatha van Wysn ihren zweiten Kriminalroman und hat keine Scheu, wenn sie positiv über sogenannte „Randgruppen“ berichtet. Im Buch Kein Erbe ohne Tod geht es um Obdachlose, die leider landläufig als „Penner“ bezeichnet werden. Einer von ihnen wird Tod auf einem Grab gefunden und es liegt an dem Ermittler Oder, den Täter zu finden. Dabei werden ihm Steine in den Weg gelegt und das, wie sollte es anders sein, von seinem Vorgesetzten. Das berührt ihn allerdings nicht und er ermittelt trotzdem weiter.

Kein Erbe ohne Tod bedient zwar einige Klischees und die Lösung des Falls konnte ich mir bald denken. Aber dennoch gab es einige Wendungen, mit denen nicht zwingend zu rechnen war. Mir gefiel ausgesprochen gut, wie Frau van Wysn die Situation der Wohnungslosen beschreibt. Sie hat sich intensiv mit dem Thema beschäftigt und zeigt Menschen mit Vorurteilen, wie die Situation der Betroffenen tatsächlich ist. Herr Oder ist ein sympathischer Ermittler, der sich nicht zu schade ist, in die Welt der Obdachlosen oder „Penner“ einzutauchen.

Bewertung vom 13.03.2019
Das verschenkte Weinen
Heiduczek, Werner

Das verschenkte Weinen


ausgezeichnet

Werner Heiduczek wurde einmal gefragt, was ihn über Jahrzehnte dazu antrieb, zu schreiben. Seine Antwort: „Ich schreibe aus demselben Grund, wie ich atme und mich bewege, schlafe und aufstehe. Und es ist ohne Sinn, außer dem, am Leben zu bleiben.“ Und das hat bis heute auch geklappt. Er wurde 1926 geboren und ist also bereits über 90 Jahre alt.

Das verschenkte Weinen erschien bereits im Jahr 1977. Es wurde als Buch vom Kinderbuchverlag Berlin herausgegeben und ist jetzt auch als Hörbuch erschienen. „Ein Märchen für jedes Alter“, so steht es auf der Rückseite der Hülle. Zwei Kinder sind die Hauptpersonen der Geschichte. Ein blinder Junge namens Hondez und seine Freundin Aristid. Sie verlieben sich ineinander und der Vater Aristids möchte, dass ihr gemeinsames Glück noch größer wird. Er findet einen Arzt, der Hondez das Augenlicht wiedergeben kann. Dafür muss aber seine Freundin Aristid ihr Weinen verschenken. Dass dabei auch ihr Herz kalt wird, weil das Weinen beinahe noch wichtiger ist als das Lachen, bedenkt sie dabei nicht.

Das Hörbuch Das verschenkte Weinen gefiel mir nicht nur, weil der Sprecher Alexander Pensel und das Buch so perfekt harmonieren. Es ist auch die Musik, die Emotionen vermittelt, welche den Sinn der Worte wunderbar unterstreichen. Marion von Tilzer schrieb eigens zum Buch die bewegende Klangfolge. Diese wurde durch Geige, Cello, Klavier und der Singenden Säge eindrücklich unterstrichen.

Das verschenkte Weinen schrieb Herr Heiduczek auch als Kritik am System der DDR. Dazu sagte er, dass dort alles angeblich immer einwandfrei und ohne Makel war. Dabei ist es wichtig, dass auch Misserfolge klar erkannt und anschließend auch benannt werden. Ein Zitat von ihm ist so wertvoll, dass ich es in meine Rezension kopiere:

„Ich wünsche mir, dass die Menschen erkennen, dass das Weinen im Leben ebenso wichtig ist, wie das Lachen. Denn ohne Trauer erkennen wir nicht, was Glück bedeutet.“

Bewertung vom 11.03.2019
Moses und das Schiff der Toten / Stefan Moses Bd.1
Ramadan, Ortwin

Moses und das Schiff der Toten / Stefan Moses Bd.1


sehr gut

Ortwin Ramadan wurde in Aachen geboren und lebt heute am Ammersee. Er studierte Politik und Ethnologie und mittlerweile schreibt er Krimis und Drehbücher. Bei den Kriminalromanen verarbeitet er Themen, die aktuell sind und einen nahezu beängstigenden Bezug zur Realität haben.

In dem Buch Moses und das Schiff der Toten ermittelt ein Afrikaner. Er ist bei der Mordkommission beschäftigt und das sogar als Hauptkommissar. Kein Wunder, dass er täglich mit latentem oder offenem Rassismus konfrontiert wird. In diesem Roman muss er den Tod eines homosexuellen Mannes aufklären. Es gibt etliche Verdächtige und immer wieder verfolgt Moses falsche Spuren. In dem Buch erfährt der Leser viel über Glasaale und die Vorurteile der „aufrechten“ Christenmenschen gegenüber Homosexuellen und Mitmenschen, die anders aussehen als sie selbst.

Nicht nur Moses geht auf die Suche nach dem Mörder. Ihm zur Seite gestellt ist eine junge Frau, die zunächst sein Nervenkostüm stark beansprucht. Ja, auch er ist nicht frei von Vorurteilen, die sich vornehmlich auf das Äußere beziehen. Ob sich die beiden Ermittler zusammenraufen können und wie sie trotz Bedenken ihre Arbeit durchführen können, ist spannend und keineswegs vorhersehbar.

Mir gefiel das Buch gut, weil es abwechslungsreich geschrieben ist. Moses und das Schiff der Toten kommt dabei ohne detaillierte Beschreibungen von abgetrennten Körperteilen oder Blutbädern aus. Es sind die unterschwelligen Geschehnisse, die das Buch lesenswert machen. Die Mitte des Romans zieht sich ein wenig in die Länge aber das Weiterlesen lohnt sich trotzdem. Nicht vorhersehbare Wendungen und das Rätsel nach dem Mörder, welches bis zum Schluss kaum lösbar ist, bringen mich zur klaren Empfehlung für Moses und das Schiff der Toten.