Benutzer
Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
Bellis-Perennis
Wohnort: 
Wien

Bewertungen

Insgesamt 924 Bewertungen
Bewertung vom 15.05.2022
Friedhofstod (eBook, ePUB)
Scherer, Alexandra

Friedhofstod (eBook, ePUB)


gut

Dieser Krimi ist der 4. Fall für die mystisch begabte Magdalena Sonnbichler. Diesmal hilft sie ihrer Freundin Karin aus der Klemme, die in Italien des Mordes an ihrem Pflegling Mario verdächtigt wird. Um vor dem Prozess zur Ruhe zu kommen, übersiedelt Karin nach Wassersried. Von Elsa, einer betagten Dame, die eben in ein Pflegeheim übersiedelt ist, mietet sie ein kleines Haus. Dort findet sie Elsas Tagebücher. Immer wieder begegnet sie in dem Tagebuch Elsa, ihrer Freundin Gertrud und Wilhelmine und deckt langsam das Geheimnis um Elsa und Wilhelmine auf.

Genau diese Wilhelmine, nunmehr eine zänkische alte Frau, die auf die Anrede „Fräulein“ besteht, macht zahlreichen Bewohnern von Wassersried das Leben schwer. Mit zahlreichen Intrigen und falschen Anschuldigungen vergift sie das dörfliche Klima. Besonders auf Emma, die mit ihrer kleinen Tochter hier lebt, hat sie es abgesehen. Karin und Emma, beide Zugezogene, freunden sich an.

Selbst der Friedhof bleibt vor Wilhelmines Bosheit nicht verschont. So entfernt sie Grabschmuck, der nicht von ihr stammt oder ihr einfach nicht gefällt.

Wenig später findet Karin Wilhelmine tot auf dem Grab eines kleinen Mädchens und steht nun zum zweiten Mal in kurzer Zeit unter Mordverdacht ....

Meine Meinung:

Das ist mein erster Krimi von Alexandra Scherer, die hier einen komplexen Krimi rund um Magdalena Sonnbichler geschaffen hat.

Die Autorin präsentiert das Leben in einem kleine Allgäuer Dorf, in der jeder jeden kennt und so mancher hat eine echte oder eine sprichwörtliche Leiche im Keller. Das Fräulein Wilhelmine ist so eine.

Die Idee, der hellsichtig begabten Magdalena hat mir sehr gut gefallen. Die „Eingaben“ ihres sechsten Sinns sind in kursiver Schrift dargestellt, sodass der Leser gleich Bescheid weiß. Leider ist mir Leni, wie sie von ihren Freunden genannt wird, stellenweise ähnlich unsympathisch wie die intrigante Wilhelmine, wenn auch aus anderen Gründen. Leni mischt sich ungefragt in das Leben zahlreicher Menschen ein. Man kann ihr zugutehalten, dass sie es ja gut mein. Aber, wie wir ja wissen, ist „gut gemeint, das Gegenteil von gut“. Hier hätte es ein bisschen weniger sein dürfen.

Welche tragischen Ereignisse sich in Gertruds, Elsas und auch Wilhelmines Jugend abgespielt haben, erfährt der Leser so peu à peu. Diese beiden Zeitebenen sind durch das Lesen der Tagebücher gut verknüpft.

Alexandra Scherer ist es gelungen, dass ich letztlich auch für Wilhelmine, die ich anfangs nicht wirklich mochte, ein klein bisschen Verständnis aufbringen konnte.

Emmas Ehemann und Pfarrer der Gemeinde ist mir bis zum Ende zuwider geblieben.

Ich mag komplexe Krimis, doch hier waren es eindeutig zu viele Handlungsstränge, der jeder für sich spannend erzählt worden ist. Der Mordverdacht Karin gegenüber, der Krimi einleitet, spielt über viele Seiten keine Rolle, um dann am Ende in einer Gerichtsverhandlung zu münden. Natürlich kann man das als „Rahmenhandlung“ sehen bzw. als Aufhänger der Übersiedlung Karins ins Allgäu. Da hätte es meiner Meinung nach genügt, dass Mario eines natürlichen Todes verstorben ist. Lenis Intuition hätte da genauso gut helfen können.
Dann die Geschichte rund um Emma und ihre Ehe mit einem katholischen Priester. Dass der ausgerechnet in Wassersried lebt, habe ich als zu dick aufgetragen empfunden. Oder der italienische Geistliche, der schon in Italien Karin hilft und dann, welch glückliche Fügung, in Wassersried eine Anstellung erhält.

Es ist schön, dass die Fäden gut verknüpft sind, aber auf mich wirken sie manchmal doch sehr konstruiert. Zwischen den polizeilichen Ermittlungen, bei denen Leni hilft, und dem Dorfklatsch herrscht ein ziemliches Ungleichgewicht. Ich weiß schon, dass sich während des Schreibens sich die eine oder andere Figur „verselbstständigt“ und seiner Autorin (seinem Autor) davon galoppiert.

Was mich allerdings sehr stört, sind die vielen Tippfehler. Mir ist schon klar, dass ein professionelles Korrektorat bzw. Lek

Bewertung vom 15.05.2022
24. Februar... und der Himmel war nicht mehr blau
Shashenok, Valeria;@VALERISSSH

24. Februar... und der Himmel war nicht mehr blau


ausgezeichnet

Als am 24. Februar 2022 die russischen Truppen in der Ukraine einmarschierten, änderte sich das Leben der jungen Valeria Shashenok wie das aller Ukrainer schlagartig. Zuvor war sie eine unbekümmerte junge Frau, die auf TikTok ihre Wünsche und Träume sowie Fotos ihrer Reisen gepostet hat.

Damit war es schlagartig vorbei. Sie zieht mit ihren Eltern in einen vorher als Büro genutzten und daher recht komfortabel ausgestatteten Luftschutzkeller. Da es neben Langeweile auch WLAN gibt, beginnt sie über ihren nun veränderten Alltag zu berichten. Neben zahlreichen Fotos von ihr selbst gehen Bilder der zerstörten Häuser ihrer Heimatstadt Tschernihiw um die Welt. Innerhalb kürzester Zeit ist Valeria über alle Grenzen bekannt.

Es gelingt ihr, auf abenteuerliche Weise aus der Ukraine auszureisen, und lebt nun in Mailand.

Meine Meinung:

Dieses nur 90 Seiten umfassende Buch ist bei story.one erschienen und spricht auch jene an, die, so wie ich, mit sozialen Medien wie TikTok nichts am Hut haben. Das Buch ist eine Ergänzung zur täglichen Kriegsberichterstattung in den Medien. Es zeigt das Leben einer jungen Frau, die plötzlich ihrer Träume, ihrer Heimat, ihrer Freunde und ihrer Zukunft beraubt wird.

Ich habe nun kurz auf TikTok hineingesehen und festgestellt, dass ich für diese Art der Kommunikation ein wenig zu alt bin. Das Buch lese ich gerne.


Valeria schreibt in manchmal scheinbar unzusammenhängenden Statements über ihre Tage im Bunker, von ihrer Flucht und ihren verlorenen Träumen. Auch aus ihrem Exil in Mailand bleibt sie mit Freunden in der Ukraine in Kontakt und veröffentlicht Videos bzw. Botschaften aus dem zerstörten Land.

Das Buch wird durch einige persönliche Fotos sowie durch eine Landkarte der Ukraine und Fotos aus der zerstörten Stadt Tschernihiw ergänzt.

Berührend ist, dass Valeria dieses Buch nicht nur ihrem von einer Bombe getöten Cousin und allen UkrainerInnen sondern vor allem dem russischen Volk widmet. Denn das russische Volk wird von Putin belogen und betrogen. Denn, „das erste Opfer eines Krieges ist die Wahrheit“, auch wenn der Angriffskrieg der russischen Armee nicht so genannt werden darf.

Fazit:

Eine gute Ergänzung zu den Kriegsberichten, die täglich über unsere Bildschirme flimmern. Gerne gebe ich hier 5 Sterne.

3 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 15.05.2022
Rettet die Freundschaft!
Schoepp, Sebastian

Rettet die Freundschaft!


ausgezeichnet

Dieses Buch von Sebastian Schoepp ist eine Hommage an die Freundschaft.

In launigen, aber auch ernsten Worten erläutert er sie Bedeutung der Freundschaft für sich selbst und der Allgemeinheit. Vor allem in der Zeit der Reduktion der sozialen Kontakte während der Pandemie kommt der echten Freundschaft große Bedeutung zu.

Doch was ist „wahre Freundschaft“? Anhand einiger selbst erlebter Beispiele erklärt der Autor, wie sich wahre Freunde von oberflächlichen Bekanntschaften unterscheiden.

Meine Meinung:

Sebastian Schoepps persönlichen Wahrnehmungen wechseln sich in diesem Buch mit Einblicken in die Gedanken von zahlreichen Philosophen wie Epikur und Montaigne ab. Das gefällt mir sehr gut.

Muss ich viele Freunde haben? Oder genügen zwei, drei, auf die ich sich im Ernstfall 1000-prozentig verlassen kann? Wie unterscheide ich echte Freunde, die mir auch in schwierigen Zeiten beistehen von jenen, die vor allem dann zur Stelle sind, wenn es mir gut geht? Hier bietet der Autor ein paar Gedanken zum Nachdenken.

Überdauern Jugendfreundschaften Jahre oder Jahrzehnte der Unterbrechung? Diese Frage kann ich persönlich mit einen lauten JA beantworten. Mit meiner besten Freundin aus der Schulzeit habe ich nach wie vor Kontakt, obwohl sich unsere Lebenswege mehrfach auch örtlich getrennt haben. Doch jedes Mal, wenn wir uns treffen, können wir dort anschließen, wo wir in der Vergangenheit aufgehört haben.

Freundschaften, die später im Leben geschlossen werden, haben eine andere Qualität, stehen aber einer in jungen Jahren geschlossenen um nichts nach.

In unserem digitalen Zeitalter lassen sich Freundschaften über große Distanzen leichter pflegen. Tun wir das ganz einfach und retten unsere Freundschaften! Sie sind es wert!

Fazit:

Diesem Lob an die Freundschaft gebe ich gerne 5 Sterne.

Bewertung vom 15.05.2022
Die Richterin und der Tanz des Todes / Mathilde de Boncourt Bd.5 (eBook, ePUB)
Fontaine, Liliane

Die Richterin und der Tanz des Todes / Mathilde de Boncourt Bd.5 (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Auch den 5. Fall für die Untersuchungsrichterin Mathilde de Boncourt habe ich gerne gelesen. Die Autorin beschert ihrer Leserschaft einen komplexen Krimi.

Die charismatische Flamencotänzerin Santana wird während der Generalprobe zu den „Nemausus – une danse travers les siècles“ ermordet und Mathilde de Boncourt ist live dabei. Bei den Ermittlungen stellt sich heraus, dass Santana ihren Erfolg nicht nur ihrer Begabung und ihrer Zähigkeit verdankt, sondern auch das eine oder andere Mal zu den „Waffen einer Frau“ gegriffen hat, um ihre Karriere voranzutreiben.

Ob ihr Verlobter davon Wind bekommen hat und Santana aus Eifersucht ermordet hat?

Doch dann wird Dolcé, die anstelle von Santana in der Show tanzen soll, ermordet, wieder erstochen. Welchen Zusammenhang gibt es zwischen den Opfern?

Meine Meinung:

Der Autorin ist wieder ein spannender Krimi gelungen, der nicht nur die kulinarischen Besonderheiten in und rund um Nîmes farbenfroh beschreibt, sondern einen Einblick in die Lebensweise der Gitanos gibt.

Neben dem bewährten Ermittlerteam Rachid Bouraada, Felix Tourrain und Coralie Mollard darf auch die bekannte Sängerin Marta Torres vorsichtig Erkundigungen einholen. Martas Bekanntheit ist in der Region ein Türöffner, der vor allem bei den Gitanos, die üblicherweise der Polizei gegenüber wenig mitteilsam sind, hilfreich ist.

Neben den Ermittlungen bekommen wir es wieder Einblick in das Seelenleben von Mathilde und auch von Rachid zu tun, die beide voneinander fasziniert sind, sich aber noch (?) nicht erklärt haben. Die zarten Pflänzchen einer aufkeimenden Zuneigung müssen gepflegt und gehegt werden.

Mathilde de Boncourt ist eine Frau, die mit beiden Beinen im Leben steht, die ihre liebt und die mit dem Laster des Rauchens kämpft. Sie kann kaum ohne ihre „Gauloise Blonde“ auskommen. In vielen Büchern wird vor allem das Rauchen konsequent verdammt. Dass es hier quasi erlaubt ist, macht den Krimi authentisch.

Der Krimi besticht nicht nur durch das Lokalkolorit, sondern durch unerwartete Wendungen, die die Spannung erhöhen. Zahlreiche Hinweise verdichten sich zu einer heißen Spur, um dann doch in einer Sackgasse zu enden.

Fazit:

Ein fesselnder Krimi, der uns wieder die kulinarischen Genüsse der Region um Nîmes näherbringt. Gerne gebe ich hier 5 Sterne.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 15.05.2022
Die Macht der Geheimbünde
Kohlmaier, Hannes

Die Macht der Geheimbünde


sehr gut

Geheimbünde üben seit je her eine gewaltige Faszination auf jene Menschen aus, die kein Mitglied dieser Klubs sind. Je weniger Informationen über geheime Rituale oder die Mitglieder bekannt sind, desto häufiger sprießen allerlei Verschwörungstheorien aus dem Boden.

Dem Autor und Journalisten Hannes Kohlmaier ist es gelungen, exklusiven Zutritt zu den Räumen diverser Geheimbünde zu erhalten. Er durfte auch an der einen oder anderen Zeremonie teilnehmen.

Welchen Geheimbünden war er nun auf der Spur? Und was ist die Quintessenz aus seiner Recherche?

In vier großen Kapiteln lässt er uns an seinem Insiderbericht teilhaben, wenn er über bekannte und weniger bekannte Geheimgesellschaften schreibt. Der wohl bekannteste Geheimbund sind wohl die Freimaurer sowie die Rosenkreuzer. Der Bund der Kabbala ist hauptsächlich durch das rote Bändchen, das Show-Größen wie Madonna an ihrem Handgelenk tragen, bekannt geworden. Im vierten Kapitel stellt Hannes Kohlmaier einige ziemlich unbekannte Gruppierungen vor. Oder hat irgendwer schon von den „Guglmännern“ gehört? Oder von den „Schlaraffen“? Manche dieser Geheimgesellschaften haben gerade einmal ein paar Dutzend Mitglieder. Damit kann kaum ein politischer Umsturz bewerkstelligt werden.

Meine Meinung:

Wer hier sensationslüstern Neues über die geheimen Rituale der Freimaurer oder Rosenkreuzer erwartet, wird ein wenig enttäuscht werden. Würden die Organisationen alle ihre Geheimnisse oder ihre Mitgliederlisten offenlegen, ginge der Nimbus des Geheimnisvollen verloren, der Teil des Mysteriums „Geheimbünde“ ist.

Apropos Mitgliederlisten: natürlich werden nur jene Namen genannt, die ohnehin bekannt sind wie Mozart oder Angelo Soliman.

Die viel zitierte Weltverschwörung der Freimaurer kann auch hier nicht nachvollzogen werden. Der Vorwurf, dass man einem Bruder hilft, der in Not geraten ist? Klaro, soll auch bei Freunden oder in anderen Kreisen wie z.B. Bei der Feuerwehr üblich sein. Wenn ich einen guten Handwerker brauche, frage ich auch Bekannte oder Freunde, ob sie wen kennen, der ordentliche Arbeit leistet, bevor ich das Telefonbuch oder Internet zurate ziehe. Das Verraten von Insiderwissen, das zu mehr Wohlstand führt? Solche Tipps orte ich eher im parteipolitischen Klüngel, als bei den Freimaurern. Postenschacher - hat wenig mit Geheimbünden als mit Seilschaften anderer Art zu tun.

Für Leser, die sich noch nicht mit den Freimaurern oder ähnlichen Klubs beschäftigt haben, ist dieses Buch ein gelungenes Einsteigerwerk. Für mich hat sich bis auf die „Schlaraffen“ wenig Neues eröffnet.

Die Fotos in der Mitte des Buchs geben einen Einblick in die eine oder andere Versammlungsstätte.

Fazit:

Für Einsteiger in die Materie ein gelungenes Buch, für jene, die sich schon länger mit dem Thema beschäftigen, ist die Öffnung dem Journalisten gegenüber vielleicht ein Novum. Gerne gebe ich hier 4 Sterne.

Bewertung vom 11.05.2022
Die Ladys von Somerset - Die Liebe, der widerspenstige Ambrose und ich (eBook, ePUB)
Marsh, Julie

Die Ladys von Somerset - Die Liebe, der widerspenstige Ambrose und ich (eBook, ePUB)


sehr gut

Schauplatz dieses Romans ist England. Man schreibt das Jahr 1807. Durch Napoleons Kontinentalsperre haben einige Wirtschaftstreibende ihr Vermögen verloren. So auch Emmas Vormund. Er landet im Gefängnis und die theaterbegeisterte junge Frau auf der Straße. Kurz entschlossen nimmt sie eine Stelle als Gesellschafterin bei der verwitweten Lady Darlington an. Die Witwe beauftragt Emma ihre ältere Tochter Anthea mit dem reichen Gutsbesitzer Mr. Livingston zu verkuppeln. Allerdings begegnen sich die beiden mit gegenseitigem Desinteresse.

Weil Emma davon träumt, als Theaterdichterin Karriere zu machen, lässt sie Anthea und Mr. Livingston in ihrem selbst geschriebenen Theaterstück auftreten. Auch Antheas Schwester Frances und der zu Besuch weilende Frauenheld Ambrose Beauchamp erhalten ihre Rollen.

Doch die Proben entwickeln ein Eigenleben und so verliert Emma den Überblick, wessen Gefühle nun echt oder nur gespielt sind. Auch ihr eigenes Gefühlsleben gerät in Aufruhr.

Meine Meinung:

Üblicherweise lese ich Romane, die eine Ähnlichkeit mit jenen von Jane Austen haben sollen, nicht. Doch hier hat mich die Leseprobe ein wenig an Shakespeares „Sommernachtstraum“ erinnert - sowohl sprachlich als auch vom Inhalt her.

Ich habe es nicht bereut, denn ich habe ein Sittenbild der damaligen Zeit bekommen, das mir sowohl Amüsement als auch Kopfschütteln beschert hat. Amüsiert habe ich mich über die Irrungen und Verwirrungen der Protagonisten. Kopfschütteln musste ich über die Naivität der jungen Darlington-Sisters. Anthea macht im Laufe des Romans die größte Entwicklung durch, die man ihr anfangs so gar nicht zutraut.

Das Gehabe von Lady Darlington rund um ihren Mops Muzzle ist mir gehörig auf die Nerven gefallen, ist aber wahrscheinlich authentisch. Überhaupt ist Lady Darlington eine ziemlich überhebliche Person. Sie kann sich gut vorstellen, als Bäuerin über die Felder zu wandeln - allein dieser Satz zeigt, dass sie keine Ahnung vom richtigen Leben und da vor allem vom beschwerlichen Dasein der Bauern, die ja meistens Leibeigene oder Pächter sind, hat. Kleine Schafe mit einer blauen Schleife sind niedlich, große stinken. Nun ja, damit ist sie in guter Gesellschaft, hat sich ja auch Frankreichs Königin Marie Antoinette auch einen Bauernhof nachbauen lassen. Wohin das geführt hat, ist allseits bekannt.

Die einzelnen Charaktere sind die Summe ihrer Erfahrungen und leben in ihrer eigenen kleinen Welt. Was nicht sein darf, existiert einfach nicht.

Mir hat dieser Ausflug ins 19. Jahrhundert recht gut gefallen, was vor allem an der schönen Sprache liegt.

Fazit:

Ein Ausflug in das England des 19. Jahrhunderts in bester Tradition von William Shakespeare Komödien. Gerne gebe ich hier 4 Sterne.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 08.05.2022
Mexikoplatz
Albich, Mina

Mexikoplatz


ausgezeichnet

Psychologin Nicky Witt verlässt um drei Uhr morgens das Haus ihrer neuen Bekanntschaft und entdeckt eine weibliche Leiche im Park am Mexikoplatz. Als die Polizei wenig später eintrifft, ist die Tote verschwunden und Nicky ahnt noch nicht, in welchen Strudel der Ereignisse sie hineingezogen wird.

Das Ermittlerduo Felix Grohsmann und Johanna „Joe“ Kettler beginnen mit ihren Recherchen und stoßen auf eine Vermisstenanzeige: Lisa, eine Studentin der Wirtschaftsuniversität ist abgängig. Wenig später taucht die Leiche wieder auf und wird als die vermisste junge Frau identifiziert. Je tiefer Grohsmann und Kettler in das Umfeld der Toten eintauchen, desto größer ist die Diskrepanz zwischen den Bildern, die Lisas Eltern bzw. Studienkollegen von ihr haben.

Nicky Witt, die zunächst einmal auf der Liste der Verdächtigen steht, beginnt die psychologischen Aspekte dieses Verbrechens zu beleuchten. Damit kann sie den Ermittlern den einen oder anderen Hinweis geben.

Die Auflösung ist ein wenig überraschend, aber schlüssig.

Meine Meinung:

Autorin Mina Albich ist mit diesem Debüt-Krimi ein spannendes Buch gelungen, das in die Psyche der Menschen blicken lässt. Da haben wir zum einen die Klienten der Psychologin, von denen der eine oder andere Nicky Witt an die Grenzen ihrer Geduld bringen und zum anderen jene, die mit beiden beiden Beinen im Leben stehen, obwohl es manchmal nicht so leicht ist. Mina Albich hat lebendige Charaktere erschaffen. Menschen wie du und ich, die Höhen und Tiefen des Lebens durchmachen. Felix Grohsam ist trotz jahrelangen Polizeidienstes ein umgänglicher Mensch geblieben. Nach wie vor trauert er um seine verstorbene Frau Caro, doch langsam scheint er aus seinem Schneckenhaus hervorzukriechen.

Der Schreibstil ist angenehm zu lesen. Jeder Charakter darf so reden, wie ihm oder ihr der Schnabel gewachsen ist. Daher gibt es in einigen Dialogen, wohl dosierte Dialektpassagen. Nicht zu viel, sondern angenehm authentisch, sodass sich der Krimi rundum stimmig präsentiert.

Gut gefällt mir, dass wir sowohl Einblick in die Arbeit der Psychologin erhalten als auch den Polizisten bei ihren Ermittlungen, die manchmal mühsam sind, über die Schultern schauen dürfen.

Geschickt für uns die Autorin an der Nase herum. Sie legt Spuren, die in der einen oder anderen Sackgasse münden. Elegant sind auch die Eigenheiten so mancher Örtlichkeit wie die Architektur der Wirtschaftsuniversität oder die Kirche am Mexikoplatz eingeflochten.

Diese Art Krimi hat Reihenpotenzial. Ich hoffe, schon bald eine Fortsetzung mit Felix, Joe und Nicky lesen zu dürfen. Indizien dafür gibt es ja eine Menge.


Fazit:

Ein gelungenes Krimi-Debüt, das mich gut unterhalten hat. Gerne gebe ich hier 5 Sterne.

Bewertung vom 08.05.2022
Kalte Blüten / Périgord-Krimi Bd.2 (eBook, ePUB)
Dubois, Julie

Kalte Blüten / Périgord-Krimi Bd.2 (eBook, ePUB)


sehr gut

Auf dem weitläufigen Bauernhof der vier Barthes-Schwestern soll eine Ölmühle errichtet werden, die eine Spezialität des Périgord, nämlich Walnussöl, herstellen soll. Doch die Aushubarbeiten stoppen jäh, als der Bagger einen Schädel zutage fördert. Recht bald erhärtet sich der Verdacht, dass es sich um das Skelett des vor Jahren angeblich nach Australien ausgewanderten Sohn der Familie handelt. Was ist passiert? Unfall oder Mord? Und was hat es mit den Blumensamen auf sich, die bei dem Toten gefunden wurden?

Madame le Commissaire Marie Mercier nimmt die Ermittlungen auf und deckt eine Reihe von Familiengeheimnissen, die man seit Jahren unter den Tisch gekehrt hat, auf.

Jede der vier Barths-Schwestern hat ihr eigenes Schicksal zu tragen, weswegen man der Kommissarin mit Schroffheit und Argwohn begegnet.

Meine Meinung:

Wer einen Krimi, der die zahlreichen Bräuche rund um Ostern im zauberhaften Périgord einbezieht, lesen möchte, ist hier richtig. Quietschende Reifen und Sondereinsatzkommandos mit Maschinenpistole im Anschlag sucht man hier vergebens.
Wir erfahren einiges aus dem familiären Umfeld von Marie Mercier. Großtante Léonie und der Familienfreund Georges durften wieder eine Rolle spielen. Ein bisschen zu viel Raum ist dem nerdigen Kollegen Richard eingeräumt worden. Vor allem das Tamtam um den plätschernden Brunnen im Büro hat mich persönlich sehr genervt. Wie man weiß, ist „gut gemeint“, das Gegenteil von „gut“. Ich habe Richard als ungewollt (?), aber trotzdem übergriffig empfunden. Marie Mercier muss hier ein höfliches, aber bestimmtes Machtwort sprechen, zumal sich Richard möglicherweise irgendwelche Chancen bei Marie ausrechnet, die sie nicht erfüllen will oder kann.

Der Schreibstil ist flüssig und angenehm. Gerne habe ich auch die eingeflochtenen französischen Redewendungen gelesen, obwohl die Sprache nicht so wirklich mein Lieblingsfach im Gymnasium war.

Fazit:

Ein Krimi, der mit französischen Savoir Vivre im Périgord punktet. Gerne gebe ich hier 4 Sterne.

Bewertung vom 08.05.2022
Atuk
Jean, Michel

Atuk


ausgezeichnet

Nach dem Roman „Kukum“, der die Lebensgeschichte seiner Urgroßmutter Almanda erzählt, widmet sich Michel Jean nun in „Atuk“ seiner Großmutter Jeanette.

Jeanette wächst mit ihren Eltern und Geschwistern in den Wäldern in der Provinz Quebec auf. Als sie sich 15-jährig in Xavier Gagnon, einen Mann verliebt, der als Weißer gilt und ihn gegen den Willen ihrer Eltern heiratet, verliert sie nach den damals gültigen Gesetzen ihren Status als Indianerin und muss das den Innu zugeteilte Reservat verlassen. Sie zieht in die Stadt, bekommt elf Kinder.
Dieser Umstand bewirkt, dass auch der Autor Michel Jean in der Stadt aufwächst und nun in seinen Romanen auf Spurensuche nach seinen Wurzeln geht.

Meine Meinung:

Der Roman ist in der Ich-Form geschrieben. Das Besondere ist, dass es zwei Ich-Erzähler gibt, nämlich Jeanette als „Sie“ und Michel als „Er“. Abwechselnd erzählen sie uns ihre Geschichte bzw. Erlebnisse. Wir steigen in das Buch zum Begräbnis von Jeanette ein. Nach und nach enthüllen uns die beiden Erzählstränge die Lebensweisen der Innu.
Für den Autor ist die Spurensuche nicht einfach. Er muss sich zahlreichen Vorurteilen stellen, denen die Autochthonen ausgesetzt sind. Er berichtet von der Ungleichbehandlung und Ungerechtigkeiten der Indianergesetze. Wenn eine Innu einen Weißen oder Mischling heiratet, verliert sie, wie es Jeanette ergangen ist, ihren Indianerstatus. Heiratet ein Weißer eine Innu, so wird er in die Gemeinschaft aufgenommen und genießt (?) den Schutz der Gesetze.

Wie schon in „Kukum“ wird die Lebensart der Innu, über die in der Geschichte Kanadas kaum etwas zu lesen ist, sehr einfühlsam dargestellt. Dazu hat der Autor die Sprache seiner Vorfahren erlernt. Manchmal fühlt er ob der nach wie vor bestehenden Vorurteile ohnmächtigen Zorn. Er hat den Indianer in sich.

Fazit:

Eine einfühlsame und interessante Suche nach den eigenen Wurzeln, der ich wieder 5 Sterne gebe.

Bewertung vom 02.05.2022
Blutgrund
Glanninger, Peter

Blutgrund


ausgezeichnet

In seinem zweiten Fall bekommt es Chefinspektor Thomas Radek vom LKA St. Pölten mit einem komplexen Kriminalfall zu tun.
Zunächst wird ein Wanderarbeiter bei einem Überfall schwer verletzt, wobei das Motiv, ein einfacher Raubüberfall oder doch Fremdenfeindlichkeit nicht ganz ersichtlich sind. Als dann kurze Zeit später ein Journalist, der sich mit dem Thema Wanderarbeiter beschäftigt hat, ermordet wird, scheinen die Zusammenhänge klar. Der Verfassungsschutz mischt sich ein, da nach dessen Ansicht die Täter im rechten Lager zu finden sind. Aber stimmt das auch? Und welche Rolle spielt der Verein, der sich für die Rechte von Wanderarbeitern starkmacht?

Sonja, die Schwester des ermordeten Journalisten entdeckt brisante Aufzeichnungen und gemeinsam beginnen Thomas Radek und sein Kollege dieser Hintergrundinformation nachzugehen.

Meine Meinung:

Mit diesem Krimi ist Autor Peter Glanninger ein zweiter, fesselnder Fall für Thomas Radek gelungen. Hier wird auf solide Ermittlungsarbeit großen Wert gelegt, die auch manchmal frustrierendes Zusammentragen von Informationen, das letztlich in einer Sackgasse mündet, beinhaltet. Seriöse Polizeiarbeit ist eben Wühlen im sprichwörtlichen Dreck. Als gelernter Polizist, weiß der Autor, worüber er schreibt. Das wirkliche (Ermittler)Leben unterscheidet sich eben gravierend von TV-Krimis à la CSI. Schmunzeln musste ich über die Typen vom Verfassungsschutz, die sich den Fall mit lautem Getöse unter den Nagel reißen wollten, nur um dann kleinlaut abziehen zu müssen.

Peter Glanninger spricht mehrere heiße Eisen an: das Elend der ausgebeuteten Wanderarbeiter, die Korruption in der (Stadt)Politik sowie die Machenschaften im Bauwesen.

Gut gefällt mir, dass ich mit den Protagonisten durch Niederösterreichs Landeshauptstadt St. Pölten streifen darf. Es gibt wenige Krimis, die dort spielen.

Ob sich das zarte Pflänzchen der gegenseitigen Zuneigung zwischen Thomas und Sonja entwickeln darf?

Fazit:

Ein gelungener zweiter Fall für Thomas Radek, dem ich gerne 5 Sterne gebe.