Benutzer
Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
Sikal
Wohnort: 
Österreich

Bewertungen

Insgesamt 1155 Bewertungen
Bewertung vom 10.01.2019
Moonshots
Bizony, Piers

Moonshots


ausgezeichnet

Faszinierende Einblicke

Schlägt man dieses Buch auf, so wird man gleich zu Beginn auf die volle Härte des Astronautendaseins eingestimmt – der Arbeitsplatz von dem wohl jeder Junge einmal geträumt hat, ist doppelseitig auf der Innenseite des Umschlages ersichtlich, das Cockpit einer Saturn- Rakete.

In fünf Kapiteln geht es dann so weiter – Bilder von unglaublicher Aussagekraft begleiten jeden Abschnitt des Buches und machen es zu einem Fotoband der Superlative. Nicht zuletzt auch für jeden Fotografen, da kaum je ein Fotograf selbst die Gelegenheit bekommen wird, solche Bilder selbst zu schießen.

Der Band ist voll von Fotografien, die für sich selbst sprechen. Jedes der Bilder erzählt eine Geschichte. Jedes der Bilder zeigt den Mut der Astronauten oder die Herausforderungen der gesamten Mannschaft – sei es am Boden oder in der Luft, sei es bei den Vorbereitungen oder am Mond selbst.

Die Worte des damaligen amerikanischen Präsidenten John F. Kennedy, noch im laufenden Jahrzehnt bemannt den Mond zu erreichen, sind heute jedem bekannt. Was durch diese Aussage bewirkt wurde und mit welchen Mitteln und unglaublichen Anstrengungen der weite Weg dahin bewerkstelligt wurde, beschreiben die ersten beiden Kapiteln dieses Buches.

Und dann war es so weit: Das erste Bild unserer Erde aus dem Weltraum, ließ die Menschheit den Atem anhalten. Die NASA selbst hatte jedoch keine Zeit den Atem anzuhalten – der Wettlauf ging weiter und bis zur Landung am Mond, der im nächsten Kapitel Thema ist, war es noch ein weiter Weg.

Wie uns die Geschichte lehrt, ist so ziemlich alles möglich, wonach der Mensch strebt – somit stand auch der Mondlandung nichts im Weg, was man nicht beseitigen hätte können. Die Landung mit der Landefähre und spätere Erkundungsfahrten mit dem eigens dafür entwickelten Fahrzeug begeisterten schon damals die Menschen, die sich vor den Fernsehern zusammenfanden, um mit den Pionieren mit zu fiebern. Dieser Pioniergeist findet sich in jedem einzelnen der Fotos wieder.

Leider haben wir heute vergessen wie zerbrechlich und verwundbar damals die Erde auf ihre Bewohner wirkte. Bilder der NASA sind heute zuhauf im Internet zu bewundern und wenngleich die Bilder nichts an Faszination verloren haben, so geht die Zerbrechlichkeit unseres Planeten letztendlich in dieser Flut an Bildern unter.

Vielleicht schafft es ja dieses Buch, den einen oder anderen daran zu erinnern, wie klein wir wirklich sind und in welchem Maße wir von der Erde abhängen. Denn noch ist dieser Planet der einzige, der uns zur Verfügung steht…

Bewertung vom 06.01.2019
Plus zwei Grad
Kromp-Kolb, Helga;Formayer, Herbert

Plus zwei Grad


ausgezeichnet

Ein wichtiges Thema für alle

Gerade weil sich auch Politiker zu so manch unüberlegter Aussage hinreißen lassen, viele Menschen denken, dass es nur für die anderen gilt und Österreich quasi eine „Insel der Seligen“ bildet, ist dieses Buch wichtig und sollte für alle zur Pflichtlektüre werden. Der Klimawandel ist präsent, ja, es gibt ihn und er kann auch nicht wegdiskutiert werden.

Die Autoren Helga Kromp-Kolb sowie Herbert Formayer, beide Meteorologen und Klimaforscher, haben mit diesem Buch die wichtigsten Punkte strukturiert und für den Laien verständlich zusammengefasst. Ohne mit erhobenem Zeigefinger auf Verursacher zu zeigen, schildern sie Fakten, Auswirkungen, aber auch Lösungsansätze. Sie widerlegen so manchen Mythos, hinterfragen Ursachen, stellen Zusammenhänge her und zeigen immer wieder auf: Es betrifft uns alle!

Das Buch ist klar strukturiert, hat kurze Kapitel, die mit Studienergebnissen, Grafiken ergänzt werden und zusätzlich kann man noch „Mehr erfahren“ in hervorgehobenen Kästchen, die so manche Zusatzinformation parat haben. Nicht nur die Klimaveränderungen der letzten Jahrzehnte, das Kyotoprotokoll und das Pariser Abkommen werden ausführlich behandelt, auch Österreich als Musterland? sowie der Zusammenhang zwischen Hunger, Migration und dem Klimawandel wird hergestellt. Was jeder einzelne tun kann, um entgegenzusteuern wird ebenso thematisiert wie die Verpflichtung, unseren Enkeln gegenüber – auch sie sollen noch auf einem lebenswerten Planeten leben können. Doch es werden auch sehr viele positive Beispiele genannt und besondere Aktivitäten hervorgehoben.

Ein Buch, das zum Nachdenken anregt, auch den eigenen Lebensstil zu überdenken. Ich für meinen Teil konnte mich bei den Lösungsvorschlägen einige Male wiederfinden – wir versuchen regionale Produkte zu kaufen, zum Großteil in Bioqualität, weniger Fleisch zu essen, fahren mit einem Elektroauto und haben eine Photovoltaik-Anlage … doch es gibt immer was zu tun und darum halte ich mich an das letzte Kapitel des Buches, welches treffend verlautet: „Meine Enkerl sollen stolz auf mich sein!“

Das Buch empfehle ich sehr gerne weiter und vergebe 5 wichtige Sterne.

Bewertung vom 06.01.2019
Chagall
Weber, Annette

Chagall


ausgezeichnet

Chagall – ein Ausnahmetalent

„Wäre ich nicht Jude gewesen, wäre ich kein Künstler geworden, oder doch ein ganz anderer.“

Der russische Maler Marc Chagall (1887 – 1985), geboren als Moische Zagalov in Witebsk im heutigen Weißrussland. Seine jüdische Familie war sehr gläubig, was sich oftmals in seiner Kunst widerspiegelte. Durch die starke Hand seiner Mutter wurde ihm erst eine künstlerische Laufbahn ermöglicht. Man erfährt in diesem Bildband einiges über sein Leben, seine familiären Hintergründe, seine Ehe mit Bella, seine wechselnden Wohnsitze und vor allem seine Bilder.

Wer einen Überblick über das gesamte Lebenswerk haben möchte, wird hier gut bedient. Die Autorin Annette Weber schafft einen guten Überblick über das Gesamtwerk Chagalls. Seine frühen Werke, mit denen er bereits in Berlin punkten konnte, bis hin zu seinen späten Glasfenstern, findet man in diesem großartigen Bildband alles Wichtige, was man über diesen Künstler wissen sollte.

Viele seiner Werke werden großformatig abgebildet und von der Autorin analysiert bzw. interpretiert, die Aufmerksamkeit auf jüdische Symbole gelegt, die Farbpalette besprochen und auch die Verbindung zu einigen Künstlerkollegen wird erwähnt, einige Anekdoten laden zum Schmunzeln ein – „… Womöglich gefällt mir das Zeug.“ [Max Liebermann]

Bereits nach den ersten Ausstellungen wird er von Sammlern geschätzt und geachtet – so lange, bis die Nazis Chagalls Werke als entartete Kunst deklarierten, seine expressionistischen Bilder verspottet und abgewertet wurden. Trotz allem bleibt er seinem zum Teil surrealen, märchenhaften Stil treu, verbindet auch kubistische Elemente mit religiöser Symbolik und gilt als ein Meister der Farben. Großartig finde ich seine frühen Bilder, in denen die russischen Bauern und diverse Erinnerungen mit nur wenigen aussagekräftigen, skizzenhaften Strichen zu Papier gebracht wurden.

Als die Lage für Juden in Russland immer schwieriger wird, reist er über Berlin nach Paris, wo er sich bald als Künstler neu findet. Doch auch hier ist ihm nicht vergönnt, längere Zeit zu verweilen. Vor den Deutschen muss er erst nach Südfrankreich fliehen, bevor er in die USA emigriert. Nach dem Krieg entscheidet er sich für ein Leben in Südfrankreich.

Für Interessierte ist dieses Prachtexemplar ein Muss, tolle Papierqualität bringt die Farben zum Leuchten, hochwertige Ausführung und eine kompetente Zusammenfassung, die sich nicht allzu sehr in Details verliert. Ein tolles Geschenk für Kunstinteressierte. Natürlich gibt es dafür 5 Sterne und eine Leseempfehlung.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 04.01.2019
Teufelsweiber
Heer, Carina

Teufelsweiber


sehr gut

Nicht nur für Frauen lesenswert

„Aller Fortschritt geht vom Manne aus. Deshalb hängt das Weib vielfach wie ein Bleigewicht an ihm; sie verhindert manche Unruhe und vorwitzige Neuerung, sie hemmt aber auch den Edlen, denn sie vermag das Gute vom Bösen nicht zu unterscheiden und unterwirft schlechtweg alles der Sitte und dem Sagen der Leute.“ [Julius Möbius]

Und noch viele andere Zitate in dieser Art werden gleich zu Beginn von der Autorin vermerkt. Frauen als Anhängsel des Mannes, als geringschätzig betrachtetes Wesen, geschwätzig, ohne logisches Denkvermögen, … Also – sämtliche Klischees im Zitatenschatz (der Männer) vereint. Ein Dankeschön an die Autorin, dass sie dem widerspricht und aufzeigt, was Frauen wirklich können. Sie hat hier quer durch die Jahrhunderte 100 Porträts von Frauen zusammengefasst und betitelt diese als „Teufelsweiber“ (was vielleicht nicht ganz glücklich gewählt ist).

Die Frauenporträts werden kurz und knackig auf ca. 3 Seiten präsentiert und geben einen ersten Einblick in deren Lebensgeschichte. Man(n) bekommt eine grobe Übersicht über interessante Persönlichkeiten, lernt herausragende Frauen kennen oder auch blutrünstige „Monsterfrauen“. Also, die ganze Palette an menschlichen Charakteren, die ja nicht unbedingt einem Geschlecht zuzuordnen sind.

Man findet sie: die Mutigen, die Rachsüchtigen, die Wohltäterinnen, die Entdeckerinnen, die Kämpferinnen, die Aufklärerinnen – und noch einige mehr. Viele bekannte Namen werden genannt, man findet eine Marie Curie aber auch eine Marlene Dietrich, Mata Hari aber auch Hildegard von Bingen, Margaret Thatcher, Rosa Luxemburg, Simone de Beauvoir, Katharina II, …

Der Schreibstil der Autorin Carina Heer ist flüssig, die Porträts lesen sich gut und sind informativ. Natürlich können sie ob der Kürze nicht ausführlich informieren, vielmehr soll wohl das Interesse für eine Persönlichkeit geweckt werden und man kann sich danach immer noch intensiver in einer Biographie einlesen.

Einziger Kritikpunkt: Die Namen zu clustern (nach Zeit, Fachgebiet, Alphabet, …) wäre für ein rasches Auffinden oder eine kurze Orientierung von Vorteil gewesen. Nichtsdestotrotz ist es ein informatives, kurzweiliges Buch, in dem ich einige interessante Frauen entdecken durfte, die mir noch nicht bekannt waren. Gerne vergebe ich für diese „100 Frauen, die die Welt auf den Kopf stellten“ 4 Sterne.

Bewertung vom 03.01.2019
Fanfaren einer neuen Freiheit
Beutin, Heidi;Beutin, Wolfgang

Fanfaren einer neuen Freiheit


sehr gut

Nachvollziehbare Gedanken

100 Jahre Novemberrevolution wurden von den Autoren Heidi und Wolfgang Beutin zum Anlass genommen, um diese Zeit gebührend in den Fokus zu stellen. In dem Buch „Fanfaren einer neuen Freiheit“ werden Weggefährten (Politiker, Künstler, …) dieser Ereignisse vorgestellt – teilweise, weil diese aktiv an der Revolution beteiligt waren, teilweise weil der Umsturz von ihnen nicht befürwortet wurde. Ein Sammelsurium an Meinungen, Gedanken, Diskussionen… Den Autoren gelang ein vielschichtiges Porträt unterschiedlichster Persönlichkeiten, ohne Rücksicht auf deren politische Gesinnung werden diese vorgestellt – beispielsweise Thomas Mann, Rosa Luxemburg, und viele andere.

Die Autorin Heidi Beutin studierte Politikwissenschaft und Germanistik, arbeitet heute als Wissenschaftspublizistin, Dr. phil. Habil. Wolfgang Beutin studierte Geschichte und Germanistik und war zuletzt Privatdozent an der Uni Bremen.

Das Buch ist gut strukturiert und bietet eine entsprechende Übersicht dieses interessanten Themas. Auch Laien finden sich sehr gut zurecht, die Gliederung des Inhaltsverzeichnisses ist übersichtlich und teilt sich wie folgt auf:

Grundzüge der Novemberrevolution
Die „Intellektuellenfrage“ in der Diskussion um 1918
Positionen
Dem Aktivismus und Pazifismus verbundene Intellektuelle
Intellektuelle im Spartakusbund und in dessen Umkreis
Intellektuelle und die Rätebewegung

Die jeweiligen Kapitel werden noch in diverse Unterpunkte unterteilt und sind somit für ein schnelles Nachschlagen nützlich. Im Anschluss an die Kapitel findet man noch ein aussagekräftiges Nachwort, ein ausgiebiges Literaturverzeichnis sowie eine Zeittafel.

Viele Zitate von Zeitgenossen - diese Revolution betreffend (wenn sie denn eine war …War diese erfolgreich oder ist sie gescheitert?) - werden zitiert, analysiert bzw. interpretiert. Über die Auswahl dieser kann man geteilter Meinung sein, ich finde, dass es hier eine gute Mischung gibt. Gerne vergebe ich 4 Sterne für dieses aussagekräftige Buch.

Bewertung vom 02.01.2019
Das Weiße Haus des Exils
Mann, Frido

Das Weiße Haus des Exils


ausgezeichnet

Das Weiße Haus des Exils

Thomas Mann lässt sich nach seiner Emigration ein Haus an der Westküste der USA bauen. Dieses Haus in Pacific Palisades wird zu einem bedeutenden Ort für den Schriftsteller und seine Familie, später auch ein Ort der Begegnung, in dem Diskussionen stattfinden und ein reger Gedankenaustausch erfolgt. Die deutsche Bundesregierung eröffnete im Juni 2018 hier ein transatlantisches Dialogzentrum – das Thomas Mann House.

Frido Mann, ein Enkel Thomas Manns, hat hier Gedanken, Fotos, Tagebücher zusammen getragen, lässt diese mit seinen Erinnerungen verschmelzen und verbindet somit Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Als die Manns nach Jahren in den USA wieder nach Europa zurückkehren, kommt das Haus erst in Privatbesitz bevor es nun von der deutschen Bundesregierung gekauft wurde.

Der Autor hat selbst gute Erinnerungen an das Haus und dies erzählt er hier mit großer Wertschätzung seinen Großeltern gegenüber. Als er 2018 nach 70 Jahren wieder in dieses Haus zurückkehrt, ist sein Zugang wiederum ein sehr persönlicher, wieder kommt es zu einem Ort der Begegnungen – genau dafür war das Haus ja ursprünglich auch mal gedacht.

Frido Mann schreibt mit viel Respekt, ohne Pathos über Demokratie und Menschlichkeit, über Dialog und Verständigung. Ein anregendes Buch, das viel Raum für eigene Gedanken lässt und dem ich gerne 5 Sterne gebe.

Bewertung vom 02.01.2019
Die Trapp-Familie
Jelinek, Gerhard;Mosser, Birgit

Die Trapp-Familie


sehr gut

Interessantes über „The Sound of Music“

Den Hollywood-Film über das Leben der Trapp-Familie haben beinahe 2 Milliarden Menschen weltweit gesehen. Ein Wahnsinn eigentlich, nach Einspielergebnissen gerechnet, zählt dieser Film zu einem der zehn erfolgreichsten Filme in der Geschichte. Die beiden Autoren Gerhard Jelinek, Jurist, Journalist und Sachbuchautor sowie Birgit Mosser-Schuöcker, ebenfalls Juristin und Journalistin, wollten der wahren Geschichte hinter dem Mythos auf den Grund gehen. Was steckt wirklich hinter dem verkitschten Zauber des Familienchors?

Das Buch gibt einen Einblick in die Geschichte Anfang des 20. Jahrhunderts, spannt den Bogen von der Zeit der Habsburg-Monarchie, als Österreich noch einen Meerzugang hatte und eine Marine, erzählt von den Umbrüchen des 1. Weltkrieges, von der Weltwirtschaftskrise, dem Aufstieg Adolf Hitlers, dem 2. Weltkrieg und dem Neuanfang in den USA.

Manche Kapitel sind sehr umfangreich beschrieben, beispielsweise liest man über die U-Boot-Angriffe und die dahinterliegende Strategie des Kapitäns Georg von Trapp sehr detailliert. Trotzdem finde ich, lesen sich auch diese Abschnitte sehr interessant (ein wenig Geschichtsinteresse ist natürlich von Vorteil). Störend fand ich eher so manche Wiederholungen, öfters wird innerhalb weniger Seiten mehrmals das Gleiche erzählt.

Interessant ist die Darstellung der finanziellen Schwierigkeiten der Familie, von ihren daraus erfolgten Umzügen, von der ersten Begegnung mit der 2. Frau von Trapp, die sich später nur „Baronin“ nennen lässt. Toll auch, dass die Abstimmung über die freiwillige Ausreise nach Amerika anscheinend im Familienrat beschlossen wird – entweder gehen alle oder niemand, das Zusammenbleiben steht hier im Vordergrund.

Das Singen ist bereits jahrelang ein Teil der Familientradition, schon lange bevor bei Wettbewerben mitgemacht wird – und auch lange vor der Übersiedelung in die Neue Welt.

Das Buch erzählt auch einiges über das Musical und die Kinofilme, die Verschleierung der Wirklichkeit. Ebenfalls werden einige „Ungereimtheiten“ aus Maria von Trapps Lebenserinnerungen entkräftet, so waren die von Trapps vor der Ausreise nach Amerika noch nicht Teil der Salzburger Festspiele, auch einige persönliche Daten der „Baronin“ sind aus der Luft gegriffen und offenbar bewusst gefälscht. Ihr etwas spezieller Charakter wird in dem Buch klar hervorgehoben, einerseits singt sie mit den Kindern, dann bekommt sie wieder einen Wutanfall und schlägt die Kinder. Eigenartig auch, dass der jüngste Sohn nach dem Tod seines Vaters nichts erbt …

Ein informativer Ausflug in die Welt der Tatsachen, die einiges an dieser Scheinwelt klarstellen. Ergänzend sind noch einige Fotos enthalten. Alles in allem ein gut recherchiertes Buch, dem ich gerne 4 Sterne gebe.

Bewertung vom 30.12.2018
Die Natur und ihr Recht
Boyd, David

Die Natur und ihr Recht


sehr gut

Interessante Denkansätze

Naturkatastrophen wie Erdbeben, Tsunamis oder verheerende Murenabgänge scheint es ja bereits ewig zu geben und haben sicherlich nichts mit unserem Raubbau an der Natur zu tun– so zumindest die Argumentation vieler politischer Gruppierungen. Und wenn der amerikanische Präsident behauptet, wir würden einen Klimawandel brauchen, da es ohnehin zu kalt sei, so jubeln dessen Anhänger sogar noch über seine Worte.

Der Grund dafür, dass es trotz einer gewaltigen Häufung der Anzeichen für einen Klimawandel immer noch Regierungen gibt, die diesen leugnen findet sich in David Boyd’s Buch in wenigen Sätzen auch Seite 216:
„Über die Rechte von Mutter Erde zu sprechen, stellt das gesamte Rechtssystem infrage, auf dem der Kapitalismus aufbaut. […]. Wenn man jemanden umbringt, kommt man ins Gefängnis – wenn man aber einen Fluss verseucht, passiert nichts. Wir müssen zur Verantwortung gezogen werden können.“

Für die Rechte der Natur einzutreten ist ein Unterfangen, welches auf den ersten Blick aussichtslos erscheint – wer möchte schon von einem Regenwurm verklagt werden oder von einem Fluss vor Gericht zitiert werden?

Was für einzelne Personen lächerlich klingen mag, kann für Konzerne existenzbedrohend werden. Sollten sich Ländereien, Flüsse oder Tiere als juristische Personen deklarieren können, und somit vor Gericht ziehen können, würde es für Konzerne schwierig werden, weiterhin Raubbau zu betreiben. Grundwasser müsste bestehen bleiben und somit das Abpumpen von Wasser erschwert werden. Das Abholzen von riesigen Waldflächen könnte unterbunden werden und somit dem Wildwuchs von Monokulturen entgegenstehen oder das immer stärker betriebene Befischen der Weltmeere würde reguliert werden. Nicht zuletzt hätten Ländereien sogar das Recht darauf Einspruch zu erheben, wenn ein Ölkonzern deren Schiefergasvorkommen oder einen Ölquelle anzapfen möchte.

Was das für die multinationalen Konzerne bedeuten würde, kann sich an dieser Stelle jeder selbst ausmalen…

Aber so einfach kann man es den großen Multis eben nicht machen. Wir alle sind Teil der „Mutter Erde“ und ohne sie nicht lebensfähig. Somit ist es nur logisch und ein Teil der Entwicklung unseres Rechtssystems, der Natur gewisse Rechte zuzusprechen. Was bei Tieren teilweise schon ins Bewusstsein des „Tieres Mensch“ dringt – niemand würde heute mehr einen Gorilla das Recht auf Freiheit oder das Recht auf Leben absprechen – scheint bei Pflanzen oder Gewässern noch weit entfernt.
Liest man allerdings das Buch von David Boyd, einem Rechtswissenschaftler, der unzählige Regierungen in Sachen Umweltrecht und Nachhaltigkeit berät, so gibt es doch Anlass zu Hoffnung.

Viele Regierungen sind bereits gewillt, die Rechte der Natur zumindest in einem ersten Ansatz anzuerkennen. Die vielen Erfolge, die Rechtsexperten in Sachen Naturrecht bereits erkämpft haben, erläutert der Autor ausführlich (teilweise ein wenig zu ausführlich) und zeigt so auch den mühsamen Weg derer, die sich für unsere Umwelt einsetzen – für eine Umwelt, die schließlich nicht nur unser Überleben sichert sondern auch das unserer Kinder.

Bewertung vom 30.12.2018
Warum schweigen die Lämmer?
Mausfeld, Rainer

Warum schweigen die Lämmer?


sehr gut

Wichtige Gedanken zur Demokratie

Steuerungerechtigkeit, Klimawandel, prekäre Beschäftigungsverhältnisse oder Rassismus – alles Themen, bei denen unser demokratisches System scheinbar keine Auswege findet. Oder gibt es dieses demokratische System gar nicht? Leben wir in Scheindemokratien - oder wie es der Autor Rainer Mausfeld beschreibt, in einer Illusion von Demokratie?

In 9 Aufsätzen geht der Autor der Frage nach, was aus unserer Demokratie geworden ist, wie das Volk (oder eben die Lämmer) diese wahrnehmen und wie sie von den wirklichen Machthabern (oder den Hirten) zu einem Instrument der Lenkung umgebaut wird und bereits in der Vergangenheit wurde.

Die Techniken, die dabei zur Sprache kommen, um die Wähler bei Laune zu halten, mögen teilweise nach Verschwörungstheorien klingen und vielleicht als weithergeholt erscheinen – doch folgt man den Argumentationen Rainer Mausfelds und betrachtet die tatsächliche Lage der demokratischen Gesellschaften weltweit, kommt man dabei sehr ins Grübeln.

Die Aufsätze waren ursprünglich nicht für die Öffentlichkeit gedacht und so kommt es in den einzelnen Kapiteln immer wieder zu Wiederholungen. Diese werden aber auch in einen anderen Kontext gesetzt und bekommen so eine andere oder weitere Bedeutung. Genau diese Umdeutungen und Interpretationen des Autors machen es aber erst möglich, dessen Gedanken zu verstehen und die Geltungsbereiche des Ausgeführten zu hinterfragen.

Bereits in der Einleitung wird dem Leser schnell bewusst, dass der Autor kein Blatt vor den Mund nimmt. So ist bereits auf Seite 18 zu lesen: „…ein gesellschaftlicher Veränderungswillen der Bevölkerung ist zu neutralisieren und auf politisch belanglose Ziele abzulenken.“

Verfolg man nun Nachrichten – egal aus welchem Lager sie kommen mögen – und betrachtet man diese nur mit diesem einen Hintergrund, so merkt man bereits hier welche Gräben sich in der Gesellschaft auftun. Je weiter man in das Buch vordringt, umso mehr vertieft sich der Verdacht, dass die Ausführungen nicht aus der Luft gegriffen sind, sondern wir tatsächlich in ernsthaften demokratiepolitischen Schwierigkeiten stecken.

Aber was kann jetzt der einzelne Bürger dagegen machen? Gibt es eine Möglichkeit, um gegen die tatsächlichen Machthabenden aufzubegehren?
Geht es nach Rainer Mausfeld, stehen die Chancen des Einzelnen sehr schlecht, hier wirklich etwas unternehmen zu können. Die Politik und deren Handlanger sind ebenso gefangen in diesem System wie die einzelnen Bürger.

Wie 1789 in Paris, bleibt scheinbar nur der Ausweg eines kollektiven Aufstandes, um dieser Spirale zu entfliehen.
Vielleicht ist ja das, was wir derzeit in Frankreich unter dem Namen der „Gelbwesten“ erleben ein Vorzeichen für ein solches kollektives Erwachen... Und vielleicht gelingt es ja einzelnen Gruppen, die Masse aus deren politischer Lethargie aufzurütteln und somit die düstere Zukunft, wie sie der Autor sieht, abzuwenden.

Die 9 Aufsätze sind nicht leicht zu lesen, erklären sich aber immer wieder gegenseitig und werden bis zum Ende des Buches – mehr oder weniger – schlüssig.

1 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.