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yellowdog

Bewertungen

Insgesamt 2029 Bewertungen
Bewertung vom 09.08.2021
The Comfort Book - Gedanken, die mir Hoffnung machen
Haig, Matt

The Comfort Book - Gedanken, die mir Hoffnung machen


gut

beliebige Gedanken

Matt Haig versammelt hier eine Reihe von Gedanken.
Auf Selbsthilferatgeber reagiere ich allergisch, weil da das Gefühl entsteht, hier würde jemand profitieren wollen. Das glaube ich bei Matt Haig aber nicht. Dennoch hätte ich wohl nie zum Buich gegriffen, wenn Matt Haig mir nicht durch hervorragende Romane bekannt wäre, wie Wie man die Zeit anhält und Ich und die Menschen.
Mein Eindruck am Ende ist, dass vieles beliebig bleibt. Die Hoffnung, die der Autor aus seinen Gedanken schöpft, stellt sich bei mir nicht ein. Mir wäre es auch lieber gewesen, wenn die Kapitel mehr Zusammenhang bzw. Bezug zueinander gehabt hätten.
Ein paar Kapitel bleiben aber doch, mit denen ich etewas fangen kann.
Ich mag zum Beispiel Matt Haigs Listen: die Playlist oder die Liste mit Filmen.
Außerdem sorgt Matt Haigs sorgfältiges Vorgehen beim Sxchreiben für eine gewisse Qualität.

Bewertung vom 08.08.2021
Viktor
Fanto, Judith

Viktor


ausgezeichnet

Erzählerisch gestaltete Familienbiografie

Viktor von Judith Fanto ist eine gediegene Familiengeschichte jüdischer Herkunft. Es gibt zwei Handlungsebenen, einen 1914, der andere ca. 70 Jahre später.
Schon das Cover deutet auf das alte Wien hin und der Vergangenheitsteil des Romans liest sich teilweise wie ein klassischer Roman, was ich sehr angenehm fand.
Viktor, anfangs noch ein Junge, ist eine gute Hauptfigur, äußerst lebhaft und mitfühlend, auch ein Filou.Aber ist auch jemand, der die Verfolgung der Juden genau beobachtet, sich für andere einsetzt und Widerstand wagt.

Der moderne Handlungsteil liest sich anders. Er ist in den Niederlanden angesiedelt. Geertje beginnt über die Vergangenheit der Familie nachzuforschen. Schon jung liest sie in der Bibliothek Bücher über das jüdische Schicksal und befragt ihre Großeltern über Wien, Mahler und Viktor.
Musik ist in der Familie ein wichtiges Thema. Vielleicht hat das Buch daher auch eine gewisse Musikalität und viele Sätze einen besonderen Ton.
Später als Erwachsene nennt Geertje sich Judith und macht sich ernsthaft auf die Suche. Erstaunlich, wie sie sich hineinsteigert, aber es geht um die Suche nach ihrer Identität und das ist ein längerer Prozess.

Judith Fanto hat mit erzählerischen Mitteln ihre Familienbiografie geschrieben. Daher wirkt die Familiengeschichte stärker als wenn es ein biografisches Sachbuch wäre.

Bewertung vom 06.08.2021
Eskalation
Benrath, Nora

Eskalation


gut

Die Grundidee ist arg konstruiert und so glaube ich, im Ansatz mehr oder weniger von Hollywood entliehen. Eigentlich mag ich es nicht so, wenn man ohne Vorbereitung gleich von Anfang an in eine dramatsiche Situation geworfen wird. Das heißt aber nicht, dass der Plot keine Spannung erzeugt.
Durch regelmige Zeitangaben wird ein Tempo vorgelegt, dass Dringlichkeit erzeugt. Eine gewisse Thrillerqualität ist spürbar.
Schon früh im Roman kommt es zum Polizistenmord. Es ermittelt Kommissar Gerd Kaarst, der sich nicht viel von anderen Kommissaren des Genres unterscheidet. Da hätte ich mir mehr Originalität gewünscht.
Die Figuren halte ich für relativ oberflächlich. Das fällt stark auf, da die Autorin dicht an den Figuren erzählt und deren Gedanken beschreibt. Dafür hat sie ein Gespür für dramatische Szenen.
Doch de Auflösung am Ende ist nicht überzeugend.
Fazit: durchwachsen! Starke und mittelmäßige Elemente halten sich die Waage.

Bewertung vom 03.08.2021
Im Dickicht der Fäuste. Vom Boxen
Wondratschek, Wolf

Im Dickicht der Fäuste. Vom Boxen


ausgezeichnet

Wolf Wondratschek: In Dickicht der Fäuste. Vom Boxen.

Dieser Essayband versammelt Wolf Wonfratscheks Beiträge über das Thema Boxen, dass er sehr oft in einem Vergleich zur Literatur bringt.
Die Reportagen sind in cronologischer Form sortiert. Bemerkenswert, dass auch Texte von 1980 heute noch so wirkungsvoll sind.
Wonratsches Leidenschaft für das Boxen ist ansteckend, selbst wenn man wenig Bezug zu diesem Sport hat.
Er geht auch in die Vergangenheit und schreibt z.B. über Jack Johnson, auch über Max Schmeling und erst Recht über Mohammed Ali. Später wird es auch um jüngere Boxer gehen wie Henry Maske, Mike Tyson oder Klitschko.
Ein Abschnitt versammelt Gedichte und Interviews.
Manches ist wirklich spannend und man kann sich kaum losreißen von diesen gelungenen Texten, die gut durchgearbeitet sind.

Bewertung vom 02.08.2021
Mein Sternzeichen ist der Regenbogen
Schami, Rafik

Mein Sternzeichen ist der Regenbogen


ausgezeichnet

Ausgewogenes Erzählungsband

Rafik Schami hat schon so einige Erzählungsbände geschrieben.
Wie meistens geht es auch in seinem neuen Buch Mein Sternzeichen ist der Regenbogen viel um Syrien und Deutschland sowie dem Leben von Syrer in Deustchland, die ihre ehemalige Heimat nicht vergessen können.
Dieses Buch ist aber etwas anders als die früheren Kurzgeschichten, besonders im Ton, der ruhiger, tiefgründiger ist und nicht so sehr auf Pointe setzt und in der zunehmenden Komplexität.
Gut möglich, dass das damit zusammenhängt, dass Rafik Schami älter geworde ist, aber das verhaltenere Erzählen steht ihm.
Noch schärfer ist sein Blick auf die Eigenschaften der Menschen und ihr oft egoistisches Verhalten geworden, die ironie ist eine Spur schärfer als früher.
Das zeigt sich beispielhaft in der Story Salmas Plam, in der ein Geburtstagsfest zur Abrechnung wird.
Es gibt aber auch mildere Geschichten. Manche kürzere Kapitel wirken essayistisch. Oft erfährt man von den Erfahrungen der Menschen.
Das Band ist ausgewogen.

Bewertung vom 01.08.2021
Dante, Homer und die Köchin. Eine Komödie
Wondratschek, Wolf

Dante, Homer und die Köchin. Eine Komödie


sehr gut

Verspielt
Dante, Homer und die Köchin ist ein Buch, dass mit literarischen Mitteln spielt.
Homer lebte vermutlich 850 v. Chr., Dante Alighieri im 13.Jahrhundert. Was verbindet sie? Wolf Wondratschek hat da seine eigenen Ideen, z.B. dass die beiden großen Dichter der Weltliteratur noch leben, und zwar in Italien. Das überrascht und verstört die Öffentlichkeit.
Nicht nur Dante und Homer, hier gute Kumpel, obwohl keine Zeitgenossen, treten hier auf. Ein brillantes Kapitel gehört James Joyce, erzählt von seiner Frau.

Ein ruhender Pol in der Geschichte um Homer und Dante ist die Köchin.
Sie ist Vermieterin und Köchin dieser beiden Männer und kümmert sich hingebungsvoll um sie.

Souverän erzählt Wolf Wondratschek seine fantasievolle, verspielte Geschichte.

Bewertung vom 31.07.2021
Die Zeit der Kirschen
Barreau, Nicolas

Die Zeit der Kirschen


sehr gut

Kochen und Literatur

Die Zeit der Kirschen schließt an Das Lächeln der Frauern an und zeigt die Situation eines Paares nach dem genreüblichen Happy End. Aurelie und Andre sind immer noch glücklich und er möchte ihr sogar einen Heiratsantrag machen, kommt jedoch nicht dazu.
Andre hat wieder einen Romann geschrieben, mit dem er Erfolg hat und auf Lesereise geht. Diese Literaturbetrieb-Szenen haben mich sehr interessiert, da ich auch schon oft auf Lesungen gegangen bin und ich finde sie gut gemacht.
Aurelie mit ihrem Restaurant hat auch viele Passagen. Die Themen Literatur und Kochen sind ausgewogen eingesetzt.

Die Eifersucht ist es dann, die das Liebespaar beinahe trennt.
Aurelie trifft einen anderen Koch, das gefällt Andre überhaupt nicht und er macht einige dumme Dinge. Das führt zu Situationskomik, wie man sie heutzutage nur soch selten liest. Es hat Elemente von Screwballkomödien. Das ist sehr gute Unterhaltung.

Bewertung vom 31.07.2021
Nordwestzorn / Soko St. Peter-Ording Bd.2 (MP3-Download)
Jensen, Svea

Nordwestzorn / Soko St. Peter-Ording Bd.2 (MP3-Download)


sehr gut

Vermisst
Nordwestzorn ist die Fortsetzung der Reihe um die Soko St. Peter-Ordin von Svea Jensen.
Der erste Teil Nordwesttod war ein geschickt gemachter Krimi mit interessanten Figuren und die Fortsetzung hält ungefähr das Niveau.
Wieder hat die Umgebung in Schleswig-Holstein ihren Reiz.
Die aus München stammende Kommissarin Anna Wagner ermittelt mit ihrem Team einen 20 jahre alten Vermisstenfall. Damals war ein Junge verschwunden und der Fall wurde nie aufgeklärt. Es ist also ein sogenannter Cold Case-Fall.
Mit dabei ist Hendrik Norberg, dessen Privatleben als verwitweter, alleineziehndeer Vater wieder eine Rolle spielt.

Als Hörbuch funktioniert das Buch gut, denn die souveräne Sprecherin Julkia Nachtmann schafft es mit ruhiger, manchmal atemlos wirkender Stimme auch dann Spannung zu erzeugen, wenn es der Roman nicht wirklich tut. Es ist eher ein interressanter als ein spannender Krimi.

Bewertung vom 30.07.2021
Wild Card
Thompson, Tade

Wild Card


sehr gut

Den Wolf machen

Wild Card von Tade Thompson ist ein krasses Werk. Härter als ich aufgrund des Klappentextes gedacht hätte, der einen humorvollen Untergrund versprach. Und der Protagonist und Icherzähler Westonn Kogi hat auch tatsächlich einen überaus ironischen Ton und illusionslosen Blick auf sein Land. Von Afrika wird aber nur ein Teil gezeigt, der in dem Kriminalität und Gewalt vorherrscht. Das Land lernt man ansonsten wenig im Detail kennen.
Es beginnt mit einer Heimkehr aus London, die eigentlich nur sehr kurzfristig sein soll.
Der Plot bleibt immer nah an Westons taumelnder Weg durch diese Gewalt.
Zudem sind seine Familienprobleme der Vergangenheit ungelöst und eigentlich möchte er schnell wieder das Land verlassen.

Ich schätz den Drive und den Erzählton des Romans, aber die Brutalität, die sich durch das Buch zieht war etwas zu viel des Guten.

Bewertung vom 29.07.2021
Nur hier sind wir einzigartig
Avel, Christine

Nur hier sind wir einzigartig


sehr gut

Das prägende für dieses Buch ist die außergewöhnliche Erzählperspektive eines Kollektives. Es sind eine Reihe von Kindern bzw. Jugendlichen, die sich immer wieder für ein paar Monate im Jahr auf einer griechischen Insel treffen. Sie bilden eine kleine, geschlossene Gemeinschaft. Die Umgebung wird auf faszinierende Weise dargestellt, dabei ist wichtig, wie sie auf die Gruppe wirkt.

Mit den Jahren gehen auch Veränderungen einher und schließlich kommt der letzte gemeinsame Sommer.
Die Autorin setzt gelegentlich auch bildstarke Metaphern ein, wie z.B. der gestrandete, sterbende Pottwal am Strand, der irgendwie auch das Ende der Gruppe darstellt.

Man kann richtig in Christine Avels poetischer Sprache schwelgen. Es ist ein Buch, wie man es nicht häufig liest.
Ich hoffe auf weitere Übersetzungen von Christine Avels Romanen.