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Benutzername: 
dorli
Wohnort: 
Berlin
Buchflüsterer: 

Bewertungen

Insgesamt 878 Bewertungen
Bewertung vom 05.01.2012
Hinter der Nebelwand
Bracker, Jörgen

Hinter der Nebelwand


ausgezeichnet

Dithmarschen 1911. Die Schiffstaufe seines Kutters läuft für den Jungfischer Karl Theodor Behr, genannt Flosse, nicht so, wie er es sich vorgestellt hatte. Ein falscher Name ziert das Heck. Während der Feierlichkeiten wird er in eine von seinem Vater arrangierte Verlobung mit Marga gezwungen, denn Flosses Beziehung zu der aus Polen stammenden Elsbeth Mandrukeit ist sowohl seinen Eltern und wie auch anderen Dorfbewohnern ein Dorn im Auge. Kurz darauf erfährt er, dass sein Vater seine ganzen Ersparnisse verbraucht hat. Es kommt zu einem großen Streit. Und dann geschieht ein Mord. Eine Leiche wird in einem Motorboot im Hafen von Eckstedt angespült. Landarzt Dr. Frank Wittenborg und Altfischer Jens Ohm werden von der Polizei als Ermittler eingesetzt und machen sich auf, den Mörder zu finden.

„Achter Dünen un Diek…“ geht es nicht immer idyllisch und beschaulich zu. An Pfingsten 1911 ereignet sich an der Küste Dithmarschens ein grausamer Mord. Diese wahre Begebenheit ist die Grundlage für Jörgen Brackers Krimi „Hinter der Nebelwand“.
Zunächst lernt der Leser Land und Leute kennen. Unterschiedlichste Ereignisse, viele entstanden aus der damaligen großen Fremdenfeindlichkeit gegenüber den aus Polen zugezogenen Krabbenfischern, liefern allerhand Motive, die zu dem im Klappentext angekündigten Mord führen könnten. Dabei wird immer mehr Spannung aufgebaut, denn im Vorfeld der Tat lassen sich weder Opfer noch Täter aus den Geschehnissen erkennen.
In die Realität hat der Autor eine Sage von einer „Nebelbraut“ eingewoben, die der ganzen Geschichte eine mystisch-geheimnisvolle Atmosphäre gibt.
Besonders interessant finde ich, dass die während der Ermittlungen genannten Orte und Wege alle der Wirklichkeit entsprechen und zum Teil auch durch Fotos an den Kapitelanfängen dargestellt werden.
Auch die Sprache finde ich sehr gut gelungen. Einige wenige plattdeutsche Einschübe unterstreichen den Schauplatz der Handlung und zeitlich fühle ich mich durch die Sprechweise der Protagonisten in das frühe 20. Jahrhundert zurückversetzt.

Exakt recherchiert, spannend geschrieben und bis zum Schluss fesselnd. Ein absolut lesenswerter Krimi.

Bewertung vom 01.01.2012
Die Alchemie der Nacht
Koschyk, Heike

Die Alchemie der Nacht


ausgezeichnet

Jena 1780. Christoph Wilhelm Hufeland ist Medizinstudent und muss eines Abends mit ansehen, wie sein Kommilitone Albert Steinhäuser hinterrücks niedergestochen wird. Die Leiche verschwindet auf rätselhafte Weise. Hufeland macht sich auf die Suche – nach dem Toten und nach der Wahrheit. Begleitet wird er dabei von Helene, einer unerschrockenen Apothekerstochter aus Königsberg und Schwester von Albert sowie von dem Arzt Samuel Hahnemann. Bei ihren Ermittlungen geraten die drei in das Räderwerk einer geheimnisvollen Verbindung, deren Ziel ein Rezept für das ewige Leben ist.

Schon nach den ersten Seiten hatte mich das 18. Jahrhundert fest im Griff. Mit einer der damaligen Zeit angepassten, flüssig zu lesenden Sprache erzählt Heike Koschyk von dem Werdegang zweier Wissenschaftler, deren Lebenslauf sie in eine fesselnde Krimihandlung gehüllt hat. Im Verlauf der Geschichte wird gezeigt, wie schwer es diese beiden Wegbereiter der Medizin hatten, ihre Ideen und die Erkenntnisse aus ihren Forschungen umzusetzen und wie schmal der Grat zwischen Scharlatanerie und Wissenschaft war. Die Lebenswege der historischen und fiktiven Personen werden glaubhaft miteinander verknüpft, dabei bilden die historischen Fakten rund um das Leben von Hufeland und Hahnemann das Gerüst des Romans, alle anderen Erlebnisse und Handlungen werden gekonnt damit verflochten.

Besonders angetan hat es mir die wundervolle Atmosphäre, die zu jeder Zeit und an jedem Ort in dieser Geschichte herrscht. Ob es um das fröhliche Studentenleben in Jena geht, um die unterschiedlichen gesellschaftlichen Erfahrungen, die Helene auf ihrem Weg nach Jena in Berlin macht oder um die düsteren Orte, an denen die zwielichtigen Gestalten ihre Treffen abhalten. Immer hatte ich das Gefühl, mitten im Geschehen zu sein.

Ein spannender Krimi mit sehr interessanten Einblicken in die Historie der Medizin, hervorragend recherchiert und ausdrucksvoll erzählt.

Bewertung vom 14.12.2011
Der Fluch des Mechanicus
Leue, Alf

Der Fluch des Mechanicus


ausgezeichnet

Frankfurt am Main 1509: Wolf Besigheim übernimmt einen Auftrag des Mainzer Erzbischofs Uriel von Gemmingen. Er soll die Lage in Frankfurt beobachten, da eine Gruppe um Johannes Pfefferkorn einen Übergriff auf die Judengasse plant. Es kommt zu Ausschreitungen und Bücherverbrennungen, der Metallhändler und Erfinder Abraham Siebenthal wird ermordet. Nachforschungen Besigheims ergeben, dass hinter dem Mord mehr steckt, als zunächst angenommen. Siebenthal war im Besitz eines alten griechischen, als verflucht geltenden Dokuments, dass die Anleitung zum Bau einer Maschine zur Goldherstellung enthält.
Wolf macht sich auf die Suche nach dem verschwundenen Dokument, gerät dabei in einen Strudel aus Neid, Habgier und Mord und wird bei seinen Nachforschungen mit der Entdeckung seiner lange im Dunklen liegenden, ganz persönlichen Wahrheit konfrontiert.

Alf Leue hat mich mit seinem historischem Roman „Der Fluch des Mechanicus“ von der ersten Seite an gefesselt. Die Geschichte ist durchweg flüssig lesbar, die Sprache ist lebendig, die Dialoge sind wunderbar ausgearbeitet.
Der Wechsel zwischen den beiden großen Handlungssträngen geschieht fließend, dabei gefällt mir besonders gut, wie geschickt diese miteinander verknüpft sind. Die Handlung ist sorgfältig und durchdacht aufgebaut, jede Szene trägt ein kleines Detail zum großen Ganzen bei. Mehrere eingestreute Rückblenden behindern den Lesefluss nicht, sondern unterstreichen durch ihre gute Platzierung den Handlungsablauf z.B. mit Informationen über die Herkunft des so begehrten Dokuments. Auch Nebenhandlungen, wie die Übergriffe in der Judengasse oder die beiden Liebesgeschichten fügen sich prima in das Gesamtgeschehen ein.
Die Figuren sind dem Autor fantastisch gelungen, sie sind facettenreich, glaubwürdig und interessant. Dabei handelt es sich weitgehend um normale Menschen mit Stärken und Schwächen. Gerade der immer wieder von mysteriösen Alpträumen geplagte Wolf Besigheim ist nicht der große Held, sondern darf in einem Kellergewölbe auch mal Angst haben, als Enge und Dunkelheit verschwommene, furchtbare Erinnerungen wachrufen. Das Zusammenspiel zwischen erfundenen und historischen Figuren oder auch zwischen den Guten und den Bösen ist ausgeklügelt und liefert immer wieder spannende Momente und unterhaltsame Dialoge.

Am Ende des Buches sind die alle Rätsel gelöst, es bleiben ein paar lose Fäden übrig, die mich auf eine Fortsetzung und neue Abenteuer mit Wolf Besigheim hoffen lassen.
Abgerundet wird dieses großartige Leseerlebnis von einem Glossar und einem interessanten Nachwort über den Wahrheitsgehalt der Geschichte.

Bewertung vom 23.11.2011
African Boogie
Barz, Helmut

African Boogie


ausgezeichnet

Um einem auf sie angesetzten Killer zu entfliehen und um Andreas Amendt, dem Mann, in den sie sich verliebt hat und der womöglich ihre Familie ermordet hat, aus dem Weg zu gehen, muss Kriminaldirektorin Katharina Klein eine Zeit lang verschwinden. Da verspricht ein mehrwöchiger Urlaub auf Mafia Island vor der Küste Tansanias genau das Richtige zu sein. Aber die dringend herbeigesehnte Ruhe ist Katharina Klein nicht vergönnt. Kurz nach ihrer Ankunft bevölkert eine bunt gemischte hessische Reisegruppe das Resort. Dann überschlagen sich die Ereignisse: ein Mord geschieht, Andreas Amendt taucht auf, die einzige Verbindung zur Außenwelt wird in die Luft gesprengt…

„African Boogie“ ist der zweite Krimi, den ich von Helmut Barz gelesen habe und ich bin begeistert. Auch in diesem Buch gab Helmut Barz mir auf jeder Seite das Gefühl, jede kleinste Kleinigkeit gründlich recherchiert zu haben. Ob es dabei um Architektur, Medikamente, Selbstverteidigung oder die wirtschaftliche Lage in Tansania geht, alles wird glaubwürdig dargestellt, jedes Detail passt sich prima in die Geschichte ein und wirkt zu keiner Zeit aufgesetzt.
Wie schon in „Westend Blues“ gefällt es mir auch hier sehr gut, dass der Humor nicht zu kurz kommt, es macht einfach Spaß, diesen Krimi zu lesen. Die Spannung wird bis zum Schluss aufrecht erhalten. Man wird geschickt von einem Verdächtigen zum nächsten gelenkt, so dass man irgendwann gar nicht mehr weiß, wer denn nun der Täter sein könnte. Aber Katharina und Andreas entschlüsseln gemeinsam die Hintergründe, bringen alle Details der vom Mörder raffiniert konstruierten Mordmethoden ans Tageslicht und klären letztendlich alles einleuchtend auf.
Am Ende kann man sich als Leser zufrieden zurücklehnen und (ungeduldig) auf das nächste Abenteuer der „Sonderermittlungseinheit“ warten.

1 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 22.11.2011
Die magische Gondel / Zeitenzauber Bd.1
Völler, Eva

Die magische Gondel / Zeitenzauber Bd.1


ausgezeichnet

Anna verbringt die Sommerferien mit ihren Eltern in Venedig. Als Zuschauerin einer Bootsparade plumpst sie nicht nur unfreiwillig in den Canal Grande, sondern rutscht, kaum aus dem Wasser in eine rote Gondel gezogen, genauso unfreiwillig in das Jahr 1499. Ein Versuch ins Heute zurückzukehren misslingt. Anna kann erst zurück, wenn sie im Jahr 1499 eine Aufgabe erfüllt bzw. ein Ereignis verhindert hat, das für Venedig schwerwiegende Folgen hätte.

Eva Völler zeigt mit diesem Buch wieder, wie wunderbar leicht und locker sie erzählen kann. Eine Zeitreise-Geschichte, mit viel Wortwitz gespickt vor der herrlichen Kulisse des alten Venedigs. Die Autorin lässt den Leser die historische Stadt so erleben, als hätte sie selbst diese Zeitreise bereits einmal unternommen, und möchte jetzt von ihren Abenteuern berichten. Mit einer ganzen Schar bunter Figuren begibt man sich auf einen spannenden Ausflug zwischen gut und böse, Liebe und Freundschaft, Vertrauen und Verrat.
Eine prima Idee um Anachronismen zu vermeiden hatte Eva Völler auch: Worte, die nicht in das Jahr 1499 passen, können nicht ausgesprochen werden, damit kein Wissen aus der Zukunft preisgegeben werden kann. Entweder stockt der Sprecher mitten im Satz oder aber die Worte werden wie von Zauberhand einfach umgewandelt und statt „das ist echt der Oberhammer“ heißt es dann „was für eine unermessliche Wohltat“.
Auch das Cover hat einen Preis verdient. Tolle Farben und eine wunderschöne Gestaltung, die rundherum auf den Inhalt des Buches abgestimmt ist. Außerdem fühlt es sich mit seiner Soft-Touch-Oberfläche ganz samtig an. Einfach klasse!

Eine schöne Geschichte, die mich sehr gut unterhalten hat.