Benutzer
Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
hasirasi2
Wohnort: 
Dresden

Bewertungen

Insgesamt 1127 Bewertungen
Bewertung vom 17.04.2018
Die Fäden des Glücks
Fischer, Julia

Die Fäden des Glücks


ausgezeichnet

La Cenerentola
... (Aschenputtel) heißt Carlottas Schneiderei in Turin, mit der sie sich einen Traum erfüllt hat. Ihre Mutter Mimi ist Gewandmeisterin in der Oper und Carlotta zwischen den Stoffen und Kostümen groß geworden. Aber im Gegensatz zu Mimi, die Kleidung liebt, welche ihr den „großen Auftritt“ sichert, möchte Carlotta die Vorzüge ihrer Kundinnen durch geschickte Schnitte und passende Stoffe ins rechte Licht rücken. Denn jede Frau ist schön – auch sie selbst mit ihrer extrem weiblichen Figur, mit der sie sich erst anfreunden musste. In ihrer Kindheit wurde sie wegen ihrer Fülle nämlich oft verspottet. Einzig Daniele, der Erbe einer Webereidynastie hielt zu ihr, bis er in der 5. Klasse auf ein Internat geschickt wurde. Sein Abschiedsgeschenk war ein silberner Fingerhut, den Carlotta seitdem als Glücksbringer an einer Kette um den Hals trägt. Sie hofft darauf, dass er ihr Daniele eines Tages zurückbringt. Neben der Schneiderei betreibt Carlotta eine kleine Weberei, die sie am 18. Geburtstag von ihrem Vater geerbt hat. Diese möchte Danieles Vater Vincenzo jetzt kaufen und in ein Museum verwandeln. Er bietet ihr sehr viel Geld, damit könnte sie ihre Schulden tilgen, die Schneiderei kaufen, oder endlich die Gourmet-Reise machen, von der sie schon so lange träumt. Bei den Verkaufsgesprächen begegnet sie auch Daniele wieder – werden jetzt alle ihre Träume wahr? „Es wird Zeit für mich, nach Hause zu kommen. Mit Dir.“

Die Autorin und Sprecherin des Hörbuchs, Julia Fischer, hatte mich schon letztes Jahr mit „Die Galerie der Düfte“ in ihren Bann gezogen und verzaubert. Ich mag ihre Stimme, die so wunderbar melodisch ist und die verschiedenen Charaktere und Stimmungen so einzigartig transportiert.
Natürlich dreht sich die Handlung nicht nur um Carlotta und Daniele. Neben Vincenzo und Mimi haben auch Carlottas Schwestern und ihr Ziehvater Gino, ein aufstrebender junger Filmstar und ein untreuer Buttler einen großen Einfluss auf den Ausgang der Geschichte. Meine Lieblings-Nebenfigur ist übrigens die ehemals unscheinbare Signora Petroloni („Das Glück schwebte auf Augenhöhe und begegnete dem, der aufsah.“), bei der der Zauber von Carlottas Kleidern als erstes wirkt.
Durch Rückblicke in die Vergangenheit erfährt man, wie die Protagonisten zu dem geworden sind, was sie heute ausmacht. So hat sich Carlotta schon früh um ihre viel jüngeren Schwestern kümmern müssen, weil ihre Mutter alleinerziehend war, und Vincenzo hätte die dominante Erziehung durch seinem Vater fast auf Daniele übertragen. „Ist Erbe in Wahrheit nur eine Bevormundung? Ein Diktat in der Maske einer Chance? Imperien entmündigen ganze Generation für den Fortbestand. Nur dem Untergang genügt ein Leben.“

Julia Fischer schreibt (und spricht) sehr fesselnd und poetisch über Stoffe und Kleider („Tuche leicht wie frisch gefallener Schnee. Als würden sie die fernen Winter selbst verweben.“), man kann sie förmlich auf der Haut spüren. Selbst ich als Jeans-und-T-Shirt-Trägerin möchte jetzt sofort losziehen und mir ein Abendkleid schneidern lassen – mir fehlt nur leider der Anlass.
Aber auch Orte, Essen, Farben, Düfte und Pflanzen - alles wird so bildhaft beschrieben, dass man es sehen, fühlen, hören oder schmecken kann. „Die Fäden des Glücks“ sind wahrlich wieder ein (Hör-)Buch für alle Sinne.

Bewertung vom 15.04.2018
Kamikatze
Fielstedde, Kerstin

Kamikatze


sehr gut

Das Buch so komplett anders, als ich erwartet habe. Gut, im Klappentext steht „James Bond kann einpacken. Die iCats decken auf.“ Aber ich wäre doch nie auf die Idee gekommen, dass das wörtlich gemeint ist!

Indy, Top-Agentin beim KGB (KatzenGeheimBund), wird auf einer Mission mitten in Berlin von Ratten entführt. Ihr Bruder Ian, eigentlich ein ängstlicher Wohnungskater, will sie unbedingt retten, traut sich aber allein nicht und bittet den IT-Spezialisten Maxim, einen Norwegerkater, um Hilfe. Auch der BND (Bund neugieriger Dobermänner) sucht Indy und schickt den Luftaufklärer Kilo Foxtrott (einen Spatzen) und den Undercoveragenten Honeyball (einen Papillon-Hund) los. Die beiden Suchtrupps begegnen sich in Berlins Unterwelt und werden bald durch den Guerilla-Regenwurm 3.1 und die Sprengstoffexperten-Ratte Xplode ergänzt. Man verbündet sich unter dem Motto: „Für Indy. Für die Freundschaft. Für das Gute.“ (S. 52)

Ihr merkt schon, das Ganze ist ziemlich abgedreht. Zum einen werden den Tieren ihre spezifischen Eigenschaften gelassen, aber auf der anderen Seite stellen sie James Bond echt in der Schatten. Zusammen geht es gegen das Böse, den König der Unterwelt – Prof. Sumo – einen fetten Maulwurf. Dieser hat seine Pfoten anscheinend in jedem Bauprojekt der Republik, das gerade schief geht. Sei es der BER oder der Stuttgarter HBHF, Sumo hängt da irgendwie drin. Wie genau, das sollte Indy beweisen, aber mehr als eine kryptische Nachricht an Ian konnte sie den iCats nicht hinterlassen.

Ich habe ja schon einige Tierkrimis gelesen, bin mir aber ehrlich gesagt nicht sicher, ob das Buch wirklich unter der Bezeichnung Krimi laufen sollte. Ok, es geht darum, Indy zu finden und Sumos Machenschaften aufzudecken, aber eigentlich ist die Handlung eine Abwechslung verrückter Jagdszenen durch Berlins Katakomben und brutaler Kämpfe gegen verschiedene Bösewichte. Dabei kommen Waffen und Techniken zum Einsatz, die jeden menschlichen Geheimagenten blass aussehen lassen.
Versteht mich nicht falsch, die Handlung ist sehr kurzweilig und oft auch witzig, mit sehr anspruchsvollen Hintergründen wie Drogenmissbrauch und Tierversuchen, aber eben kein Tierkrimi im herkömmlichen Sinne. Ich würde es als Fantasy-James-Bond-Tier-Spionage-Agenten-Abenteuerroman bezeichnen ;-).

Wer einen Katzenkrimi sucht, der eigentlich ein sehr originelles Actionspektakel ist, dem lege ich „KamiKatze“ sehr ans Herz. Das Buch wird nie langweilig und ist mal was ganz anderes.

Bewertung vom 14.04.2018
Ines und die grasgrüne Liebe
Niels, Greta

Ines und die grasgrüne Liebe


ausgezeichnet

Kandidat 1, 2 oder 3? Für wen soll sich Ines entscheiden? Den exaltierten Künstler Paul Hugo Iffland (kurz Piff), den draufgängerischen Anstreicher Lasse oder den sensiblen Tierarzt Dr. Naux? Noch vor wenigen Monaten hätte sich Ines (kurz vor ihrem 50. Geburtstag und schon ewig Single) nicht vorstellen können, dass sie gleich unter drei Männern wählen könnte ...

Angefangen hat alles mit „Hugo in the Box“. Hugo ist ihr ungeschickter Kanarienvogel, der sich immer wieder verletzt. Und so sitzt sie eines Nachts in der Tierarztpraxis von Dr. Naux, ihr gegenüber ein sehr charmanter Mann mit Wohlstandsbäuchlein, Halbglatze und Hund – eigentlich gar nicht ihr Typ. Aber eben sehr charmant. Und er bemüht sich richtig um sie, das hat schon lange kein Mann gemacht, dabei ist sie doch noch ganz ansehnlich. Soll sie sich mit ihm zum Frühstück treffen oder nicht?

Ihre Bilanz bisher: Jung schwanger, jung geheiratet und jung geschieden. Danach ein paar längere Beziehungen, nie die große Liebe. Aber sie hat eine wundervolle Tochter, den kapriziösen Hugo, eine große kleine, ständig um ihr Liebesleben besorgte, Schwester mit dem treffenden Namen Maxima und eine beste Freundin - Angelika. Ihr Geld verdient sie als freischaffende Grafikerin und in letzter Zeit träumt sie davon, sich vor ihrem 50. Geburtstag noch mal so richtig zu verlieben. „Warten ist nie gut. Lieber handeln. Sich nach etwas Neuem umschauen.“ (S. 290) rät ihre 92jährige Großtante Betty.

Ines lässt sich auf ihre „alten Tage“ also noch mal auf eine Beziehung ein. Aber Liebe ist nie leicht, egal in welchem Alter. Ihr Partner macht es ihr einfach, sich in ihn zu verlieben, doch schwer, daran festzuhalten. Ein Auf und Ab der Gefühle beginnt, an das ich mich noch gut erinnern kann – auch wenn ich nun schon seit 20 Jahren vergeben bin. Zumal Ines es lange vor Familie und Freunden geheim hält. Es kommt wie´s kommen muss – die Sache geht ihr (zu) sehr ans Herz.

Greta Niels hat mit „Ines und die grasgrüne Liebe“ eine wunderbar realistische und herrlich lustige Liebesgeschichte für Frauen jenseits des Teenageralters geschrieben. Das Leben ist nämlich auch mit 50 noch nicht vorbei und die Libido noch vorhanden ;-). Ich habe mich mehrfach gefragt, ob Greta zumindest Teile der Geschichte evtl. selbst erlebt hat – so authentisch wirken die Situationen. Die Protagonisten sind mitten aus dem Leben gegriffen und ich weiß gar nicht, wen ich da am liebsten mag – ihren lebensfremden Schwiegersohn Dustin oder doch die abgeklärte Großtante Betty?!

Ich verrate Euch übrigens ausnahmsweise mal den (fast) letzten Satz des Buches: "Bist Du sexy, ming Jung?" Wenn ihr jetzt wissen wollt, was der mit der Geschichte zu tun hat, werdet ihr sie lesen müssen ;-). Viel Vergnügen!

Bewertung vom 10.04.2018
Hortensiensommer
Sosnitza, Ulrike

Hortensiensommer


gut

Zu viel Drama, zu wenig Gefühl

Johanna lebt seit ihrer Scheidung allein in dem großen Haus am Hang, darum vermietet sie die Einliegerwohnung. Eine der Mietbedingungen ist, dass der Mieter den riesigen Garten nicht betreten darf – Mathelehrer Philipp schreckt das nicht ab. Er hat sich schon beim Besichtigungstermin in Johanna verguckt, auch wenn sie immer traurig und abweisend wirkt: „Ich mag das, wenn man hinsehen muss, um den wahren Kern zu erkennen.“ (S. 81)
Obwohl Johanna ihm immer wieder klar macht, dass sie keinen über das Notwendigste hinausgehenden Kontakt mit ihm will, schafft er es irgendwann, ihren Panzer zu knacken – sie kommen sich näher. Doch als sie kurz darauf erfährt, dass Philipp geschieden ist und seine kleine Tochter von nun an regelmäßig bei ihm leben wird, kündigt sie ihm.

Ich kannte Ulrike Sonsitzas Schreibstil bereits durch ihr Buch „Novemberschokolade“ und hatte mir ein inhaltlich ähnliches Buch erhofft, aber leider konnte mich „Hortensiensommer“ nicht überzeugen.
Johanna war mir zu wehleidig und egozentrisch – ja, sie hat einen schlimmen Verlust erlitten, aber nicht nur sie. Trotzdem tut sie so, als liege alles Leid der Welt auf ihren Schultern und merkt nicht, dass z.B. auch Philipp, ihr Ex-Mann oder ihre Schwester Probleme und Sorgen haben. Die anderen machen es ihr aber auch (zu) leicht – wirklich jeder nimmt Rücksicht auf sie. Selbst Philipp, der gar nicht weiß, worum es eigentlich geht. Egal was Johanna sagt oder tut – ihr Gegenüber hält still, bietet nie Paroli und nie, wirklich nie, darf „ES“ angesprochen werden.
Auch Philipp hat mich nicht völlig überzeugt. Er ist zu schnell unsterblich verliebt und sieht zu lange über ihre sämtlichen Fehler und Unfreundlichkeiten hinweg. Einem realen Mann wären doch zumindest mal leise Zweifel gekommen oder?
Zwar waren mir Johanna und Phillip zu eindimensional und oberflächlich, dafür fand ich Johannas Schwester und deren Mann sehr gelungen und glaubhaft. Sie stecken immer zurück, damit Johannas Trauma ja nicht wieder aufgewühlt wird und versuchen sie behutsam ins Leben zurückzuholen.

Was mich ebenfalls etwas gestört hat, war der sehr langatmige und weitschweifige Einstieg ins eigentliche Thema des Buches. Johannas Trauma wird in der ersten Hälfte immer wieder angedeutet, dadurch ist die „Überraschung“ weg, als es dann raus kommt. Auch das ewige Hin- und Her, ob sie Philipp nun mag oder nicht und sich mit ihm einlässt, war mir zu viel „Drama“.

Das Ende und das tolle Setting haben mich dann wieder etwas mit dem Buch versöhnt. Den Handlungsort Sommerhausen gibt es wirklich, er scheint malerisch gelegen zu sein, und auch die beschriebenen Pflanzen und Gärten trugen viel zum Flair des Buches bei.

Mein Fazit: Der Spagat zwischen behutsamer Liebesgeschichte und dem Aufarbeiten eines Traumes ist der Autorin in meinen Augen leider nicht gelungen.

Bewertung vom 08.04.2018
Das geheime Lächeln
Storks, Bettina

Das geheime Lächeln


ausgezeichnet

Die „Frau im Schatten“
... war Sophie Langenberg anscheinend ihr ganzes Leben lang und genau so ist sie auch auf dem Gemälde abgebildet, dass ihre Enkelin Emilia zufällig in einem Auktionskatalog entdeckt. Zuerst stand Sophie im Schatten ihrer toten Mutter, dann in dem ihres reichen Vaters. In Paris, wohin sie in den 30er Jahren flüchtet, stand sie bald in dem des Malers Paul-Raymond Fugin (von dem das Gemälde stammt) und deren Partnerin Cloé – trotzdem lies sie sich auf eine Ménage à trois mit ihnen ein. „Unter dreien ist immer einer der Dritte. Und die anderen beiden sind zu zweit.“ (S. 185). 1939 verstarb Sophie bei der Geburt ihrer Tochter Pauline (Emilias Mutter). Diese wuchs daraufhin bei Verwandten in Baden-Baden auf.

Emilia kennt ihre Großmutter nicht. Aber nun ist da dieses Gemälde und zieht sie in ihren Bann, denn sie sieht Sophie so unglaublich ähnlich. Emilia kann nicht wiederstehen und liefert sich eine wahre Bieterschlacht mit einem älteren, distinguierten Herren. Erst als er ihr Gesicht sieht, lässt er sie gewinnen – warum?

Emilia ist in der Mitte ihres Lebens angekommen. Ihre Söhne sind erwachsen und erst vor kurzem ist eine Affäre ihres Mannes aufgeflogen. Sie weiß nicht, wie sie damit umgehen soll, fühlt sich entwurzelt und sprachlos. Ihre Mutter Pauline kann ihr in dieser schwierigen Situation nicht helfen, sie ist psychisch krank und weiß kaum, welches Jahr gerade ist.
Das Gemälde und die Suche nach dessen Geschichte sind eine willkommene Ablenkung, auch wenn Emilias Mann das anders sieht. Und dann ist da noch das Haus im Lubéron, welches Pauline erst vor kurzem von Sophie geerbt hat – warum erst so spät nach deren Tod? Kurzentschlossen reist Emilia das 500-Selen-Dorf und hofft, dort mehr über Sophie zu erfahren. „Es ist nichts Verwerfliches dran, nach seinen Wurzeln zu fahnden.“ (S. 107)

Rückblickend tauchen wir mit Sophie ins Paris der 30er Jahre ein. Sie ist erst 18 und fühlt sie sich endlich frei und lebendig. Sophie arbeitet als Gesellschafterin einer älteren Dame, in ihrer Freizeit fotografiert sie. Ihr Vorbild ist Picassos Geliebte Dora Maar. Eines Tages spricht der Maler Fugin sie im berühmten Café de Flore an, ihre Schwarzweißfotografien gefallen ihm sehr. Erst wird sie sein Modell, später seine Geliebte. Doch da ist auch noch Cloé: „Die Tragik steckt nicht im Detail, sondern im Gesamten.“ (S. 202)

Bettina Storks hatte mich mit der Geschichte der drei Frauen sofort gefesselt. Ich habe die knapp 500 Seiten an nur 2 Abenden förmlich inhaliert. Die sehr komplexen Protagonisten und verwobenen Handlungsstränge lassen es eigentlich kaum zu, dass man das Buch überhaupt aus der Hand legen möchte.
Dazu kommt das wunderbare Setting. Ich liebe Paris, kenne das Marais, das Quartier Latin, den Place des Vosges und all die anderen Plätze, die Sophie bzw. Emilia besuchen. Zudem kann mich nach diesem Buch auch der von der Autorin beschriebene Mistral kaum davon abhalten, unbedingt mal ins Lubéron reisen zu wollen. Am bewegendsten aber waren für mich die Szenen in Dieulefit. Diese Stadt hatte seinen ganz eigenen Weg, den Nazis zu trotzen und bringt auch bei Emilias Nachforschungen eine entscheidende Wende. „Die Wahrheit bahnt sich ihren Weg.“ (S. 305)

Emilias Suche ist extrem spannen, fast schon ein Krimi, und ändert am Ende nicht nur ihr eigenes Leben. „Da, wo wir auf Widerstand stoßen, ist meistens der richtige Weg.“ (S. 205)

Bewertung vom 05.04.2018
Sisis letzte Reise
Klausner, Uwe

Sisis letzte Reise


sehr gut

Warum musste Sisi sterben?

Wer kennt die Sisi-Filme nicht?! In ihnen ist die Kaiserin jung, in ihren Franz verliebt und ficht so manchen Kampf mit ihrer herrischen Schwiegermutter aus. Aber wie war Sisis Leben wirklich und vor allem, wie ging es zu Ende? Ich muss gestehen, dass ich darüber bisher so gut wie gar nichts wusste.

Uwe Klausner hat diese Wissenslücke mit seinem historischen Krimi nun beseitigt. Aus der Sicht verschiedener realer und fiktiver Persönlichkeiten beleuchtet er „Sisis letzte Reise“ und geht dabei auch auf die verschiedenen Verschwörungstheorien rund um ihren Tod ein. Ach ja, falls ihr es auch noch nicht wusstet, Sisi wurde in Genf von dem italienischen Hilfsarbeiter Luigi Lucheni erstochen, welcher damit ein Zeichen gegen die Adeligen setzen wollte und sich Jahre später in seiner Zelle erhängte (sein Selbstmord ist auch umstritten).

Der Autor lässt u.a. Luigi Lucheni, den Attentäter, mit seinem Gnadengesuch zu Wort kommen und Sisis ehemalige Hofdame, die in Briefen von Sisis letzten Stunden berichten. Aber auch einen Fotografen (Cesare Monteverdi), der sie ablichten soll und dessen Freund (Auguste Beaulieu) – einen Lebemann, Pianisten und Privatdetektiv – der zufällig vor Ort ist.
Er zeichnet das Bild einer sehr umstrittenen Persönlichkeit. Angeblich sah Sisi ihren Tod voraus „Elisabeth ... war eine Frau, die des Lebens überdrüssig geworden war. Eine Frau, die den Tod förmlich herbeisehnte.“ (S. 128). Sie litt an Depressionen (wegen dem frühen Tod von zweien ihrer Kinder), Rheuma, Hungerödemen und spritze sich Kokain. Sisi hielt nichts von der Ehe im Allgemeinen und ihrer mit Franz im Besonderen: „Die Ehe ist eine widersinnige Einrichtung. Als fünfzehnjähriges Kind wird man verkauft und tut einen Schwur, den man nicht versteht und dann 30 Jahre oder länger bereut und nicht mehr lösen kann.“ (S. 33), darum war sie fast das ganze Jahr auf Reisen.

Eigentlich ist die Kaiserin am 10.09.1998 inkognito in Genf, aber natürlich ist ihr Besuch an die Presse durchgesickert.
Cesare wird von seinem Chef damit beauftragt, ein Foto von ihr zu schießen und drückt ausgerechnet in dem Moment auf den Auslöser, als Lucheni zusticht. Als er die Fotos später entwickelt, entdeckt er etwas Ungeheuerliches.
Auch sein Freund Auguste ist vor Ort und beobachtet die Tat. Er verfolgt Lucheni, der nicht mal wegrennt, und kann ihn mühelos festhalten, bis die Polizei kommt – Lucheni wehrt sich nicht. Das alles zusammengenommen kommt den beiden Freunden sehr mysteriös vor und sie ermitteln auf eigene Faust – und bringen sich dabei in ernsthafte Gefahr!

Trotz des der Handlung angepassten altmodischen, manchmal etwas sperrigen Stils lässt sich das Buch erstaunlich flüssig lesen. Durch die verschieden sich abwechselnden Perspektiven auf das Geschehen ist die Handlung sehr kurzweilig und spannend. Uwe Klausners Interpretation der Hintergründe und Hintermänner der Tat haben mich fasziniert.

Ergänzt wird das Buch durch eine Tatortskizze und das historische / fiktionale Personenregister.

Bewertung vom 28.03.2018
Was in unseren Sternen steht
Isaac, Catherine

Was in unseren Sternen steht


sehr gut

Der Sommer der zweiten Chancen

Manchester 2006: Ausgerechnet in der Nacht, als Jess ihr gemeinsames Kind entbindet, ist Adam nicht zu erreichen. Hat er die Nacht etwa mit seiner Ex-Freundin verbracht?

Dordogne 2016: Inzwischen ist William 10 Jahre alt und kennt seinen Vater kaum. Adam hat sich seinen Traum erfüllt und mit dem Château de Roussignol ein neues Leben aufgebaut. In jahrelanger Arbeit hat er es restauriert und in ein Ferienparadies verwandelt. Jess und William werden ihre Sommerferien bei ihm verbringen, damit sich Vater und Sohn endlich näher kommen: „William braucht dich in seinem Leben. Weit mehr, als Du bisher für ihn da warst.“ (S. 140) Gleichzeitig erfüllt Jess damit einen Herzenswunsch ihrer kranken Mutter.

Schon bei ihrer Ankunft im Château ist Jess enttäuscht, weil Adam sie nicht wie versprochen selbst begrüßt, sondern das seiner neuen Freundin überlässt. Schnell wird klar, dass er seine Arbeit jederzeit vorzieht. Er hat keine Ahnung, welche Kleidergröße William inzwischen hat oder welche Spiele für sein Alter passen. Auch über gemeinsame Unternehmungen hat er sich keine Gedanken gemacht – es wird sich schon alles irgendwie ergeben. Adam lebt, genau wie früher, in den Tag hinein.
Dabei ist William ein echter Sonnenschein und extrem intelligent. Er himmelt seinen Vater schon für dessen bloße Anwesenheit an und will ihm unbedingt gefallen.
Jess stellt bald fest, dass sie Adam immer noch sehr anziehend findet. Allerdings ist sie in ständiger Sorge um ihre Mutter – so richtig abschalten kann sie nie. Und es gibt noch einen weiteren, persönlichen, Grund, aus dem sie Adam und William unbedingt einander näher bringen muss, aber den will sie so lange wie möglich verheimlichen ...

Die wunderbare Landschaft und der Urlaub könnten den Dreien das Zusammentreffen erleichtern, aber es wühlt alte Wunde auf. In Rückblicken erfährt man von ihrer Vergangenheit und bekommt auch Andeutungen, womit sich Jess gerade herumschlagen muss. Dabei wird für mich zu viel verraten, ich wusste oft schon vorher, wie die nächste Wendung ausfällt. Einzig das letzte Viertel konnte mich überraschen. Außerdem hätte ich es persönlich besser gefunden, wenn das Ende etwas weniger happy ausgefallen wäre, gerade bei der Schwere des Grundthemas.

„Was in unseren Sternen steht“ will unterhalten, beschreibt aber auch die grausame Krankheit von Jess Mutter und das Umgehen der Familie damit sehr detailliert und aufwühlend. Das Buch handelt von Vertrauen, Freundschaft, Liebe und Familie und dem Mut, zu sich und anderen zu stehen. Der schönste und wichtigste Satz ist: „Wenn man von Liebe umgeben ist, hat man nichts zu befürchten.“ (S. 411)

Bewertung vom 27.03.2018
Mitte 40, fertig, los
Bloom, Franka

Mitte 40, fertig, los


ausgezeichnet

Was wäre wenn?
- Du mit Mitte 40 feststellst, dass Dich Dein Mann betrügt?
- Er seine Firma gegen die Wand gefahren und auch privat Pleite gemacht und Dich da mit reingezogen hat?
- Du irgendwie neu anfangen musst?
- Du keine andere Wahl hast, als zurück zu Deiner frischverwitweten Mutter in die Kleinstadt zu ziehen?

Ein Albtraum, oder? Und genau den erlebt Rike in „Mitte 40, fertig, los“. Ihr bleibt wirklich nichts erspart. Mann weg, Sohn weg (er lebt mit 16 natürlich lieber beim Papa), Haus weg. Einen Job hat sie auch nicht – sie war ja Hausfrau. Also zurück nach Meppelstedt ins Haus der Eltern. Dort hat sich nichts verändert. Es gibt immer noch die gleichen Läden, beim Fleischer eine Scheibe Fleischwurst auf die Hand, nur eine ordentliche Kneipe und nirgend wo WLAN. Selbst die alten Freunde sind noch fast alle da. Die Krönung aber ist Schmiddi, der Sohn der Nachbarn. Er wohnt mit Mitte 40 immer noch bei seinen Eltern, obwohl er inzwischen Anwalt ist! Wenigsten ist auch ihre ehemals beste Freundin Mona gerade im Land.

Ich habe in letzter Zeit selten so gelacht wie bei diesem Buch. Sehr gekonnt und amüsant nimmt Franka Bloom das Kleinstadtleben aufs Korn.
Die Nachbarn und Freundinnen ihrer Mutter beobachten Rike und kommentieren jeden ihrer Schritte, Mutti behandelt sie wie eine Vierjährige (z.B. indem sie ihr die Schnittchen in mundgerechte Stücke schneidet oder einen Kakao gegen Kummer kocht) und auch sonst mischt sich im Ort jeder in sämtliche Angelegenheiten ein. Dabei will Rike doch nur in Ruhe ihre Wunden lecken und einen Plan fassen, wie es nun weitergeht. Denn bisher hat sie ihre Trennung und den Verlust des Hauses geheim halten können ..
Doch schnell merkt sie, dass sie nicht die Einzige ist, die ihre Probleme verheimlicht. Und obwohl sie eigentlich ganz schnell zurück in die Stadt wollte, steckt sie bald wieder mitten drin im Kleinstadtleben.

„Mitte 40, fertig, los“ ist ein typischer Unterhaltungsroman, den ich mir sehr gut verfilmt vorstellen könnte. Dass die Autorin auch Drehbücher schreibt, merkt man ihm an. Ernste Themen und Amüsantes wechseln sich gekonnt ab und es wird nie langweilig. Sehr einfühlsam werden auch Themen wie der Verlust der Eltern oder Partner, Trauerbewältigung, Burnout oder Nervenzusammenbruch behandelt.

Rike ist mitten aus dem Leben gegriffen. Ein bisschen hat sie mich an Bridget Jones erinnert – kein Fettnäpfchen ist ihr zu tief und es quälen sie die gleichen Figurprobleme. Genial fand ich, wie sich ihre Mutter nach dem Tod des Vaters verhält – Ihr Leben ist nämlich noch nicht vorbei! – und Rike damit klarkommen muss. Auch ihr bester Freund Schmiddi hat mir gut gefallen. Seine Entwicklung hat nicht nur sie überrascht.

Leider waren mir die Handlung und vor allem das Ende etwas zu vorhersehbar und klischeehaft waren, darum gibt es „nur“ 4,5 von 5 Sternen.