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Havers
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Insgesamt 1378 Bewertungen
Bewertung vom 28.03.2016
Schlank und glücklich mit Low Carb
Hauser, Daniel

Schlank und glücklich mit Low Carb


ausgezeichnet

Dass Kohlenhydrate im Übermaß genossen sich nachteilig nicht nur auf die Gesundheit sondern auch auf das Körpergewicht auswirken, dürfte mittlerweile ja hinreichend bekannt sein. Deshalb gibt es einige Diäten, die sich dieses Wissen zunutze machen und entsprechende Ernährungsprogramme vorlegen. Aber ob nun Atkins oder Paleo, durch den konsequenten Ausschluss bestimmter Nahrungsmittel zugunsten einer schnellen Gewichtsabnahme scheinen mir hier die Auswirkungen auf die Gesundheit ungenügend berücksichtigt. Tierische Produkte in allen Variationen kann nun einmal nicht die Lösung für Gewichtsprobleme sein, zumal bekannt ist, dass übermäßiger Fleischkonsum weder gesund noch nachhaltig ist. Anders verhält es sich mit den Rezepten, die Daniel Hauser in „Schlank & glücklich mit Low Carb: Die Genießer-Diät“ vorstellt. Der ausgebildete Koch und studierte Ernährungswissenschaftler bietet mit seinen Rezepten ein ausgewogenes Ernährungsprogramm, das sich wohltuend von den üblichen Diät-Ratgebern abhebt. Hier bestehen die Mahlzeiten nämlich nicht aus hartgekochten Eiern und gedämpftem Spinat. Nein, hier liegt der Schwerpunkt eindeutig auf raffinierten Zubereitungen, die nicht den Eindruck des Kasteiens vermitteln, sondern zum bewussten Genießen auffordern. Und wenn damit auch noch ein Gewichtsverlust einhergeht – umso besser!

Bei den Rezepten setzt Hauser Schwerpunkte. Ob Frühstück, Fingerfood, Kochen für Gäste oder Mahlzeiten zum Mitnehmen– hier ist für jeden Anlass etwas Passendes zu finden. Begonnen wird mit „Fit in den Tag starten“ mit gefülltem Vollkornbrötchen oder Räucherlachsröllchen, gefolgt von „Aus Wok und Suppentopf“- Orientpfanne oder Rote-Bete-Chinakohlsuppe, „Häppchen auf die Hand“ – Italienische Chicken Nuggets oder Gefüllte Kohlrabi, „Hauptsache Eiweiß“ – Pikantes Fischcurry oder Entenbrust in Kokossauce, „Genießen auf Tour“ – Pikante Maisfrikadellen oder Rote-Linsen-Salat und „Köstliches Wochenende“ – Kalbsröllchen mit Fenchelgemüse oder Mediterrane Fischspieße – um nur einige Beispiele zu nennen . Alle Rezepte sind für zwei Personen konzipiert, lassen sich aber problemlos hochrechnen. Der zeitliche Aufwand hält sich im Rahmen, zwischen 20 und maximal 60 Minuten für die Zubereitung kann man auch als Berufstätiger aufbringen. Leider sind nicht alle vorgestellten Rezepte bebildert, aber das ist bei dem kleinen Preis dieses schönen Kochbuchs durchaus zu verschmerzen.

Wer Gewicht reduzieren, aber auf Genuss nicht verzichten will, sollte hier unbedingt zugreifen!

5 von 7 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 23.03.2016
Der Gerechte
Grisham, John

Der Gerechte


ausgezeichnet

Nun hat also auch John Grisham seinen „Street Lawyer“, und dieser Sebastian Rudd, mit seiner Vorliebe für Bourbon, Mixed Martial Arts Käfigkämpfe, einem Bodyguard/Freund namens Partner und einer mobilen Kanzlei in einem kugelsicheren Van, verkörpert all das, was der Autor nach Abschluss seines Jurastudiums gerne gewesen wäre. So interpretiere ich zumindest den Klappentext seines neuen Romans „Der Gerechte“, in dem Grisham seine Leser direkt anspricht und Bezug auf seine anwaltliche Tätigkeit vor der Schriftstellerkarriere nimmt.

Auch wenn Rudd das Vertrauen in das amerikanische Rechtssystem längst verloren hat, ist er doch der Meinung, dass jeder Angeklagte das Recht auf eine engagierte Verteidigung und einen fairen Prozess hat. Und allein das ist ihm schon genug, weshalb er sich vornehmlich um Fälle kümmert, die seine Anwaltskollegen noch nicht einmal mit spitzen Fingern anfassen würden. Ganz gleich, ob unschuldig oder schuldig.

Wenn Gardy, ein junger, debiler Mann, angeklagt des Doppelmordes an zwei Kindern, noch vor Prozessende bereits als Todeskandidat gehandelt wird und alle Beweise für seine Unschuld von der Anklage ignoriert und unter den Tisch gekehrt werden, zeigt der Autor die Mechanismen auf, die eine objektive Gerichtsverhandlung von vornherein unmöglich machen. Da ist die Presse, die Stimmung macht. Die Öffentlichkeit, die der Bestie den Tod wünscht. Der Richter, der nur an seiner Wiederwahl interessiert ist. Und so kann es schon mal vorkommen, dass Beweismaterial nicht beachtet wird oder verschwindet.

Der Roman ist in zwei Teile gesplittet. Die erste Hälfte hat eher den Charakter einer Sammlung von Kurzgeschichten. In den verschiedenen Fällen lernt der Leser den Protagonisten kennen und erfährt Einzelheiten über dessen berufliches und privates Leben. Hier wird Grisham deutlich und zeigt auf, wie das Recht gebeugt wird und objektive Prozesse verhindert. Bestechung, Ignoranz, juristischer Filz, Einflussnahme der Politiker – mit der eigenen Karriere im Hinterkopf wird dann schon einmal ein Menschenleben zugunsten der öffentlichen Meinung bzw. der Wiederwahl geopfert. Hier bedarf es eines Anwalts, der mit allen Wassern gewaschen ist und die Winkelzüge seiner Gegner bereits im Vorfeld erahnt – wie Sebastian Rudd! Teil zwei ist dann „Grisham as usual“, auch wenn sich hier der Großteil der Handlung außerhalb der Gerichts abspielt. Aber es sind Mandanten aus dem ersten Teil des Romans, die hier neben Rudd und seiner Familie ins Zentrum der Handlung rücken. Eher konventionell und vorhersehbar.

Ich habe zwar in den Medien noch keine Bestätigung dafür gefunden, könnte mir aber vorstellen, dass wir Sebastian Rudd zukünftig öfter begegnen werden, denn die Figur passt wunderbar in John Grishams Anwaltsuniversum. Es würde mich freuen.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 23.03.2016
In Blut verbunden / Detective Sergeant Logan McRae Bd.9
MacBride, Stuart

In Blut verbunden / Detective Sergeant Logan McRae Bd.9


ausgezeichnet

Dumm gelaufen für Logan McRae, ehemals Detective Inspector der Polizei von Aberdeen im Nordosten Schottlands. Obwohl er seinen letzten Fall mit Bravour gelöst und das Opfer gerettet hat, ist der Lohn dafür keine Auszeichnung, sondern eine „Entwicklungschance“, nämlich die Versetzung nach Banff, einer ländlichen Gemeinde an der Nordseeküste, noch weiter nördlich als Aberdeen. Offenbar ist man der Meinung, dass ihn die Zeit in der hintersten Provinz lehrt, Regeln einzuhalten.

Endlich einmal keine Kapitalverbrechen, dafür jede Menge Kleinkriminelle, entlaufene Schafe, aber auch alte Vermisstenfälle, die noch nicht aufgeklärt wurden. Gepflegte Langeweile also. Als der Leichnam eines Mädchens an der Küste angespült wird, wittert er Morgenluft, aber die Aberdeener Mordkommission übernimmt den Fall und untersagt McRae sich einzumischen. Doch seine Chefin DCI Roberta Steele weiß, dass er ihr bester Mann ist und setzt Himmel und Hölle in Bewegung, um ihn in das Ermittlungsteam zu bekommen. Allerdings ist das nicht ganz so uneigennützig, wie es scheint. Aber sie hatte den richtigen Riecher, denn McRae findet die Verbindung zwischen dem toten Mädchen und den Vermisstenfällen…

„In Blut verbunden“ ist der neunte Band in der Logan McRae-Reihe des Schotten Stuart MacBride. Und wie immer gibt es einen großen Fall, aber auch unzählige Nebenhandlungen, deren Bedeutungen dem Leser allerdings erst im Verlauf der Handlung klar werden. So ist es nicht verwunderlich, dass der Autor 730 Seiten benötigt, um seine Geschichte zu erzählen, die er wie immer mit viel Liebe zum Detail entwickelt hat. Dabei konzentriert er sich nicht nur auf die Protagonisten, sondern kümmert sich in gleichem Maße auch um die Charakterisierung des übrigen Personals. Wer den Norden Schottlands kennt, wird feststellen, dass die ausführliche Beschreibung der Menschen und der Umgebung für die entsprechende Atmosphäre sorgt, die so typisch schottisch ist, wie sie nur sein kann. Abgerundet wird dies alles durch die entsprechende Dosis schwarzen Humors, sodass auch dieser Band die Logan McRae-Fans nicht enttäuschend wird. Daumen hoch!

Bewertung vom 22.03.2016
Die Erinnerungen
Nielsen, Jóanes

Die Erinnerungen


ausgezeichnet

Die Färöer sind eine Inselgruppe im Nordatlantik, die zwischen Norwegen, Island und den schottischen Inseln gelegen sind. Die klimatischen Bedingungen sind rau, von Sturm, Regen und Kälte geprägt. Fruchtbarer Boden ist rar, aber Gras für die großen Schafherden ist reichlich vorhanden. So ist es nicht weiter verwunderlich, dass in der Vergangenheit die Mehrzahl der Färinger von der Schafzucht und dem Verkauf der Wolle lebte. Und dann ist da noch das Meer, das die Färöer umschließt, und demzufolge war und ist die Fischereiwirtschaft ein bedeutender Wirtschaftszweig für die Inselbewohner.

Jóanes Nielsen ist ein färöischer Schriftsteller und Autor des Romans „Die Erinnerungen“. Geboren und aufgewachsen in der Hauptstadt Tórshavn, arbeitet er nach Beendigung der Schule auf See. Seine ersten literarischen Gehversuche macht er mit Gedichtsammlungen, es folgen Essays, Novellen und Kurzgeschichten. Sein erster Roman wird 1991 veröffentlicht. „Die Erinnerungen“ ist sein vierter Roman, 2012 erhält er dafür den Literaturpreis der Färöer. Politisch wird der Autor dem linken, gesellschaftskritischen Spektrum zugeordnet, was mit Sicherheit daran liegt, dass der Fokus seines literarischen Schaffens auf dem Leben der kleinen Leute liegt. Ihre harten Lebensbedingungen, ihren Kampf ums tägliche Brot, versucht er in realistischen Beschreibungen abzubilden.

So auch in „Die Erinnerungen“, einem an Umfang und Themen reichen Roman, der seinen Anfang Mitte des neunzehnten Jahrhundert hat, als eine verheerende Masern-Epidemie die Inseln heimsucht. Und natürlich trifft es wieder einmal die Ärmsten der Armen am heftigsten, bieten doch ihre katastrophalen Lebensbedingungen Krankheiten aller Art den idealen Nährboden. Die sich daraus entspinnenden Ereignisse werden als historische Komponente knapp vierzig Jahre fortgeführt. Zeitgeschichtlich befinden wir uns im zweiten großen Erzählstrang gut hundert Jahre später und begleiten den Außenseiter Eigil Tvibur auf seiner Suche nach der Wahrheit. Und dazu muss er tief in die Geschichte seiner Familie eintauchen…

Es sind die Gegensätze, die diesen Roman bestimmen. Reale Personen und historisch verbürgte Ereignisse wechseln sich ab mit fiktivem Geschehen. Es geht um Armut und Reichtum, um Leben und Tod, um Gewalt und Frieden und um Liebe und Hass. Die Vielzahl der Personen, die die Handlung bevölkert, erschwert die Lektüre, da nicht immer klar ersichtlich ist, ob man sich im Bereich Fakt oder Fiktion befindet. Der Autor wechselt zwischen den Zeiten, den Handlungsorten und den Personen wild hin und her, was den Lesefluss bisweilen behindert. Und dennoch habe ich „Die Erinnerungen“ sehr gerne gelesen, merkt man diesem Roman doch an, dass er mit Herzblut geschrieben ist, dass die Sympathien des Autors immer bei denjenigen sind, die auf der Schattenseite des Lebens stehen.

Bewertung vom 21.03.2016
Tödlicher Frühling / Inspektor Akyl Borubaev Bd.2
Callaghan, Tom

Tödlicher Frühling / Inspektor Akyl Borubaev Bd.2


ausgezeichnet

Kirgisistan, ehemalige Sowjetrepublik, unabhängig seit 1991, gelegen zwischen Usbekistan, Kasachstan, Tadschikistan und China, ist nun nicht unbedingt die erste Adresse, die einem einfällt, wenn es darum geht, Handlungsorte von Kriminalromanen zu benennen. Aber genau diesen zentralasiatischen Binnenstaat hat sich der englische Autor Tom Callaghan ausgesucht, um dort seinen sturköpfigen Protagonisten Akyl Borubaew ermitteln zu lassen, der in „Tödlicher Frühling“ (Band 2 der Reihe) im Zentrum des Geschehens steht.

Der Inspektor der kirgisischen Mordkommission wurde nach den in „Blutiger Winter“ (Band 1 der Reihe) geschilderten Ereignissen, die im wahrsten Sinne des Wortes seinen Vorgesetzten den Kopf kosteten, in einen entlegenen Winkel des Landes strafversetzt. Dass aber auch dort das Verbrechen nicht schläft, muss Akyl spätestens dann feststellen, als auf einem abgelegenen Feld die oberflächlich verscharrten Leichname mehrerer Kinder gefunden werden, alle mit Namensbändern von Waisenhäusern um die Handgelenke. Gemeinsam mit der usbekischen Agentin Saltanat nimmt Akyl die Spur auf und die beiden fördern Erschütterndes zutage.

Es sind mächtige, einflussreiche Männer, denen sie in die Quere kommen, mit denen man sich besser nicht anlegen sollte. Aber die toten Kinder sind nur die Spitze des Eisbergs, Kollateralschäden, wie einer der Verdächtigen während einer Befragung äußert, deren Schicksal niemand kümmert. Außer Akyl und Saltanat, die alles daran setzen, den Verantwortlichen das Handwerk zu legen, auch wenn sie dafür ihr eigenes Leben aufs Spiel setzen müssen.

„Mein einziges Geschenk an die Toten ist die Gerechtigkeit“, so Akyl Borubaew, und um diese zu erlangen, ist ihm jedes Mittel recht, denn manchmal müssen auch die Guten böse Dinge tun, um der Gerechtigkeit zum Sieg zu verhelfen. Er ist ein sympathischer Ermittler, zutiefst moralisch integer und knallhart, wenn es erforderlich ist, der weder sich selbst noch seine Gegner schont. Innerlich zerfressen von Schuldgefühlen, weil er das Leiden seiner krebskranken Frau nicht mehr mitansehen kann und sie erlöst. Aber der Preis, den er dafür zahlt ist hoch, denn die Liebe seines Lebens hat er nun für immer verloren. Zwischen ihm und seiner usbekischen Kollegin Saltanat ist die Luft geladen, und man darf gespannt sein, wie sich diese Beziehung weiterentwickeln wird.

Das Bild, das der Autor von der kirgisischen Gesellschaft zeichnet, ist deprimierend. Jeder, ganz gleich in welcher Position, ist käuflich. Polizei, Justiz, Regierung, alle sind bestechlich und auf ihren eigenen Vorteil bedacht. Ein Menschenleben zählt nichts und wird, ohne mit der Wimper zu zucken, geopfert.

Wer einen Kriminalroman lesen möchte, der aus dem üblichen Raster fällt, dem sei Tom Callaghans „Tödlicher Frühling“ empfohlen, eine spannende Story mit sympathischen Protagonisten, die in einem Land ermitteln, das hierzulande kaum bekannt ist.

Bewertung vom 11.03.2016
Schwarzes Herz / D.I. Helen Grace Bd.2
Arlidge, Matthew J.

Schwarzes Herz / D.I. Helen Grace Bd.2


ausgezeichnet

Wenn ich einen Thriller lese, mag ich üblicherweise keine Storys, in denen die Jagd nach einem Serienmörder im Zentrum des Geschehens steht. Auch hier schätze ich eine gut geplottete, spannende Handlung, interessante Personen, die detailliert charakterisiert sind, und einen flüssigen, nicht mit Adjektiven überladenen Schreibstil.

Zu meiner Überraschung habe ich dies in den Detective Inspector Grace-Thrillern des Briten Matthew Arlidge gefunden. Bereits der erste Band der Reihe „Eene. Meene: Einer lebt, einer stirbt“ überzeugte durch eine raffinierte Story mit einer außergewöhnlichen Protagonistin, D.I. Helen Grace. Das sollte keine Überraschung sein, hat der Autor doch seine Fähigkeiten als Drehbuchschreiber für die erfolgreichen Serien der BBC in fünfzehn Jahren bewiesen. Und dass er weiß, wie man spannend plottet, hat er nicht nur mit seinem Erstling bewiesen, der übrigens das erfolgreichste britische Krimidebüt 2014 war. Mittlerweile erscheint die Reihe übrigens in 27 Ländern.

In „D.I. Grace: Schwarzes Herz“ (gerade im Rowohlt Verlag erschienen) gilt es zwar einen neuen Fall zu lösen, aber gleichzeitig wird auch die Geschichte von Helen Grace und ihrem Team fortgeschrieben. Nach den dramatischen Ereignissen am Ende von „Eene.Meene“ hat sich das Team verändert. Einige sind bereits wieder im Einsatz, andere kämpfen noch immer mit den physischen und psychischen Verletzungen, die sie davongetragen haben. Doch all das muss zur Seite geschoben werden, denn ein brutaler Serienmörder treibt sein Unwesen in den heruntergekommenen Gegenden von Southampton. Die Opfer sind immer ehrenwerte Mitglieder der Gesellschaft – oder etwa doch nicht?

Obwohl die Story an sich nichts bietet, was man noch nie gelesen hätte - M. J. Arlidge weiß sehr gut, wie man Spannung erzeugt. Zum einen arbeitet er ausschließlich mit vielen kurzen Kapiteln, zum anderen baut er jede Menge Cliffhanger der verschiedensten Art ein. Außerdem spielt er mit den verschiedenen Perspektiven und wechselt munter zwischen dem Mordfall und den persönlichen Befindlichkeiten und privaten Problemen der Ermittler hin und her. So entwickelt sich ein Sog, dem sich der Leser kaum entziehen kann, und genau aus diesen genannten Gründen ist „D.I. Grace: Schwarzes Herz“ ein Pageturner im wahrsten Sinn des Wortes, der mir, wie bereits der Vorgänger, spannende Lesestunden beschert hat!

Zwei Anmerkungen zum Schluss: Es ist von Vorteil, wenn man den Vorgänger gelesen hat, da es im Laufe der Handlung immer wieder Verweise auf die Geschehnisse des ersten Bandes gibt. Außerdem ist es wesentlich interessanter, die Entwicklung der Personen beobachten zu können.

Und wer wissen möchte, wie die Reihe um Helen Grace und ihr Team weitergeht: am 21. Mai erscheint „D. I. Grace: Kalter Ort (Ein Fall für Helen Grace 3) im Rowohlt Verlag. Ich freue mich schon darauf!

Bewertung vom 08.03.2016
Die Ernte des Bösen / Cormoran Strike Bd.3 (Restexemplar)
Galbraith, Robert

Die Ernte des Bösen / Cormoran Strike Bd.3 (Restexemplar)


ausgezeichnet

Mittlerweile dürfte ja hinlänglich bekannt sein, dass sich hinter dem Pseudonym Robert Galbraith die britische Bestsellerautorin J. K. Rowling, Schöpferin der Jugendbuchreihe um Harry Potter, verbirgt. Und genau an die Entwicklung dieser Reihe habe ich mich bei der Lektüre ihres aktuellen Kriminalromans „Die Ernte des Bösen“ (erschienen bei Blanvalet) mit dem Ermittlerduo Cormoran Strike und Robin Ellacott erinnert gefühlt. Auch dort wurde mit Fortschreiten der Reihe der Tonfall allmählich düster, eine Grundstimmung, die auch in diesem Roman zu beobachten ist.

Aber alles beginnt ganz harmlos. Die finanziellen Schwierigkeiten der Detektei sind Geschichte, denn nach den bisher erfolgreich gelösten Fällen, kann sich Strike mittlerweile vor Aufträgen kaum noch retten. Und auch das Privatleben der beiden Ermittler scheint in geregelten Bahnen zu verlaufen. Cormoran hat endlich seine Herzdame gefunden, und Robin steht kurz vor der Heirat mit ihrem Verlobten Matthew. Allerdings zeigen sich hier dunklen Wolken am Horizont, ausgelöst durch dessen Eifersucht und Kontrollzwang.

Doch dann wird ein Paket mit grausigem Inhalt für Robin angeliefert, und es stellt sich die Frage, wer ihr aus welchem Grund ein abgetrenntes Bein schickt. Das beigefügte Blatt mit einer Songzeile von Blue Öyster Cult lässt zumindest bei Strike die Alarmglocken läuten. Genau diesen Liedtext hatte sich seine verstorbene Mutter, zu Lebzeiten in der Musikerszene als Edelgroupie aktiv, auf die Haut tätowieren lassen. Ist dies vielleicht eine Botschaft seines Stiefvaters Jeff Whittacker, den er für die Überdosis verantwortlich macht, an der seine Mutter gestorben ist? Aber er ist nicht der einzige, dem Strike diese Aktion zutraut. Das Paket könne auch von einem ehemaligen Armeekumpel oder einem Pädophilen oder einem der zahlreichen Gangster kommen, für deren Verurteilung Strike verantwortlich zeichnet. Vielleicht steht es auch mit Strikes Beinamputation in Zusammenhang, denn bei ihren Nachforschungen kommen Robin und er in Kontakt mit Menschen, die in äußerst morbiden Phantasien schwelgen. Doch es stellt sich die Frage, warum das Paket ausgerechnet an Robin Ellacott adressiert war…

J. K. Rowling hat mit Cormoran Strike und Robin Ellacott, ein sympathisches Ermittlerduo geschaffen, ganz im Stil des klassischen Detektivromans. In „Die Ernte des Bösen“ entwickelt die Autorin souverän nicht nur einen spannenden Krimi, sondern vertieft auch die Charakterisierung ihrer beiden Hauptfiguren durch die Informationen, die sie zu deren Vergangenheit gibt. So rundet sich langsam aber sicher das Bild, das der Leser von diesen beiden Protagonisten hat.

Besonders gut haben mir – wieder einmal – die Beschreibungen der diversen Londoner Ecken gefallen. Hier transportiert die Autorin jede Menge Atmosphäre, die man gerade dann genießt und schätzt, wenn man die Metropole sehr gut kennt.

Rowling schreibt flüssig und lockert durch die richtige Dosis britischen Humors auch die düsteren Passagen immer wieder auf. Von Beginn an ist Tempo in der Geschichte, die von vielen unerwarteten Wendungen geprägt ist. So bleibt das Interesse des Lesers konstant erhalten, was die zügige Lektüre fördert und die 661 Seiten wie im Fluge vergehen lässt.

Bewertung vom 02.03.2016
Die Schrift des Todes / Matthew Shardlake Bd.6
Sansom, Christopher J.

Die Schrift des Todes / Matthew Shardlake Bd.6


ausgezeichnet

Kriminalromane, die im London der Tudorzeit angesiedelt sind, gibt es viele. Und glücklicherweise sind auch unter deren Autoren einige mit historischer Vorbildung zu finden. So auch der englische Schriftsteller C. J. Sansom, der eine Karriere als Anwalt und einen Doktortitel in Geschichte vorweisen kann. Ideale Voraussetzungen für die Reihe, die er um den buckligen Advokaten Matthew Shardlake kreiert hat und die mittlerweile auf sechs Bände angewachsen ist.

„Die Schrift des Todes“ spielt im Jahr 1546, die letzten Monate der Regentschaft Heinrichs VIII. sind angebrochen. Der von Schmerzen geplagte und dem Tod geweihte Monarch ist mittlerweile unberechenbar geworden, worunter nicht nur seine unmittelbare Umgebung zu leiden hat. Seit seinem Bruch mit Rom werden auf sein Geheiß hin wechselweise Papisten und Ketzer verfolgt, gerade so, wie es ihm in den Sinn kommt. Sich offen zur Religion zu bekennen, gleich welcher Couleur, ist in diesen Tagen lebensgefährlich. Das muss auch Anne Askew erfahren, eine gläubige Protestantin, die nach Folter und Prozess auf dem Scheiterhaufen landet.

Wie sie ist auch Catherine Parr, Heinrichs sechste Frau und Königin, eine Anhängerin der neuen Lehre, eine Reformerin. Sie ist eine gebildete Frau, die sich nicht nur mit Askew ausgetauscht, sondern auch ihre Gedanken zu diesen Themen niedergeschrieben und in Druck gegeben hat. Ein schwerer Fehler, wie sich herausstellt, denn das Buch wird ihr gestohlen. Und wenn ihre Feinde oder ihr Gemahl von dessen Inhalt Kenntnis erlangt, wird sie auf dem Schafott landen. Nur einer kann ihr in dieser Situation helfen, und das ist Matthew Shardlake, den sie von früher kennt – und der ihr bedingungslos ergeben ist, hegt er doch romantische Gefühle für die Königin. Unterstützt von seinem langjährigen Mitstreiter Jack Barak und dem jungen Gehilfen Nicholas macht er sich auf die Suche. Ein gefährliches Unterfangen, wie er schon bald feststellen muss.

„Die Schrift des Todes“ behandelt ein spannendes Kapitel der englischen Geschichte. Ein Religionskrieg, der das Land spaltet, ein tyrannischer König, der die Menschen in Angst und Schrecken versetzt – Sansom schildert diese Atmosphäre detailliert, aber mit Fingerspitzengefühl. Ob das nun die Beschreibungen der Paläste oder die des Lebens bei Hofe sind– der Autor lässt Bilder vor den Augen der Leser entstehen, die umso intensiver sind, wenn man die Lokalitäten in und um London kennt, wie beispielsweise Hampton Court Palace. Und auch die historischen Fakten werden exakt wiedergegeben und fügen sich nahtlos in die fiktionale Geschichte ein. Hier wird Historie lebendig – bleibt zu hoffen, dass C. J. Sansom die Reihe fortsetzt.

Bewertung vom 02.03.2016
Die Unantastbaren
Price, Richard

Die Unantastbaren


ausgezeichnet

Die Cop-Romane des amerikanischen Schriftstellers Richard Price sprengen die Grenzen des Genres. Price schreibt Großstadtreportagen, er ist ein Chronist der Gegenwart. Es sind nicht „nur“ Thriller, sondern Studien einer Metropole und ihrer Bewohner, wobei der Fokus immer auf zwei Bevölkerungsgruppen liegt: denjenigen, die mit dem Gesetz in Konflikt kommen und denjenigen, die das Gesetz vertreten. Aus diesem Spannungsverhältnis speisen sich seine Romane.

So auch in seinem neuesten Werk „Die Unantastbaren“, im Original unter dem Titel „The Whites“ erschienen. Damit sind nicht „die Weißen“ gemeint, sondern Moby Dick, der weiße Wal, der allen Harpunen ausweichen kann. Jeder Cop in New York hat seinen Unantastbaren, einen Kriminellen, dessen Schuld zweifelsfrei feststeht, den er aber nicht festnageln kann. So auch die ehemaligen „Wildgänse“, eine Gruppe von noch aktiven und ehemaligen Polizisten, die in der New Yorker Unterwelt ob ihrer brutalen Vorgehensweise gefürchtet waren und sind. Zu ihnen gehört auch Detective Billy Graves, der Nacht für Nacht in den Straßen der Stadt unterwegs ist, ausgelaugt von zu vielen Nachtschichten, zu viel Kaffee und zu vielen Zigaretten. Und von der Gewissheit, dass sein Job dem Kampf gegen Windmühlen gleicht. Des Weiteren frustriert ihn aber auch der Umstand, dass er des nachts zwar die Verbrechen aufnimmt, aber die Aufklärung derselben dann in die Hände der Kollegen der Tagschicht übergeben muss und an der Aufklärung in den meisten Fällen kaum noch beteiligt ist. Nacht für Nacht in diese Abgründe schauen zu müssen, immer mit der Gewissheit, dass nur ein Bruchteil der Täter ihrer gerechten Strafe zugeführt werden wird, hat ihn im Laufe seiner Dienstzeit zermürbt. Doch dann wird einer dieser Unantastbaren an der Penn Station niedergestochen, und das soll nicht der einzige bleiben. Haben seine ehemaligen Kollegen auf der Suche nach Gerechtigkeit das Gesetz selbst in die Hand genommen? Alle Spuren weisen darauf hin, und Billys persönliche Moral gerät auf den Prüfstand.

„Die Unantastbaren“ geht unter die Haut, besticht durch die präzise, harte Sprache, die die Handlung gnadenlos vorantreibt – ganz so, wie sich die Personen durch die nächtlichen Straßen New Yorks bewegen. Emotionalität im Sinne von rührselig sucht man vergebens, hier wird nicht nach Sympathien gefischt, sondern die knallharte Realität abgebildet. Und dennoch geht es um die großen Themen, um Schuld und Unschuld, um Rache und Gerechtigkeit, um Loyalität und Verrat. Um die Frage nach persönlicher Moral und dem Wunsch nach Vergeltung.

Richard Price, geboren und aufgewachsen in der Bronx, Drehbuchautor hochkarätiger Hollywoodfilme und der vielfach ausgezeichneten TV-Serie „The Wire“, zeigt in ungeschönten Bildern, was ein Berufsleben mit Menschen macht, die jeden Tag bzw. jede Nacht dazu gezwungen sind, in den Abgrund zu schauen. Wie bereits Friedrich Nietzsche in seinem Werk „Jenseits von Gut und Böse“ schrieb: „Wer mit Ungeheuern kämpft, mag zusehn, dass er nicht dabei zum Ungeheuer wird. Und wenn du lange in einen Abgrund blickst, blickt der Abgrund auch in dich hinein."